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Spezieller Zuschnitt

Verschleißmessungen mit Radio Nuklid Technik
Spezieller Zuschnitt

DaimlerChrysler setzt zu Verschleißmessungen an laufenden Diesel- und Otto-Motoren die Radio Nuklid Technik ein. Basierend auf der Standardsoftware Diadem wurde hierfür unter Verwendung von ASAM-Schnittstellen ein flexibles Auswertesystem für die Analyse der Messdaten entwickelt.

Dr.-Ing. Wilfried Melder, Geschäftsführer und Dr.-Ing. Ralf Müller, Marketing und Projekte; GfS Systemtechnik GmbH & Co. KG, Aachen die autoren

Der Systemspezialist aus Aachen realisierte für die DaimlerChrysler AG eine speziell zugeschnittene Auswerte-Software für die auf der Radio Nuklid Technik beruhende Verschleißmessung an Motoren. Auf der Basis von Diadem löst diese Software eine Vielzahl inhomogener Komponenten ab, die bisher zur Analyse der Messdaten, Präsentation der Ergebnisse und Dokumentation der durchgeführten Untersuchungen eingesetzt wurden. Die entstandene Auswerte-Software soll sowohl für Forschungsvorhaben als auch für die Motoren-Entwicklung eingesetzt werden. Der Realisierungsaufwand und somit die Kosten verringerten sich durch den Einsatz standardisierter Schnittstellen beträchtlich gegenüber einer Lösung, bei der sämtliche Module konventionell integriert werden.
Das Messprinzip
Für die Verschleißmessung mittels Radio Nuklid Technik werden die zu untersuchenden Bauteile des Motors ausgebaut, radioaktiv markiert und wieder in den Motor eingebaut. Die im anschließenden Dauerversuch entstehenden radioaktiven Verschleißpartikel lassen sich bei laufendem Motor mit Strahlungssensoren in Ölwanne und Ölfilter messtechnisch ermitteln. Die Strahlungsintensitäten werden mittels Natrium-Jodid- oder Halbleiter-Detektoren erfasst, die den quantitativen Nachweis kleinster Mengen (bis in den Mikrogramm-Bereich) ermöglichen. Überschreitet eine Messstelle den vorgegebenen Strahlungs-Grenzwert schaltet sich der Prüfstand automatisch ab. Die Messanlage befindet sich in einem fahrbaren 19-Zoll Schrank, wodurch sie an unterschiedlichen Prüfständen angeschlossen werden kann.
Für die Verschleißuntersuchungen wird der Motor zunächst im Originalzustand mit allen benötigten Messstellen und Detektoren an die Messanlage angeschlossen. Nach einer ersten Testmessung zur Kontrolle des Versuchsaufbaus gliedert sich der eigentliche Messablauf in die Phasen: Null-, Kalibrier- und Verschleißmessung.
l Mit der Nullmessung wird die natürliche Umgebungs-Radioaktivität einschließlich der Beeinflussung durch die bereits in den Motor eingebauten markierten Bauteile gemessen. Das Ergebnis wird später von der bei der Verschleißmessung ermittelten Strahlungsintensität subtrahiert.
l Bei der Kalibriermessung wird die Strahlungsintensität von Proben gemessen, die mit demselben Material und zur selben Zeit wie die Prüflinge markiert wurden. Durch die Ermittlung der Strahlung pro Masseeinheit lässt sich die gemessene Strahlung anschließend in die Masse des Abriebs umrechnen. Durch zwei Kalibriermessungen in zeitlich genügend großem Abstand (ca. 1 Tag) kann die mittlere Halbwertszeit der Probe ermittelt werden.
l Während der eigentlichen Verschleißmessung reichern sich die markierten Partikel in Öl und Ölfilter an. Ihre Strahlung wird durch Detektoren in Öl- und Filter-Messkammer erfasst.
Die Verschleißberechnung
Der Verschleiß entspricht der Zunahme der Partikel in Öl und Ölfilter und ist bei der hier erläuterten Durchfluss-Methode proportional zur Zunahme der Strahlungsintensität. Da die Strahlungsintensität durch den radioaktiven Zerfall kontinuierlich abnimmt ist bei den Langzeitversuchen die Halbwertszeit zu berücksichtigen. Bei der Markierung der Prüflinge entstehen durch Werkstofflegierungen unterschiedliche Nuklide mit voneinander abweichenden Halbwertszeiten. Dieses Isotopen-Gemisch wird durch eine mittlere Halbwertszeit berücksichtigt. Da sich die Anteile der unterschiedlichen Nuklide während der Versuchsdauer von einigen Tagen bis zu einem Monat signifikant ändern, müssen zur Bestimmung der aktuellen Halbwertszeit regelmäßg Kalibriermessungen durchgeführt werden.
Während des Dauerversuchs wird Öl durch Verbrennung dem Ölkreislauf entnommen. Die dabei über den Auspuff abgegebenen Verschleißpartikel fehlen bei der Intensitätsmessung. Daher wird in regelmäßigen Zeitintervallen Öl nachgefüllt, damit die Verschleißrechnung anhand der Menge und des Zeitpunkts rückwirkend korrigiert werden kann. Sind zu viele Verschleißpartikel im Öl verliert es seine Schmierfähigkeit und muss ausgetauscht werden. Beim Untersuchen des Verschleißverhaltens mit unterschiedlichen Ölsorten erfolgt nach definierten Zeitintervallen ebenfalls ein kompletter Öltausch.
Standardisierte Schnittstellen
In der Mess- und Versuchstechnik werden heute alle wesentlichen Fragestellungen mit rechnergestützten Versuchswerkzeugen bearbeitet. Im Zusammenspiel von Hard- und Software werden immer komplexere Projekte realisiert. Dadurch ergibt sich eine Vielzahl von individuellen und nicht-kompatiblen Lösungen. Dies erschwert den Austausch von Daten, das Zusammenspiel von Teilsystemen und den Vergleich von Ergebnissen.
Der Aufwand für die Abstimmung der eingesetzten Komponenten bestimmt die wesentlichen Kosten für Systemhersteller und Anwender. Zur Reduzierung des Aufwands für die Erstellung, Pflege und Wartung von Mess- und Automatisierungssystemen riefen die deutschen Automobilindustriellen die ASAM (Association for the Standardization of Automation and Measurement Systems) ins Leben. Die Initiative deckt mit zahlreichen Standards den gesamten Bereich des Computer Aided Testing ab.
Ein Großteil der in der Versuchs- und Messtechnik eingesetzten Systeme arbeitet mit eigenen Datenformaten. Das erschwert den systemübergreifenden Datenaustausch und verursacht unnötige Kosten für Konvertierungsprogramme. Als Gründungsmitglied im ASAM e. V. war GfS maßgeblich an den Entwicklungen der Standards für den Offline-Datenaustausch beteiligt. ASAM-ODS (Open Data Services) definiert eine hersteller- und plattformunabhängige Basis für den Austausch von Mess- und Simulationsdaten. Der Hersteller hat auf Basis seiner umfangreichen Projekterfahrungen mit ASAM/ODS-Datenformaten den ASAM-Datennavigators für Diadem realisiert. Damit können ASAM-Dateien (ATF-Format) und Datenbestände (AOP-Protokoll) direkt gesichtet und importiert werden. Mit Diadem sind diese Zugriffe sowohl interaktiv durch den integrierten Browser als auch automatisch innerhalb von Autosequenzen möglich.
Die Auswerte-Software
Die Messdaten des Prüfstands werden im ASCII-Format an die Auswerte-Software übergeben. Die Messwertdateien werden zunächst konvertiert und in einer ASAM/ODS-konformen Datenbank gespeichert. Auf diesen Messdatenserver greift das Auswertesystem über die ASAM/ODS-Schnittstellen zu. Dank der Offenheit der realisierten Client/Server-Lösung lassen sich auch firmen- und fachgebietsspezifische Erweiterungen problemlos vornehmen. Der ASAM-Datennavigator ermöglicht die Orientierung auch in großen Datenmengen. „DIAdem – Die PC-Werkstatt“ bildet die Grundlage für die gesamte Analyse der Daten sowie die Präsentation und Dokumentation der Ergebnisse.
Die Auswertung erfolgt interaktiv in fünf Schritten:
  • 1. Messwert-Korrektur (Berücksichtigung von Stillständen und Störungen),
  • 2. Ermittlung der Kalibrierfaktoren für die einzelnen Messphasen,
  • 3. Abschnittsbildung und Verschleißberechnung,
  • 4. Verschleiß-Korrektur nach Ölverlust oder Ölwechsel,
  • 5. Berechnung des Verschleiß-Diagramms über die gesamte Laufzeit mit Markierung der einzelnen Abschnitte.
Die Auswertungen erfolgen interaktiv über die Zeit; die als Absolutzeit, Relativzeit seit Messbeginn oder Laufzeit, das heißt Relativzeit abzüglich Stillstandszeiten vorliegen kann. Jede Änderung der Messwerte wird in einer Kopie der Originaldaten vorgenommen. Die geänderten und neu ermittelten Daten werden im Datenserver abgespeichert.
Ausblick
ASAM-Schnittstellen bieten wesentliche Vereinfachungen für die effektive Realisierung und Wartung von mess- und automatisierungstechnischen Systemen. In zahlreichen Großprojekten bei deutschen Automobilherstellern sind ASAM-Standards schon heute im produktiven Einsatz. Die beschriebene Lösung für die Verschleißanalyse wird sich durch die Flexibilität von Diadem und die projektspezifisch parametrierbaren ASAM/ODS-Server kostengünstig auch für andere Prüfstände und Auswertesysteme weiterverwenden lassen.
Weitere Informationen A QE 312
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