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Mit Retrofit auf Digitalisierungskurs

Rulmeca lässt Zweiflankenwälzprüfgerät von Frenco generalüberholen
Mit Retrofit auf Digitalisierungskurs

Trommelmotoren für Gurtbandförderer sind das Geschäft von Rulmeca in Aschersleben. Um die dafür notwendigen Verzahnungen präzise fertigen zu können, nutzt Rulmeca ein altes Zweiflankenwälzprüfgerät. Dessen Messergebnisse waren unklar, doch aufs Altenteil musste es noch nicht – Frenco hat es einem Retrofit unterzogen, sodass es technisch auf dem neuesten Stand ist.

Ob Tragrollen, Rollenstationen, Trommelmotoren oder Gurttrommeln – Rulmeca entwickelt und produziert für die Schüttgutindustrie vielfältige Komponenten. Einsatzgebiete sind der Bergbau, die Zementindustrie, Steinbrüche, der Tunnelbau, Kraftwerks- und Hafenanlagen, die Salzindustrie, die Düngemittel- und Zuckerindustrie, die Recyclingindustrie sowie mobile und stationäre Brech- und Siebanlagen. Das Unternehmen, das sich im Familienbesitz befindet, agiert weltweit: Der Hauptsitz befindet sich in Italien, daneben verfügt Rulmeca über einen Standort in Aschersleben am Nordostrand des Harzes. Hier werden mit mehr als 200 Mitarbeitern vor allem Trommelmotoren und Gurttrommeln hergestellt. Die Fertigungstiefe ist hoch.

„Innerhalb der Firmengruppe sind wir in Aschersleben die Spezialisten für Projekte, das heißt für Kleinserien und Einzelstückanfertigung“, erklärt Simone Scheffler, Quality Manager bei Rulmeca Germany. Die Trommelmotoren, entwickelt als Antriebe für Gurtbandförderer, fertigt das Unternehmen in sehr vielen Größenabstufungen – bis hinauf zum großen Typ 1000HD, der sehr robust ausgelegt ist und speziell für Bereiche wie Bergbauförderanlagen oder Schwerlasttransportbänder für Kies und Sand konzipiert ist. In dieser Größenordnung ist Rulmeca Germany auch global der einzige Lieferant für Trommelmotoren.

Dabei werden die Enddeckel mit Wälzlagern und doppelten Wellendichtungen ausgestattet. „Verzahnungen sind ein wesentlicher Teil aller Trommelmotoren. Sie müssen durch die Bank genau gefertigt werden, damit das Endprodukt beim Kunden lange und durchgängig gut funktioniert“, so Scheffler. Gefertigt werden die Verzahnungen in Aschersleben auf einer Reihe moderner Fertigungszentren. Rund 370 Trommelmotoren verlassen jeden Monat die Werkshallen. Ihre Qualitätssicherung erfolgt fertigungsbegleitend in einem Messraum neben der Produktionshalle – und zwar zweimal pro Zahnrad: zum ersten Mal nach der mechanischen Bearbeitung und dann noch einmal nach dem abschließenden, bei einem Partner vorgenommenen Glühprozess, bei dem eine harte, verschleißfeste Oberflächenschicht aufgebracht wird.

Zwei Messungen pro Zahnrad

„Mit der ersten Messung behalten wir unsere Bearbeitungsprozesse im Griff. Mit der zweiten Messung überprüfen wir, ob es durch die zweite Wärmebehandlung zum Verzug der Verzahnungen gekommen ist, sodass die Verzahnung unrund läuft oder die Oberfläche der Zähne sich nochmals verändert hat. Gerade bei größeren Verzahnungen ist Verzug immer ein Thema, da braucht es große Expertise“, so Scheffler.

Als sie vor ein paar Jahren als Leiterin für die Qualitätssicherung ins Unternehmen kam, fand sie für die Verzahnungsmessung ein Zweiflankenwälzprüfgerät von Mahr vor. Das war bereits Ende der 1980er Jahre angeschafft worden.

Bedient wurde die Verzahnungsprüfmaschine von erfahrenen Rulmeca-Mitarbeitern, die jedoch kurz vor dem verdienten Ruhestand waren. „Die Mitarbeiter haben die Verzahnungen zunächst mit Drehbewegungen akustisch überprüft, und wenn sie dabei Auffälligkeiten feststellten, wurde eine visuelle Kontrolle nachgeschoben“, erinnert sich Scheffler. „Die Erfahrung dieser Mitarbeiter ist nicht infrage zu stellen. Doch das Ergebnis der Messung mit dem Gerät von Mahr war unklar in der Aussage. Das war mir letztlich zu vage und intransparent. Wir benötigen dokumentierte Messergebnisse. Hinzu kam, dass auf Dauer auch die jüngeren Mitarbeiter Verzahnungsprüfungen durchführen sollten, denn wir prüfen fertigungsbegleitend jedes Zahnrad.“

Nur sehr alte Messgeräte eignen sich nicht für Retrofit

Da das Zweiflankenwälzprüfgerät von Mahr nach Einschätzung von Scheffler zwar alt, aber dennoch funktionstüchtig war, entschied man bei Rulmeca, statt einer Neuanschaffung den Weg des Retrofitting einzuschlagen. Die Quality Managerin recherchierte – und fand heraus, dass sich Frenco seit der Übernahme der Zweiflankenwälzprüfgerätsparte von Mahr vor nunmehr 15 Jahren um die Weiterentwicklung der Geräte sowie deren Service kümmert. Mit einem Anruf in Altdorf bei Nürnberg erfuhr sie, dass man ein Retrofitting des Messgeräts durchaus in Betracht ziehen kann. Um ganz sicher zu gehen, schickte sie Fotos des Geräts zu Frenco – und erhielt umgehend grünes Licht. „Die Messgeräte müssen schon sehr alt sein, wenn wir sie keinem Retrofit unterziehen können“, erklärt Sonja Kühne, die im technischen Vertrieb bei Frenco tätig ist. „Das kommt eigentlich nur dann nicht in Betracht, wenn das Messgerät über keinen Motor verfügt und/oder die Führungen absolut ausgeleiert sind. Beides war beim Zweiflankenwälzprüfgerät von Rulmeca nicht der Fall. Insofern haben wir Rulmeca signalisiert, dass wir das Gerät auf den neuesten Stand bringen können.“

Die Krux für den Metallverarbeiter in Aschersleben war allerdings, dass man das Zweiflankenwälzprüfgerät im Grunde nicht entbehren konnte, da es für die Produktion gebraucht wurde. Daher suchte man gemeinsam mit Frenco nach einem geeigneten, möglichst kurzen Zeitfenster. „Wir waren schließlich froh, dass Frenco uns die Zeit um den Jahreswechsel anbieten konnte, als der Produktionsbetrieb bei uns weitgehend ruhte“, so Scheffler. „In der Regel dauert ein Retrofit eines Zweiflankenwälzprüfgeräts bei uns ein paar Wochen. Doch in dem Fall hatten wir vorab schon alle Vorbereitungen getroffen, sodass die Runderneuerung gleich nach dem Eintreffen des Geräts losgehen konnte“, erinnert sich Kühne.

Das Retrofit des Zweiflankenwälzprüfgeräts von Rulmeca umfasste unter anderem den Austausch des Antriebmotors. Die Experten bei Frenco haben das Gerät in Altdorf zudem komplett neu verkabelt. Sie brachten einen neuen Endschalter (Sensoren) an, ebenso ein neues Bedienpanel an der Gerätefront einschließlich Not-Aus Schalter. Verschlissene Führungen wurden nachgearbeitet und der Messschlitten überholt. Dadurch ist das Gerät genauer geworden. Zudem erfolgte der Einbau einer komplett neuen Ansteuerelektronik (Relaissteuerung) für die integrierte Höhenverstellung. Schließlich wurde die gesamte Messmaschine justiert und eingestellt. Abschließend wurden eine VDE-Prüfung sowie die Kalibrierung vorgenommen.

Messergebnisse sind heute
am Computer auswertbar

Pünktlich Mitte Januar war das Gerät wieder zurück in Aschersleben – und bescherte gleich Aha-Erlebnisse: „Durch den Umbau des Geräts waren auch unsere jüngeren Mitarbeiter gleich in der Lage, reproduzierbare Messergebnisse zu generieren. Außerdem sind wir jetzt in die Lage, uns die Prüfergebnisse am Computer anzusehen. Damit sind wir sind ein Stück in der Digitalisierung angekommen und verfügen nun über deutlich bessere Auswertmöglichkeit. Das war unser Ziel“, freut sich Simone Scheffler.

Basis dafür ist, dass Frenco dem alten Zweiflankenwälzprüfgerät die leistungsstarke Messelektronikeinheit MEG32 und die Auswertesoftware FGIpro verpasst hat. Die Software FGIpro, die bei Frenco entwickelt wurde, ist das Komplettpaket zur motorischen Steuerung und Auswertung der Zweiflankenwälzprüfung. Dabei werden folgende Kennwerte berechnet:

  • Wälzfehler Fi“
  • Wälzsprung fi“
  • Wälzrundlauf Fr“
  • kurzwelliger Anteil fk“

Außerdem kann die Wälzkurve einer schnelle Fourier-Transformations-Analyse (FFT) unterzogen werden. So erhält man das Amplitudenspektrum zur groben Abschätzung von Geräuschentwicklungen. Für jede Messung wird eine Protokolldatei erstellt, die neben den Prüfplandaten die kompletten Rohdaten enthält. Es ist Rulmeca daher jederzeit möglich, die komplette Messung neu auszuwerten und die Ergebnisse grafisch anzuzeigen. Jedes Messprotokoll lässt sich auch ausdrucken. Zusätzlich können mehrere Messungen zusammengefasst werden und als Übersicht gedruckt werden.

„Durch die Software bekommen die Mitarbeiter in der Fertigung, die das Zweiflankenwälzprüfgerät bedienen, heute angezeigt, ob die Werte IO oder NIO sind. Außerdem können wir die Messergebnisse nun über die Seriennummern den einzelnen Trommelmotor-Chargen zuordnen; das war früher nicht möglich“, ergänzt Scheffler.

Sie freut sich außerdem, dass Rulmeca durch die Retrofit-Lösung Geld gespart hat – im Vergleich zu einem Neugerät rund 50 % der Kosten. „Unser Zweiflankenwälzprüfgerät ist zwar alt, durch die Retrofit-Lösung aber nun auf dem neuesten Stand der Technik. Und es funktioniert tadellos“, so Scheffler.

In Zukunft will die Leiterin der Qualitätssicherung die Messdaten über die Schnittstelle der Software FGIpro in Microsoft Excel Listen exportieren, um eine Prozessfähigkeit zu ermitteln. Standardmäßig exportiert FGIpro alle berechneten Merkmale im qs-STAT ASCII Transferformat. Außerdem will sie bald nicht nur wie bisher Innen-, sondern auch Außenverzahnungen mit dem rundum überholten Gerät messen. Scheffler: „Das war mit dem alten Gerät nicht möglich. Außenverzahnungen messen wir derzeit noch mit einem anderen Gerät, das ist aber auch schon in die Jahre gekommen, sodass wir das nun ablösen können.“ ■


Die Autorin

Sabine Koll

Redaktion

Quality Engineering


Webhinweis

Ein neues Zweiflankenwälzprüfgerät (ZWP) zeigt Frenco in diesem Video: http://hier.pro/RaKp1

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