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Digitale Holographie – hohe Messraten,hochgenaue Messergebnisse

Digitale Holographie in der Produktion
Hohe Messraten,hochgenaue Messergebnisse

Die digitale Mehrwellenlängenholographie hat sich zu einer der schnellsten und gleichzeitig genauesten Methoden zur Erfassung der Oberflächentopographie von Bauteilen in der Produktionslinie entwickelt. Sie ist vielseitig anpassbar und liefert bei hohen Messraten hochgenaue Messergebnisse.

Die Prüfung von Präzisionsoberflächen stellt die Qualitätssicherung immer wieder vor große Herausforderungen – insbesondere bei der hochgenauen Geometrievermessung und zuverlässigen Detektion kleinster Defekte. Sichtprüfung und Machine-Vision-Systeme erfüllen selten alle Anforderungen bezüglich Zuverlässigkeit und Dokumentation, die an moderne Produktionsanlagen gestellt werden. Mit der digitalen Mehrwellenlängenholographie ist seit einigen Jahren ein optisches Verfahren im Einsatz, das zuverlässig eine vollständige dreidimensionale Erfassung von Bauteiloberflächen im Sub-Sekunden-Takt ermöglicht.

Die Vermessung erfolgt dabei kontaktlos, hochpräzise und extrem schnell. Die Skalierbarkeit des Verfahrens ist ein weiterer Vorzug: Während beispielsweise für mikromechanische Bauteile feinste Strukturen aufgelöst werden müssen, können durch Anpassungen am optischen Aufbau auch Messfelder von 30 mm × 30 mm und deutlich darüber realisiert werden. Spiegelnde und raue Oberflächen können gleichermaßen vermessen werden. Auch Materialverbünde wie metallische Strukturen auf Kunststoffsubstraten sind gut messbar, ebenso Verbundwerkstoffe wie kohlefaserverstärkte Kunststoffe. Einzig Volumenstreuer, wie etwa verschiedene Keramiken oder transluzente Kunststoffe, lassen sich mit digitaler Mehrwellenlängenholographie nicht vermessen.

Bei der digitalen Holographie wird der zu vermessende Prüfling flächig mit Laserlicht bestrahlt. Der Prüfling streut das Licht teilweise zurück zum Sensor. Dieses rückgestreute Licht wird in der Regel mit einem Objektiv eingesammelt und auf eine Kamera gelenkt. Dort wird es mit unbeeinflusstem Laserlicht – dem Referenzstrahl – überlagert: Die beiden Laserstrahlen interferieren und die vom Kamerachip erfassten Referenzbilder tragen die Information über die Form des Objekts in sich. Diese kann durch numerische Berechnungen aus den aufgenommenen Interferenzbildern gewonnen werden. Wiederholt man die Messung mit mehreren leicht unterschiedlichen Laserwellenlängen, können Messgenauigkeit und Messbereich gesteigert werden. Durch die Wahl der Laserwellenlängen und die Anpassung des optischen Aufbaus lässt sich das Verfahren an viele verschiedene Einsatzbereiche individuell anpassen.

Über 100 Millionen 3D-Punkte pro Sekunde wurden realisiert

Die Messrate des Verfahrens skaliert zum einen mit der Anzahl der benötigten Messpunkte und zum anderen mit dem Verhältnis aus Messauflösung zu Messbereich in z-Richtung. Benötigt man viele Messpunkte, kommt im Sensor eine Kamera mit höherer Pixelzahl zum Einsatz. Da für eine Messung mindestens sechs Bilder benötigt werden, ist die erreichbare Messrate in der Regel durch ein Sechstel der Bildrate limitiert. Mit modernen Industriekameras werden in bereits realisierten Sensoren Messraten von über 100 Millionen 3D-Punkten pro Sekunde realisiert. In Sonderfällen, zum Beispiel an spiegelnden Oberflächen, kann die Auswertung auch mit nur einem Kamerabild erfolgen, sodass die hier erzielbaren Messraten mehrere 100 Millionen 3D-Punkte pro Sekunde betragen können. Für größere axiale Messbereiche bei gleichbleibender Messauflösung wird die Zahl der verwendeten Laser erhöht, sodass auch die Anzahl der aufzunehmenden Bilder steigt. Die Messrate reduziert sich beispielsweise von 120 Millionen ausgewerteter 3D-Punkte pro Sekunde im Falle zweier Laser auf etwa 100 Mio. bei Verwendung dreier Laser.

Eine Besonderheit der digitalen Mehrwellenlängenholographie ist die Möglichkeit des „nachträglichen Scharfstellens“: Nach Auswerten der Messdaten liegt im Rechner ein vollständiges Modell der Lichtwellen vor, die vom Objekt auf den Sensor gelangt sind. Wurde das Objekt oder ein Teil davon unscharf abgebildet, so kann man die Daten mithilfe numerischer Methoden so weiterverarbeiten, dass nachträglich ein scharfes Bild des Objekts berechnet wird. Dazu sind keine mechanische Bewegung und keine zusätzliche Datenaufnahme erforderlich.

Metallische Dichtflächen, die beispielsweise in Einspritzdüsen bei Dieselmotoren Drücke von 2500 bar und mehr standhalten sollen, müssen mit sehr hoher Präzision hergestellt werden. Eine fortlaufende 100-Prozent-Inspektion der Oberflächengenauigkeit ist dabei unabdingbar. Hierzu werden seit dem Jahr 2015 digital-holographische Holotop-Sensoren in der Linie eingesetzt. Typische Messfelder sind dabei etwa 20 mm × 20 mm groß. Die Bauteiltoleranzen bewegen sich in der Größenordnung von etwa 10 µm, sodass Messgenauigkeiten von etwa 1 µm benötigt und realisiert werden. Bei der Großserienfertigung solcher Bauteile spielt die digitale Holographie ihre Vorzüge aus: Die Messdaten für eine Messung, die aus 9 Millionen 3D-Punkten besteht, werden innerhalb von 60 ms aufgenommen. Dadurch wird eine 100-Prozent-Prüfung im Sekundentakt möglich – inklusive Handling.

Ähnliche Oberflächengenauigkeiten müssen auch mikroelektronische Bauteile einhalten. Diese haben nicht selten über 100.000 elektrische Kontakte, die über Ball-Grid-Arrays mit ihrer Peripherie verbunden werden. Ball-Grid-Arrays sind nur wenige Mikrometer hohe Strukturen, die mit Sub-Mikrometer-Genauigkeit hergestellt und vermessen werden müssen, um sicherzustellen, dass alle Leitungen während des Fügeprozess verbunden werden. Für diese Anwendungen werden digital-holographische Sensoren verwendet, die 65 Millionen 3D-Punkte in einer Messung erfassen können. Die Aufnahme erfolgt dabei in weniger als 200 ms. Ein Messfeld ist etwa 18 mm × 14 mm groß, sodass eine laterale Abtastung in einem Zwei-Mikrometer-Raster erfolgt. Für die Höhenbestimmung der Mikrobumps werden Wiederholgenauigkeiten von weniger als 0,2 µm realisiert.

Qualitätskontrolle
in der Werkzeugmaschine

Eine besonders kompakte Bauweise holographischer Sensoren ermöglicht auch eine echte 100-Prozent-Qualitätskontrolle in der Werkzeugmaschine: Solche Systeme – wie das Holotop NX – erfassen bis zu 12,5 mm × 12,5 mm der bearbeiteten Bauteiloberfläche mit einer einzelnen Messung in unter 500 ms. Auch Abweichungen von wenigen Mikrometern können so ohne erneutes Einrichten des Werkstücks direkt in der Werkzeugmaschine nachbearbeitet und falsche Werkzeugzustellungen von wenigen Mikrometern detektiert werden. Die Auswertung erfolgt dabei durch eine integrierte Datenvorverarbeitung, was die Robustheit gegenüber Schwingungen deutlich erhöht. Mit einem Durchmesser von nur 125 mm und eine Höhe von 180 mm lässt sich ein solches System in vielen Werkzeugmaschinen einsetzen.

Für die scannende Vermessung großskaliger Objekte und komplexer Bauteile – wie beispielsweise Zahnräder – wurden in der jüngeren Vergangenheit holographische Systeme entwickelt, die es ermöglichen, auch kontinuierlich bewegte Objekte zu vermessen. Diese können Höhendaten bei Geschwindigkeiten im Bereich mehrerer Zentimeter pro Sekunde mikrometergenau erfassen und rekonstruieren. Typische Messfeldgrößen variieren hier zwischen mikroskopischen Messfeldern von rund 3,5 mm× 0,4 mm mit 0,5 µm lateraler Abtastung bis hin zu Makroabbildungen von 20 mm × 2 mm mit 4 µm lateraler Abtastung. Dabei ist jeweils die kürzere Seite durch die kontinuierliche Objektbewegung beliebig erweiterbar.

Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM
Georges-Köhler-Allee 301
79110 Freiburg
www.ipm.fraunhofer.de


Bild: Fraunhofer IPM

Dr. Alexander Bertz

Gruppenleiter
Geometrische
Inline-Messsysteme
Fraunhofer IPM
www.ipm.fraunhofer.de

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