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Von Sub-Nanometer bis Meter

Hochgenaue Längen- und Winkelmessungen mit Dreistrahlinterferometern
Von Sub-Nanometer bis Meter

Laserinterferometrische Längenmesssysteme zeichnen sich durch höchste Genauigkeiten aus, wobei die Wellenlänge eines He-Ne-Lasers den Maßstab für die Messung darstellt. Da die Wellenlänge hochgenau durch einen Frequenzanschluss ermittelt werden kann, sind die Messergebnisse eines Laserinterferometers auf internationale Normale rückführbar. Ein weiterer Vorteil dieses Messverfahrens besteht in der Unabhängigkeit der Auflösung des Messsystems vom Messbereich. Ein und dasselbe System kann sowohl zu Längenmessungen bis zu einigen Metern als auch zur hochgenauen Erfassung der Bewegung im Sub-Nanometer Bereich eingesetzt werden.

D. Dontsov, W. Pöschel SIOS Meßtechnik GmbH, Ilmenau

In einer realen Umgebung treten während einer Bewegung eines Positionier- oder Messtisches immer Verkippungen auf. Besonders bei hochpräzisen Positionieraufgaben spielen der Kippwinkel eines Messobjektes und die Antastposition des Messsystems eine entscheidende Rolle. Herkömmlich werden die Messaufgaben einer Positionsbestimmung und der Winkelmessung getrennt voneinander gelöst. Das in diesem Artikel vorgestellte Laserinterferometer wurde zur hochgenauen simultanen Längen- und Winkelmessung konzipiert und stellt somit ein universelles Messsystem höchster Präzision dar.
Aufbau und Funktionsweise
Das komplette Messsystem eines Dreistrahlinterferometers, bestehend aus einem lichtwellenleitergekoppelten Sensorkopf, einer Auswerteeinheit mit Umweltsensoren und einem Computer, ist in Bild 1 dargestellt.
Dreistrahlinterferometer sind modifizierte Planspiegel-Interferometer zur Präzisionslängenmessung. Der Sensorkopf vereint drei Interferometer mit einem gemeinsamen Referenzspiegel. Damit können simultan drei Längenwerte mit Nanometergenauigkeit erfasst werden. Aus der Differenz jeweils zweier Längenwerte und dem Strahlabstand, der bei der Herstellung kalibriert wird, lässt sich der entsprechende Winkel hochgenau bestimmen. Die Winkelmessbereiche für den Nick- und den Gierwinkel betragen etwa zwei Minuten.
Ein He-Ne-Laser mit hoher Frequenzstabilität versorgt den Sensorkopf. Damit besitzen alle drei Messsysteme die gleiche Wellenlänge, wobei die Laserstrahlung mit nur einem Lichtwellenleiter in den Sensorkopf eingekoppelt wird. Eine Umwandlung der optischen Interferenzen in elektrische Signale erfolgt noch im Sensorkopf; die Verstärkung, Signalaufbereitung und Demodulation wird in der Auswerteeinheit vorgenommen. Die Bedienung der Elektronikeinheit und die Anzeige der Messergebnisse erfolgen über einen PC mit entsprechender Software.
Bei der Ermittlung der Messunsicherheit sind verschiedene Einflussfaktoren zu beachten, welche die Grenzen der laserinterferometrischen Messverfahren bestimmen. Der He-Ne-Laser, der bei größeren Messlängen frequenzstabilisiert ist, sowie die Korrektur der Umwelteinflüsse auf die Laserwellenlänge sind die Grundlage hoher Präzision. Der Brechungsindex n der Luft ist eine Funktion der Temperatur, des Druckes, der Feuchte und weiterer Einflussgrößen. Werden die Einflussgrößen gemessen, kann eine Korrektur in der Interferometerauswerteeinheit erfolgen. Standardmäßig werden Lufttemperatur und –druck korrigiert.
Wesentliche messtechnische Eigenschaften der Dreistrahlinterferometer sind:
  • Wegmessbereich je Achse < 2 m
  • Wegauflösung bis 0,1 nm
  • Winkelmessbereiche für Nick- und Gierwinkel ± 2 arcmin
  • Winkelauflösung bis 0,002 arcsec
  • Strahlabstände (vertikal und horizontal) 10 mm, 12 mm
  • Verschiebegeschwindigkeit des Messreflektors < 800 mm/s
  • Arbeitstemperaturbereich 15 bis 30°C
Anwendungen
Das Dreistrahlinterferometer kann als ein Mehrgrößensensor bezeichnet werden. Simultan zu der Information über die Positionsänderung des Messobjektes werden, wie in Bild 2 dargestellt, der Gier– und der Nickwinkel erfasst.
Der große Vorteil in der Anwendung wird in Bild 3 deutlich. Es ist bekannt, dass eine hochpräzise Messung nur bei fluchtenden Objekt– und Messachsen zu erfolgen hat. Die Missachtung dieser Regel hat eine Messabweichung zur Folge, die als Abbe – Fehler bezeichnet wird. Je größer der Abstand zwischen den Objekt – und Messachsen ist, desto mehr hat die Verkippung des Objektes einen Einfluss auf die Positionsabweichung. Da ein Dreistrahlinterferometer die Information über die aktuelle Position und den Kippwinkel liefert, kann diese Information zu einer Korrektur des Längenwertes verwendet werden.
Die in Bild 4 dargestellten Kurven zeigen den Verlauf der Positionsabweichung eines Lineartisches mit einem Positionierbereich von 200 mm. Dieser Lineartisch wurde vom Hersteller mit einer Positioniergenauigkeit von ± 2,5 µm entlang der Positionierachse spezifiziert. Eine direkte Messung der Positionsabweichung mit dem Dreistrahlinterferometer am Objekt, das 31 mm oberhalb der Positionierachse liegt, ergab einen Wert von 14 µm. Wird gleichzeitig zu der Position auch der Nickwinkel aufgezeichnet, so kann durch eine Rückrechnung die tatsächliche Positionsabweichung von ± 2 µm festgestellt werden. Eine solche Analyse der Positioniergenauigkeit mit einem längenmessenden Interferometer wäre nur in Verbindung mit einem externen Winkelmessgerät möglich. Der Aufwand dafür ist beträchtlich.
Die Genauigkeit der Winkelmessung wird durch mehrere Faktoren bestimmt. Der Abstand zwischen den Messstrahlen geht direkt in die Winkelgleichung ein und wird deshalb auf einer speziellen Vorrichtung kalibriert. Bild 5 zeigt die Messabweichung der Winkelmessung eines Dreistrahlinterferometers mit einem Messstrahlabstand von 10 mm und einer Längenauflösung von 1 nm. Bei diesen Parametern ergibt sich eine Winkelauflösung von 0,02 arcsec. Die Messabweichung wurde durch den direkten Vergleich mit einem Möller-Wedel HR Elcomat gemessen.
Folgende Anwendungsgebiete sind für das Dreistrahlinterferometer prädestiniert:
  • Laserinterferometrische Messungen an Führungen, Mess-, Mikroskop- und Positioniertischen
  • Hochpräzise Nick- und Gierwinkelmessung und -korrektur bei Zwei- oder Mehrkoordinatenmessungen
  • Kalibrierung von Hochpräzisionsachsen an Mess- und Werkzeugmaschinen
  • Optimierung der Ausrichtung von Hochpräzisionsbauteilen (Optik, Lithografie)
  • Unterschiedsmessungen (Dilatometrie, Werkstoffprüfung)
Zusammenfassung
Dreistrahlinterferometer für die hochgenaue Längen- und Winkelmessung zeichnen sich besonders durch ihren modularen Aufbau, die kleinen Abmessungen der Interferometermodule und die problemlose Anpassung an unterschiedlichste Messaufgaben aus. Die Lichtwellenleiterkopplung zur Übertragung des Laserlichts verhindert Wärmequellen im Sensorkopf und ermöglicht eine flexible Anordnung und schnelle und einfache Justage des Sensorkopfes.
Bei Längenauflösungen von 0,1 nm werden Winkel mit 0,002 arcsec aufgelöst.
Die Entwicklungsarbeiten wurden gefördert durch das BMBF, Projektträger VDI/VDE-IT Teltow, und das ThMWFK.
Literatur
[1] Datenblatt Dreistrahlinterferometer mit Planspiegelreflektor, Serie SP-TR; SIOS Messtechnik GmbH Ilmenau, 2004
[2] Simultane Mehrgrößenmikrosensorsysteme für den Präzisionsmaschinenbau (SIMEP); VDI/VDE-IT Teltow, Projektträger Mikrosystemtechnik, 2005
SIOS Meßtechnik, Ilmenau
QE 523
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