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Schlüsselkonstrukt für Unternehmenserfolg

Kundenzufriedenheit
Schlüsselkonstrukt für Unternehmenserfolg

Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit die Qualität des Angebots und langfristige Gewinnerzielung Dies sind nach Studien der Marketinginstitute der Universitäten Mannheim und Münster die wichtigsten Unternehmensziele. Welche Rolle nimmt hierbei das in den letzten Jahren in Wirtschafts- und Ingenieurswissenschaften propagierte Ziel Kundenzufriedenheit ein? Dieser Beitrag soll den Versuch unternehmen, eine Antwort zu finden, die ohne übermäßige Komplexität die Diskussion um das Konstrukt Kundenzufriedenheit erleichtern soll. Auszüge aus einer eigenen empirischen Studie in drei unterschiedlichen Branchen geben einen Einblick in die Umsetzung der Kundenorientierung.

Martin Hofferberth, Lars Eric Vieregge, Uni Mainz u. Hamburg, RVA GmbH Herzogenrath

Für die Wahl der Unternehmensstrategie sowie die daraus folgende Ableitung der Instrumente, ist eine deutliche Prioritätenliste in den Unternehmenszielen unerläßlich. Nur so wird eine spätere Kontrolle über den Zielerreichungsgrad ermöglicht. Geradezu paradox wirkt hierbei die Tatsache, daß die Mehrzahl der deutschen Unternehmen nach einer repräsentativen Untersuchung der Bonner Unternehmensberatung Simon, Kucher & Partners weder die Unternehmensziele genau festlegt noch diese konsequent verfolgt. Für die unternehmensweite Orientierung am Gedanken der Kundenzufriedenheit ist deshalb der erste Schritt, die Rangfolge der Unternehmensziele schriftlich festzuhalten. Im nächsten Schritt muß sich die Strategie direkt aus der Formulierung dieses Zielbündels ableiten lassen. Eigene Forschungsergebnisse und die Resultate der Mannheimer Studie aus dem Jahre 1992 zeigen hier die Gefahr eines inhaltlichen Bruchs auf So gaben einige Unternehmen an das Ziel Sicherstellung des Wettbewerbes über das Unterziel Kundenzufriedenheit durch die Strategiewahl, Qualitäts- und Kostenführerschaft zu verfolgen. Zwar kann das Streben nach Qualität ein Unternehmen dem Ziel optimaler Kundenzufriedenheit erheblich näher bringen, die Strategie Kostenführerschaft dabei direkt zu verbinden erscheint jedoch unrealistisch. Bereits Anfang der 80 er wurden diese Strategien von Porter als konträr eingestuft.
Als weitere erfolgversprechende Strategie wird von vielen Unternehmen die Marktsegmentierung ausgewählt. Durch eine konsequent am Kunden ausgerichtet Produkt- und Preisdifferenzierung sollen die Ziele Kundenzufriedenheit und Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden.
Operationalisierung der Kundenzufriedenheit
Welche genauen Ansatzpunkte sich einem Unternehmen bei der Verfolgung der Kundenzufriedenheit bieten und welche Konsequenzen sich aus dem Ergebnis ergeben, soll ein Modell deutlich machen:
Basierend auf der Equity Theory wird das Zufriedenheitsurteil als Ergebnis einer Gerechtigkeitsbewertung des Kunden interpretiert. Als maßgebende Parameter wirken hierbei der subjektiv vom Kunden wahrgenommene Nutzen und der entstandene Aufwand. Abbildung 1 zeigt die 1. Stufe des Zufriedenheitsmodells:
Ergänzend zu dem wichtigsten Parameter Preis wirken auf der Aufwandsseite die Zeit, die der Kunde zum Erwerb des Gutes oder der Dienstleistung aufbringen muß sowie eventuell zusätzliche Kosten, die nicht direkt mit dem eigentlichen Preis in Verbindung stehen.
Auf der Nutzenseite wird die Gesamtqualität in Produkt- und Servicequalität unterschieden.
Außerdem ist der nicht direkt meßbare Nutzen, wie z. B. Image, zu berücksichtigen.
Die Waage symbolisiert den Vergleichsprozeß, der beim Kunden kognitiv stattfindet. Neigt sich die Waage zur Aufwandsseite, so nimmt der Kunde ein schlechtes Preis-Leistungsverhältnis wahr; es entsteht Unzufriedenheit.
Sicherlich ist jedes Unternehmen bestrebt, ein Übergewicht auf der Nutzenseite zu erzeugen, um so den Kunden zufriedenzustellen. Ein absolutes Gleichgewicht soll ebenfalls in Betracht gezogen werden.
Ein indifferentes Gefühl beim Verbraucher ist durchaus denkbar, kann aber als unwahrscheinlichster Fall angenommen werden.
Schlußfolgernd aus den drei möglichen Positionen der Waage ergeben sich unterschiedliche Verhaltensoptionen.
Dies führt uns zur 2. Stufe des Zufriedenheitsmodells. In Abbildung 2 werden die möglichen Reaktionen des Kunden aus seinem Gerechtigkeitsurteil und die Konsequenzen für das Unternehmen dargestellt:
Herauszustellen ist, daß negative Mundpropaganda wesentlich stärker ausfällt als Positive.
Eine von der US-Regierung in Auftrag gegebene umfangreiche Studie (Technical Assistent Research Program) legt dar, daß ein unzufriedener Kunde ca. 7-9 Personen seine schlechten Erfahrungen mitteilt, ein zufriedener Kunde nur ungefähr 3 Mitmenschen seinen positiven Eindruck vermittelt.
Umsetzung der Erkenntnisse
Aus der 1. Stufe werden bereits die Ansatzmöglichkeiten deutlich. Hierunter fallen beispielsweise alle Maßnahmen des Qualitätsmanagements, die u. a. auch in diversen Beiträgen in der Zeitschrift Kontrolle – Quality Engineering erschienen sind. Abbildung 3 verdeutlicht mit dem TQM-Leitbild (Total Quality Management) der Unternehmensqualität eine Vielzahl von potentiellen Möglichkeiten, um den Kunden zufriedenzustellen oder noch besser in Begeisterung zu versetzen.
Die Steigerung von Produkt- und Servicequalität zur Verbesserung der Nutzenseite kann durch Maßnahmen in der Kommunikationspolitik unterstützt werden. Werbung und Sponsoring vermögen einen positiven Einfluß auf den Faktor Zusatznutzen zu haben. Über eine Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit kann die Gesamtqualität, insbesondere die Servicequalität, erheblich gesteigert werden. Auf der Aufwandsseite vermag eine gut strukturierte Preispolitik die vom Kunden empfundene Höhe der Kosten zu senken. Unternehmen, die weiterhin auf einer strikten Aufschlagskalkulation in der Preisbildung beharren, sollten die Vorteile einer nachfrageorientierten Preisbildung mit Blick auf das Ziel Kundenzufriedenheit in Erwägung ziehen. Die Strategie Verbesserung der Kundennähe (höhere Flexibilität in der Leistungsbereitschaft, Qualitätssteigerung bei der Beratung, etc.) vermag ebenfalls das Gewicht der Aufwandsseite zu reduzieren.
Wie reagiert die Praxis ?
Eine Studie, unterstützt durch die RVA Gesellschaft für individuelle Prozeßoptimierung mbh (Herzogenrath) und der Connex Personnel Consulting GmbH (Linden), in den drei unterschiedlichen Branchen Fluggesellschaften, Kunststofffensterproduzenten und der deutschen Salzindustrie verdeutlicht, daß eine Pauschalisierung in Bezug auf die Erreichung der Kundenzufriedenheit nicht möglich ist.
Insbesondere in der Überprüfung der Modellparameter hat sich gezeigt, daß eine Gewichtung je nach Zusammensetzung der Kundengruppen erfolgen muß. Am Beispiel der Produkt und Servicequalität soll dies exemplarisch veranschaulicht werden:
Bei Fluggesellschaften fällt die Produktqualität in den Bereich der Basisanforderungen. Die Kunden erwarten einen sicheren und pünktlichen Transport von A nach B. Servicequalität kann die entscheidende Größe für die Zufriedenheit darstellen. Werden allerdings die vom Kunden aufgebauten Kriterien der Produktqualität verletzt, z. B. durch extreme Verspätung eines Fluges, so sinkt die Bedeutung der Servicequalität erheblich.
In den Branchen Kunststofffenster- und Salzproduktion werden Produkt- und Servicequalität im allgemeinen nicht getrennt.
Eine optimale Gesamtqualität ist für das Ziel des zufriedenen Kunden ausschlaggebend. Im Salzbereich muß bei der Produktqualität dabei besonders auf die gesetzlichen Vorgaben geachtet werden.
Aus den persönlichen Interviews mit den Marketingleitern der befragten Unternehmen wurde ebenfalls deutlich, daß die Erwartungen aus den Vorteilen der Kundenzufriedenheit stark abweichen.
Steht bei den Fluggesellschaften und Salzproduzenten die Kundenloyalität und die gesunkene Preissensitivität im Vordergrund, nimmt dagegen die erwartete positive Mundpropaganda bei den Kunststofffensterherstellern den obersten Stellenwert ein. Resultierend aus der niedrigen Wiederkaufsrate steht nicht mehr die Kundenbindung an erster Stelle sondern die Weiterempfehlung an Verwandte und Bekannte.
Eines haben alle Unternehmen gemeinsam: Sie weisen keine dauerhafte Konsistenz in der Wahl ihrer bevorzugten Unternehmensziele und -strategien auf.
In den USA wird seit kurzem das Policy-Deployment-Konzept zur Implementierung von TQM im Unternehmen angewandt. Eine Variation des Modells kann dazu beitragen, eine kontinuierliche Kontrolle bei der Verfolgung des Unternehmenszieles Kundenzufriedenheit zu ermöglichen. Abbildung 4 zeigt den funktionalen Aufbau des Modells, bei dem eine übergeordnete Stellung der Kundenzufriedenheit im unternehmerischen Zielbündel angenommen wird.
Neu in diesem System ist die Harmonisierung der Ziele, um Zielkonflikte zu reduzieren. Dabei wird eine vertikale Abstimmung zwischen den einzelnen Hierarchieebenen (wie z. B. beim Management by Objectives-Ansatz) mit einer horizontalen Abstimmung (wie beispielsweise beim Quality Function Deployment) kombiniert. Nach der Planungsphase durchläuft jede von den Abteilungen festgelegte Aufgabe ihren eigenen PDCA-Zyklus, wobei unterschiedliche Zeitspannen je nach Größe der Aufgabe angesetzt werden. Endergebnisse und Zwischenberichte werden auf monatlichen Abteilungssitzungen diskutiert, wobei die Resultate einmal im Jahr als Grundlage für den Stand des Unternehmens auf dem Weg zum Ziel der optimalen Kundenzufriedenheit dienen können. Eine erneute Überprüfung der kurz- bis mittelfristigen Ziele wird damit wieder ermöglicht – der Kreislauf hat sich geschlossen.
Entwicklungstendenzen
Abschließend kann das Fazit gezogen werden, daß die Bedeutung des Themas Kundenzufriedenheit als Unternehmensziel in weiten Teilen der Ökonomie erkannt wurde. In der Umsetzung der Kundenzufriedenheit ist allerdings ein rückläufiger Trend festzustellen. So belegt der American Customer Satisfaction Index, daß die Zufriedenheit der Kunden in den Vereinigten Staaten in den letzten Jahren deutlich gesunken ist. Der ACSI hat 1996 im Vergleich zu 1994 3 Prozentpunkte auf der 100 Punkte umfassenden Skala verloren und steht derzeit auf dem Wert 72,2.
In Deutschland ist die Situation ähnlich dramatisch. Das Deutsche Kundenbarometer diagnostizierte für das Jahr 1996 das schlechteste Ergebnis seit Beginn der Messung.
Zwar demonstrieren positive Ausnahmen, wie man Kunden begeistern und das positive Potential nutzen kann, jedoch bedarf es in den meisten Unternehmen noch umfangreicher Maßnahmen.
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