Startseite » Allgemein »

Spannen im Minutentakt

Flexibilität bei Messvorrichtungen
Spannen im Minutentakt

Mit dem modularen Vorrichtungssystem Alufix werden präzise Messaufnahmen für unterschiedliche Werkstückformen und -größen erstellt. Der Hersteller Witte Bleckede hat den Baukasten aus Aluminium immer weiter ausgebaut und sich somit zu einem Systemlieferanten entwickelt. In zunehmendem Maße werden komplexe Vorrichtungen wie Innen- und Außenmeisterböcke sowie Cuben für Pkw-Karosserien mit speziellen CAD-Tools wie der Teilebibliothek Fixmes und der Konstruktionsoftware Alufix-Experte konstruiert und anschließend montiert.

Maren Vortisch, Horst Witte Gerätebau, Bleckede

Der gestiegene Bedarf an Messaufnahmen in der Automobilindustrie ist in erster Linie auf wachsende Qualitätsansprüche zurückzuführen. Dazu zählen nicht zuletzt ISO-Anforderungen wonach auch für Prüfmittel Genauigkeitsnachweise zu erbringen sind. Als Folge wurden u.a. herkömmliche Lehren, deren Wiederholgenauigkeiten lediglich bei +/-0,5 liegen, durch präzisere Vorrichtungssysteme ersetzt. Diese werden zusammen mit den Bauteilen auf hochwertigen Messmaschinen geprüft, so dass konkrete maßliche Aussagen über die Passgenauigkeit der Karosserieteile gemacht werden können. Die gestiegenen Qualitätsansprüche führten u.a. auch bei Daimler Chrysler in Bremen, wo schon seit Mitte der 80-er Jahre mit Alufix gearbeitet wird, zu einem verstärkten Einsatz von modularen Mess-vorrichtungen.
„Bereits bei dem W202, dem Vorgänger der C-Klasse, haben wir mit dem Baukasten gute Erfahrungen gemacht. Inzwischen ist das System erweitert worden, so dass es für nahezu jede Spannsituation das passende Alufix-Teil gibt,“ lobt Diplom-Ingenieur Paul F. Bockhorst, verantwortlich für die Prüfplanung Rohbau/Presswerk bei Daimler Chrysler in Bremen, das System von Witte.
In Bremen wird Alufix gerade zur Messung der Unterböden und Seitenwände von C-Klasse, SL und SLK eingesetzt. Dabei sind die Bodengruppen eines Modells für alle Varianten – also Limousine, Kombi und Coupé – gleich, während die Seitenwandaufnahmen jeweils ausgewechselt werden müssen. Hier kommt bereits die Flexibilität des Alufix-Systems zum Tragen, denn der Austausch der Seitenwandaufnahmen erfolgt mit Hilfe von Schnellverbindern. Innerhalb weniger Minuten sind die entsprechenden Werkstückaufnahmen adaptiert. Während der Serienfertigung werden einmal pro Schicht alle Varianten mit Hilfe eines Serienmessprogrammes auditiert. Dieses Programm prüft die anhand eines Kriterienkataloges festgelegten kritischen Prozessdaten wie z.B. Hinterachsbefestigung am Heck, Befestigung am Hauptboden. Bis es jedoch soweit ist, muss erst einmal die Vorserie für „serienreif“ erklärt werden. Da dieses in dem Werk Sindelfingen geschieht, und die Erkenntnisse der Nullserie ohne Zeitverlust in die Fertigung einfließen sollen, wird fast immer mit einem doppelten Satz an Vorrichtungen gearbeitet. Denn nicht selten kommt es beim Auslauf der Nullserie und dem Start der Serie in Bremen zu Terminüberschneidungen, so dass in beiden Werken identische Alufix-Vorrichtungen erforderlich sind. Im Gegenzug können aber auch Einsparungen vorgenommen werden, indem Messaufnahmen für Nachfolgemodelle umgerüstet werden. So wurden beispielsweise die Sandwichplatten des C208 für den R171 verwendet, was lediglich einen Austausch der Seitenwandadaptionen erforderte. Somit werden einerseits Materialkosten reduziert, andererseits erfordern ‚ausgediente’ Vorrichtungen keinen bzw. weniger Lagerraum. Aber es gibt noch weitere Möglichkeiten um Kosten und Lagerraum einzusparen. Es können auf einer Basis-Vorrichtung (Sandwichplatte) im Wechsel Adaptionen für unterschiedliche Bauteile befestigt werden, die dann mit Hilfe des Schnellwechselsystems ausgetauscht werden. Das bedeutet jedoch wieder zusätzliche Rüstzeit. Bei DaimlerChrysler hat man sich deshalb für einen Mittelweg entschieden. „Für uns ist der Zeitfaktor entscheidend. Deshalb setzen wir größere Messmaschinen ein, auf denen die Vorrichtungen in „Warteposition“ bleiben können. Es befinden sich dann z.B. drei Vorrichtungen auf der Messmaschine, wovon mit einer gemessen wird während die beiden anderen erst bei weiteren Messvorgängen zum Einsatz kommen. Dabei kommen vorzugsweise die Alufix-Systemgrößen 50 und 25 zum Einsatz. Die 50-er Komponenten geben den Vorrichtungen die erforderliche Stabilität während das 25-er Rastermaß Adaptionsmöglichkeiten für kleinere Untergruppen bietet.
Flexibilität ist ein Muss
Aus Sicht von Paul F. Bockhorst spricht aber nicht nur das Produkt für den Einsatz von Alufix, sondern vor allem auch die Projektabwicklung im Hause Witte. „Für uns ist es ausgesprochen wichtig, dass alle anfallenden Probleme unverzüglich an die zuständigen Stellen weitergeleitet werden, denn entscheidend ist letztendlich die termingerechte Bereitstellung der Vorrichtung.“ Denn wenn der Start einer Nullserie verschoben werden muss, sind davon zahlreiche Mitarbeiter betroffen und es entstehen immense Kosten. Dass das System ein Höchstmaß an Flexibilität bietet, ist Voraussetzung. In gleichem Umfang muss aber auch der Lieferant selber – in diesem Falle Witte – äußerste Flexibilität unter Beweis stellen. Denn es kann auch auf Seiten des Auftraggebers zu Verzögerungen kommen, so dass die Mithilfe des Lieferanten unbedingt erforderlich ist, um wieder in die Zeitschiene einrasten zu können. Gerade in der Prototypenphase sind kurzfristige Änderungen an der Tagesordnung. Diese können nur mit Hilfe eines modularen Systems und flexibler Lieferanten realisiert werden.
Mit Alufix können Vorrichtungen jederzeit ohne Probleme geändert oder nachgerüstet werden. Diese Änderungen können z.T. auch direkt von den Anwendern vorgenommen werden. Wenn beispielsweise ein Bauteil an einer Stelle zu instabil ist, werden von der Abteilung Einführungsmesstechnik vor Ort zusätzliche Spanner eingebaut. Das System eröffnet dazu alle Möglichkeiten sofern entsprechendes Material wie Schraubböcke, Schlitten, Abstimmblöcke zur Verfügung steht. Erfreulich ist auch, so Paul Bockhorst, dass von Witte Anregungen seitens der Anwender aufgegriffen und verfeinert werden. Während z.B. früher aufwendig nachgebessert bzw. ausgeglichen werden musste, ist dies nun mit der Entwicklung des Abstimmblockes komfortabler und schneller geworden. Kommt es zu Beanstandungen in der Messtechnik, kann der Messtechniker jetzt schnell das richtige Maß einstellen. Ohne derartige Komponenten müsste die Vorrichtung zum Lieferanten zurückgeschickt werden, was wiederum einen Zeitverlust von drei bis vier Wochen zur Folge hätte.
Halten statt spannen
Die Vorrichtungen müssen ein Höchstmaß an Stabilität haben, so dass während des Transportes vom Hersteller zum Kunden keine Abweichungen entstehen. Es gibt die Möglichkeit, sich hierzu eines Kippeltestes zu bedienen. Dazu würde unter eine Ecke der Vorrichtung ein Klotz von z.B. 50 mm gestellt und anschließend geprüft, ob dadurch kritische Veränderungen verursacht wurden.
Präzision und Stabilität sind besonders wichtig, weil die Vorrichtungen bei Daimler Chrysler nicht auf der Messmaschine festgeschraubt werden. Somit entfällt die Möglichkeit, ein hochstehendes Element in die Position zu ziehen. Stattdessen werden die Aufnahmen lediglich festgesteckt, denn man will die Messaufnahmen exakt in dem Zustand prüfen, wie sie geliefert wurden. Entsprechend werden auch die Bauteile nach Möglichkeit nicht auf der Vorrichtung gespannt, sondern „nur“ gehalten. „Wir wollen die Bauteile im ungespannten Zustand messen, weil sie im weiteren Fertigungsprozess auch nicht auf ein bestimmtes Maß gespannt werden,“ so Paul F. Bockhorst. Deshalb dürfen die zum Halten der Bauteile einzusetzenden Kräfte 30 Newton nicht übersteigen.
Dauer der Vorrichtungserstellung
Für die Beschaffung einer Messaufnahme inklusive Konstruktion wird im Normalfall ein Zeitraum von sieben Wochen veranschlagt. Gut die Hälfte der Zeit nimmt allein die Konstruktion der Messaufnahmen in Anspruch. Anhand einer vom Auftraggeber erstellten Spezifikation wurden im Vorfeld Aufnahmepunkte und Spannerpositionen festgelegt, die in die CAD-Konstruktion einfließen. Den Konstrukteuren im Hause Witte stehen dazu eine Teilebibliothek sowie eine Konstruktionssoftware zur Verfügung. Die Bibliothek Fixmes beinhaltet alle Alufix-Standardkomponenten, die dann in der Software Alufix-Experte zur automatisierten Vorrichtungskonstruktion Anwendung finden. Diese Konstruktionsarbeiten werden dann in CATIA verfeinert, wo insbesondere auch die werkstückspezifischen Konturanlagen konstruiert werden. Die Daten werden dann direkt zum Fräsen der Passstücke an die Bearbeitungsmaschinen übertragen. Fräsarbeiten, Montage und Abnahmen werden in weiteren drei Wochen umgesetzt.
Aber nicht immer kann der Auftraggeber diese Frist einräumen. „Insbesondere bei Änderungsumfängen ist die Zeitnot oft sehr groß, so dass eine schnellere Umsetzung erforderlich ist,“ führt Paul F. Bockhorst weiter an. Denn jeder zu vergebende Auftrag hat auch im eigenen Hause mehrere interne Bereiche zu durchlaufen. Kleinere Änderungsaufträge können jedoch aufgrund der Systemeigenschaften von Alufix innerhalb von drei bis vier Wochen realisiert werden. In solchen Fällen wird anhand der Konstruktionsanpassungen das erforderliche Material bereitgestellt, so dass die Vorrichtungen direkt vor Ort umgerüstet werden können.
DaimlerChrysler verfügt über einen sehr umfangreichen Bestand an Alufix-Vorrichtungen. „Wir haben viel Vorleistung erbracht, um dann bei den folgenden Typen nicht mehr soviel zu investieren,“ erklärt Paul F. Bockhorst. Denn trotz steigender Qualitätsansprüche werden die Budgets immer kleiner. Ein Grund mehr, wiederverwendbare, flexible System einzusetzen. „Die Investitionen zahlen sich langfristig aus.“
CONTROL, Halle 1, Stand 1201
Weitere Informationen A QE 405
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Quality Engineering
Titelbild QUALITY ENGINEERING Control Express 1
Ausgabe
Control Express 1.2024
LESEN
ABO
Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Whitepaper zum Thema QS


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de