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Schraubfallanalyse gegen Qualitätsprobleme

Prozesssichere Montage von Windkraftanlagen
Schraubfallanalyse gegen Qualitätsprobleme

Mit gesteuerten Elektrowerkzeugen und der richtigen Schraubstrategie können Windkraftanlagenbauer und ihre Zulieferer ergonomisch und präzise verschrauben, Montagefehler vermeiden und einem späteren Ausfall der Anlage vorbeugen. Wer konkrete Montage- und Qualitätsprobleme hat, kann diesen mit einer Schraubfallanalyse schnell auf die Spur kommen.

„Für Windkraftanlagenbauer und ihre Zulieferer werden die Themen Prozesssicherheit in der Montage sowie Ergonomie am Arbeitsplatz immer wichtiger“, sagt Erik Felle, Geschäftsführer Allgemeine Industrie der Atlas Copco Tools Central Europe GmbH. Der Anbieter von Industriewerkzeugen und Montagesystemen verzeichnet seit geraumer Zeit ein kräftig steigendes Interesse aus der Branche. Gefragt sind Schraubsysteme und Lösungen, die die Qualität der Schraubverbindungen dauerhaft sicherstellen.

Vor allem steigende Stückzahlen und die Tatsache, dass Reparaturen oder Wartungen infolge von Fehlverschraubungen teuer werden, wenn die Windkraftanlage erst einmal errichtet ist, führen dazu, dass Kunden Montagefehler von vornherein ausschließen möchten. Die Hersteller wollen ihren Kunden effiziente und leistungsstarke Windkraftanlagen mit minimalen Betriebskosten und hoher Lebensdauer anbieten. Dazu müssen die Komponenten – etwa Generator und Antrieb – mit möglichst hohem Wirkungsgrad arbeiten; Verschleiß an mechanischen Bauteilen ist so weit einzugrenzen wie möglich. Nur dann sinken für die Betreiber der Wartungs- und Serviceaufwand und steigt die Verfügbarkeit und damit der Ertrag der Anlage.
Ergonomisch und rückverfolgbar soll es sein
Verfügbarkeit ist für Felle das richtige Stichwort: „Mit unseren Werkzeugen und Schraubstrategien lassen sich Fehler und Ausschuss vermeiden und dauerhaft intakte Schraubverbindungen herstellen“, versichert er. Atlas Copco Tools bietet der Branche gesteuerte Druckluft- und Elektroschraubwerkzeuge für Drehmomente von unter 1 bis etwa 4000 Newtonmeter (Nm) an. Große Schrauben, wie sie an den Azimutantrieben vorliegen, lassen sich beispielsweise mit dem Tensor Revo anziehen. Dieser Elektroschrauber für Drehmomente bis 1000 Nm wiegt nur rund 6 kg. „Herkömmliche Werkzeuge bringen in dieser Klasse schnell mal über 10 kg auf die Waage“, so Felle. Er weiß, dass Ergonomie für die Kunden wichtig ist. Dies bedeutet neben guter Handhabung vor allem geringes Gewicht. Mit den Revo-Hochmomentschraubern könne der Bediener die Schrauben zudem exakt und rückverfolgbar anziehen. Sprich: Die jeweiligen Schraubdaten können jahrelang gespeichert werden, um im Fall einer Reklamation belegen zu können, dass der Fehler oder gar Ausfall des betreffenden Bauteils nicht an der Verschraubung lag.
Für kleinere Drehmomente eignet sich der akkubetriebene Tensor STB. Diese Werkzeuge setzt beispielsweise die Elektric Schaltanlagenfertigung GmbH, eine Enercon-Tochter, bei kritischen Verschraubungen an Leistungsschränken ein, weil die Anforderungen an die Produktsicherheit und -zuverlässigkeit ähnlich hoch sind wie im Fahrzeugbau. „Ob eine Windenergieanlage an der Küste oder im unwegsamen Gebirge installiert ist, spielt keine Rolle“, sagt Daniel Wienekamp, Abteilungsleiter Schaltschrankbau. „Sie muss zuverlässig ihren Dienst verrichten.“ Jeder Ausfall mache einen Service-Einsatz notwendig und verursache Kosten, unter anderem durch die unterbrochene Einspeisung. „Jede Schraube muss korrekt sitzen“, verlangt er.
Schrauben dürfen nicht zu fest angezogen werden
Für einen typischen Schrank mit 300 kW elektrischer Leistung werden 150 bis 200 Schrauben angezogen; bis zu 28 Schaltschrank-Module kommen im Schaft einer modernen Windenergieanlage unter. Hauptkomponenten sind Dutzende sensibler Kühlkörper, die mit 4 Nm montiert werden müssen. „Liegt das Anziehdrehmoment darüber, kann ihr Keramikkern brechen, liegt es darunter, könnten sich Schrauben lösen und Funktionsstörungen hervorrufen“, betont Wienekamp.
Die STB-Pistolenschrauber verhindern dies; denn das Drehmoment passt mit einer Verschraubgenauigkeit von ± 5 % über 6 Sigma immer exakt. Sämtliche Schraubdaten werden auch hier dokumentiert. „So können wir uns selbst, aber zum Beispiel auch den Herstellern der Kühlmodule beweisen, dass sie stets ordnungsgemäß montiert wurden“, sagt der Abteilungsleiter. Wegen ihrer Flexibilität und ihres geringen Gewichts sind die Werkzeuge bei den Mitarbeitern sehr geschätzt.
Auch die Verbindungen zwischen Anschlussleitungen und Leistungsdrosseln werden mit STB-Schraubern montiert. Weil die Drehmomente mit 10 bis 28 Nm etwas höher liegen, setzt Wienekamp hier Winkelschrauber ein – das ist in dem Fall ergonomischer. Entnimmt der Werker eine Stecknuss aus dem Magazin und setzt sie auf das Werkzeug, sendet die Schraubersteuerung automatisch und verwechslungssicher per Funk die dem jeweiligen Schraubfall zugeordneten Anziehparameter ans Werkzeug. Das STB-System zählt außerdem die Montagevorgänge mit und gibt den Schaltschrank erst frei, wenn alle Anschlüsse korrekt sitzen. Denn in den Kupferschienen fließen Ströme von bis zu 500 A, so dass Montagefehler zu Kurzschlüssen führen könnten. Doch weil der Schrauber die Montageergebnisse permanent überwacht, sind Funktionalität und Sicherheit der Produkte gewährleistet.
Schraubfallanalyse führt zu besserer Konstruktion
Welches Werkzeug und welche Montagestrategie sich für die jeweilige Anwendung eignen, ist oft allerdings erst nach einer exakten Schraubfallanalyse zu definieren. Um spezielle Qualitäts- und Montageprobleme in den Griff zu bekommen, wird dann die gesamte Konstruktion genau unter die Lupe genommen. So berichtet Niels Rabbe, Manager Simultaneous Engineering und Prozessoptimierung bei der TBB Industrial Tools Services GmbH in Dingolfing, von einem Zulieferer, der massive Ausfälle zu beklagen hatte, weil sich Magneten im Generator lösten.
„Hier konnten wir mit einer Schraubfallanalyse den Einfluss von Lackschichten, Übergangsradien und der Anzugsreihenfolge der Schrauben darstellen und anschließend optimieren“, sagt Rabbe. Die Experten von TBB, dem Service-Provider von Atlas Copco Tools, lösten das Problem wie folgt: Sie rieten zu einem dokumentierten Anziehen mit vorgegebener Sequenz sowie reduzierter Drehzahl des Schraubwerkzeuges. Außerdem machte der Dienstleister konstruktive Vorgaben, den Einsatz von Lacken und Pasten an diesem Bauteil zu reduzieren.
Besonders die Zulieferern seien bemüht, ihre Qualität zu steigern, sagt Rabbe: „Wenn es um die Montage von Getrieben, Stellantrieben oder Schaltanlagen geht, steigen die Ansprüche in der Lieferkette.“ Null-Fehler-Fertigung und hohe Verfügbarkeit der erzeugten Produkte seien neben möglichst geringen Kosten und Folgekosten die obersten Gebote. „Man muss sehen, dass schon ein einmaliger Schaden mit Demontage der Gondel den kompletten möglichen Gewinn einer Windkraftanlage auffressen kann“, betont Rabbe.
Schon bei einer mittelgroßen Anlage an Land können die Demontagekosten über 100 000 Euro liegen. Bei einem Offshore-Einsatz werden die Kosten noch höher. „Das Ziel muss also immer eine sehr hohe Verfügbarkeit der Anlage sein. Jeder Stillstand bedeutet hohe Ausfälle und Instandhaltungskosten“, streicht der TBB-Manager heraus. „Unser Ansatz ist deshalb immer, die Konstruktion der Bauteile zu optimieren und eine prozesssichere Montagestrategie zu definieren.“
Atlas Copco, Essen www.atlascopco.de
TBB Industrial Tools Service, Dingolfing www.atlascopco.com/de-de
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