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Verbindlichkeit von Kunden-Normen

Alles was Recht ist
Verbindlichkeit von Kunden-Normen

Das hier aufgeworfenen Thema entstand aufgrund einer Leseranfrage, für diese Anregung danke ich und hoffe, mit dem Beitrag eine Lösung der Frage zu bieten.

Inhaltlich beschäftigt uns hier die Frage, inwieweit die von Automobilkunden auf Ihrer Website veröffentlichten und sich ständig ändernden Audit – Richtlinien und sonstigen Vorgaben für den Zulieferer verbindlich sind. Denn genau an dieser Stelle entstehen naturgemäß zum Zeitpunkt eines Audits Diskussionen, wenn der Zulieferer anders vorgehen will, als es die Vorgaben seines Kunden vorschreiben.
Unabhängig von der Frage, welche Regelungen das deutsche Recht hierfür vorsieht, ist natürlich in der Praxis hier immer Streit vorprogrammiert. Die im Folgenden dargestellte juristische Betrachtung soll daher einem Zulieferer auch nur Argumentationsmaterial liefern, um in Diskussionen mit seinem Kunden einen haltbaren Standpunkt zu erreichen.
Im Regelfall schließen die Parteien spätestens zu Beginn der ersten Lieferung einen irgendwie gearteten Vertrag:
  • Entweder ein Rahmenvertrag mit Lieferabrufen etc.
  • Oder lediglich eine Bestellung auf Basis AGB Kunde / Lieferant
  • Oder lediglich eine Lieferung unter Geltung AGB Lieferant
In allen Fällen muss man sich genau anschauen, ob in den Regelungen des Kunden eine Bezugnahmeklausel enthalten ist. Eine solche Bezugnahmeklausel kann ganz unterschiedlich aussehen:
„Soweit nicht anders vereinbart, werden Vertragsbestandteile jeweils die bei Vertragsabschluss gültigen, aktuellsten Fassungen der Vertragsbedingungen einschließlich der Betriebsmittelvorschriften. Sind die Vertragsbedingungen einschließlich der Betriebsmittelvorschriften dem Angebot bzw. der Auftragserteilung nicht beigefügt, können sie bezogen werden über: (Quelle: Allgemeine Einkaufsbedingungen VW AG/Bereich Beschaffung allgemein, Stand 10.04.2006)“
hat aber im Ergebnis den Inhalt, dass Bedingungen des Kunden für den Lieferanten wirksam in den Vertrag einbezogen werden, die nur online verfügbar sind.
Enthält eine solche Klausel jetzt auch noch den Inhalt, dass die online verfügbaren Klauseln auch dann gelten, wenn sich im Laufe der Zeit Änderungen ergeben, dann ist hier eine Dynamisierung eingebaut. Diese Dynamisierung führt im Ergebnis dazu, dass der Lieferant auch die sich ändernden Bestimmungen einsehen und beachten muss. Im Regelfall sind die Einkaufsbedingungen der OEM aber inhaltlich nicht so ausgestaltet, sondern enthalten lediglich eine statische Bezugnahme. Die Lieferanten müssen also nur den Stand der zusätzlichen Bedingungen beachten, der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aktuell war. Hier gilt es auch, von Beginn der Geschäftsbeziehung an die Dokumentation der Bedingungen sauber durchzuführen. Lieferanten sollten also zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses einen Ausdruck der dann gültigen AGB zum Rahmenvertrag oder zur Bestellung hinzunehmen. Denn nur dann kann bei späteren Streitigkeiten über Rechte und Pflichten des Lieferanten auf einen Vertragsinhalt Bezug genommen werden, der auch dem damaligen Willen der Parteien beim Vertragsschluss entspricht.
Um auf die oben aufgeworfene Frage zurück zu kommen, kann folgendes Fazit gezogen werden:
  • Im Regelfall haben die sich ändernden Regelungen des Kunden keine Verbindlichkeit für den Lieferanten, weil hierzu keine Vereinbarung vorliegt. Dieses Ergebnis wird auch nicht durch DIN EN ISO 9001 oder ISO TS 16949 umgangen, denn diese Normkonstrukte haben keine gesetzliche Wirkung
  • Sollte einmal eine Bezugnahmeklausel in einem Vertrag enthalten sein, muss unterschieden werden, ob die in Bezug genommenen Bedingungen statisch oder dynamisch gestaltet sind.
  • Nur in dem Einzelfall, dass die Klauseln einmal dynamisch vereinbart sind, haben die sich ändernden Regelungen für den Lieferanten rechtlich bindende Wirkung.
Insgesamt ist jedem Lieferanten zu raten, auch über ein Vertragsmanagementsystem, den Inhalt der von Ihnen abgeschlossenen Verträge transparent zu machen. Auf dieser Basis gestaltet sich dann eine Verhandlung mit dem Kunden über Rechte und Pflichten des Lieferanten weitaus einfacher, weil auch die OEM’s wissen, ob ihre Verträge etwas hergeben oder nicht.
Der Autor Philipp Reusch, teras Rechtsanwälte, Saarbrücken www.teras-anwaltskanzlei.de
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