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Additive Fertigung nach Druckgeräterichtlinie – mit Sicherheit zertifiziert

KSB erhält Herstellerzertifizierung für die additive Fertigung nach Druckgeräterichtlinie
Mit Sicherheit zertifiziert

Sicherheitsrelevante, drucktragende Bauteile additiv zu fertigen, fordert das Qualitätsmanagement neu heraus. Damit gedruckte Pumpen oder Ventile nachweislich sicher sind, hat TÜV SÜD die erste Herstellerzertifizierung für die additive Fertigung nach Druckgeräterichtlinie entwickelt. KSB hat sich bereits danach zertifizieren lassen.

Drucktragende Teile gelten als sicher und zuverlässig, wenn sie den Anforderungen der Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU (DGRL) entsprechen. Im Vordergrund stehen hier die Festigkeitswerte der verwendeten Materialien. Eine Verfahrensprüfung bestätigt die Normkonformität. Additiv gefertigte Bauteile wurden bislang jedoch vorwiegend optisch geprüft. Aussagekräftige Erfahrungswerte gibt es, gerade für neue Werkstoffe, selten. Ob die Festigkeitswerte der Norm entsprechen, muss deshalb mit Hilfe zerstörender Prüfungen ermittelt werden.

Gedruckte Metallteile entstehen in der Regel in Pulverbettverfahren. Beim selektiven Laserschmelzen wird der pulverförmige Grundstoff von einem Laser schichtweise aufgeschmolzen. Die entscheidenden Einstellungen und Parameter werden von erfolgreichen, gelungenen Produkten auf künftige Verfahren übertragen. Ein wichtiger Faktor für die Qualität des Endprodukts ist demnach, neben dem angewendeten Verfahren, das Metallpulver. Es gilt daher, die Anforderungen an die Zulieferer zu spezifizieren. Vorrangig geht es um die Qualität des Ausgangsmaterials und dessen Verarbeitung zum späteren Pulver. Grundlage ist eine zuverlässige und nachvollziehbare Bewertungsmethode.

Zertifizierung auf Basis von Erfahrungswerten
von TÜV SÜD Industrie Service entwickelt

Unterschiede bei der Partikelgröße oder Feuchtigkeit können bei der Verarbeitung im 3D-Drucker zu einer ungleichen oder inhomogenen Materialstruktur, zu Poren und Blasen führen. Diese Einflüsse beeinträchtigen die Festigkeit des späteren Bauteils. Grenzwerte liegen dazu bislang jedoch nicht vor. TÜV Süd Industrie Service stützt seine Beurteilung deshalb auf praktische Erfahrungswerte. Ein relativ geringer Anteil an Hohlräumen im Material, ein bestimmter Verlauf der morphologischen Verteilung und eine aufgeraute, dendritische Struktur beispielsweise müssen nicht zwangsläufig eine Auffälligkeit sein. Anwender können vielmehr eigene Grenzwerte und Toleranzen für die entscheidenden Materialeigenschaften festlegen.

Für Prüflabore ist das eine Herausforderung, weil fallweise keine Rückführbarkeit auf so genannte Prüfnormale besteht. Das heißt, es fehlen Vergleichsobjekte, um die Messgeräte zu kalibrieren. Es muss außerdem festgelegt werden, wie stark Messwerte von den Vorgaben abweichen dürfen, um noch akzeptabel zu sein. Dabei gilt es, vernünftig abzuwägen zwischen möglichen Qualitätseinbußen durch zu hohe Toleranzen einerseits und unverhältnismäßig hohen Kosten für die Prüfung, etwa durch den Kalibrierungsaufwand, andererseits. Wo Prüfnormale fehlen, müssen eigene Referenzproben erstellt werden. Zudem müssen die Labore Verfahren entwickeln, um Messunsicherheiten zu ermitteln und diese verifizieren. Auf dieser Basis können sie dann Grenzwerte festlegen.

Zertifizierung gibt KSB-Kunden Gewissheit, dass normkonform additiv gefertigt wird

Um seinen Kunden die Gewissheit zu geben, auch sicherheitsrelevante Bauteile normkonform zu drucken, hat sich KSB die Produktion von Druckgeräten nach DGRL von TÜV Süd zertifizieren lassen. Der Pumpen- und Armaturenhersteller nutzt Pulverbettverfahren, um Metallbauteile additiv zu fertigen. TÜV Süd stellte im Rahmen eines Pilotaudits die Basisqualifikationen nach ISO 9001 fest, untersuchte darüber hinaus die Qualifizierung des Bauraums, die Verfahrensprüfung sowie Einrichtungen und Verfahren für die sachgemäße Herstellung und betriebseigene Prüfverfahren. Dabei wurden auch die Fachkunde des Personals abgefragt und die Einrichtungen und Herstellungsverfahren sowie die betriebseigenen Prüfverfahren untersucht.

Mit seinem neuen Zertifizierungsprogramm für additiv gefertigte Bauteile berücksichtigt TÜV Süd die allgemeinen Sicherheitsanforderungen der DGRL sowie, sinngemäß, die EN 13445–4 „Unbefeuerte Druckbehälter – Teil 4: Herstellung“. Letztere bezieht sich nur auf konventionelle Herstellungsverfahren, ihre Anforderungen lassen sich nur bedingt auf die additive Fertigung übertragen. Die Prüfexperten mussten deshalb auf Basis ihrer jahrelangen Erfahrung aus der Werkstoff- und Schweißtechnik Best-Practice-Szenarien entwickeln. Die Zertifizierung ist eine Grundlage, um die Qualität der Prozesse der additiven Fertigung von Druckgeräten zu bewerten und zu zertifizieren.

Werkstofflabor prüft die Qualität des Metallpulvers nicht nur bei Wareneingang

Die Qualität des Metallpulvers prüft KSB direkt beim Wareneingang und dann kontinuierlich während der gesamten Verarbeitung. Das erfordert qualifiziertes Personal und geprüfte Maschinen. Das eigene, akkreditierte Werkstofflabor sichert die Prüfqualität unter anderem mit zerstörungsfreien Prüfungen. Damit gewährleistet KSB die Qualitätssicherung über die ganze Prozesskette hinweg.

Ein KSB-eigenes Werkstoffdatenblatt mit verifizierten Kennwerten aus mehreren hundert Zug- und Kerbschlagbiegeproben dient als Referenz. Grundlage dafür sind umfangreiche Statistiken, die KSB von Beginn an über die selbst erstellten Prüfproben führt. So kann das Unternehmen auf eigene mechanische-technologische Kennwerte der Bauteile, der chemischen Zusammensetzung des Ausgangspulvers wie auch zu den Prüfkörpern nach der Verarbeitung zurückgreifen. Das Labor prüft zudem weitere potenzielle Werkstoffe auf ihre Tauglichkeit.

Bei der gesamten Zertifizierung stellten die Maschinen eine besondere Herausforderung dar. Verschiedene Maschinentypen haben, unabhängig vom Hersteller individuelle Stärken und Schwächen. Eine Bauraumqualifizierung macht diese deutlich. So macht etwa der Strömungsverlauf des Prozessgases, die Pulveraufzugsmethode oder das Lasersystem einen entscheidenden Unterschied.

Eine umfangreiche Auswirkungsanalyse zeigte am Anfang alle relevanten Risiken auf. Die Ergebnisse werden durch eine kontinuierliche Qualitätssicherung und die Weiterführung der Statistik vergleichbar gehalten. Die Qualitätssicherung ist damit detailliert auf die Besonderheiten der Maschinen und Prozesse in der additiven Fertigung ausgerichtet. Abschließend wird die Qualität der Bauteile durch zerstörende und zerstörungsfreie Prüfungen beurteilt. Auch das Pulver und die Prüfproben werden noch einmal untersucht. ■

TÜV Süd Industrie Service GmbH
Westendstraße 199
80686 München
Tel. +498957910
www.tuvsud.com

KSB SE & Co. KGaA
Johann-Klein-Str. 9
67227 Frankenthal
Tel. +496233860
www.ksb.com


Die Autoren

Gunther Kuhn
Jörg Keller
TÜV SÜD
Industrie Service
www.tuvsud.com

Andrea Seemann
Stephan Braun
KSB
www.ksb.com

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