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Schicht für Schicht

Was ist an Schichten außer ihrer Dicke zu messen?
Schicht für Schicht

So vielfältig die Aufgaben von Schichten sind, so unterschiedlich sind die interessanten Eigenschaften. Entsprechend müssen Messverfahren eingesetzt werden können. Die zu recht am häufigsten an Beschichtungen gemessene Größe ist ihre Dicke, sie ist jedoch in fast allen Fällen mit bekannten Verfahren und Geräten gut zu erfassen.

Prof. Dr.-Ing. habil.Karl Nitzsche, Ilmenau

Zur Charakterisierung von verschleißmindernden Auflagen genügt nicht allein, ihre Dicke zu kennen. Zutreffender ist hier die Kontrolle der Oberflächenhärte und der Haftfestigkeit der Schicht. Das gilt auch für Schichten zur Verringerung der Reibung, bei den überdies der Reibungskoeffizient, die mechanische Stabilität bei erhöhten Temperaturen und die Haftfestigkeit von großer Bedeutung sind. PKW-Lackierungen werden nicht allein in ihrer Dicke und auf Haftfestigkeit geprüft, sondern auch ihre Porosität, Kratzfestigkeit (Härte), ihre Farbe, der Glanz u.a. In der Elektrotechnik sind z.B. bei Leiterplatten und Integrierten Schaltkreisen, von den Verbindungsleitungen und Dünnschichtbauelementen neben der Dicke ihre elektrische Leitfähigkeit, die Haftfestigkeit auf dem Substrat u.a. Größen für den Betrieb bedeutsam. Man kann nun folgende Schichtparameter aufführen, die neben der Dicke geprüft werden sollten: Haftfestigkeit, Härte, Elastizitätsmodul, innere Spannungen, Oberflächenrauhtiefe, Porosität, Schichtreinheit, elektrische, magnetische, thermische und chemische Eigenschaften u.a. Es muß auch beachtet werden, dass eine Reihe von Parametern unterhalb eines kritischen Wertes der Schichtdicke von ihr abhängen, wobei dann beide kontrolliert werden müssen.
Bekannte Messmethoden
Die Prüfung der Haftfestigkeit von Schichten ist mit einem Universalverfahren bzw. -gerät nicht möglich. Es haben sich daher mehrere Methoden für einen begrenzten Anwendungsbereich entwickelt. Dazu gehören als sogenannte technologische Verfahren die Biegeversuche, der Rockwell-C-Versuch, der Kugelaufprall- oder Hammerschlagtest, Kratz- bzw. Ritzversuche in Linear- oder Gitterschnittversion, Klebestreifentest, Temperaturwechselversuch und Abtrennversion in der Zentrifuge oder durch Ultraschalleinwirkung. Am bekanntesten ist der Stirnzugversuch, der als einzige Methode auf absoluten Messwerten basiert und sich daher als Vergleichsmethode sehr gut mit dem Nachteil eignet, daß er nicht zerstörungsfrei arbeitet. Dies gilt nicht, wenn man mit Schallemissionsanzeige die Messung ausführt. Zur zerstörungsfreien Haftfestigkeitsmessung verwendet man physikalische Effekte, die erfahrungsgemäß eindeutig mit dem Haftverhalten der Schicht zusammenhängen. Die thermischen Prüfverfahren beruhen in ihrer Aussage auf der Wärmeleitung durch die Substrat-Grenzfläche: ist sie groß, dann liegt eine gute Bindung vor. Der Nachweis der Wärmeleitung erfolgt bei flächenhaftem Energieeintrag mit einem thermooptischen Bildwandler, z.B. bei der Mikrothermografie berührungsfrei mit einem Anregungslaser und Infrarotdetektor, anderenfalls im Sondenverfahren mit einem Anzeigeinstrument. Der technischen Anwendung von Ultraschallverfahren mit der Schalleinleitung und -ableitung an der Prüfstelle zum quantitativen Nachweis mit klassischen Methoden steht die schlecht reproduzierbare Ankopplung der Ultraschallsonden entgegen. Hier kann die thermisch durch intensitätsmodulierten Laserstrahl induzierte Ultraschallwelle Aussicht auf einen in der Technik nutzbaren Einsatz dieses sehr nachweisempfindlichen Verfahrens bieten. Die Auswertung der Phasenverschiebung zwischen Primär- und Sekundärwelle wird künftig bei geeigneter apparativer Voraussetzung eine große Rolle spielen.
Für die Rauhtiefe, die die Abweichung der Oberfläche von einer idealen Ebene kennzeichnet, gibt es unterschiedliche Definitionen. Die am häufigsten und den Gegebenheiten am besten entsprechende ist der – zur Oberfläche senkrechte – Abstand zwischen der tiefsten und der höchsten Stelle der betrachteten Fläche.
Mit einem Tastschnittgerät wird die Oberfläche linienhaft mit einer sehr feinen Spitze abgetastet und ihre Bewegung 250 bis 50000fach verstärkt mit einem Schreiber aufgezeichnet. Ein Rechner liefert dann auch den Rauhtiefenwert. Das pneumatische Rauhtiefen-Messverfahren beruht auf dem Staudruck, den eine auf die Oberfläche gesetzte, plangeschliffene Düse verursacht, infolge der freibleibenden Spaltfläche.
Eine optische Methode, das Lichtschnittverfahren, besteht darin, dass die Oberfläche unter 45° bestrahlt und die Beobachtung/ Messung senkrecht dazu mit einem Messmikroskop vorgenommen wird. Bei dem Streulichtverfahren bestrahlt man die Messfläche mit einem schmalen Lichtstrahl, der bei ideal ebener Fläche gespiegelt wird, Unebenheiten der Oberfläche streuen dieses Licht jedoch, das dann gemessen und zur Messauswertung benutzt wird.
Bei Verwendung von Elektronenstrahlung (Elektronenmikroskop) wird die Messempfindlichkeit sehr gesteigert, allerdings auch die Kosten für die Apparatur und das Bedienpersonal.
Die Härte von Schichten mit herkömmlichen, mechanischen Methoden zu messen, ist insofern problematisch, als der mit einer definierten Kraft in die Prüfoberfläche gedrückte Eindringkörper nach Überwinden der elastischen Verformung des Prüfteil-Materials einen plastischen, gut meßbaren Eindruck erzeugen muß. Dabei verformt er nicht nur das Schichtmaterial, sondern verändert auch das Substrat, dessen Härtewert das Messergebnis verfälscht. Beim Vickersverfahren stehen Eindringtiefe und Eindruckdiagonale etwa im Verhältnis 1:7, bei der Knoop-härte 1:30,5, was z.B. bei einer 10 µm dicken Schicht bis zu 0,3 mm auszumessende Diagonale (Knoop-Härtemessverfahren) gestattet. Verfälschend wirken hier die erwähnten elastischen Anteile und die Tiefenwirkung durch Materialstauchung.
Beachtenswert ist hier das Last-Eindringtiefe-Verfahren, bei dem eine Vickerspyramide mikroprozessorgesteuert mit in Stufen gesteigerter Prüfkraft in die Schicht eindringt. Die Tiefe wird nach zwei Sekunden Haltezeit mit der Laststufe zusammen registriert. Die Entlastung erfolgt in gleichen Laststufen und Haltezeiten. Das Verhältnis zwischen Eindringtiefe und Laststufe liefert eine Kurve, aus der man bei Eindringtiefe = Schichtdicke den Härtewert HVL erhält.
Weitere Härtemessverfahren können sich aus dem Zusammenhang zwischen Ultraschalldämfung und Härte entwickeln. Bei Eisenwerkstoffen wird die elektrisch gut mess-bare Koerzitivkraft oder die Remanenzmagnetisierung zur Kennzeichnung der Härte genutzt. Nichtferromagnetische Metalle wiesen in einigen Fällen in der elektrischen Leitfähigkeit eine für ihre Härte kennzeichnende Größe auf. Das ist mit den Wirbelstromprüfverfahren gut messbar.
Der Elastizitätsmodul ist eine wichtige, das mechanische Verhalten von Werkstoffen kennzeichnende Größe. Dabei ist interessant, dass dieser Parameter in der Dünnschichtform einen bis zu 100fach höheren Wert erreichen kann. Die klassischen Methoden zum Bestimmen dieser Größe aus dem Spannungs-Dehnungs-Diagramm oder aus der Ultraschallgeschwindigkeit der Longitudinal- und Transversalwelle versagen hier. Relativ aufwendig ist das röntgenografische Messverfahren.
Weiterhin bietet sich die Anwendung von laserinduzierten Ultraschall-Oberfächenwellen von 10 bis 50 MHz bei Schichtdicken größer als 100 nm an. Mit steigender Schallfrequenz erfasst man diese Größe des Schichtmaterials. Bei Extrapolation auf Werte um 0 Hz liegt der Elastizitätsmodul des Substrats vor.
Weitere Messmöglichkeiten des E-Moduls von Schichten basieren auf der sehr empfindlichen Erfassung des Eindringens einer Spitze in die Schicht infolge einer geringen Last. Auch kann man aus der Messung der sogenannten Balkensteifigkeit an einem präparierten Si02-Mikrobalken 150 x 20 x 2,84 µm³ den E-Modul ermitteln.
Innere Spannungen in Schichten können vorzeitig zum Ablösen oder zum Zerfall führen. Auch beeinflussen sie mechanische, magnetische, optische oder elektrische Schichteigenschaften. Daher ist ihre Messung oft wichtig. Sie kann mit polarisationsoptischen, Röntgenfeinstruktur- oder mit Elektronenbeugungsverfahren erfolgen.
Die Porosität von Isolator-, z.B. Lack- oder Oxidschichten wird mit der elektrischen Stromdurchleitung oder Durchschlagsfestigkeitsprüfung flächenhaft oder mit einer spitzen Elektrode geprüft. Eine andere Methode lässt die durch Laserabrastern sich einstellende Temperaturverteilung, die mit einem Infrarotdetektor erfasst wird, zur Porositätsprüfung verwenden.
Die Reinheit der Schicht bzw. der Substratoberfläche vor der Beschichtung lässt sich mit chemischen, elektrochemischen oder spektroskopischen Analysen feststellen. Moderne, sehr empfindliche aber auch aufwendige Methoden stehen in der Röntgenfluoreszenzanalyse oder der Elektronenstrahl-Mikroanalyse zur Verfügung. Hierzu gehören auch die Augerelektronenspektroskopie, die Sekundärionen-Massenspektroskopie und die Rutherford-Rückstreuspektroskopie.
Weitere spezifische Prüfverfahren werden zum objektiven Erfassen optischer, elektrischer, magnetischer, thermischer oder chemischer Eigenschaften angewandt. Zu den optischen Parametern zählt an erster Stelle der Glanz, der mit Spiegelungsmethoden durch eine Glanzzahl erfasst wird. Die Farbe misst man in ihren Blau-, Grün- und Rot-Anteilen über Glasfilter mit Fotodioden oder mit einem Spektrofotometer, dem eine Xenon-Blitzlampe das anregende Licht liefert. Zu den elektrischen Schichteigenschaften gehören z.B. die elektrische Leitfähigkeit, die Kapazität (Dielektrizitätskontrolle), die Durchschlagsfeldstärke u.a. Magnetische Größen für die Anwendung derartiger Schichten sind: Hystereseschleife (Ummag-netisierungsverluste), Permeabilität,Koerzitivkraft, Remanenz u.a. Thermische Größen umfassen das Wärmeleitvermögen, Beständigkeit bei hohen Temperaturen, bzw. bei tiefen. Die überaus wichtigen chemischen Eigenschaften der Schichtanwendungen konzentrieren sich auf die Korrosionsschutzfrage bezüglich des Umgebungsmediums und der Reaktionstemperatur. Adresse: Prof. Dr.-Ing. habil. Karl Nitzsche, Wielandstr. 12, 98693 Ilmenau
Literaturliste zum Aufsatz „Schicht für Schicht“
von Prof. Dr.-Ing. Habil. Karl Nitzsche
/1/ Nitzsche, K.: Schichtmeßtechn ik, Vogel Buchverlag Würzburg 1997
/2/ Herrmann, D.: Schichtdickenmessung, München: Oldenburgverlag 1993
/3/ Nitzsche, K.: Neue Verfahren der Schichtmeßtechnik,
Galvanotechnik 88 (1997) H.11, S.3632 -3638
/4/ Schneider, D. u. B. Schaltrich: Dünne Schichten zerstörungsfrei prüfen,
Materialprüfung 38 (1996) H.1-2, S. 14-19
/5/ N.N.: Härte und E-Modul dünner Schichten im L.O.T.-Oriel Labor,
Spectrum 75 (1999), April, S.2
/6/ Knauß, M.P. u.a.: Biegeexperimente an Mikrobalken,
Materialprüfung 38 (1996) H. 7-8, S. 326-329
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