Qualität in 8.000 Farben

Kunststoffe sind Materialien, welche uns im täglichen Leben oft begegnen. Für ihre Verwendung im Automobilbau, in der Elektronik oder im Bereich der Konsumgüter müssen die Polymere veredelt werden, damit sich ihre technischen Eigenschaften verbessern. Einer der weltweit führenden Spezialisten für die Modifizierung von Rohpolymeren zu technischen Kunststoffen ist die A. Schulman GmbH. Das Kompetenzzentrum für technische Kunststoffe beschäftigt ca. 470 Mitarbeiter am Standort Kerpen. Hier werden Standard-Polymere auf Extrusionsanlagen modifiziert und allein im deutschen Raum etwa 4.000 Kunden (16.000 weltweit) beliefert.

Allein 8.000 Farben stehen der A. Schulman GmbH zur Verfügung, die Anzahl der Engineering Compounds (technische Zusatzstoffe) und der Rezepturkomponenten übersteigen dieses Maß noch. Die Umsetzung der Kundenanforderungen wird flexibel über eine eigene Entwicklungsabteilung realisiert. Bei dieser hohen Produktvarianz und den produzierten Mengen – manche der eingesetzten Maschinen stellen bis zu 4 Tonnen in der Stunde her – ergeben sich ganz besondere Anforderungen an Qualitätsplanung und -sicherung.

Die A. Schulman GmbH produziert ausschließlich Kunststoffgranulate für die unterschiedlichsten Anwendungsgebiete. Die Qualitätssicherung und vor allem die Prüfplanung unterscheiden sich hier wesentlich vom Prozess der Teileprüfung, wie sie etwa die Fertigung von Werkstücken erfordert. Charakteristika wie Schlagfestigkeit, Wärmeformbeständigkeit, Farbe oder Fließverhalten müssen den jeweiligen Kundenanforderungen entsprechend flexibel angepasst und nach definierten Kriterien überprüft werden können. Die Prüfung dieser Merkmale ist ein einstufiger Prozess, der eine spezielle Form der Stichprobenentnahme voraussetzt. Auch den statistischen Auswertungen kommt besondere Bedeutung zu, denn veränderte Rohstoffzusammensetzungen und Prüfergebnisse müssen auch über längere Zeiträume hinweg dokumentiert und in Beziehung zueinander gesetzt werden können.

Aufgrund der eigenen Forderungen nach einer nachvollziehbaren Dokumentation, etwa in Form einer Historie für die Änderung von Rohstoffzusammensetzungen oder Normen, zeigte sich die Anschaffung eines CAQ-Systems für A. Schulman als unerlässlich. Hinzu kam, dass die aktuellen Normen und auch die Kunden des Compoundeurs plausible statistische Auswertungen der Messdaten forderten. Um diese Auswertungen zu realisieren, mussten die Testergebnisse bisher per Hand in zusätzliche Software-Anwendungen wie etwa QS-stat oder Microsoft Excel übertragen werden. Dies hatte einen zusätzlichen Zeitaufwand sowie eine hohe Fehlerwahrscheinlichkeit bei der Datenübernahme zur Folge.

Die Gesamtheit dieser Bedürfnisse und Anforderungen fand A. Schulman in einer CAQ-Software realisiert, mit deren ganzheitlichem Ansatz sich alle Unternehmensprozesse zentralisiert abbilden lassen. Diese Lösung der Babtec Informationssysteme GmbH sollte zunächst nur für den deutschen Standort umgesetzt werden. Das Projekt wuchs während der Planungsphase, so dass nun am Ende der Einführung die Vernetzung der Qualitätsmanagement-Prozesse aller europäischen Standorte stehen soll. Vor der Ausweitung des Systems sollen sich jedoch alle Funktionen fehlerfrei am deutschen Standort im Einsatz befinden, denn hier herrschen die strengsten Normen und Anforderungen.

Im Zuge der Einführung des neuen Systems war es möglich, die im ERP-System vorliegenden Prüfpläne direkt zu übernehmen. Die Schnittstelle zum ERP-System leistet jedoch noch mehr: Wird im hier ein Wareneingang verzeichnet, löst das computergestützte Qualitätsmanagement selbsttätig die Erstellung eines passenden Prüfauftrags für Wareneingang und Fertigungsprüfung aus. Darüber hinaus werden die entsprechenden Charakteristika des erstellten Prüfplans sowie spezielle Formel-Bögen mit den jeweiligen Zusammensetzungen der Kunststoffe ausgedruckt und stehen damit auch sofort auf dem Papier zur Verfügung.

Die Stichprobenentnahme und die Art des Prüfprozesses machten einige Anpassungen erforderlich, welche durch die Projektleitung der Babtec GmbH realisiert wurden. Nun ist es auch für die individuellen Prüfprozesse der A. Schulman GmbH möglich, die Prüfabläufe logisch in der Prüfplanung zu gliedern und zu dokumentieren. Die besonderen Prüfpläne, Arbeitsgänge und Merkmale werden in einer übersichtlichen Baumstruktur organisiert und sind einfach und schnell per Mausklick überschaubar. Alle Änderungen, die sich in den Prüfplänen ergeben, werden über die Verwaltung von Versionen dokumentiert. So können auch ältere Prüfplanversionen eingesehen und auch zur Erstellung neuer Pläne herangezogen werden.

Die Messergebnisse und alle zugehörigen Daten wie Zusammensetzung und Normen werden in einer nachvollziehbaren Dokumentation gespeichert. Historien und verschiedene Möglichkeiten der statistischen Auswertung stehen quasi auf Knopfdruck sofort zur Verfügung – ohne Datenübernahme oder Hinzuziehung eines externen Tools. So sparen die verantwortlichen Mitarbeiter Zeit und können durch die fehlerfreie Übertragung der Daten ihre Kundenanforderungen effektiver bearbeiten. Darüber hinaus zeichnet sich das CAQ-System durch eine hohe Nutzerfreundlichkeit aus, welche die Werkerselbstprüfung maßgeblich erleichtert. Losgrößen und Stichprobenpläne werden genau definiert und liefern den Mitarbeitern leicht umzusetzende Anweisungen und Arbeitsvorlagen. Sobald ein Auftrag abgeschlossen ist, werden automatisch Zertifikate für den Kunden bereitgestellt. Diese können flexibel an die Anforderungen der Kunden und die des eigenen Qualitätsmanagements angepasst werden.

Das CAQ-System verfügt über aktive Funktionalitäten, welche besonders in der Workflow-Unterstützung und der Prozessüberwachung wertvolle Dienste leisten. So prüft das System turnusmäßig alle vorhandenen Prüfpläne und informiert die verantwortlichen Mitarbeiter über neue Artikel und aufgetretene Fehler. Die Prüfpläne können mit den gewonnenen Erkenntnissen ergänzt werden – auch dann noch, wenn sie sich gerade in der Umsetzung befinden. Ebenso überprüft die CAQ-Software regelmäßig den benötigten Zugang zu den Netzlaufwerken, denn der Hauptserver für diese Anwendungen befindet sich am belgischen Standort. Hier werden Fehler beim Start von Services sofort an den Verantwortlichen gemeldet.

Die eingesetzte Software-Lösung wurde von der Babtec GmbH als Standardsoftware konzipiert. Sie ist releasefähig, so dass der Leistungsumfang regelmäßig durch bis zu zwei Updates pro Jahr erweitert werden kann. Gleichzeitig hat das System hier eine hohe Anpassungsfähigkeit bewiesen: Die individuelle Lösung auf Basis der Standardsoftware konnte problemlos für die speziellen Anforderungen der A. Schulman GmbH umgesetzt werden.

In den nächsten Projektschritten sind zahlreiche Funktionserweiterungen geplant. So werden zunächst die A. Schulman-Werke in Belgien, Großbritannien und Frankreich in das System einbezogen werden. Alle Prozesse des Qualitätsmanagements werden weiter gebündelt und optimiert. Die Datensammlung für eine vollständige Lieferantenbewertung über langfristige Zeiträume hinweg ist bereits im Gange. Für die Lieferantenbewertung konnten ebenfalls eigene Kriterien und Anforderungen eingebracht werden.

Für die Qualitätsplanung werden Verbesserungspotenziale genutzt, indem Controlpläne, FMEA und Erstbemusterungsprozesse ebenfalls demnächst durch das System unterstützt werden sollen. Auch ein vollständiges Reklamations- und Maßnahmenmanagement steht kurz vor seiner Realisierung. Vor allem die vollständige Dokumentation und eine aktive Workflow-Unterstützung wird hier maßgeblich zur Steigerung der Effektivität beitragen können, so wird das System etwa die für Reklamationen und Verbesserungsmaßnahmen verantwortlichen Mitarbeiter selbsttätig über ihre Aufgaben informieren.

Die Durchsetzung der eigenen Anforderungen und die Berücksichtigung von Kundenbedürfnissen hat sich bezahlt gemacht: Bereits seit 2004 ist die Schulman GmbH nach ISO TS 16949:2002 und DIN EN ISO 14001 zertifiziert.

Babtec Informationsysteme, Wuppertal

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