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Zum Rückruf verpflichtet

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Zum Rückruf verpflichtet

Der Bundesgerichtshof hat über Folgen und Reichweite des Unterlassungsanspruchs nach einem wettbewerbsrechtlichen Verstoß entschieden. Demnach hat ein Hersteller, der gerichtlich zur Unterlassung des Vertriebs eines Produkts verpflichtet ist, in der Regel auch einen Produktrückruf durchzuführen.

Die Rechtsprechung zu diesem Themenkomplex war bisher nicht einheitlich. Die Kernfrage ist, ob ein Hersteller, der gerichtlich zur Unterlassung des Vertriebs eines Produkts verurteilt wird, gleichzeitig auch zum Rückruf bereits ausgelieferter Exemplare des Produkts verpflichtet ist.

Grundsätzlich bezieht sich ein Unterlassungsanspruch auf die Unterlassung der beanstandeten Handlung, zum Beispiel des Vertriebs eines Produkts. Er kann aber die Beseitigung bereits erfolgter und fortdauernder Störungen beinhalten und somit eine Handlungspflicht begründen.

So verhält es sich, wenn die Nichtbeseitigung des Verletzungszustands gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung ist. Eine Verpflichtung zum Produktrückruf im Falle des gerichtlich angeordneten Vertriebsstopps wurde unter anderem von den Oberlandesgerichten (OLG) Hamburg und Frankfurt am Main bisher jedoch nicht anerkannt.

Hersteller muss auch auf Dritte einwirken

Der BGH stellt in seinem Beschluss vom 29. September 2016 (Az. I ZB 34/15) klar, dass der Hersteller, der dazu verpflichtet ist, den Vertrieb eines Produkts zu unterlassen, dieses Produkt in der Regel auch zurückrufen muss. Nur ausnahmsweise besteht eine dahingehende Verpflichtung nicht, wenn sie unverhältnismäßig, unzumutbar oder unmöglich ist. Dies hat der Hersteller im gerichtlichen Verfahren geltend zu machen.

Die Verpflichtung kann auch darin bestehen, auf Dritte einzuwirken. Der Unterlassungsschuldner ist zwar grundsätzlich nicht für das selbständige Handeln eines Dritten verantwortlich. Kommt ihm dessen Handeln aber wirtschaftlich zugute, hat er auf den Dritten einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß gegen den Unterlassungsanspruch ernstlich rechnen muss und rechtliche oder tatsächliche Einflussmöglichkeiten auf dessen Verhalten hat.

Im entschiedenen Fall hatte der Hersteller die Produkte bereits an Apotheken ausgeliefert. Ein rechtliches Mittel, die Apotheken zur Rückgabe der Produkte zu bewegen, stand ihm zwar nicht zur Verfügung. Trotzdem entschied der BGH, dass er seiner Unterlassungsverpflichtung allein durch den Vertriebsstopp nicht gänzlich nachgekommen war, da er die Apotheken nicht um Rückgabe gebeten hatte und mit dem weiter andauernden Vertrieb ernstlich zu rechnen war.

Durch den Beschluss des BGH besteht bezüglich der Verpflichtung zum Produktrückruf Rechtssicherheit vor allen Gerichten. Hersteller müssen in Zukunft noch stärker auf Produktgestaltungen achten, da mit einer erfolgreichen Unterlassungsklage in der Regel auch die Verpflichtung zur Durchführung eines Rückrufs zuvor ausgelieferter Produkte einhergeht. Das geht weit über das hinaus, was regelmäßig produktsicherheitsrechtlich alleine wegen einer falschen Kennzeichnung zu befürchten ist.

Doch auch der Antragsteller, der sich gegen den Vertrieb eines Konkurrenzprodukts wehrt, sollte Vorsicht walten lassen. Hat der Hersteller des erfolgreich angegriffenen Produkts den Rückruf durchgeführt und erweist sich die Verfügung anschließend als nicht gerechtfertigt, so ist ihm der Antragsteller gemäß § 945 ZPO zum Ersatz des durch die Vollziehung entstandenen Schadens verpflichtet. Da der BGH eine Pflicht zum Produktrückruf statuiert hat, basieren die Kosten des Rückrufs kausal auf der einstweiligen Verfügung und sind somit verschuldensunabhängig zu ersetzen. ■


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Der Autor:

Philipp Reusch



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