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Technikkombi macht Messungen wirtschaftlicher

Experten diskutieren über Multisensorik
Technikkombi macht Messungen wirtschaftlicher

Der Multisensorik gehört nicht nur die Gegenwart, sondern auch die Zukunft – so der Tenor eines Roundtables zu dem Thema. Im Gespräch mit Quality Engineering sprachen Experten von Werth, Hexagon und OGP über die Vorteile und Herausforderungen der Geräte.

Multisensorik ist zur Zeit ein großes Trendthema und wird auch auf der Control einer der Schwerpunkte sein. Zunächst mal die Frage: Was ist für Sie denn echte Multisensorik?

Ferger: Echte Multisensorik ist für mich, dass viele Sensorprinzipien in einem Gerät vereint sind. Das heißt: Es geht nicht nur um das konventionelle Tasten, sondern auch um Bildverarbeitung, Laser oder auch um CT – also Computertomographie.

Lenz: Bei Multisensorik muss man die Technologien komplementär sehen. Taster und Optik ergänzen sich. Hinzu kommt dann noch der Laser. Das ist die aktuelle Kombination in der Multisensorik.

Steffens: Multisensorik ist auch für mich, mehrere Messverfahren in einem Gerät zu vereinen. Wichtig ist, dass alle in einem Koordinatensystem messen müssen. Innerhalb dieses Systems lassen sich dann die Sensoren austauschen und kombinieren. Ein weiterer Aspekt der Multisensorik ist, dass der Sensorwechsel automatisiert geschieht ohne Eingriff des Bedieners – in einem Messprogramm.

Wie weit verbreitet ist die Multisensorik nach Ihrer Einschätzung?

Steffens: Multisensorik ist ja kein neues Thema und auch kein Selbstzweck. Das Thema hängt davon ab, welche Sensoren optimal auf die jeweilige Applikation passen. Ich schätze, dass mittlerweile 20 bis 25 % der Unternehmen mit Multisensorik ausgestattet sind.

Welcher konkrete Nutzen ergibt sich denn, wenn man verschiedene Sensoren in einem Gerät kombiniert?

Ferger: Der Bediener spart Arbeitszeit, weil er nicht dauernd von Gerät A zu Gerät B und zu Gerät C laufen muss, um seine Messaufgaben zu lösen. Ein weiterer großer Vorteil der optischen Systeme mit Bildverarbeitung ist, dass die Teile nur mit Grobtoleranz auf dem Messgerät positioniert werden müssen und über die optische Sensorik das Werkstück sehr einfach ausgerichtet werden kann.

Lenz: Man hat mehrere Geräte in einem, kann alles mit einer Software messen und erhält als Ergebnis ein Messprotokoll. Wenn man mit mehreren Geräten arbeitet, hat man auch mehrere Protokollausdrucke, die bis heute noch auf Papier gedruckt werden. Man muss sich mal vorstellen, wie unwirtschaftlich das ist. Da ist nichts mit Digitalisierung. Dank Multisensorik hat man alles in elektronischer Form und kann es in eine statistische Datenbank des Kunden einpflegen.

Steffens: Die Kombination mehrerer Sensoren in einem Gerät ermöglicht es, Rüstzeit zu sparen. Ein Koordinatenmessgerät kann dann nicht nur die Geometrie messen, sondern darüber hinaus auch andere Eigenschaften des Werkstücks erfassen wie zum Beispiel Oberflächenstrukturen, -defekte, beziehungsweise Kratzer mittels visuelle Sichtprüfung oder auch Rauheit und Härte. Zukünftige Messtechnik muss aber flexibel sein, da auch die Produktion flexibler sein wird. Man muss nur mal beispielsweise an 3D-Druck denken. Dort ändern sich die Formen ständig und es gibt keine feste Rasterung, wie man das früher einmal hatte. Entscheidend ist dann, welcher Sensor optimal für die jeweilige Applikation passt. Wichtig ist, dass ein entsprechendes System zukunftsorientiert ausgestattet ist und man zukünftige Sensoren damit leicht adaptieren kann.

Was ist der Grund dafür, dass es ausgerechnet jetzt den Trend zur Multisensorik gibt?

Ferger: Ich denke, dass heute eine große Vielfalt an Sensoren verfügbar ist. Bildverarbeitung, Laser-Sensorik, chromatische und andere Abstandssensoren, die ganze taktile Welt – alles ist in die Multisensorik integriert. Und die Software ist heute in der Lage, diese Sensoren alle unter einem Dach zu vereinen.

Lenz: Es hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan. Die Handhabung der Sensoren ist einfacher geworden und die Optik ist mehr anerkannt als verlässlicher Messwertaufnehmer. Vor 20 Jahren war die taktile Messung noch glaubwürdiger

Ferger: Die Optik ist salonfähig geworden. Mittlerweile spielt ja auch die CT als zusätzlicher Sensor in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. CT-Systeme gibt es heute als kleine Werkstattlösungen für einige wenige 100 000 Euro bis hin zu Komplettsystemen für mehrere Millionen Euro. In ein CT-Gerät lässt sich übrigens bei Werth auch Multisensorik integrieren.

Lässt sich mit einem Multisensorik-Gerät genau das Gleiche machen wie mit verschiedenen Einzelgeräten? Oder gibt es Einschränkungen?

Steffens: Wenn mehrere Sensoren in einem Gerät integriert sind, hat das den Vorteil, dass das Aufspannen und Ausrichten des Werkstücks nur einmal durchgeführt werden muss. Somit kann Rüstzeit eingespart werden, was das Gerät wirtschaftlicher macht. Gegenüber Einzelgeräten wird weiterhin die benötigte Stellfläche minimiert, wenn auch bei fest integrierter Multisensorik der gemeinsame Messbereich eingeschränkt ist. Den Nachteil haben Geräte mit automatisierter Sensorwechselschnittstelle nicht. Es ist außerdem wichtig, ein offenes System zur Verfügung zu haben, damit zukünftige Sensoren integriert werden können, ohne ein komplett neues Gerät anzuschaffen. Es ist aber noch ein weiterer Punkt zu beachten: Je mehr Sensoren man an einem Gerät hat, desto komplexer wird das System an sich. Da muss man sich nichts vormachen.

Das heißt also, Multisensorik erfordert vom Anwender mehr Kompetenzen?

Steffens: Die Messstrategie wird zwar vorgeschlagen – egal um welchen Sensor es sich handelt. Die Auswahl des geeigneten Sensors obliegt jedoch dem Bediener. Dies erfordert immer noch Spezialwissen, da entscheidend ist, wie der Sensor mit der Werkstückoberfläche interagiert. Optische Verfahren sehen eine ganz andere Oberfläche als ein taktiler Sensor.

Lenz: Die Multisensorik verlangt noch mehr Aufwand und Know-how vom Kunden. Aber es gibt einen Trend, dem alle Anbieter folgen. In einem überschaubarem Zeitraum wird es mit heutiger Sensorik möglich sein, die Bedienung zu automatisieren oder – anders gesagt – vom Bediener kein spezielles, Sensor-bezogenes Know-how mehr zu verlangen.

Steffens: Das sehe ich nicht. Man wird auch in der Zukunft noch über entsprechendes sensortechnisches Know-how verfügen müssen – selbst als Werker, der ein neues Programm erstellt.

Lenz: Für heute stimme ich Ihnen zu. Aber ich bin optimistisch, was die nahe Zukunft betrifft.

Es gibt ja in der Qualitätssicherung seit einiger Zeit noch einen weiteren Trend: Die Messtechnik rückt zunehmend in Richtung Fertigung. Ist es nicht so, dass sich die Leute dort erst recht nicht mit dem Thema auskennen?

Steffens: Richtig. Die Intelligenz muss in die Software hinein, unterhalb von CAD. Dort müssten die Messstrategien in der Software integriert sein und automatisch vorgeschlagen werden.

Ferger: Das ist das, was die Software letztlich schaffen muss: Vom einfachsten Bediener bis hin zum hochmotivierten Spezialisten muss sie das Portfolio vollständig abzudecken.

Steffens: Letztlich geht es in dem Zusammenhang darum, den Fertigungsprozess möglichst zu steuern beziehungsweise zu regeln. Die Rückkopplung der Messergebnisse in den Fertigungsprozess wird in Zukunft verstärkt auf uns zukommen und dem tragen wir mit Smart-Quality-Softwarelösungen auch Rechnung.

Lenz: Die neue ISO 1101 erweitert hier die Möglichkeiten gewaltig. Damit werden die einzustellenden Werkzeug-Offsets der Werkzeugmaschine direkt aus den Messdaten abgeleitet.

Gehen wir jetzt den Prozess noch weiter zurück. Muss sich auch der Konstrukteur mit Multisensorik befassen?

Steffens: Ich sehe nicht, dass schon in der Konstruktionsphase festgelegt werden muss, welcher Sensor die Messung durchführen soll. Das muss das Gerät selbst entscheiden oder letztendlich der Bediener. Man kann nicht vom Konstrukteur erwarten, dass er weiß, was gemessen wird.

Ferger: Aber er muss die Messstrategie vorgeben, das ist der springende Punkt. Das ist ja auch Inhalt der ganzen PMI-Thematik. CAD-Daten enthalten die Bemaßung, einschließlich Form- und Lagetoleranzen, die der Bediener lediglich anklickt, um daraus Messprogramme zu erstellen.

Lenz: Die neue ISO 1101 erweitert die Möglichkeiten für den Konstrukteur. Multisensordaten einzugeben, ist jedoch nicht nötig und kein Weg zur Vereinfachung

Lassen Sie uns noch einen Ausblick wagen: In welche Richtung wird sich die Multisensorik in den kommenden zwei bis drei Jahren bewegen?

Steffens: Wir werden zukünftig noch mehr Systeme im Markt sehen. Das Thema wird sich also weiter etablieren. Wir werden aber – wie bereits erwähnt – verstärkt in Richtung Fertigung rücken. Hier auch in der Rückkopplung zum Fertigungsprozess – also Steuerung und Regelung von Prozessen. Die Herausforderung ist dabei, die Komplexität zu reduzieren. Der Trend geht dahin, dass wir zusätzlich zu Funktionsmaßen die Oberfläche komplett erfassen und dies gegen die CAD-Daten auswerten können.

Ferger: Der Trend geht weiter zur Komplettmessung der Werkstücke mit immer vollständigerer Integration der Multisensorik. Aber ich sehe ganz klar die Computertomografie als Vorreiter, und die wird den Rest hinterherziehen. Es gibt neue Verfahren, um größere, schwerer durchstrahlbare Bauteile in immer besserer Präzision zu messen. Das Ganze wird aufgrund von immer schneller werdender Hardware in nicht so ferner Zukunft auch Einzug in die Fertigungsüberwachung halten.

Lenz: Es wird mit Sicherheit in Richtung mehr Optik, Flächensensoren und drastisch einfachere Bedienung mit mehr Intelligenz gehen. Die Geräte werden mehr können und weniger kosten. Im Mittel werden sie sich etwa bei 50 000 Euro bewegen. Natürlich werden auch weiterhin Geräte im Bereich von einer halben Million Euro verfügbar sein. Aber ich spreche jetzt von der großen Masse der Geräte. Ich hoffe, dass die CT günstiger wird. Dann wäre diese Technologie eine Lösung. Ich glaube das im Moment jedoch nicht. Und wenn ich Recht hätte, dann würden andere Sensoren diese Lücke füllen.

Vielen Dank an alle für die interessante Diskussion.


Der Autor

Markus Strehlitz

Redaktion

Quality Engineering


Die Diskussionsteilnehmer

  • Karl Jürgen Lenz, Geschäftsführer
    OGP (Halle 4, Stand 4204)
  • Norbert Steffens, Entwicklungsleiter
    Hexagon (Halle 5, Stand 5400)
  • Detlef Ferger, Vertriebsleiter/Prokurist
    Werth (Halle 7, Stand 7102)
  • Sabine Koll und Markus Strehlitz,
    Redaktion Quality Engineering
    (Halle 6, Stand 6408)

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