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Umweltsimulation

Wie können Korrosionsbeständigkeit und Witterungsfestigkeit geprüft werden?
Umweltsimulation

Insbesondere in der Automobilindustrie ist zu beobachten, dass viele Firmen ihre eigene Prüfnorm aufstellen, so dass relativ viele verschiedene Prüfvorschriften existieren, die sich hauptsächlich in der Kombination, d.h. der Reihenfolge und Dauer der verschiedenen Einzelprüfungen unterscheiden. Bei einigen Prüfvorschriften sind zusätzlich zu den genannten Beanspruchungen Frostprüfungen oder Hochtemperaturlagerungen vorgesehen. Wenn solche Kombinationsprüfungen in einer Kammer durchgeführt werden sollen, muss die Prüfanlage für den jeweiligen Anwendungsfall speziell konzipiert werden. Für die Konstruktion derartiger Sonderkammern ist eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Anwender und dem Prüfanlagenhersteller erforderlich, um eine optimale Anlagenkonzeption zu erarbeiten.

Hermann Schubert, Technischer Leiter, Weiss Umwelttechnik GmbH, Reiskirchen-Lindenstruth

Durch Korrosion und Alterung durch Witterungseinwirkung wird der Gebrauchswert von Gütern erheblich beeinträchtigt und es entstehen große wirtschaftliche Schäden. Die Beständigkeit gegen Korrosion und Alterung ist daher ein wesentliches Qualitätsmerkmal. Steigende Ansprüche an die Haltbarkeit und längere Gewährleistungsfristen erfordern eine stetige Überwachung und Weiterentwicklung von Schutzsystemen.
Die Beurteilung der Wirksamkeit von Korrosionsschutzsystemen erfordert umfangreiche Prüfungen, die hauptsächlich in den Bereichen Qualitätsüberwachung und Forschung/ Entwicklung durchgeführt werden. Während früher ausschließlich Freibewitterungsversuche üblich waren, werden heute Korrosionstests in speziellen Prüfeinrichtungen im Labor durchgeführt, um unabhängig vom Außenklima reproduzierbare Prüfbedingungen einstellen zu können. Dadurch wird die Vergleichbarkeit von Prüfungen, die zu verschiedenen Zeiten und/oder an verschiedenen Orten durchgeführt werden, gewährleistet.
Diese sogenannten Kurzzeitprüfungen benötigen gegenüber den Freibewitterungsprüfungen nur einen Bruchteil der Prüfzeit, es wird ein Zeitraffungseffekt erreicht. Die Tendenz geht dabei zu Wechselbeanspruchungen. Derartige Korrosionswechseltests können heute in geeigneten Prüfkammern über längere Zeit vollautomatisch und ohne Eingriff von außen ablaufen. Allerdings muss einschränkend darauf hingewiesen werden, dass bei Kurzzeitprüfungen die Aussagekraft für das Praxisverhalten geringer ist als bei Freibewitterungsversuchen, und dass es im Laborversuch nicht immer gelingt exakt die gleichen Schadensbilder zu erzeugen, die im Feld auftreten. Daraus eine exakte quantitative Aussage über die erreichbare Lebensdauer im praktischen Betrieb abzuleiten ist sehr schwierig und erfordert viel Erfahrung. Bei den Prüfeinrichtungen für Kurzzeittests ist besonders darauf Wert zu legen, dass die beeinflussenden Faktoren so gewählt werden, dass Nebenwirkungen wie zum Beispiel Probentemperaturerhöhung durch IR-Strahlung möglichst vermieden werden. Als Belastungsfaktoren für die Einleitung und Fortführung des korrosiven Angriffs können folgende Parameter infrage kommen:
– Temperatur
– Feuchte
– Strahlung (z.B. UV-Strahlung)
– Regen (auch saurer Regen)
– Tau (Reif)
– Salz und Schadgase (z.B. SO2, NOX, H2S, Cl2, O3).
Salznebelprüfungen
Die am weitesten verbreiteten Prüfungen sind Salzsprühtests, die in der deutschen Norm DIN 50021 beschrieben sind. Diese Prüfungen dienen sowohl zur Beschreibung der Wirksamkeit von Korrosionsschutzsystemen als auch zum schnellen Erkennen von Fehlstellen. „Da die Korrosionsbedingung bei diesen Prüfungen erheblich von den im praktischen Einsatz möglichen Korrosionsbelastungen abweicht, läuft die Korrosion nach anderen Mechanismen ab, und ein Vergleich des Schutzwertes ist nur bei hinreichend ähnlichen Korrosionsschutzsystemen möglich“ (sinngemäßes Zitat aus DIN 50021). Es handelt sich hierbei um Schnellkorrosionsverfahren, die keine unmittelbaren Aussagen über das Verhalten der geprüften Teile unter den Bedingungen des praktischen Einsatzes erlauben. Bei diesen Tests werden die Prüflinge einem Salnebel ausgesetzt, der durch kontinuierliche Versprühung einer Salzlösung mit Hilfe von Druckluft erzeugt wird. In der Norm werden insgesamt drei verschiedene Sprühnebelprüfungen beschrieben, und zwar:
– Salzsprühnebelprüfung (DIN 50021-SS)
– Essigsäure-Salzsprühnebelprüfung (DIN 50021-ESS)
– Kupferchlorid-Essigsäure-Salzsprühnebelprüfung (DIN 50021-CASS)
Die genannten Prüfungen unterscheiden sich durch die Zusammensetzung der versprühten Lösung, wobei die Basis jeweils aus einer 5-%igen Natriumchloridlösung besteht.
Salzsprühnebelprüfungen werden in Salzsprüh-Prüfkammern durchgeführt, die serienmäßig in Größen von 450 l und 1000 l zu erwerben sind.
Für größere Prüflinge werden auch begehbare oder befahrbare Salzsprüh-Prüfkammern gebaut.
Diese Prüfkammern sind mit einer digitalen Steuerung und Regelung ausgestattet, die eine optimale Genauigkeit und Reproduzierbarkeit der Prüfparameter gewährleistet. Die Geräte zeichnen sich durch eine umweltgerechte Gesamtkonzeption aus, sind korrosionssicher und energiesparend.
Kondenswasser-Klimaprüfungen
Die Kondenswasser-Klimaprüfung nach DIN 50017 beruht auf der Einwirkung von kondensierendem Wasserdampf auf die Schutzsysteme. Es werden folgende Prüfklimate unterschieden:
– Kondenswasser-Konstantklima (KK) – Betauung bei ca. 40°C
– Kondenswasser-Wechselklima (KFW) – 8 Stunden Betauung bei ca. 40°C, 16 Stunden Trockenphase bei Raumtemperatur
– Kondenswasser-Wechselklima (KTW) – 8 Stunden Betauung bei 40°C, 16 Stunden bei Raumtemperatur und 100 Prozent rel. Feuchte.
Eine Verschärfung der Kondenswasser-Wechselklimaprüfung KFW wird durch Zugabe von SO2 erreicht.
Die Prüfbedingungen dafür sind in der sEN ISO 6988 beschrieben und entsprechen der früher geltenden Norm DIN 50018-KFW 0,2 S.
Klimaprüfungen mit Schadgasen
Es ist zu beobachten, dass zunehmend Schadgasprüfungen durchgeführt werden, um insbesondere den Einfluss der mit Schadgasen verunreinigten Atmosphäre, der sogenannten „Industrieatmosphäre“ auf technische Produkte zu simulieren. Die bestehenden Prüfvorschriften unterscheiden folgende Möglichkeiten:
– Einzelgasprüfungen
– hintereinandergeschaltete Einzelgasprüfungen
– Mischgasprüfungen.
Hintereinandergeschaltete Einzelgasprüfungen und der gleichzeitige Einsatz mehrerer Schadgase (Mischgasprüfung) werfen besondere Probleme auf (Verträglichkeit der Gase, Entstehung neuer Verbindungen, getrennte Messung der Einzelkomponenten, Memoryeffekte usw.). Es gibt sehr viele Vorschriften, die sich hinsichtlich der Gaskonzentration sehr stark unterscheiden.
Seit Sept.1996 ist die DIN EN 60068-2-60 (identisch mit der IEC 68-2-60) mit dem Titel: Prüfung Ke Korrosionsprüfung mit strömendem Mischgas gültig.
Klima-Wechselprüfungen
In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Durchführung einzelner Korrosionsprüfungen oft nicht ausreicht. Insbesondere in der Lack- und in der Automobilindustrie werden daher in zunehmendem Maße Wechseltests durchgeführt. Diese Wechseltests sind Kombinationen aus den beschriebenen Salzsprühnebelprüfungen und Kondenswasserklimaprüfungen sowie Phasen der Zwischenlagerung bei einem definierten Raumklima. Den Ablauf eines typischen Klima-Wechseltests verdeutlicht der VDA-Test 621-415. Ein Prüfzyklus dauert sieben Tage und besteht aus
– einem Tag = 24 Stunden Salzsprühnebelprüfung (DIN 50021-SS),
– vier Tagen = vier Zyklen Kondenswasser-Wechselklima (DIN 50017-KFW) und
– zwei Tagen = 48 Stunden Raumtemperatur 18 bis 28 °C (DIN 50 014, Abs. 5).
Die Prüfzeit wird vereinbart, sie dauert vorzugsweise vier bis sechs Zyklen entsprechend vier bis sechs Wochen. Sowohl Kondenswasserprüfungen als auch Wechselklimaprüfungen können mit einer erweiterten Version der Salzsprühkammer Typ SC durchgeführt werden.
Bewitterungsprüfungen
Die Einwirkung von Witterungseinflüssen auf hochmolekulare organische Stoffe führt zu einer chemisch-physikalischen Beanspruchung und hat Alterungsvorgänge zur Folge. Neben den Klimaparametern Temperatur, Feuchte und Niederschlag ist bei dieser Beanspruchung die Einwirkung der Globalstrahlung (Sonnen- und Himmelsstrahlung) der wichtigste Faktor. Die überwiegend durch den UV-Anteil der natürlichen Strahlung im Freien, aber auch durch künstliche Strahlung und Licht ausgelösten Alterungsvorgänge führen meist zu einer Verschlechterung der Materialeigenschaften und beeinträchtigen den Gebrauchswert und die Lebensdauer von Produkten. Alterungsvorgänge sind irreversibel ablaufende Vorgänge. Sie bewirken Änderungen der Farbe, des Glanzes, der elektrischen Leitfähigkeit, der Reißdehnung, der Chemikalienbeständigkeit usw. Photochemisch haben nur etwa fünf Prozent der gesamten Globalstrahlung Bedeutung für die Alterung, und zwar der Spektralbereich unterhalb der Wellenlänge = 380 nm, der UV-Bereich. Im Wellenlängenbereich von 300 bis 380 nm liegt die Photonenenergie zwischen 3,3 und 4,1 eV und erreicht damit die Dissoziationsenergie zahlreicher chemischer Bedingungen in Kunststoffen (spektrale Empfindlichkeit). Es erscheint daher sinnvoll, die Kurzbewitterung mit Strahlungsquellen durchzuführen, die im Wellenlängenbereich 400 nm emittieren und in diesem Bereich eine gute Übereinstimmung mit der Globalstrahlung aufweisen. Das fehlende sichtbare Licht und die fehlende IR-Strahlung bei diesen Strahlungsquellen (Fluoreszenzlampen) haben zur Folge, dass die Erwärmung der Proben infolge Bestrahlung sehr gering ist. Der Belastungsfaktor Niederschlag kann in unterschiedlichen Formen auftreten, entweder als fallender Niederschlag (Regen), Tau- oder Reifbildung oder als Nebel. In Industriegebieten treten nicht selten Regen, Nebel und Tau mit ph-Werten zwischen 1 und 4 auf. Bereits bei saurem Regen mit einem ph-Wert von 3,5 wurde eine synergetische Wirkung bei photochemischen Alterungsvorgängen beobachtet. Das Global-UV-Testgerät System Weiss – Bauart BAM bietet alle Möglichkeiten, um normgerecht reproduzierbare Bewitterungsprüfungen nach DIN EN ISO 4892-3 „Künstliches Bestrahlen oder Bewittern in Geräten“ durchzuführen.
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