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Mangelbegriff mit Folgen

Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs
Mangelbegriff mit Folgen

Der deutsche Gesetzgeber hat wesentliche Regelungen des BGB zum 01.01.2022 angepasst. Diese Änderungen haben auch erhebliche Konsequenzen für den Lieferantenregress im B2B-Bereich.

Ein wesentlicher Teil der Qualitätsmanagement-Arbeit befasst sich mit der Handhabe von Lieferanten- und Kundenreklamationen – bezogen auf fehlerhafte Komponenten und Rohstoffe. Besteht die Verbindung zu Kunde oder Lieferant in einem Kaufvertrag (oder aber einem so genannten Werklieferungsvertrag nach § 650 BGB), so spielt das Gewährleistungsrecht eine wesentliche Rolle. Und zwar dann, wenn es darum geht, dass die gelieferte Ware nicht so ist, wie sie sein sollte. Oder juristisch gesprochen: wenn sie mangelhaft ist. Die Mangelhaftigkeit verkaufter Ware zum Zeitpunkt der Übergabe ist das Eingangstor in die Welt der Gewährleistung, die beginnend mit der Nacherfüllung (in Form der Neulieferung oder in Form der Reparatur) über Ansprüche für Schadensersatz und bis hin zum Rücktritt vom Vertrag gehen kann.

Vor diesem Hintergrund wird es interessant und wissenswert, wenn der Gesetzgeber wesentliche Definitionen ändert, zum Beispiel die des Sachmangels in § 434 BGB. Bisher sah die Definition des Sachmangels vorrangig subjektive Kriterien (vereinbarte Beschaffenheit, vertraglich vorausgesetzte Verwendung) und nachrangig objektive Kriterien (Eignung zur gewöhnlichen Verwendung) in einem Stufenverhältnis vor. Nun stehen diese Anforderungen aber nebeneinander.

Das stellt den Lieferanten insbesondere im unternehmerischen Verkehr vor folgendes Problem: Obwohl die Beschaffenheit der Kaufsache zwischen Käufer und Verkäufer regelmäßig mittels Spezifikationen oder sonstiger Vereinbarungen konkret festgelegt wird und der Verkäufer diese einhält, können die gesetzlichen Gewährleistungsrechte ausgelöst werden, weil subjektive Erwartungen ebenfalls maßgebend sind.

Dieses Dilemma muss angegangen werden, da andernfalls Risiken aus dem Gewährleistungsbereich drohen. Der Weg dorthin kann nur über klare und abschließende Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien gehen. Dies war schon immer ratsam, da subjektive Vorstellungen ihrer Natur nach eine im Zweifel auszulegende Grauzone darstellen. Durch die neue Struktur des BGB ist es nun unumgänglich. In diesem Zusammenhang sollten auch unbedingt Standardbedingungen wie etwa AGB und Musterverträge überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

Das gilt auch für Regelungen zur Verjährung im Fall von Gewährleistungsansprüchen:

Der Gesetzgeber hat auch die §§ 445 a, b BGB angepasst. Eine Veränderung wird dabei erhebliche Folgen für die Lieferketten haben: die Abschaffung der Höchstgrenze der Verjährungsablaufhemmung in § 445b Abs. 2, S. 2 BGB a.F.

§ 445b Abs. 2 BGB normiert eine Verjährungsablaufhemmung sowohl für den Regress nach § 445a Abs. 1 BGB als auch für die allgemeinen Gewährleistungsansprüche in § 437 BGB. Danach tritt Verjährung der Regressansprüche des Verkäufers gegen den (seinen) Lieferanten frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt ein, in dem der Verkäufer die Gewährleistungsansprüche seines Käufers erfüllt. § 445b Abs. 2 S. 2 a.F. sah für die Durchsetzung der Regressansprüche eine zeitliche Höchstgrenze der Ablaufhemmung von fünf Jahren ab Ablieferung vom Lieferant an seinen Kunden vor. Diese Höchstfrist wurde mit Umsetzung der Warenkaufrichtlinie nun ersatzlos gestrichen. Das geht für die Akteure in der Lieferkette mit Rechtsunsicherheit und dem erheblichen Risiko einher, Gewährleistungsansprüchen ohne diese Höchstgrenze ausgesetzt zu sein. Ein Risiko, das bisher schon nur Wenigen bekannt war, wurde nun nochmals verschärft.


Bild: Reusch Rechtsanwälte

Alles was Recht ist

Daniel Wuhrmann

von Reusch Rechtsanwälte
liefert regelmäßige Beiträge zu rechtlichen Themen.

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