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„Riss“ im Heuhaufen

Wirbelstromprüfung zur Riss- und Korrosionserkennung
„Riss“ im Heuhaufen

Die Entwicklung im Flugzeugbau ist durch das Streben nach höchster Betriebssicherheit und Wirtschaftlichkeit gekennzeichnet. Die gegenwärtige Generation von zivilen Passagierflugzeugen wird für eine Lebensdauer von mindestens 20 bis 25 Jahren und bis zu 90 000 Flügen ausgelegt. Um Sicherheitskonzepte, Beispiele und Lösungen aktueller Prüfaufgaben und Werkzeuge für die Zukunft aus dem High-Tech-Bereich ging es auf dem 2. Aircraft-Symposium der Rohmann GmbH in Bremen. Mit ihren Wirbelstromsystemen hilft das Unternehmen mit, Risse in Flugzeugkomponenten wie Nadeln im Heuhaufen zu finden.

Sicherheitskonzepte – Prüfaufgaben am Flugzeug
Dipl.-Ing. Gustav Tober, DaimlerChrysler Aerospace Airbus GmbH, sprach in seinem Vortrag über das „damage tolerance concept“: Ziel der modernen Auslegungsphilosophie ist es, die Gegensätze am Flugzeug, das Streben nach höchster Betriebssicherheit und den Aspekt der Wirtschaftlichkeit, in höchster Vollendung zu vereinen. Dabei hat die Sicherheit die höhere Priorität. Diesen Ansprüchen entspricht derzeit das „damage tolerance concept“ am besten. Von einer „damage toleranten“ Struktur wird gefordert, dass sie die zu erwarteten Belastungen so lange fehlerbehaftet erträgt, bis die Fehler durch eine geplante Inspektion oder einen nichtsicherheitsgefährlichen Funktionsausfall entdeckt und repariert werden können. Alle über dieser Toleranzgrenze liegenden Fehler müssen durch zerstörungsfreie Prüfverfahren sicher festgestellt werden. Hieraus ergibt sich der enge Zusammenhang zwischen Flugzeugauslegung, Wartungsphilosophie und zerstörungsfreier Prüftechnik.

Prüfung von Innenbohrungen in Verdichterscheiben
Über die Prüfung von Innenbohrungen in Verdichterscheiben von Triebwerken sprach René Klieber, SR Technics AG, Zürich: Nachdem verschiedene Vorkommnisse direkt die Flugsicherheit beeinflussten, verlangten die Luftfahrtbehörden von Herstellern und Unterhaltsbetrieben zusätzliche Kontrollen. Dazu gehören auch Wirbelstromkontrollen im Bereich der Innenbohrungen und Schaufelaufnahmen von Kompressorrotoren. Zusätzlich werden solche Inspektionen auch im teilweise demontierten Zustand am Flugzeug gefordert. Um in Zukunft der gestiegenen Anzahl von Inspektionen nachkommen zu können, müssen zum Beispiel teilautomatisierte Prüfsysteme für Rotoren oder Mehrfrequenzwirbelstromtechnik zur besseren Ausfilterung von Störsignalen eingesetzt werden.
Neue Wege in der Räderprüfung
Die Lufthansa Technik (LHT) überholte im Jahr 1998 16 000 Räder. Dipl.-Ing. Frank Hölterhoff, LHT betonte in seinem Vortrag dass die sehr hoch belasteten Flugzeugräder regelmäßig intensiven Kontrollen auf sehr hohem Niveau unterzogen werden müssen. Auch hier macht sich wieder der schon genannte Gegensatz bemerkbar, indem die Überholungsbetriebe durch die zunehmende Gewichtsoptimierung der Hersteller bei gleichzeitig steigendem wirtschaftlichen Druck eine ständige Verbesserung der eingesetzten Technologien benötigen. Hölterhoff zeigte, in welchen Bereichen und unter welchen Voraussetzungen Verbesserungen erwartet werden.
Flugzeugfelgenprüfung – Stand der Technik
Zu diesem Thema sprach Dipl.-Ing. Gerald Schneibel, Rohmann GmbH: Extrembelastungen beim Starten und Landen bringen bei hochfesten Aluminiumwerkstoffen Gefügeveränderungen mit sich, die nicht nur an der äußeren Oberfläche der Felge zu Rissen führen. Gleichermaßen muss auch eine Prüfung der Innenfläche der Felge sowie an den nicht direkt zugänglichen Bereichen erfolgen. Auch hier werden zunehmend Ermüdungsrisse oder festigkeitsmindernde Werkstoffveränderungen festgestellt.
Der Einzug der leistungsfähigen Rechnersysteme ermöglichte bildgebende Wirbelstrom-Prüfsysteme. Sie können heute mit höchstem Durchsatz sowohl auf Oberflächenschädigungen wie auch auf innenliegende oder verdeckte Schäden prüfen. Gerade bei den zwei letzteren fällt der Bildverarbeitung die Aufgabe zu, eine verlässliche Enddiagnose durch den Prüfer zu erleichtern. Verschiedenste Auswertealgorithmen und Darstellungsweisen ermöglichen heute eine sichere Erkennung von Fehlern, die von der inneren Oberfläche oder von innenliegenden Sacklochbohrungen der Felge ausgehen.
Die vollautomatische Bewertung der Prüfergebnisse wird angestrebt. Wünschenswert wäre, geometriebedingte Signale ebenfalls zu unterdrücken, um nur die reinen Fehlersignale zu erhalten. Hier gibt es bereits verschiedene Ansätze, die auch im Rahmen eines SQUID-Forschungsprojektes umgesetzt werden sollen. Versuche mit Referenzverfahren lieferten hier erfolgversprechende Ergebnisse. Vielversprechend erscheinen Ansätze mit sogenannten adaptiven Filtern, wie sie bereits in der Telekommunikation verbreitet sind.
SQUID – Einsatz für die Wirbelstromprüfung an Flugzeugstrukturen?
Für einen besseren Nachweis von Fehlern in größeren Tiefen müssen Magnetfelddetektoren eingesetzt werden. Unter allen existierenden Magnetfeldsensoren verfügen die SQUID-Sensoren über die absolut höchste Empfindlichkeit, auch relativ zur Ortsauflösung. Unter anderem erfüllen sie damit die notwendigen Voraussetzungen für die Erfassung kleiner Schäden in größerer Materialtiefe.
In einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Verbundprojekt wurde unter der Leitung der Firma Rohmann erstmals der Einsatz von SQUID’s für die Wirbelstromprüfung an Flugzeugteilen untersucht. Erste Ergebnisse stellte Dipl.-Phys. Wulf-B. Klemmt, DaimlerChrysler Aerospace Airbus GmbH, Bremen, in seinem Vortrag vor.
Wirbelstromprüfsysteme im Einsatz
Das universelle Einhand-Wirbelstromprüfgerät Elotest M1 findet Einsatz bei statischen und dynamischen Prüfaufgaben mit rotierenden Sensoren. Demnächst wird es das Elotest M 2 geben. Es verfügt über ein größeres Display, eine hohe Auflösung und eine quasi analoge Darstellung.
Der ScanAlyzer ist eine universell einsetzbare Software für die Erstellung von C-Scans und die sichere Speicherung aller digitalisierten Wirbelstromsignale sowie deren Ortskoordinaten. Die zur Wartung von Triebwerkskomponenten eingesetzte Software nimmt dem Benutzer automatisch Aufgaben wie Messdatenarchivierung, Protokollierung und Bewertung ab. Sie bewährt sich außerdem in der Industrie wie bei der Reformer- und Hochdruckrohrprüfung oder der Prüfung von Turbinenwellen und Schaufeln in Kraftwerken.
Das voll digitale Wirbelstromprüfgerät MC 2000 dient vorerst hauptsächlich der Prüfung von eingebauten Dampferzeugern. Der nächste Schritt des Herstellers wird sein, den PC komplett in das Gerät zu integrieren.
Taktstraße durch die ganze Welt
Der zweite Teil des Symposiums gestattete den circa 100 Teilnehmern einen praktischen Einblick in den Flugzeugbau. Die Besichtigung der DaimlerChrysler Aerospace Airbus GmbH, frühere DASA, führte die Teilnehmer unter anderem durch die Halle, in der die Tragwerke montiert werden. Allgemeines Erstaunen löste hier die Tatsache aus, dass die Einzelteile vom Rohteil bis zum komplett montierten Tragwerk durch die ganze Welt geflogen werden. Anschließend führte der Weg durch verschiedene Messlabors, wo rund um die Sicherheit von Flugzeugen alles mögliche, von der zerstörungsfreien bis zur zerstörenden Materialprüfung, gemessen wird.
[AS]
Interview mit Jürgen Rohmann, Geschäftsführer Rohmann GmbH
QE: Wie sieht Ihre wirtschaftliche Situation momentan aus?
!Die schwierige Wirtschaftslage haben auch wir 1994 zu spüren bekommen. Durch einen Großauftrag aus der Automobilindustrie konnten wir uns jedoch gut behaupten. Somit konnten wir auch unseren Personalbestand unangetastet lassen, wie übrigens die ganze Zeit unserer bisherigen Firmengeschichte. In den letzten zwei Jahren verzeichnen wir einen Anstieg der Auftragseingänge bei den portablen Produkten. Der Anlagenbau stagniert im Moment. Wir verkaufen wieder mehr in den europäischen Export, weniger in Deutschland. Nach dem Regierungswechsel zeigen sich die deutschen Unternehmen etwas zurückhaltend.
QE: Worin liegen Ihre Tätigkeitsfelder?
!Anfangs waren wir nahezu zu hundert Prozent auf den Luftfahrtbereich konzentriert. Im Laufe der Jahre haben wir uns andere Standbeine dazugenommen. Wir hatten vor 15 Jahren ein System für die Prüfung von Dampferzeugern entwickelt, welches unser zweites Standbein werden sollte. Die Nuklearindustrie hat sich aber nicht wie erwartet entwickelt und es kam zu keinen Folgeaufträgen. Heute beschäftigen wir uns unter anderem mit der Komponentenprüfung in der Automobilindustrie oder mit dem Anlagenbau für die Schienenprüfung. Das sind alles Anwendungen, in denen der Wirbelstrom dominiert und wo er nicht durch andere Verfahren zu ersetzen ist. Wir arbeiten aber im Bereich Maschinenbau nun schon seit vielen Jahren vertrauensvoll mit speziellen Partnern zusammen. Unsere „Brot und Butter“-Linie wird über viele Jahre von der Prüfgerätelinie Elotest getragen. Wir sind sicher, dass es das weltweit meistgebaute Gerät seiner Klasse ist.
QE: Apropos Wirbelstrom und mehrere Standbeine: Liegt es nicht nahe, sich ein solches noch in einem weiteren Prüfbereich, etwa im Ultraschall zu suchen?
!Nein. Wir konzentrieren uns ausschließlich auf die Wirbelstromprüfung. Wir stellen immer wieder fest, dass darin noch ein großes Potential schlummert. Auch finden wir ständig neue Anwender. Es gibt viele Unternehmen, die die Wirbelstromprüfung zunächst aus Kostengründen ablehnen. Einige von ihnen realisieren aber später, dass man unter dem Strich damit Geld sparen kann, weil sich Fehler erkennen lassen, die mit anderen Prüfverfahren unerkannt bleiben und somit zu Mehrkosten führen. Außerdem erfordern die ständig steigenden Qualitätsanforderungen zunehmend genauere Prüfungen. Das kommt uns natürlich auch zugute.
Als Beispiel hierfür wäre bei der Rohrprüfung der Nachweis auf Dichtheit nach DIN zu nennen. Das hat man früher mit Wasserdruckproben gemacht. Heute gilt die Wirbelstromprüfung als beste Methode, um die Fehlerfreiheit hier zu bestätigen.
QE: Auf welche Bereiche wollen Sie sich in Zukunft konzentrieren?
!Wir werden uns nach wie vor weiter auf den Aircraft-Bereich konzentrieren. Durch die immer preiswerteren und in ihrer Speicherkapazität zunehmenden Rechner können wir den Airlines heute Technologien anbieten, die für sie sehr kostengünstig sind. Zudem werden wir weitere neue Bereiche wie beispielsweise in der Automobilindustrie erschließen.
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