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Qualitätssicherung in der additiven Fertigung

Veranstaltung am 13.3.2018 beim Fraunhofer IPA in Stuttgart
Qualitätssicherung in der additiven Fertigung

Qualitätssicherung in der additiven Fertigung
Die additive Fertigung hat noch ein großes Manko: die Qualitätssicherung Bild: Renishaw
Das Forum „Qualitätssicherung in der additiven Fertigung“, veranstaltet von Quality Engineering und dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, adressiert alle Qualitätsprobleme entlang des Produktionsprozesses. Experten aus Industrie und Wissenschaft, aus Praxis und Forschung berichten über ihre Erfahrungen und Projekte.

Additive Fertigung oder 3D-Druck gilt als großer Hoffnungsträger für viele Industriebereiche: Bauteile lassen sich damit individualisieren, Losgröße 1 wird durch die vollständig digitale Prozesskette Realität. Außerdem sind damit völlig neue komplexe Geometrien möglich oder aber die Integration neuer Funktionalitäten.

„Der 3D-Metalldruck eröffnet neue Chancen, innovative Bauteilkonzepte wirtschaftlich und kurzfristig zu realisieren. Was aber geschieht vor und nach dem 3D-Druck?“, fragt Jan-Peter Derrer, Product Manager Additive Manufacturing bei Re-nishaw in Pliezhausen, der mit seinem Vortrag das Forum „Qualitätssicherung in der additiven Fertigung“ eröffnen wird. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Großbritannien ist das weltweit einzige Unternehmen, das die gesamte Produktionskette der additiven Fertigung begleiten kann, einschließlich der Nachbearbeitung und Qualitätssicherung der gedruckten Bauteile.

Denn die additive Fertigung hat noch ein großes Manko: die Qualitätssicherung. Es gibt noch keine fest etablierten Normen. Deshalb lassen sich belegbare Qualität, Nachverfolgbarkeit und Reproduzierbarkeit nicht garantieren. Fehlende Qualitätskontrollen während des Fertigungsprozesses können hohe Kosten verursachen. Sicherheit und Reproduzierbarkeit lassen sich deshalb nicht garantieren. Gerade in Branchen wie zum Beispiel der Medizintechnik seien solche Vorgaben aber extrem wichtig.

„Der 3D-Drucker arbeitet völlig autark. Im schlimmsten Fall bemerkt man den Fehler erst, wenn das Bauteil fertig ist. Da ist die Maschine aber schon viele Stunden gelaufen und es wurde viel Material und Energie verschwendet“, sagt Dr. Simina Fulga-Beising, Senior Scientist in der Abteilung Bild- und Signalverarbeitung beim Fraunhofer Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA.

Das Forum „Qualitätssicherung in der additiven Fertigung“ von Quality Engineering und dem Fraunhofer IPA adressiert alle Qualitätsprobleme entlang des Produktionsprozesses. Experten aus Industrie und Wissenschaft, aus Praxis und Forschung berichten über ihre Erfahrungen und Projekte entlang der gesamten Prozesskette – angefangen beim Qualitätsmanagement über die Mess- und Prüftechnik inline und offline.

„Insbesondere durch die resultierenden Freiheitsgrade dieser modernen Verfahren, aber auch durch Fertigungsschwankungen ist ein allumfassendes Qualitätsmanagement von der Ausgangsbasis bis hin zur Endprüfung der Komponenten erforderlich, um die Funktionalität des Bauteiles über die gesamte Nutzungsdauer als auch dessen robuste Prozessierung sicherzustellen“, betont Professor Frank Brückner, Geschäftsfeldleiter Additive Manufacturing and Printing am Fraunhofer IWS in Dresden, in seinem Vortrag. In Abhängigkeit der Bauteilanforderungen in unterschiedlichen Branchen ergeben sich seiner Darstellung nach unterschiedliche Tiefen sowie Zyklen notwendiger Qualitätsmanagementmaßnahmen unter Zuhilfenahme geeigneter Monitoring-Werkzeuge.

Eine Überblick über bestehende und künftige Normen und Standardisierungen wird Gregor Reischle geben, Program Manager Additive Manufacturing beim TÜV SÜD Product Service. Weiter geht es mit der Frage, wie sich Pulverwerkstoffe analysieren, charakterisieren und qualifizieren lassen. Es folgen Vorträge über das richtige Equipment für die Vermessung additiv gefertigter Bauteile, über die Möglichkeiten der Automatisierung der Qualitätssicherung sowie über die Möglichkeiten der Mikroskopie und von Ermüdungsprüfungen.

Mit IQ4AP hat das Fraunhofer IPA beispielsweise ein System entwickelt, das die Qualität im 3D-Druck inline – also schon während der Fertigung – automatisiert kontrolliert. Die Anwendung basiert auf einer Blackbox, die eine Kamera, Beleuchtung und Belüftung enthält. Schlüsseltechnologie ist das maschinelle Sehen. Ein Kamerasystem scannt die frisch aufgetragenen Pulverschichten und die gesinterten Schichten direkt im Prozess. Anschließend werden die Bilder mit mehreren Algorithmen gegengeprüft.

Anwender berichten über ihre Erfahrungen beim Aufbau von QS-Maßnahmen in der additiven Fertigung. Rechtsanwalt Dr. Andreas Leupold, einer der Herausgeber des Buchs „3D Printing: Recht, Wirtschaft und Technik des industriellen 3D-Drucks“ beleuchtet rechtliche Aspekte.

Und wir wagen am Schluss der Veranstaltung einen Ausblick auf künftige Entwicklungen wie beispielsweise die Qualitätssicherung bei 3D-gedruckten Kohlefaserverbundteilen. „Neue Werkstoffe innerhalb der additiven Fertigungsverfahren erweitern die Einsatzmöglichkeiten speziell im Leichtbau. Drohen profitieren von diesen Entwicklungen“, sagt Raphael Geiger, Composite Design Engineer an der University of Southern Denmark. „Was allerdings technisch noch zu lösen ist, ist eine lückenlose Qualitätssicherung innerhalb des Verfahrens.“ Das Ziel sei eine 100 % Bauteil- und Werkstoffüberprüfung ab Losgröße 1.

Fulga-Beising wird schließlich Möglichkeiten aufzeigen, wie additive Fertigung künftig durch maschinelles Sehen und Lernen zu einem Produktionsverfahren werden kann, das heute üblichen Verfahren ebenbürtig ist. ■


Die Autorin

Sabine Koll

Redaktion
Quality Engineering


Vorabend-Event bei Renishaw

Eingeläutet wird die Veranstaltung am 12.3.2018 ab 17 Uhr mit einem exklusiven Event bei Renishaw in Pliezhausen. Hier gibt es die Möglichkeit zu einer Führung durch das neue Solution Center für additive Fertigung von Renishaw einschließlich eines Workshops und anschließendem Abendessen.

Kernkompetenz von Renishaw ist die industrielle Messtechnik, doch baut das Unternehmen seine Geschäftsfeld für generative Fertigung derzeit stark aus: Dazu gehören Laser-Fertigungssysteme und Dienstleistungen, wie sie im Solution Center angeboten werden. Kunden können hier nicht nur neue Materialien ausprobieren, sondern erhalten die gesamte Bandbreite an Möglichkeiten, um marktfähige Bauteile additiv zu fertigen – angefangen bei Beratung bis hin zu Mietzellen mit den Maschinen für die Herstellung und Nachbearbeitung.


Welche Bedeutung kann maschinelles Sehen und Lernen erhalten?

Die Kombination von künstlicher Intelligenz und industrieller Bildverarbeitung ist der Schlüssel für den Bereich der selbst organisierten Prozess- und Produktqualität durch Selbstkontrolle und Selbstregelung, der sogenannten Qualität 4.0. Die additiv entstehenden Produkte sollen nicht nur unter anderem zu Kosten eines Massenprodukts entwickelt, designed und hergestellt werden, sondern sie müssen die geforderte Reproduzierbarkeit und wiederholbare Qualität erreichen. Aus der Sicht der Produkt- und Prozessqualitätssicherung wird „additiv“ erst dann zu einer gleichwertigen Technologie, wenn die Qualitätskontrolle automatisch gesichert werden kann. Maschinelles Sehen und Lernen sind die Hauptparameter der Kernfunktionen einer smarten additiven Fertigung mit Qualität 4.0. Damit wird nicht nur eine automatische Bestimmung der selbstadaptiven Produktionsparameter realisierbar, sondern auch eine selbstständige Qualitätsüberwachung und Qualitätssicherung entlang der gesamten Wertschöpfungskette. ■

Dr. Simina Fulga-Beising, Senior Scientist, Abteilung Bild- und Signalverarbeitung, Fraunhofer IPA

Welche Rechtsfragen sind in er additiven Fertigung besonders wichtg?

In meiner Beratung von Unternehmen, die selbst additiv fertigen oder sich dafür Unterstützung bei Dienstleistern holen, zeigt sich immer wieder, dass der industrielle 3D-Druck nicht nur ein anderes Herstellungsverfahren ist, sondern der rechtlichen Absicherung in der gesamten Wertschöpfungskette bedarf. Das beginnt mit dem Erwerb der Nutzungsrechte an einer additiven (Neu-) Konstruktion und der Freedom-to-operate-Analyse. Doch ebenso gilt es, das Prozess-Know-how und Geschäftsgeheimnisse zu schützen. Dazu müssen Industrial Security Agreements geschlossen werden, die weit mehr leisten müssen, als die üblichen Non Disclosure Agreements. Wegen der Vielzahl der Faktoren, die das Druckergebnis beeinflussen können, kommt dem Qualitätsmanagement und dem Abschluss von Qualitätssicherungsvereinbarungen, die den Besonderheiten der additiven Fertigung Rechnung tragen, besondere Bedeutung bei der Vermeidung der Produkthaftung zu, die Geschäftsführer und Vorstände auch persönlich treffen kann. ■

Dr. Andreas Leupold, Leupold Legal

Was sind für Sie die größten Herausforderungen in der Messtechnik?

Im Unterschied zu Serienbauteilen, bei denen eine sichere Erfüllung einer Funktion sowie der Prüfung und Dokumentation durch qualitätssichernde Maßnahmen gefordert sind, waren diese Fragestellungen beim Rapid Protoyping, dem Ursprung der additiven Fertigung, von untergeordneter Bedeutung. Die Notwendigkeit einer Qualifizierung geriet erst dann in den Fokus der additiven Fertigung, als der Anspruch erhoben wurde, Funktionsteile in Losgröße 1 anzufertigen. Aus meiner Sicht ist die additive Fertigung aufgrund der kleinen Losgröße darauf angewiesen, effiziente Messmethoden in digitalisierter Form anzuwenden. Die industrielle Computertomographie ist hier ein ideales Instrument, wie ich in meinem Vortrag zeigen werde. ■

Steffen Hachtel, Geschäftsführender GesellschafterF. & G. Hachtel

Was sind für Sie in der Praxis die größten Herausforderungen?

Der Maschinenbau mit seinen Prozessen und Genauigkeitsforderungen wird von den meisten 3D-Druck-Dienstleistern leider immer noch nicht verstanden. Unsere Konstruktionen sind zum Teil so komplex, dass Dienstleister die Herstellung sogar ablehnen. Wir haben eine eigene Maschine zum Kunststofflasersintern im Haus, auf der ein sehr gut ausgebildeter Kollege diese Teile aber problemlos herstellt. Diese Teile werden bei uns in Produkten oder als Produkte eingesetzt. Dabei werden kritische Bereiche vorab simuliert, so dass im späteren Betrieb keinerlei Einschränkungen bezüglich Einsatzdauer und Belastungszyklen gemacht werden müssen. Ein Vorschlag zur möglichen Lösung für dieses Problem ist von mir seit einigen Jahren eine Zertifizierung von Dienstleistern, verbunden mit dem Versprechen, auch bei Wiederholbestellungen immer die angegebenen (engen) Toleranzen einzuhalten. Der VDMA arbeitet an solchen Vorschlägen, die aber leider noch nicht in der Umsetzung sind. ■

Ralf Becker, Leiter der Forschungsabteilung Schunk

Wie weit ist die Normierung fortgeschritten?

Für den Bereich der industriellen Fertigung gibt es schon lange Normen. Für den Bereich der Additiven Fertigung indes fehlen entweder verbindliche Normen, die den Besonderheiten additiver Herstellverfahren Rechnung tragen, oder der Implementierungsgrad vorhandener Fertigungsstandards ist sehr gering. So stellt gerade die Fertigung risikobehafteter und qualitativ anspruchsvoller Bauteile alle Beteiligten vor große Herausforderungen, weil viele Fragen zur Qualitätssicherung noch unbeantwortet sind. Um hier Abhilfe zu schaffen, arbeiten die deutschen Normungsorganisationen DIN und VDI gemeinsam mit ihren internationalen Pendants daran, neue Standards für die Additive Fertigung zu entwickeln. Über den aktuellen Stand informiere ich in meinem Vortrag. ■

Gregor Reischle Program Manager Additive Manufacturing TÜV SÜD Product Service

Welche Rolle kann die Mikroskopie bei der additiven Fertigung spielen?

Additive Fertigung hat signifikante Vorteile in Formgebung, nahezu endkonturnaher Bauteile, sowie integrierter Funktionseigenschaften. Mikroskopie ist dabei ein elementares Verfahren, um teils noch nicht bekannte Zusammenhänge zwischen Pulvercharakteristika, Prozessparametern (zum Beispiel thermischer Lasereintrag, Wärmebehandlungen), dem resultierenden inneren Materialaufbau mit Kornstrukturen und Fehlern, der Oberflächenausbildung, sowie erzielbarer Materialeigenschaften für additive Fertigung zu erfassen. Die qualitative und quantitative Mikroskopie und Tomographie, ist für die Prozessentwicklung, aber auch die begleitende Prozessüberwachung und Qualitätsbewertung gezielt einsetzbar. Insbesondere bei aussichtsreichen Materialien, wie ewa WC-Co-Kompositen, die bislang für laserbasierte additive Verfahren herausfordernd sind, ist Mikroskopie zum Prozessverständnis unabdingbar. Main Vortrag nimmt diese Fragestellungen auf und stellt Anwendungen der Mikroskopie entlang des Additive-Manufacturing-Prozesses dar. ■

Dr. Timo Bernthaler, Institut für Materialforschung, Hochschule Aaalen

Webhinweis

Melden Sie sich an zum Event unter:

Internet: http://hier.pro/MdTcV

Per E-Mail: Beate.Guenther-Huehn@konradin.de

Per Fax +49 711 7594–1545

Die Teilnahme ist nur nach vorheriger Anmeldung bis möglich.
Die Teilnahmegebühr beträgt
495 € zzgl. MwSt.

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