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Der Thermochromie ein Schnippchen geschlagen

Farbabweichungen lassen sich schon während des Spritzgießprozesses erkennen
Der Thermochromie ein Schnippchen geschlagen

Inline-Farbmessungen während des Spritzgießprozesses ermöglichen eine 100%-Kontrolle aller gefertigten Bauteile sowie ein frühzeitiges Erkennen von Fehlproduktionen. So kann bei Bedarf zeitnah in den Prozess eingegriffen werden, um hohe Ausschussmengen signifikant zu reduzieren.

Eine rein visuelle Bewertung für das Farbmatching von Bauteilen reicht schon seit langem nicht mehr aus. Die Farbqualität muss messtechnisch erfasst und mit Zahlenwerten belegt werden. Ein Problem der Farbmessung in der Kunststoffverarbeitung ist allerdings die Thermochromie, das heißt die Abhängigkeit der Farbe von der Temperatur. So müssen heute im Spritzgießverfahren hergestellte Bauteile erst auf Raumtemperatur abkühlen, bevor ihre Farbe gemessen werden kann. Je nach Werkstoff, Verarbeitungstemperatur und Wanddicke des Formteils kann dies mehrere Stunden dauern.

Für die Lösung dieser Problematik erfolgten am SKZ Untersuchungen zur Inline-Farbmessung direkt in der Spritzgießfertigung. Das Forschungsprojekt wurde über die AiF vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert. Zum Einsatz kamen zwei berührungslos arbeitende Spektralphotometer: das SPH9i von Colorlite und das Colorcontrol ACS 7000 von Micro-Epsilon. Beide lassen sich in den Produktionsprozess integrieren. Zudem erlauben sie einen schnellen Wechsel auf andere Fertigungslinien. Für die Inline-Farbmessung wird das Bauteil mit einem Handlinggerät aus dem Spritzgießwerkzeug entnommen und vor dem Sensorkopf des Farbmessgeräts positioniert. Durch eine Kommunikation über entsprechende Schnittstellen wird die Farbmessung ausgelöst. Bei Nichteinhaltung der vorgegebenen Farbtoleranzen kann das aktuelle Bauteil vom Handlingsystem sofort aussortiert werden.
Im Messkopf des SPH9i von Colorlite ist zusätzlich ein Infrarotsensor integriert, sodass zusammen mit den Spektralwerten die Temperatur zeitgleich an derselben Stelle des Bauteiles gemessen werden kann. Durch in der Software hinterlegte Koeffizienten lassen sich die Farbwerte von Entformungs- auf Raumtemperatur umrechnen. Für die Ermittlung dieser Koeffizienten werden Abkühlkurven benötigt, die beschreiben, wie sich die Farbwerte mit der Temperatur verändern. Dies kann an der Spritzgießmaschine geschehen, in dem man ein Bauteil vor dem Messkopf abkühlen lässt und zu verschiedenen Zeitintervallen die Farbe misst. Alternativ kann die Aufzeichnung der Abkühlkurven offline zum Beispiel durch Einsatz eines Wärmeschrankes oder Heizplatte erfolgen.
Eine wichtige Voraussetzung für den Einsatz der Inline-Farbmessung ist eine gute Übereinstimmung mit Laborgeräten, wie sie heute standardmäßig verwendet werden. Zur Überprüfung wurden daher Platten mit verschiedenen Oberflächen – von Hochglanz bis hin zu matten Ledernarbungen – aus unterschiedlichen Materialien und Einfärbungen hergestellt. Direkt nach der Entformung erfolgten mit beiden Inline-Messsystemen Farbmessungen an der identischen Position. Nach ausreichend langer Wartezeit wurden die abgekühlten Teile mit einem Laborgerät nachgemessen und die Ergebnisse aller Farbmessgeräte miteinander verglichen.
Aufgrund der unterschiedlichen Ausleuchtung der Messstelle sowie dem unterschiedlichen Aufbau der Sensoren weichen die absoluten Farbwerte teilweise voneinander ab. Entscheidend für die Beurteilung der Farbqualität ist allerdings immer der Farbabstand zu einem vorgegebenen Standard. Beim Vergleich der Farbdifferenzen stimmen hier alle drei Messgeräte für nahezu alle Einfärbungen und Oberflächen sehr gut überein, insbesondere die Messergebnisse beider Inline-Farbmesssysteme. Leichte Abweichungen zum Laborgerät traten bei durchscheinenden Proben auf, da durch die mangelnde Deckkraft der Farbe der Einfluss von Fremdlicht und des Hintergrunds stärker zum Tragen kommt.
Masterbatch-Konzentration lässt sich sofort anpassen
Zur Überprüfung der Inline-Farbmesstechnik für einen praxisnahen Anwendungsfall wurden Stapelkästchen in verschiedenen Farben produziert und dabei gezielt Farbveränderungen im laufenden Prozess durch Chargenwechsel des Masterbatches und/oder Dosierschwankungen provoziert. Die daraus resultierenden Farbabweichungen konnten durch die Inline-Farbmessung sofort festgestellt und durch Nachmessungen im Labor bestätigt werden. So war beispielhaft bei einem rot eingefärbten Stapelkästchen durch Reduzierung der Masterbatch-Konzentration von 2 % auf 1,5 % der Farbton weniger gesättigt, was erkennbar war.
Einschränkungen in der Nutzung der Inline-Messtechnik sind aktuell noch durch die Größe des Messflecks von 10 mm bedingt, sodass eine ausreichend große und plane Oberfläche am Bauteil vorhanden sein muss. Zudem erlaubt der momentane Aufbau nur die Messung von deckenden Einfärbungen. Für die Farbmessung an transluzent eingefärbten Bauteilen ist die Inline-Farbmessung bislang eingeschränkt geeignet. Daran wird aktuell gearbeitet. ■
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