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Risikopotenzial bei Vorprodukten

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Risikopotenzial bei Vorprodukten

Risikopotenzial bei Vorprodukten
Alles was Recht ist Regelmäßige Beiträge zu rechtlichen Themen liefert Reusch Rechtsanwälte, Der Autor: Philipp Reusch www.reuschlaw.de
Die erste Hälfte des Jahres 2013 ist vorbei und so bietet sich die Gelegenheit, Entwicklungen und Neuerungen rund um die Produkthaftung Revue passieren zu lassen. Wenn man die Rechtsprechung der vergangenen sechs Monate betrachtet, fallen zwangsläufig zwei Urteile ins Auge.

Da ist zum einen die Entscheidung des OLG Düsseldorf aus dem April dieses Jahres, die sich im Grunde mit der immer wieder auftauchenden Problematik von mangelhaften Vorprodukten und deren Auswirkungen auf das Endprodukt beschäftigt. Eigentlich also eine recht ausgeurteilte Problematik, die stereotype Ergebnisse erwarten lässt.

Allerdings hat sich das OLG Düsseldorf die Pointe des Falles tatsächlich bis zum Schluss aufgehoben. Nachdem das OLG Düsseldorf zunächst alle Ansprüche aus dem Produkthaftungsgesetz und auch aus § 823 I BGB abgelehnt hat und damit zu dem angesprochenen, stereotypen Ergebnis der Klageabweisung gekommen wäre, hat das Gericht § 826 BGB geprüft und bejaht. Im Ergebnis stand damit zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der betroffene Hersteller der Produkte vorsätzlich und sittenwidrig den Kläger geschädigt hat, als er wider besseren Wissens unbrauchbares Material in Verkehr gab.
Wenn man das Urteil des OLG Düsseldorf sacken lässt, muss man konstatieren, dass hiermit ein erhebliches Risikopotenzial für Unternehmen bestehen könnte. Insbesondere bei Entscheidungen über die akzeptable Sicherheit eines Produktes kann die Ansicht des hier entscheidenden Gerichts zu einer Haftung führen. Umso mehr ist bei der Risikobewertung der Gefährlichkeit eines Produktes Wert auf die umfassende und detaillierte Analyse zu legen.
Haftung bei Fremdkörper im Fruchtgummi
Auch das OLG aus Hamm hat sich mit einem Fall zu Wort gemeldet, der produkthaftungsrechtlich zumindest insoweit bemerkenswert ist, als er der bisherigen Meinung des Bundesgerichtshofs widerspricht. Im Grunde hat der BGH einmal entschieden, dass es sehr wohl der Verbrauchererwartung entspreche, dass in Kirschtalern eventuell auch noch Kerne sein könnte. Ergo könne hieraus auch kein Produkthaftungsfall werden, da das Produkt – der Kirschtaler – eben gerade nicht fehlerhaft sei, weil der Verbraucher mit einem Kirschkern rechnen müsse und könne.
Interessanterweise musste sich das OLG Hamm mit einer vergleichbaren Frage auseinander setzen, als der geschädigte Kläger die finanziellen Folgen eines Steins in einem Fruchtgummi geltend machte. Das Gericht hat sehr eindeutig entschieden, dass Fremdkörper im Herstellungsprozess ein Fehler im Sinne des Produkthaftungsgesetzes darstellen und damit eine Haftung des Herstellers für die Mängel bestehe. Übertragen auf andere Industrien kehren wir damit zur Normalität zurück, in der Fabrikationsfehler im Grundsatz immer eine Produkthaftung auslösen.
Hersteller muss nicht für Fehler des Nutzers büßen
Fehlen darf in einem solchen Halbjahresrückblick auch nicht das einzige Urteil des BGH in dem betrachteten Zeitraum für das Produkthaftungsrecht. Die Haftung des Herstellers eines Heißwasser-Untertischgerätes stand zur Debatte, nachdem das Gerät nach der Installation durch den Kläger explodiert war.
Der Hersteller hatte in der dem Produkt beigefügten Installations- und Gebrauchsanweisung darauf hingewiesen, dass die Installation von qualifiziertem Personal durchgeführt werden sollte und das Gerät für drucklose Installationssysteme gebaut sei, weshalb es an eine Niederdruckarmatur angeschlossen werden müsse. Vor dem Anschluss an das Stromversorgungsnetz sei das Gerät unbedingt mit Wasser zu füllen. Es dürfe erst eingeschaltet werden, wenn es vollständig mit Wasser gefüllt sei.
Im Ergebnis hat der BGH dem Kläger nicht geglaubt, diesen Anweisungen ausreichend Folge geleistet zu haben und hat sich auch mit der – für die industrielle Praxis spannenden – Frage beschäftigt, ob der Hersteller solches Fehlverhalten nicht vorhersehen und dessen Risiko minimieren müssen.
Hierzu hat der BGH festgestellt: Die berechtigte Sicherheitserwartung im Sinne des § 3 Abs. 1 ProdHaftG geht grundsätzlich nur dahin, dass von einem Produkt bei vorhersehbarer üblicher Verwendung unter Beachtung der Gebrauchs- beziehungsweise Installationsanleitung keine erheblichen Gefahren für Leib und Leben der Nutzer oder unbeteiligter Dritter ausgehen. Von dem Hersteller kann dagegen nicht verlangt werden, für sämtliche Fälle eines unsorgfältigen Umgangs mit dem Produkt, zu dem auch die fachwidrige Installation gehören kann, Vorsorge zu treffen. ■
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