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Prozeß- und projekthaftes Arbeiten

Projektmanagement und Qualitätsmanagementsysteme
Prozeß- und projekthaftes Arbeiten

Viele Unternehmen haben in den letzten Jahren Qualitätsmanagementsysteme entwickelt und eingeführt. Die meisten haben erkannt, daß klare Festlegung von Verantwortlichkeiten und verbesserte Transparenz der Arbeitsabläufe und Schnittstellen vorteilhaft und nutzbringend sind. Diese Erfahrungswerte bewegen diese Unternehmen nun dazu, die nächsten Schritte zu gehen. Einerseits werden Themen wie Umweltmanagement, Arbeitssicherheit, Personalmanagement und Finanzmanagement eingebunden mit dem Ziel ganzheitliche Managementsysteme zu entwickeln.

Dipl.-Ing. (FH) Rainer Göppel, Steinbeis-Transferzentrum Managementsysteme TMS, Ulm

Andererseits gibt es Anstrengungen in der Weiterentwicklung und Integration von Führungsinstrumenten wie sie durch Prozeßmanagement, Kennzahlensysteme und Projektmanagement repräsentiert werden.
Die Aufwände sind dabei unterschiedlich, da durch Qualitätsmanagementsysteme bestimmte Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für diese Führungsinstrumente geschaffen wurden.
Qualitätsmanagement wird gestaltet durch Prozeßmanagement, entnimmt man wörtlich aus der ISO 9000 und Kennzahlen sind bereits in Unternehmen vorhanden, wenn auch noch selten ganzheitlich in einem durchgängigen System verknüpft.
Nur die sinnvolle Einbindung des Projektmanagements erweist sich schwieriger, was sich darin begründet, daß sich Qualitätsmanagementsysteme (z.B. ISO 9000 – Normenfamilie) meist auf wiederholende, standardisierbare Tätigkeiten stützen und diese Tätigkeiten in der Regel leichter festzulegen sind als Projekte, die sich durch hohe Individualität, Dynamik und Risiken bei der Bearbeitung charakterisieren. Recherchiert man Normen und Richtlinien zu Qualitätsmanagementsystemen, stellt man fest, daß diese sich auf die Anforderungen an ein Projektmanagement konzentrieren und weniger die konkrete Vorgehensweise für die Umsetzung und Einbindung beschreiben.
Projektmanagement in der ISO 9000 – Familie
Die ISO 9001 / Ausgabe 1994 beschränkt sich auf 20 Elemente für ein Qualitätsmanagementsystem, ohne Projektmanagement mit einem eigenen Element zu würdigen. Betrachtet man in der Norm das Element „Designlenkung“, so erkennt man typische Aufgaben des Projektmanagements. Leider betrifft dies nur Produktentwicklungsprojekte, also technisch ausgerichtete Projekte vornehmlich des Entwicklungsbereichs. Die Vielzahl organisatorischer Veränderungsprojekte (z.B. Reengineering von Geschäftsprozessen, Jahr 2000, Releasewechsel des PPS-Systems) können damit nur unzureichend bearbeitet werden. Meist sind es aber genau diese Projekte, welche der Zielsetzung eines Qualitätsmanagementsystems nach „kontinuierlicher Verbesserung“ besonders nützen.
Normenspezialisten verweisen dabei gerne auf zwei weitere Leitfäden, die in der Normenfamilie zur Verfügung stehen. Gemeint sind die ISO 10006 (Guidelines to Quality in Project Management) und die ISO 10007 (Guidelines for Configuration Management). Die ISO 10006 beinhaltet eine knappe Beschreibung typischer Projektphasen und Kriterien wie Qualitätsbelange in Projekten berücksichtigt werden sollte.
Die ISO 10007 konzentriert sich auf das Konfigurationsmanagement von Prozessen, der Organisation und detaillierten Prozeduren speziell bei Produktentwicklungsprojekten. Beide Normen beinhalten jeweils im Anhang zwar ausführliche Cross Referenz-Matrizen zum Leitfaden ISO 9004-1. Diese Matrizen wirken aber durch ihren Detaillierungsgrad eher abschreckend als interessierend.
Die neue ISO 9000 Revision 2000 erwähnt Projektmanagement als Instrument nicht ausdrücklich, bietet aber durch den integrierten PDCA – Regelkreis (Plan-Do-Check-Act), die Plazierung für die bisher nicht berücksichtigten Projekte zur Unternehmensentwicklung und Prozeßverbesserung.
Projektmanagement im Modell der EFQM
Alle EFQM-Kriterien lassen sich auf ein Gesamtunternehmen, aber auch speziell auf die Beurteilung des Projektmanagements übertragen und können das Reflektieren des eigenen Umsetzung unterstützen. Diese besondere Form der Anwendung laßt sich vertreten, da in Projekten ebenfalls Aufgaben der Führung, Politik und Strategie relevant sind und eine effektive Abwicklung ein intensives Ressourcenmanagement (betreffend die Finanzen, Informationen, Technologien) erfordert. Der Projektablauf über einzelne Phasen und Meilensteine kann als „ergebnisbezogener Prozeß“ gesehen werden und mit Fragestellungen zum Kriterium „Prozesse“ gut hinterfragt werden.
Projektmanagement in der QS 9000 / VDA 6
Die QS 9000 und der VDA 6.1 beinhalten spezielle Anforderungen an Qualitätsmanagementsysteme von Automobilzulieferanten. Der Leitfaden „Produktqualitätsvorausplanung“ (APQP, QS 9000) entspricht der Beschreibung eines Phasenmodells für die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen. Inhalt ist eine genaue Festlegung der geforderten Ergebnisse und Nachweise in jeder Phase des Projektes. Schlägt man in den Audit-Leitfäden der QS 9000 oder dem VDA 6.1 nach, so zielen auch viele Fragestellungen auf die Einplanung und Abwicklung von Verbesserungsprojekten ab. Antworten zu den Themen Projektplanung, Projektsitzungen und die Projektdokumentation werden erwartet.
Probleme mit Projekt-management
Die Probleme liegen einerseits in der Anwendung und Nutzung des Instrumentes selbst (Planungsfehler, Steuerungsfehler, Überwachungsfehler, unzureichende Hilfsmittel und Dokumentation) und andererseits beim Zusammenwirken und der Abstimmung (Projekteinbindung, Kompetenzausstattung, Prioritäten, Unterstützung, Beziehungen) mit dem Qualitätsmanagementsystem. Die vorhandenen Defizite in der Anwendung der Projektmanagement-Werkzeuge können meist durch gezielte Qualifikationsmaßnahmen recht schnell reduziert werden. Für die Probleme bei der Abstimmung mit dem Qualitätsmanagementsystem ist dies schwieriger und kann Anpassungen notwendig machen, welche die Aufbau- und Ablauforganisation des Unternehmens betreffen.
Grundlegende Voraussetzungen für die Einbindung von Projektmanagement
Entscheidend für die Effizienz von Projekten ist deren organisatorische Einbindung in die funktionale Unternehmensstruktur (Linienorganisation). Je nach Projektziel und -inhalt wird für das Projekt eine Projektorganisation gewählt, die bezüglich der Verantwortungen und Kompetenzen klar mit der funktionalen Struktur abgegrenzt und eindeutig festgelegt sein muß. In den meisten Unternehmen werden funktional ausgerichtete Projekte (Entwicklungsprojekte,
Markteinführungsprojekte, Informatikprojekte) über eine Linienprojektorganisation und interdisziplinäre Projekte zur Unternehmensentwicklung über die Projektorganisation des „Einflußmanagements“ koordiniert.
Notwendig für die Einbindung von Projektmanagement ist, daß im Qualitätsmanagement-Handbuch neben dem „normalen“ Organigramm zur funktionalen Unternehmensstruktur auch die Einbindung der speziellen, meist nur temporär aktiven Projektorganisation dargestellt wird. Dies sollte die Verantwortungen und Kompetenzen, wie schon erwähnt, beeinhalten.
In den wenigsten Handbüchern von Qualitätsmanagementsystemen ist dies ausreichend erfolgt. Die Verantwortungen beschränken sich auf „allgemeine Verantwortungen und Befugnisse“ für qualitätsrelevante Aufgaben, bzw. die Zuordnung der Verantwortung in den Prozeßabläufen.
Auslöser für die Einleitung eines Projektes sind selten eindeutig festgehalten und geregelt. Zwar findet sich im jedem Handbuch eines nach ISO 9001 zertifizierten Unternehmen ein allgemeiner Problemlösungsprozeß für Korrekturmaßnahmen. Eine Schnittstelle zum Projektmanagement sucht man an dieser Stelle meist vergebens.
Ähnliches zeigt sich in der Beschreibung des durchzuführenden Management Reviews und der Audits. Vielfach wird unter den eizuleitenden Maßnahmen auch eine projekthafte Bearbeitung verstanden. Nur, warum wird dies dann auch nicht deutlich gemacht?
Mechanismen, welche eine Priorität der Projekte festlegen, findet man selten in Prozessen die auch Auslöser für Projekte sein können (z.B. Unternehmensentwicklung, Audits). Auch wenn schon ein Projektmanagementablauf beschrieben ist, wird darauf nicht genügend eingegangen.
Die Konsequenzen aus diesem Mißstand erleben die Projektteams während der jeweiligen Projektabwicklung durch Mißverständnisse in der Gewichtung der Projekte und Aufgaben.
Ein weiteres Defizit zeigt sich in der nicht ausreichenden Transparenz der gesamten aktiven Projektlandschaft. Zwar ist in den meisten Unternehmen mit Hilfe von PPS-Systemen genauestens bekannt in welchem Bearbeitungsschritt sich ein Fertigungsauftrag gerade befindet; für die Verfolgung von der Arbeitspakete in Projekten und deren aktuellen Fortschrittstand fehlen die Informationen oder sind, wenn vorhanden, nicht ausreichend gepflegt. Mit dem Nutzen und Bedarf an „Qualitätsmanagementpläne zum QM-System“ (ISO 9001) haben viele Unternehmen ihre Schwierigkeiten. Die meisten Beschreibungen bleiben hier sehr unkonkret. Wenn man erkennt, daß die geforderten Qualitätsmanagementpläne mittels Übersicht zur Zielsetzung und Aufgabenstellung relevanter Unternehmensprojekte erfüllt wird, ist ein hilfreiches Dokument für das Management entstanden. In jedem Qualitätsmanagementsystem sind Festlegung zur Verwaltung und Lenkung relevanter Dokumente und Aufzeichnungen getroffen. Leider nur in wenigen Fällen sind dabei auch die wichtigsten Dokumente im Projektmanagement aufgeführt (z.B. Projektauftrag, Projekt Reviews, Planung- und Controllingdokumente) und das, obwohl über diese Dokumente viel Geld im Unternehmen bewegt wird.
Fazit
Das ISO – Zitat: „Qualitätsmanagement gestaltet sich durch Prozeßmanagement“ sollte sicher erweitert werden in dem Sinn: „Qualitätsmanagement gestaltet sich durch prozeß- und projekthaftes Arbeiten“. Beide Vorgehensweisen sind notwendig für die Erfüllung der Ziele und Aufgaben eines effektiven Qualitätsmanagementsystems in den Unternehmen. Die Integration des Projektmanagement in das Qualitätsmanagementsystem wird dann erleichtert, wenn grundsätzliche Spielregeln im Projektmanagement wie im Qualitätsmanagementsystem befolgt werden. Schaffung von Zielklarheit und nutzbringenden Vereinbarungen, diszipliniertes Einhalten der getroffenen Vereinbarungen, Änderung der Vereinbarungen, die sich in der Praxis als nicht sinnvoll erwiesen haben.
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