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Qualitätssicherungsvereinbarungen in der Praxis: Risiken einer QSV

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Qualitätssicherungsvereinbarungen in der Praxis: Risiken einer QSV

Durch eine QSV kommt es, wie in Teil I dieses Beitrags erläutert, im Fall der Modifikation der Pflichten aus §377 HGB zu einer Verschärfung der haftungsrechtlichen Dimensionen des betroffenen Lieferanten.

Dieser bekommt das Distributions- und Haftungsrisiko insoweit abgewälzt, als eingetretene Personen und Sachschäden zur Rede stehen und in der QSV keine unangemessene Benachteiligung des Lieferanten liegt. Zu dem vorgenannten Risiko gehört auch die Durchführung etwaiger Maßnahmen zur präventiven Gefahrenabwehr in Form von Warnungen und Rückrufaktionen. Eine Benachteiligung eines Lieferanten ist insbesondere dann unangemessen, wenn ihm der Einwand des Mitverschuldens des Herstellers gemäß §254 BGB nicht zur Verfügung steht. Ein Ausschluss des Mitverschuldens des Herstellers durch QSV wäre daher unwirksam.
Eine unangemessene Benachteiligung kann sich jedoch nicht nur aus Regelungen des deutschen Rechtskreises ergeben. Betrachtenswert ist insoweit die Abwälzung des US-amerikanischen Risikos der „Product Liability“. Hier wäre die Folge nicht nur höhere Ersatzleistungen im Schadensfall, sondern auch die Übernahme des Risikos der „Punitive Damages“. Schadensersatzfälle aus „Punitive Damages“ werden von Versicherungen nicht übernommen. Für die Absicherung gegen das Risiko der amerikanischen „Product Liability“ bedarf es einer individualvertraglichen Vereinbarung mit der Versicherung, da Auslandsschäden regelmäßig gemäß § 4 I Ziffer 3 AHB nicht abdeckt werden. Diese Erwägungen können zu einem anderen Ergebnis führen, wenn der Lieferant von vorneherein weiß, dass die Produkte des Bestellers zum Verkauf am US-Markt vorgesehen sind.
Neben dem Musterbeispiel der Abbedingung des §377 HGB ist die Zusicherung eines Qualitätsstandards sowie dessen Überwachung typischer Regelungsgehalt einer Qualitätssicherungsvereinbarung. Ist die Vereinbarung der Einhaltung technischer Spezifikationen des Bestellers unproblematisch, ist die Vereinbarung eines Qualitätsstandards in Form einer Garantie ebenso wie die Vereinbarung von Null-Fehler-Vorgaben regelmäßig mit einem hohen rechtlichen Risiko verbunden. Der Lieferant kann hier in eine garantieähnliche Haftung geraten, die ihm gerade bei späteren Serienschäden den oben erwähnten Einwand des Mitverschuldens des Kunden abschneidet.. Eine Vereinbarung des Rechtes zur Überwachung durch den Besteller hingegen begegnet grundsätzlich keinen Bedenken, da es angemessen erscheint, dass der Lieferant den technischen Vorgaben des Bestellers entspricht. Differenziert zu betrachten sind weiterhin sog. Haftungsfreizeichnungstatbestände. Diese sind regelmäßig darauf angelegt, den Besteller von seiner Haftung zu entlasten. So könnte eine entsprechende Klausel wie folgt lauten: „ Die Verantwortlichkeit des Lieferanten bleibt durch die Kontrollen des Bestellers im Rahmen der Qualitätssicherung unberührt.“ Eine solche Klausel wäre mit dem schon erwähnten §254 BGB möglicherweise nicht vereinbar. Der Besteller könnte sich sonst bei mangelhaften Kontrollen seinerseits oder gar wissentlicher Mangelhaftigkeit eines Produktes seines Mitverschuldens und damit einer Mithaftung entziehen. Solche Klauseln führen aber dazu, dass der Lieferant trotz bestehender Mangelfreiheit der Produkte für spätere Serienschäden herangezogen werden kann.
Letztlich sind Qualitätssicherungsvereinbarungen die Vereinbarung qualitätssichernder Maßnahmen sowie die Festlegung von Mindestanforderungen von Managementsystemen, Produktionsprozessen oder der Regelung von Freigabeverfahren.
In Abgrenzung hierzu werden Qualitätssicherungsvereinbarungen aber genutzt um vertragliche Bestandteile zu regeln, die originär in Rahmenverträge oder AGB zu vermuten wären. Bei der Beurteilung der Risiken einer QSV ist daher immer zu begutachten, welche Inhalte über den eigentlichen QM-Zweck hinausgehen und Regelungen zu Fragen der Haftung oder des Regresses enthalten können..
Philipp Reusch
Reusch Rechtsanwälte
Saarbrücken
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