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Messe Metav fokussiert die Fertigungsmesstechnik

Messtechnik
Messe Metav fokussiert die Fertigungsmesstechnik

Auf der Metav in Düsseldorf werden Messtechnikhersteller auch in diesem Jahr wieder die zweitgrößte Ausstellergruppe darstellen. Die Branche forciert derzeit das Thema Digitalisierung sehr stark. Kein Wunder: Die Daten aus der Messtechnik sind elementar für die vernetzte, adaptive Produktion.

„Die Digitalisierung ist das Nervenkostüm zur Verzahnung von Produktionsmaschinen mit der Mess- und Prüftechnik“, sagte Professor Thomas Bergs vom Lehrstuhl für Technologie der Fertigungsverfahren am Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen auf der Vorpressekonferenz zur Metav 2020. Die Mess- und Prüftechnik sei für die digitale Fabrik eines Metallverarbeiters ein wesentliches Element, um Daten aller Art zu erheben und zu analysieren: Er unterscheidet dabei zwischen beschreiender, diagnostischer, prädiktiver und präskriptiver Analyse. Letztere liefert Vorhersagen wie: Was wird künftig nicht passieren – und warum? Ein Beispiel dafür ist laut Bergs die fünfachsige Herstellung eines Bauteils aus Titannitrid.

„Bei diesem teuren Werkstoff sollte bei der Bearbeitung nichts schiefgehen“, so Bergs. Daher arbeitet das WZL daran, die mannigfachen Einflüsse auf potenzielle Fehler mit dem Erheben und Analysieren von Daten frühzeitig zu erkennen und zu einem frühen Zeitpunkt zu eliminieren. Positions-, Mess- und Schwingungsdaten der Spindel werden dafür miteinander korreliert. Die von den Bearbeitungszentren selbsterregten Schwingungen, das sogenannte Rattern, sorgen für schlechte Oberflächenqualitäten.. „Im Prinzip kann man die Datenanalysen auf der Maschine nutzen, um höhere Genauigkeiten bei der Bearbeitung zu erzielen oder aber für eine Leistungssteigerung, das heißt schnellere Prozesse“, so Bergs.

Nur wenn es gelänge, die gewonnenen Daten umfassend auszuwerten und zu nutzen, könnten daraus unternehmerische Wertschöpfung und neue Geschäftsmodelle entstehen. Wie dies konkret aussehen kann, war in der sogenannten Mars-Halle (Metrology, Assembly and Robotic Systems) des Lehrstuhls für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement am WZL zu sehen.

Hier kommt innerhalb verschiedener Prüfstände intelligenter Sensorik zum Einsatz, darunter auch robotergestützte Handhabungs- und Montageprozesse. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf der Modellbildung, also der Digitalisierung der realen Welt und dem Aufbau eines digitalen Zwillings.

Ein besonderer Forschungsschwerpunkt des Lehrstuhls von Professor Robert Schmitt liegt auf der Erforschung und Umsetzung von On-Machine-Messungen. Durch die Verlagerung von Bauteilprüfungen auf die Bearbeitungsmaschine können Qualitätsregelkreise erheblich verkürzt werden. Vor allem bei der Fertigung von großen Bauteilen ergeben sich dadurch, dass das Bauteil nicht umgespannt werden muss auf eine Messmaschine, große Kosteneinsparpotenziale. Zuverlässige On-Machine-Messungen umfassen die initiale Kalibrierung von Werkzeugmaschinen, die kontinuierliche Überwachung der volumetrischen Performance der Maschine sowie den Umgang mit Störeinflüssen auf den Messprozess. Zur effizienten und skalierbaren Umsetzung dieser Teilschritte ist die Vernetzung von Sensoren und Maschinen sowie Assistenzsystemen erforderlich. Zum Aufbau einer geeigneten Kommunikationsinfrastruktur müssen laut WZL zunächst standardisierte Schnittstellen entwickelt werden.

OPC UA erleichtert Messtechnikern das Leben

Verbände arbeiten derzeit mit Nachdruck an diesen standardisierten Schnittstellen. Dabei kristallisiert sich immer mehr der herstellerunabhängige Kommunikationsstandard OPC UA (Open Platform Communications Unified Architecture) als das Mittel der Wahl. Unter der Ädige der OPC Foundation und des VDMA werden derzeit eine Reihe von domänenspezifischen Informationsmodellen (Companion Specifications genannt ) erarbeitet. Dazu gehören auch die Companion Specifications für die Längenmesstechnik. „Diese beschreiben die benötigten Informationen innerhalb einer Domäne, beispielsweise der Längenmesstechnik“, sagt Dr. Armin Lechler, stellvertretender Leiter des Instituts für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen (ISW) an der Universität Stuttgart. Das bringt Vorteile sowohl für die Anbieter als auch die Anwender. „Wie bei vielen Themen steht bei der Vereinheitlichung von Kommunikationsschnittstellen die Reduzierung von Kosten im Vordergrund. Auch in der Längenmesstechnik wird wegen proprietärer Lösungen viel Engineerings- und Anpassungsaufwand geleistet“, weiß Lechler.

Eine vereinheitlichte Schnittstelle erlaubt eine schnellere Realisierung kundenindividueller Projekte. Die Anbindung an andere Maschinen oder übergeordnete Steuerungs- und Planungssysteme würde sich deutlich vereinfachen. „Hinzu kommt, dass eine Schnittstelle kein Alleinstellungsmerkmal darstellt. Die Daten liegen heute bei allen Herstellern schon in der einen oder anderen Form vor – nur eben nicht einheitlich“, bringt Lechler die aktuelle Lage auf den Punkt. „Aufgrund der zahlreichen Aktivitäten zu Companion-Standards und der zunehmenden Verbreitung von OPC UA im Allgemeinen sehe ich die Entwicklungen für die Zukunft positiv. Viele Projekte scheitern aktuell noch an der industriellen Umsetzung, da proprietäre Schnittstellen oft nicht wirtschaftlich nutzbar sind.“

Auf der Metav 2020 erhalten Fachbesucher dazu Informationen von Messtechnikhersteller aus erster Hand. „Closed-Loop-Vernetzungen lösen wir heute in aller Regel neben Filetransfer über proprietäre Schnittstellen und vielzählige klassische Protokolle der Feld- und Steuerungsebene“, erklärt Tobias Ischen, Product Manager Automation IT bei Metav-Aussteller Zeiss. Diese Lösungen enthalten oft nur Informationen über das „Wie“, das heißt über die Technologie, mit der die Datenübertragung zu erfolgen hat. Unklar bleibt jedoch das „Was“, also was die Daten bedeuten: Variablen mit semantischer Beschreibung. Meist ist es auch sehr kostenintensiv, dieses wertvolle Wissen zu erhalten. Ischen ist überzeugt: „OPC UA wird hinsichtlich der Reduktion des Integrationsaufwands bei der Vernetzung durch Companion Specifications zumindest für neue Fertigungsstätten der vielversprechendste Lösungsansatz sein. Damit können wir uns künftig stärker auf die Umsetzung von automatisierten Messprozessen und Mehrwert stiftenden messtechnischen Anwendungen fokussieren, weil die Sisyphusarbeit der Schnittstellenprogrammierung einschließlich Pflege größtenteils entfällt.“

OPC UA wird die Vernetzung mit Fremdsoftware und Plattformen (Manufacturing Execution System, MES, oder Cloud) und mit Produkten des Shopfloors wie speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) und Peripheriegeräten vereinfachen. „Darüber hinaus erleichtert es uns als MES-Anbieter, beispielsweise Daten aus dem Maschinenpark des Kunden zur OEE-Berechnung einzusammeln“, so Ischen. Damit werden die Produktionsabläufe transparenter und eröffnen dem Kunden zahlreiche Chancen, den Fertigungsprozess hinsichtlich Produktivität, Qualität und Rentabilität zu verbessern. Zudem erhält mit OPC UA die IT-Security Einzug auf dem Shopfloor.

Mit OPC UA zu weniger Ausschuss

„OPC UA bietet die Möglichkeit, unser Wissen aus dem Messablauf mit anderen Prozessbeteiligten zu teilen. Das verkürzt im Closed Loop Reaktionszeiten bei Abweichungen und spart unseren Kunden viel Zeit und Geld“, erklärt Professor Heiko Wenzel, CDO der Wenzel Group. „Unsere Koordinatenmessmaschinen kommen neben ihrer Anwendung im Messraum zunehmend fertigungsnah zum Einsatz. Dabei prüfen wir nicht nur die Teile selbst, sondern erhalten klare Einblicke in Fertigungsbedingungen, wie Vibration, Temperatur etc., die unsere Messergebnisse beeinflussen. Das Sammeln dieser Daten und die Analyse erfolgt bisher proprietär und kann daher erst einmal nur im eigenen Umfeld ausgewertet werden. Hier bietet OPC UA hervorragende Chancen, das Wissen mit und von anderen Maschinen zu teilen, um damit deutlich schnellere präzisere Rückmeldungen zu geben.“ Kunden profitieren davon, dass die Analyseergebnisse – für weniger Fehlteile – direkt in eine übergreifende Überwachung und Steuerung der Produktion einfließen können.

In der Quality Area auf der Metav wird Wenzel neueste Entwicklungen bei der Koordinatenmesstechnik und Computertomographie sowie beim optischen High Speed Scanning gezeigt. Schwerpunkt ist die Integration in flexible Fertigungsprozesse und die Sicherstellung der Produktionsqualität durch zeitnahe Prozessüberwachung. „Geschwindigkeit bei der Standardisierung ist aktuell wichtiger als Perfektion, sonst werden die Standards in anderen Branchen und Regionen gemacht, und wir müssen denen folgen“, so Wenzel. „Wir sehen schon, dass sich hier beispielsweise IT-Unternehmen oder Automatisierer – mit anderen Schwerpunkten und Erwartungen – positionieren wollen. Daher ist es wichtig, dass wir nicht so sehr auf Einzelinteressen achten, sondern rasch gemeinsame, wenn auch kleine Nenner finden.“ ■


Die Autorin

Sabine Koll

Redaktion

Quality Engineering


Quality Area auf der Metav

Die Metav findet von 10. bis 13. März 2020 auf dem Düsseldorfer Messelände statt – und damit erstmals vier statt fünf Tage. Neu ist auch die Hallenbelegung: Neben den Hallen 4 und 5 wird erstmals die neue Halle 1 in die Metav eingebunden. Die Hallen werden komplett neu aufgeplant; dabei wird die bisherige strikte Trennung nach Produktbereichen gelockert. Die Messe für Technologien der Metallbearbeitung zeigt das komplette Spektrum der Fertigungstechnik einschließlich des Themas Qualitätssicherung. Die Quality Area als eine von vier traditionellen Areas ist dabei als Prüfstand für die Produktion ein Treffpunkt für Fachleute der Qualitätssicherung. Sie vereint dabei die gesamte Bandbreite der Mess- und Prüftechnik, des Qualitätsmanagements und der digitalen Datenverarbeitung zur nachhaltigen Qualitätssteigerung.


Webhinweis

Mehr zum Thema Messtechnik auf der Metav zeigt die Messe in diesem Video: http://hier.pro/j9AIn

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