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Schwingungsprüfung

Produktzuverlässigkeit steigern
Schwingungsprüfung

Das Ende 1998 eröffnete Schwingungszentrum ViTe’2 zeichnet sich durch zwei starke Shaker und eine Klimakammer aus. Mit diesen Prüfständen werden Prüflinge, die in schwingungsgefährdeter Umgebung eingesetzt werden, auf ihre Funktionstauglichkeit und Zuverlässigkeit bei real simulierten Belastungen geprüft. Die Schwingungsprüfungen können dabei unter klimatischen Bedingungen durchgeführt werden. Beispielsweise ist die Prüfung eines schweren Schaltschrankes mit 350kg Masse oder die Prüfung filigraner elektrischer Bauteile mit 60m/s² Beschleunigung möglich.

Dipl.-Ing.Werner Grosse-Wilde, Deutsche Montan Technologie Gmbh, Bochum

Die Schwingungsprüfung mit Schwingungserregern ist ein an Bedeutung gewinnendes Aufgabengebiet. Seit Mitte der fünfziger Jahre wurden elektrodynamische Schwingerreger für Untersuchungen in der Elektronik- und Automobilindustrie sowie Luft- und Raumfahrt zunehmend eingesetzt. Dies resultierte daraus, daß durch die Weiterentwicklung der Technik die Notwendigkeit zunahm, mechanische Zuverlässigkeitsuntersuchungen insbesondere bei höheren Frequenzen und variablen Belastungs-Prüffunktionen durchzuführen.
Kunden erwarten Produkte mit hoher Qualität und Zuverlässigkeit. Dies bedeutet, daß die mechanischen Belastungen, denen das Produkt im Laufe seines Lebens ausgesetzt wird, im Vorfeld simuliert werden sollten, um spätere Ausfälle durch eventuelle Ertüchtigungen zu vermeiden.
Wird ein Produkt in schwingungsgefährdeter Umgebung wie z. B. in Fahrzeugen oder Industrieanlagen eingesetzt, ist die Überprüfung der Resistenz der Bauteile gegenüber Schwingungen ratsam.
Weitere Gründe für Schwingungsprüfungen sind:
– Aufdecken von Strukturschwachstellen,
– geringere Ausfallwahrscheinlichkeit im späteren Betrieb,
– Vermeidung zeitlicher Engpässe in der Entwicklungsphase,
– messtechnische Erfassung der Strukturverformung als Grundlage für eine gezielte Durchführung konstruktiver Verbesserungen.
Die Art der Anregung bei der Schwingungsprüfung hängt im wesentlichen davon ab, wie das Produkt im späteren Einsatz vorwiegend belastet wird. Unterschieden wird zwischen:
– Prüfungen mit sinusförmiger Anregung,
– Prüfung mit rauschförmiger (stochastischer) Anregung,
– Prüfungen mit stoßförmiger Anregung,
– Prüfungen mit sinus- und rauschförmiger Anregung (Mixed Mode Prüfungen),
– Erdbebensimulation durch Vorgabe der Etagenantwortspektren.
Für die Durchführung der Prüfungen ist die Vorgabe der Prüfparameter notwendig: Erstens wird die Prüfschärfe meist durch einen oder mehrere charakteristische Beschleunigungswerte der Anregung gekennzeichnet. Als zweiter Parameter ist die Prüfdauer anzugeben. Und drittens beinhalten die Reproduzierbarkeitsbedingungen die Vorschriften für die Toleranzen der Prüfanregung, für die Montage der Prüflinge, für das Prüfklima, für die Betriebsbedingungen des Prüflings. Die Prüfungen müssen die realen Belastungen abdecken. Sie dürfen nicht zu unnötig hohem Aufwand bei Entwicklung und Herstellung führen und müssen in möglichst kurzer Zeit mit vertretbarem Aufwand durchführbar sein.
Erstellung einer Prüfspezifikation
Es ist seit langem bekannt und messtechnisch bestätigt, dass an Karosserieerzeugnissen nennenswerte Schwingungsbeanspruchungen insbesondere bei der Fahrt auf Schlechtwegstrecken auftreten. Die harmonischen Schwingungen, die vom Triebwerk auf die Karosserie übertragen werden, können dagegen meist vernachlässigt werden. Messungen bei Fahrten auf Schlechtwegstrecken zeigen, dass die an der Karosserie auftretenden Schwingbeschleunigungen überwiegend stochastischer Natur sind. Aus diesem Grund wird als Prüfsignal vorwiegend ein Rauschspektrum verwendet, was den realen Beanspruchungen am nächsten kommt. Bei getrennter Auswertung der verschiedenen Schlechtwegarten einer Teststrecke sind die Beschleunigungsaugenblickswerte in guter Näherung normalverteilt, wie in Abb. 1 sichtbar. Die Maximalwerte betragen etwa das drei- bis fünffache des Effektivwertes.
Bei Motoranbauteilen werden als Prüfbelastungen meist reine Sinusschwingungen verwendet, die die Belastungen durch die Motorschwingungen simulieren. Oft werden diese Sinusschwingungen mit Rauschspektren überlagert, um den Einfluss der Anregung, verursacht durch die Fahrbahnunebenheit, mit zu berücksichtigen.
Schockuntersuchungen sind dann angebracht, wenn Bauteile während des Transports oder dem betrieblichen Einsatz mechanischen Schocks ausgesetzt sind. Dies sind beispielsweise alle Bauteile an und in Autotüren, die beim Zuschlagen der Tür belastet werden.
Erweiterung der Prüfstandskapazitäten zur Schwingungsprüfung
Um die im Schwingungszentrum zu prüfenden Körpermassen heraufzusetzen und mit einer größeren Prüfkraft beaufschlagen zu können, wurde neben dem Schwingungsprüfstand V 790 – 335 ein weiterer stärkerer Schwingungsprüfstand V 850 – 440 erworben. Damit kann das Schwingungszentrum ViTe’2 nun Prüfungen mit Massen bis 350 kg und mit Beschleunigungskräften bis 22.2 kN durchführen.
Erweiterung der Schwingungsprüfstände mit einer Klimakammer
Seit einiger Zeit besteht zum Beispiel seitens der Automobilindustrie der Anspruch, die bis dato zum größten Teil unter Raumtemperatur getesteten Teile im Automobilbereich gleichzeitig einer Klimaprüfung auszusetzen.
Diese Forderung besteht, da die Eigenschaften von elektronischen Schaltungen und mechanischen Baugruppen in vielen Fällen stark von der Umgebungstemperatur abhängig sind. Für den Einsatz von vielen Produkten in den Bereichen Luft- und Raumfahrt, Automobil- und Militärindustrie ist die kombinierte Prüfung von Vibration und Klima deshalb vorgeschrieben.
Die Aussagen, die über die Funktionsfähigkeit bei Raumtemperatur gewonnen wurden, lassen sich nicht ohne weiteres auf den gesamten Temperaturbereich des späteren Einsatzes übertragen. Es bestehen große Wechselwirkungen zwischen Vibrations-, Feuchte-, Temperatur- und Temperaturänderungsbeanspruchung.
Durch die Aufstellung der Anlage auf einem schweren Betonfundament, das auf Federisolatoren ruht, lassen sich schwere Bauteile auch unterhalb von 5 Hz testen. Dies wird insbesondere für Bauteile, die in kerntechnischen Anlagen eingebaut werden, gefordert. Sie werden häufig einer Erdbebensimulationsprüfung unterzogen, damit die Sicherheit der Anlage auch während und nach einem Erdbeben gewahrt bleibt. Dazu wird je nach Spezifikation ein Erdbebenzeitverlauf auf dem Rechner generiert und dann später auf der Schwingungsprüfanlage nachgefahren.
Daten und Leistungsfähigkeit
Für die im Vorfeld beschriebenen Prüfungen stehen im Schwingungszentrum ViTe’2 zwei elektrodynamische Schwingerreger zur Verfügung. Die Leistungsfähigkeit des Prüfstandes V 850 – 440 im Sinusbetrieb lässt sich am einfachsten anhand der Graphik im Abb. 2 erklären. Die zur Verfügung stehende Kraft des Schwingungsprüfstands V850 beträgt 22.2 KN. Mit der Newton’schen Gleichung F = m*a ist der Zusammenhang zwischen der maximalen Prüfmasse und der maximalen Prüfbeschleunigung zu errechnen. Für den Rauschbetrieb wird statt mit Spitzenwerten mit Effektivwerten gerechnet. Dabei kann eine maximale Beschleunigung von 50 g erreicht werden. Für den Schockbetrieb sind für die Prüfstände spezielle Schocktabellen angegeben. Mit größer werdender Schockdauer werden die möglichen Schockamplituden immer kleiner. Die bei einer bestimmten Schockdauer erreichbaren Schockamplitude ist von der Masse des Prüflings abhängig. Insbesondere sind mit schwereren Teilen die maximal möglichen Schockamplituden nicht erreichbar.
Das Regelungssystem
Die Sinus-, Rausch- und Schocksignale werden mittels eines Regelkreises permanent überwacht und gegebenenfalls nachgeregelt. Dazu ist ein Regelungsaufnehmer auf dem Schwingerreger plaziert, der die gemessenen Beschleunigungssignale zur Regelungsworkstation zurückmeldet.
Mit der Regelungssoftware lassen sich bis zu 16 Kanäle parallel überwachen. Es können beispielsweise während einer Schwingungsprüfung die verschiedensten Funktionen an einem Gerät aufgezeichnet werden. Bei Messung einer Fehlfunktion kann die Prüfung durch Triggerauslösung unterbrochen werden. Natürlich können die 16 Über-wachungskanäle auch an den verschiedensten Messpunkten am Prüfling Beschleunigungen messen, um Resonanzfrequenzen zu ermitteln.
Ist es beispielsweise nicht gewollt, dass während einer Prüfung an einem bestimmten Bauteil eines Prüflings die Beschleunigung einen bestimmten Wert überschreitet, so kann dies die Regelungssoftware durch sogenannte Notching-Filter durchführen. Dies führt aber dazu, dass das Regelungssignal kurzfristig unterhalb der eingegebenen Sollkurve liegt, um die Beschleunigung an dem bestimmten Messpunkt nicht zu überschreiten.
Messtechnisches Werkzeug zur Darstellung von Strukturverformungen
Bei der experimentellen Modalanalyse handelt es sich um ein Verfahren zur Bestimmung des Eigenschwingungsverhaltens vorhandener technischer Konstruktionen mit Hilfe von Versuchsdaten. Technische Strukturen haben die Eigenschaft, dass bei bestimmten Anregungsfrequenzen selbst bei kleinen Anregungspegeln sehr hohe Beschleunigungen auf der Struktur entstehen können.
Das einfachste Beispiel für einen Schwinger ist ein Feder-Masse-System. Wird dieses unterhalb der Feder beispielsweise mit einem Sinus-Beschleunigungssignal mit sich ändernder Frequenz angeregt, erfährt die schwingende Masse je nach Dämpfung bei der Resonanzfrequenz ein mehrfaches der Anregungsbeschleunigung. Das Feder-Masse-System könnte ein Bauteil in einem Gerät sein, das in vertikaler Richtung am Fußpunkt vom Shaker mit der Verschiebung q0 angeregt wird.
Bei komplexeren Strukturen können natürlich im interessierenden Frequenzbereich wesentlich mehr Resonanzfrequenzen auftreten, als bei dem eben beschriebenen Einmassenschwinger. An jede Resonanzfrequenz ist eine charakteristische Verformung der Struktur gekoppelt. Diese Resonanz bzw. diese Verformung der Struktur kann durch gezielte Maßnahmen verhindert werden.
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