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Wegmessung unter Extrem-Bedingungen

Potenziometer als konkurrenzlose Problemlöser
Wegmessung unter Extrem-Bedingungen

Wegmessung unter Extrem-Bedingungen
Für die zum Test notwendige Wegerfassung an den Kontakten der Hochspannungsleistungsschalter fand man in Leitplastikpotenziometern eine praktisch konkurrenzlose Lösung
Um Wege und Winkel bei automatischen Abläufen zu erfassen, lassen sich unterschiedliche physikalische Prinzipien nutzen. In der Praxis zeigt sich, dass es zwar mittlerweile in etlichen Anwendungen sinnvoll ist, kontaktlose und damit weitgehend verschleißlose Verfahren den weit verbreiteten Potenziometern auf Leitplastikbasis vorzuziehen, keineswegs jedoch in allen Applikationen. Das im Folgenden beschriebene Anwendungsbeispiel in einem Testsystem für Hochspannungsleistungsschalter beweist, welch enormen Beschleunigungen und Geschwindigkeiten ein Potenziometer verkraftet.

Wolfgang Leue, Vertriebsingenieur bei Novotechnik, und Ellen-Christine Reiff, RBS Stutensee

In jeder Applikation wird die richtige Auswahl eines Messsystems immer von mehreren Kriterien bestimmt: der konkreten Messaufgabe, den jeweiligen Qualitätsanforderungen, den zu erwartenden Umgebungsbedingungen und natürlich auch den Kosten. Berücksichtigt man dies, gibt es nach wie vor zahlreiche Bereiche, in denen die bewährten Leitplastikpotenziometer (Bild 1) ohne ernst zu nehmende Konkurrenz sind. Sie überzeugen in vielen Anwendungsbereichen durch ihr günstiges Preis-/Leistungsverhältnis sowie ihre Zuverlässigkeit und Robustheit.
Robust, schnell und ohne Schleppfehler
Dies alles verdanken die Wegaufnehmer vor allem ihrem einfachen Aufbau. Sie bestehen im Wesentlichen aus drei Komponenten: dem Widerstandselement aus leitendem Kunststoff, dem Schleifer und der Antriebswelle oder Schubstange. Antriebswelle bzw. Schubstange bewegen den Schleifer, der dadurch weg- oder winkelabhängig seine Position auf dem Widerstandselement verändert. Das daraus resultierende Potenzial ist der Weg- bzw. Winkeländerung proportional und wird in ein analoges Ausgangssignal umgesetzt. Es ist absolut; auch nach Netzunterbrechung ist keine Referenzfahrt erforderlich. Hohe Verfahrgeschwindigkeiten sind unproblematisch, und das Ausgangssignal steht in Echtzeit ohne Schleppfehler zur Verfügung.
Dabei verhalten sich die Weg- und Winkelaufnehmer auch unter extremen Umgebungsbedingungen unkritisch. Da die Messaufnehmer als Spannungsteiler arbeiten, beeinträchtigen Feuchtigkeit oder Temperaturänderungen die Funktion nicht. Auch Schocks, Vibrationen oder hohe Beschleunigungs- und Verzögerungswerte sind meist unkritisch. Außerdem lassen sich oft selbst ungewöhnliche Aufgabenstellungen mit günstigen Standardprodukten realisieren. Letzteres wusste auch die Firma Weis, Bremen, zu schätzen.
Für ein neues Testsystem, das bei Hochspannungs-Leistungsschaltern neue Diagnosemöglichkeiten erschließt, suchten die Entwickler besonders robuste, zuverlässige und dabei kostengünstige Wegerfassungssysteme. Die Anforderungen dieser Applikation an die Wegaufnehmer sind extrem. Bei den für die Beurteilung der Kontaktqualität notwendigen Echtzeitmessungen liegen z.B. die zu erwartenden Beschleunigungen und Verzögerungen zwischen 30 und 40 g, die Verstellgeschwindigkeiten erreichen 20 m/s.
Genaue Analyse des Abbrands bei Hochspannungs-Leistungsschaltern
Leistungsschalter in Kraftwerken, Umspannwerken oder Hochöfen etc., schalten je nach Einsatzfall Spannungen zwischen etwa 60 und 1000 kV. Der dabei unvermeidbare Lichtbogen verlangt den Kontakten einiges ab (Bild 2 und 3). Hohe Schaltgeschwindigkeiten begrenzen zwar die Dauer der Lichtbögen, können aber natürlich einen Abbrand der Kontakte nicht verhindern. Je nach Auslegung und Applikation ist die Anzahl der möglichen Schaltungen also immer begrenzt.
Damit es nicht zu unerwarteten Funktionsausfällen der Leistungsschalter kommt, müssen sie deshalb normalerweise je nach Schalthäufigkeit nach einer bestimmten Betriebsdauer turnusmäßig ausgetauscht werden. Praxisgerechter und kostengünstiger ist es jedoch, den aktuellen Zustand der Kontakte zu überprüfen. Das Schaltgehäuse aus diesem Grund zu öffnen ist jedoch wenig sinnvoll, zumal in den meisten Ausführungen SF6 als Schutzgas eingesetzt ist. Der Aufwand dafür stünde in keinerlei Verhältnis zum Nutzen. Wesentlich praktikabler sind Verfahren, mit deren Hilfe sich die Kontaktqualität, also der Zustand des Abbrands von außen überprüfen lässt. Entsprechende Verfahren liefern heute sehr präzise Ergebnisse, die exakte Prognosen für die noch zu erwartende Funktionsdauer eines Schalters zu lassen.
Die Firma Weis hat nun mit dem SA100 ein robustes und transportables Analysesystem für Hochspannungs-Leistungsschalter entwickelt (Bild 4), das sehr genaue Aussagen des Ist-Zustandes der Kontakte und ihre Funktionsfähigkeit liefert, ohne dass die Schalter dazu geöffnet werden müssen. Bis zu 32 Analog- und Digitalkanäle ermöglichen die Messung und anschließende Bewertung praktisch aller relevanten Funktionen in nur einem Test. Dazu gehören beispielsweise Kontaktzeit, die Länge des Kontaktes und Geschwindigkeit beim Öffnen und Schließen ebenso wie die dynamische Messung des Oberflächenstroms und der Übergangswiderstände. In China hat sich diese Testmethode im praktischen Einsatz schon so gut bewährt, dass sie zur Zeit in eine entsprechende Norm übernommen wird.
Linear- oder Rundpotenziometer für die Wegerfassung
Für die an den Kontakten der Schalter notwendigen Wegmessungen fand man in Leitplastikpotenziometern eine praktisch konkurrenzlose Lösung. Die vor allem beim Öffnen der Kontakte hohen Beschleunigungen und Verzögerungen hält kaum ein anderes Messsystem aus. „Als von der Funktion her überzeugende Alternative wären allenfalls Systeme auf Infrarotbasis in Frage gekommen“, erklärt Detlev Weis, Geschäftsführer der Firma Weis. Die um mehr als den Faktor 100 höheren Kosten hätten sich im praktischen Einsatz jedoch in keiner Weise gerechnet. Die Leitplastikpotenziometer überzeugten außerdem nicht nur durch ihr günstiges Preis-/Leistungsverhältnis, sondern lassen sich für die Messung gut an den recht unterschiedlich aufgebauten Hochleistungsschaltern montieren; je nach Schaltertyp hat man zudem die Wahl zwischen unterschiedlichen Potenziometer-Bauformen und kann sich so gut an die jeweilige Konstruktion anpassen.
In Fällen bei denen die Kontaktbewegungen mit linearen Wegaufnehmern erfasst werden können, entschied man sich für die Potenziometer der bewährten Baureihen TLH. Die schubstangenlosen Wegaufnehmer gibt es mit Messlängen von 100 bis 3000 mm. Mit einer Auflösung von 0,01 mm arbeiten die Messsysteme außerdem sehr genau. Verlangt die Bauform der Prüflinge kürzere Wegerfassungssysteme, werden linearen Leitplastikpotenziometer der Serie TS eingesetzt, die es mit Messlängen von 25, 50, 75, 100 und 150 mm angeboten werden. Bei beiden Aufnehmertypen erlaubt eine Kugelkupplung die spiel- und querkraftfreie Betätigung, selbst bei Parallel- oder Querversatz von Aufnehmer und Messrichtung.
Falls es die Konstruktion der Schalter nicht erlaubt, die linearen Bewegungen der Kontakte direkt abzunehmen, wird sie zunächst in eine Drehbewegung umgesetzt um anschließend mit Rundpotenziometern erfasst zu werden. Die hier eingesetzten Industriepotenziometer vom Typ IP600 sind mechanisch voll durchdrehbar und erreichen eine hohe Auflösung von 0,007 °; Linearitäten bis +/- 0,025 % sind realisierbar. Die Lebenserwartung der Potenziometer wird für alle drei Typen mit 100 x 106 Umdrehungen bzw. Hüben angegeben. „Für den Einsatz in unseren Testsystemen hat sich das bis jetzt als mehr als ausreichend erwiesen,“ erläutert Detlev Weis, „ und falls doch einmal ein Sensor ausfällt, ist der Austausch einfach und kostet nicht die Welt.“ Die robusten Leitplastikpotenziometer haben damit wieder einmal in einem eher ungewöhnlichen Anwendungsbereich einen Härtetest mit Bravour bestanden.
QE 512
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