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Wartungsvorschriften des Herstellers und der Stand der Technik

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Wartungsvorschriften des Herstellers und der Stand der Technik

Schreibt ein Hersteller in seinen Wartungsvorschriften Maßnahmen vor, die über die im Minimum einzuhaltenden anerkannten Regeln der Technik hinausgehen, sind diese auch einzuhalten. Kann ein Dienstleister eine Wartung entsprechend dieser Vorschriften nicht anbieten, weil er beispielsweise keinen Zugriff darauf hat, muss er seine Kunden darauf hinweisen.

Der Bundesgerichtshof hat am 23. Juli 2009 seit Längerem Stellung zu dem Verhältnis von Stand der Technik und Wartungsvorschriften des Herstellers genommen. In dem vorliegenden Verfahren war eine Fachfirma auf dem Gebiet „Technologie und Service für Motoren und Antriebe“ mit der Grundüberholung eines Zwölf-Zylinder-Gasmotors beauftragt worden, mit dem ein Blockheizkraftwerk betrieben wurde. Entgegen den Wartungsvorschriften des Herstellers hat die Fachfirma die Befestigungsschrauben der Kontergewichte nicht ausgetauscht, sondern ohne Rücksprache mit dem Betreiber weiterverwendet. Die Wartungsvorschriften waren der Fachfirma nicht zugänglich, weil sie kein autorisiertes Fachunternehmen des Herstellers war. Andere Hersteller vergleichbarer Motoren wiederum ließen eine Weiterverwendung der Schrauben zum Teil zu.

Der Motor wurde in Betrieb genommen, woraufhin zwei Befestigungsschrauben brachen und ein Gegengewicht der Kurbelwelle abriss. Dadurch entstanden erhebliche Schäden am Motor. Die Betreiberin machte diese Schäden in Höhe von 128.817,17 Euro klageweise geltend. Die Klage wurde in der Berufungsinstanz vom OLG Oldenburg mit der Begründung abgelehnt, dass die beklagte Fachfirma wegen der gewissenhaften Prüfung der Schrauben nicht gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verstoßen habe. Daraufhin ging die Klägerin in Revision.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Fachfirma die Wartungsvorschriften des Herstellers zu beachten habe. Zu einer Grundüberholung gehöre jedenfalls, dass die ausgebauten Motorenteile auf ihre Unversehrtheit hin untersucht und, soweit erforderlich, entweder hergerichtet oder erneuert werden. Was zu tun ist, bestimmt sich wiederum nach den anerkannten Regeln der Technik. Wenn darüber hinausgehende Anforderungen des Herstellers an die Grundüberholung bestehen, sind diese jedenfalls dann zu beachten, wenn sie die Sicherheit der Anlage betreffen.
Damit folgt der Bundesgerichtshof einer sowohl im Produktsicherheitsrecht als auch in der Betriebssicherheit geltenden Grundannahme. Soweit aufgrund von sicherheitstechnischen Gründen ein höheres Maß an Anforderungen gestellt werden muss, als es die im Minimum einzuhaltenden anerkannten Regeln der Technik fordern, genügt deren Einhaltung eben nicht mehr.
Diese Einschätzung des Bundesgerichtshofs ist auch folgerichtig, wenn man sich die Verteilung der Verantwortung zwischen Hersteller und Betreiber vor Augen führt. Der Hersteller gibt in seinen Instruktionen, die auch die Wartung umfassen (sollten), Hinweise auf den gefahrlosen Betrieb im gesamten Lebenszyklus. Bei Einhaltung dieser Instruktionen kann der Betreiber die an ihn gestellten Anforderungen hinsichtlich Arbeits- und Betriebssicherheit erfüllen. Die Einhaltung der herstellerseitigen Anforderungen ist demnach eine Ausgestaltung der Verpflichtungen aus der Betriebssicherheitsverordnung und den Arbeitssicherheitsvorschriften. Bedient sich der Betreiber hierzu eines Subunternehmens, ist dieses ebenso gebunden wie er selbst. Kann die beklagte Fachfirma den Anforderungen nicht nachkommen, weil sie wie hier wegen der fehlenden Autorisierung nicht an die notwendigen Daten gelangen kann, muss sie in jedem Fall auf dieses Risiko hinweisen. Andernfalls kommt es zu der vom Bundesgerichtshof letztlich folgerichtig entschiedenen Haftung.
Philipp Reusch
Reusch Rechtsanwälte,
Saarbrücken
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