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TPM mobilisiert stille Reserven

VB-Autobatterie gewinnt TPM-Award
TPM mobilisiert stille Reserven

Um die Prozesse und zugleich die Produktqualität weiter zu verbessern, hat das Werk Hannover der VB Autobatterie GmbH – ein Gemeinschaftsunternehmen von Varta und Bosch – ein TPM-Programm durchgeführt. Mit Hilfe der gesamten Belegschaft gelang es dem Management die Kosten zu senken und zugleich die qualitätsrelevanten Prozesse zu verbessern. Dafür erhielt Varta den Award „TPM-Fabrik des Jahres“.

Gerhard Vogel, Journalist, Landsberg

Angesichts der Chance, durch die Einführung von TPM die Produktivität von Fertigungsbetrieben um bis zu 50 Prozent zu steigern und die Störgrössen „Ausschuss und Nacharbeit“ um bis zu 90 Prozent zu reduzieren, rückt TPM auf der Prioritätenliste des Topmanagement seit Jahren unaufhaltsam nach oben. „Leider“, gibt der TPM-Spezialist und Buchautor, Edward H. Hartmann – ein Schüler des „TPM-Erfinders“ Seiichi Nakajima – zu bedenken, „wird dabei immer wieder versucht, TPM nach dem japanischen Rezept zuzubereiten.“ Ein Weg, der zum Scheitern verurteilt ist, da in Japan mit ganz anderen Zutaten gekocht wird.
Als Beispiel nennt der Chairman des International TPM Institut mit Sitz im amerikanischen Pittsburgh den kulturellen Unterschied zwischen Japan und den westlichen Industriestaaten: „In Japan wird vom Kindergarten über die Schule bis zur Universität trainiert, das eigene Ego zurückzunehmen und sich gehorsam in eine Gruppe einzufügen.“ Tugenden, die wichtig sind für die Umsetzung von TPM und zugleich selten in unserer Industriekultur. Deshalb hat Hartmann mit seinem TPM-Institut erst einmal die fernöstliche Methode an die Besonderheiten der westlichen Industriekultur angepasst. Nicht zuletzt dadurch ist TPM in Amerika und in Europa salonfähig geworden.
Ein paar Zahlen machen deutlich, in welchen Größenordnungen die erzielbaren Effekte liegen: Reduzierung von Ausfällen um bis zu 99 Prozent; Steigerung der Geschwindigkeit von Anlagen um rund zehn Prozent und anderes mehr. Mag sich der TPM-Entwickler Nakajima ursächlich an der Instandhaltung orientiert haben, heute stehen die drei Buchstaben für eine bereichsübergreifende Prozessoptimierung, die sich auch über alle hierarchischen Ebenen erstreckt. Zwar wird TPM vom Management angestoßen, letztendlich kann die Umsetzung nur dann erfolgreich gelingen, wenn alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines Unternehmens und auch die Betriebsräte an einem Strang ziehen. „Genau darin liegt auch der Grund, weshalb der gesamte Prozess ein ausgesprochen starkes Wir-Gefühl im Unternehmen auslöst,“ erklärt Dr. Georg Prilhofer, Vorstandsvorsitzender der VARTA AG und Vorsitzender der Geschäftsführung der VB-Autobatterie GmbH, die am Standort Hannover selbst mit großem Erfolg ein TPM-Projekt umgesetzt hat.
Autobatterien aus derTPM-Fabrik des Jahres
Die äußerst positiven Effekte, die durch eine professionelle TPM-Umsetzung zu erwarten sind, wollte sich auch das Management der VB Autobatterie GmbH in Hannover nicht entgehen lassen. Unterstützt von dem TPM-Spezialisten Al-Rahdi startete Werksdirektor Werner Schmitt das TPM-Projekt. Al-Rahdi brachte einerseits sein Know-how ein, andererseits überwachte er aber als Externer auch die Einhaltung der knapp bemessenen Umsetzungstermine. Bereits in der frühen Projektphase bezog Schmitt den Betriebsrat mit ein.
Zwei dominierende Ziele wurden besonders herausgestellt: null Fehler und eine stetige Produktivitätsteigerung zu erreichen.
Im Gefolge der Automobilindustrie können sich nur die Besten behaupten. Das hatte das Management der gesamten Belegschaft vor Augen geführt, um diese für einen Aufbruch zu neuen Zielen zu motivieren. Immerhin sprechen die Fakten eine klare Sprache: Produzierten 1990 noch zwölf deutsche Fabriken Autobatterien, waren 1999 noch drei Firmen an ebenso vielen Standorten aktiv.
Wie jedes TPM-Projekt ist auch das Varta-Projekt eine Konstruktion mit fünf Säulen:
– Beseitigung von Schwerpunktproblemen.
– Einführung einer autonomen Instandhaltung, bei der die Hauptverantwortung für die Verfügbarkeit von Maschinen den mit diesen Maschinen arbeitenden Produktionsgruppen übertragen wird.
– Ausbau der geplanten Instandhaltung zur Sicherstellung stabiler Produktionsprozesse.
– Betonung der vorbeugenden Instandhaltung.
– Schulung und Training der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Diese fünf Säulen tragen die angestrebte Maximierung der Effektivität der gesamten Produktions- und Logistikanlagen.
„Das TPM-Projekt hat nicht nur unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gezeigt, wie wichtig Ordnung und Sauberkeit für eine hocheffiziente Produktion von Markenprodukten ist“, resümiert der Varta-Konzernboss Dr. Georg Prilhofer und räumt ein, dass „die Effekte der wöchentlichen Grundreinigung das Management schon überrascht hätten.
Anders als früher melden heute die Maschinenbediener jedes ungewöhnliche Geräusch „ihrer“ Maschine der Kern-Instandhaltungstruppe. So können aufkeimende Probleme meist beseitigt werden, bevor es zu einem Anlagenstillstand kommt.
„Schließlich sind nicht die Ersatzteile das Teure an Maschinenstillständen“, stellt Dr. Prilhofer fest, „sondern die Produktionsausfälle, vor allem, wenn diese Auswirkungen auf nachfolgende Arbeitsschritte und Abteilungen haben.“ Da TPM Maschinenausfälle drastisch reduziert und den Austausch von Motoren, Sensoren oder Lagern zu Zeiten einplant, in denen die Fertigung nicht gestört wird, schnellt die Produktivitätskurve förmlich nach oben.
Dank TPM vergreift sich der Roboter nicht mehr
Damit keinesfalls der Eindruck entsteht, Varta hätte nur einige Inseln in seinem Hannoveraner Werk herausgeputzt: Das TPM-Projekt hat die Fabrik vom vordersten bis zum hintersten Winkel erfasst. Die hier dargestellten Beispiele wurden nur exemplarisch herausgepickt. So auch der Roboter, der ungefüllte Batterien von Paletten abnimmt und einzeln auf ein Förderband stellt, das die Batterien zur automatischen Befüllung mit einem Gemisch aus Schwefelsäure und destilliertem Wasser transportiert.
Viele Packschemata werden dem Roboter zum entstapeln angedient. Da kam es immer wieder vor, dass die Batterien in der Montage nicht nach dem richtigen Muster auf die Paletten gesetzt wurden.
Einheitliche Packschemata – ausgehängt am Palettierplatz und beim depalettierenden Roboter haben diese Fehler verschwinden lassen. Vor allem hat die Schulung allen Mitarbeitern gezeigt, wie sich der kleinste Fehler in der Prozesskette fortpflanzen kann: An einer Stelle steht der Roboter still, an der anderen fehlen die Batterien beim Formieren, wie die Branche das Laden nennt, und ein Stück weiter zur pünktlichen Belieferung eines Kunden.
„TPM“, da ist sich Varta Vorstand Dr. Georg Prilhofer ganz sicher, „ist ein sehr erfolgreiches Projekt, dem wir einen ganz neuen Typus von Mitarbeitern verdanken: eigenverantwortlich handelnde Werker, aber auch Vorgesetzte, die Probleme lösen und nur die Ereignisse weitermelden, die mit ihren Mitteln nicht oder nicht schnell genug gelöst werden können.“
Mit anderen Unternehmen in bester Gesellschaft
TPM, die Total Productive Maintenance, baut als Managementmethode hauptsächlich aus Tradition entstandene Barrieren in den Unternehmen ab. Eine dieser unsichtbaren Mauern ist die strikte Trennung zwischen Produktions- und Instandhaltungsaufgaben. TPM überträgt die Reinigung der Maschinen sowie die mit einfachen Werkzeugen und Hilfsmitteln durchführbaren Wartungsarbeiten den Maschinenbedienern. Dies führt zwangsläufig dazu, dass Verschmutzungen vermieden werden und fällige Wartungsarbeiten nicht aufgeschoben werden, weil „Feuerwehreinsätze“ der zentralen Instandhaltung die Durchführung vorbeugender Maßnahmen verdrängt hat. Durch die neue Arbeitsteilung werden die Instandhalter von Routinearbeiten befreit und sind deshalb in der Lage, sich besser denn je um Umbauten zu kümmern oder beim Kauf neuer Maschinen die Lastenhefte so anzureichern, dass festgestellte Mängel einer Maschine schon bei deren Hersteller ausgemerzt werden können. Erfolgreiche Unternehmen wie die Regensburger Siemens Automobiltechnik, die im Wettbewerb den zweiten Platz errang, die Dunlop Reifenwerke, Honeywell Braukmann, Klöckner-Humboldt-Deutz, FAG, MTU, Automotive Lightning, Audi, Daimler-Chrysler und viele andere haben längst begonnen, ihre Batterien mit dem Stoff zu laden, der dem Unternehmen mehr Power verspricht: TPM.
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