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Plug and Play in Aussicht mit OPC UA für die Längenmesstechnik

Digitale Fabrik
Plug and Play in Aussicht mit OPC UA für die Längenmesstechnik

Voraussetzung für die digitale Fabrik sind standardisierte Kommunikationsschnittstellen. Verbände, Hersteller und Anwender entwickeln daher gemeinsam eine „Weltsprache“ für die Automatisierung in der Fabrik: OPC UA. Auch die Längenmesstechnik schließt sich dem an.

„Ohne Messmaschinen ist die selbststeuernde Fabrik gar nicht möglich. Sie liefern den Produktionsmaschinen eine qualifizierte Aussage über die Qualität der Teile und sind somit Grundvoraussetzung für einen Closed Loop. Deshalb ist es so wichtig, dass wir es den Unternehmen leicht machen, Messtechnik in ihre komplexen Produktionsumgebungen einzubinden“, sagt Florian Tegeler, Head of Product Management System Products und Leiter der Fachgruppe Industrial Digital Services bei Mahr.

Der Messtechnikhersteller aus Göttingen gehört zu den Unternehmen, die seit Anfang dieses Jahres die sogenannten OPC UA Companion Specifications für die Längenmesstechnik entwickeln, und zwar unter der Führung des VDMA-Fachverbands Mess- und Prüftechnik. „Auch in der Längenmesstechnik wird wegen proprietärer Lösungen viel Engineerings- und Anpassungsaufwand geleistet“, benennt Dr. Armin Lechler, stellvertretender Leiter des Instituts für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen (ISW) an der Universität Stuttgart, das Problem. „Eine vereinheitlichte Schnittstelle erlaubt eine schnellere Realisierung kundenindividueller Projekte.“

Die Abkürzung OPC UA steht für Open Platform Communications Unified Architecture. Dahinter steht die Definition und Standardisierung offener Schnittstellen unter anderem für den Maschinen- und Anlagenbau. „Analog zum USB-Standard soll OPC UA einen Beitrag zum Vereinfachen von Condition Monitoring oder Plug & Produce in der Fabrik ermöglichen. Das ist Teil des großen Ziels, das hinter unseren Aktivitäten steht“, erklärt Andreas Faath. Er leitet das Thema Interoperabilität im VDMA und koordiniert hier die Umsetzung der OPC-UA–Standardisierung.

„OPC UA ist weit mehr als ein Kommunikationsstandard, es nutzt gleichzeitig auch Informationsmodelle, um Informationen standardisiert austauschen zu können“, so Faath. „Informationsmodelle beschreiben, welche Daten übertragen werden. Sie stellen Informationen von Maschinen und Anlagen erstmals standardisiert zur Verfügung, wobei sie nicht nur die Daten, sondern auch Metadaten wie zum Beispiel Datenherkunft, -qualität und -typ sowie Implementierungsvorgaben wie etwa verpflichtende oder optionale Verwendung beinhalten.“ Da diese Informationsmodelle je nach Domäne und Branche sehr unterschiedlich sein können, werden sie von verschiedenen Arbeitskreisen innerhalb des VDMA erarbeitet und als OPC UA Companion Specifications veröffentlicht. Die erste ging 2018 auf das Konto der VDMA-Euromap-Arbeitsgruppe Kunststoff- und Gummimaschinen.

Rasantes Tempo bei der Entwicklung von OPC UA

„Seitdem hat die Entwicklung ein rasantes Tempo aufgenommen“, sagt Faath. Mittlerweile befassen sich im VDMA rund 30 Arbeitskreise quer durch alle Branchen und Domänen mit OPC UA. Die Companion Specifications der Werkzeugmaschinenbranche stehen kurz vor der Veröffentlichung. Hier treibt neben dem VDMA vor allem der Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW) die Entwicklung voran. Beide Verbände haben sich Anfang des Jahres darauf verständigt, die auf OPC UA basierende Sprache Umati (Universal machine technology interface) gemeinsam weiterzuentwickeln. Umati soll als Marke nun auf den gesamten Maschinen- und Anlagenbau ausgeweitet werden.

An Umati orientiert sich daher auch der VDMA-Fachverband Mess- und Prüftechnik bei der Entwicklung der OPC UA Companion Specification für die Längenmesstechnik. „Wir haben unter anderem die OPC UA Companion Specification für Werkzeugmaschinen betrachtet und dabei insbesondere die Use Cases, weil Koordinatenmessmaschinen und Werkzeugmaschinen in der modernen Fertigung nah beieinander stehen und es eine Reihe von Gemeinsamkeiten gibt“, begründet Hans-Günter Heil, Referent im VDMA-Fachverband Mess- und Prüftechnik, die Entscheidung.

Dem Industriekonsortium, das die OPC UA Companion Specification für die Längenmesstechnik entwickelt, gehören neben dem VDMA und Mahr Hexagon, Jenoptik, Marposs, Mitutoyo, OGP, Wenzel und Zeiss an. Für den VDMA-Fachverband Mess- und Prüftechnik ist dies nicht das erste OPC-UA-Projekt: So hat er bereits mit einer Reihe von Herstellern wie Bizerba oder Mettler-Toledo die Companion Specification für die Wägetechnik erarbeitet. Sie wurde im Mai dieses Jahres veröffentlicht.

„Das Projekt für die Längenmesstechnik ist auf zwei Jahre angelegt. Dieser Zeithorizont hat sich aufgrund unserer Erfahrungen mit anderen OPC-UA-Projekten als realistisch erwiesen“, betont Heil. „Das Projekt wird mit Elan vorangetrieben und wir rechnen damit, dass wir im nächsten Jahr den Entwurf der Companion Specification veröffentlichen werden. Dies ist sowohl als VDMA-Einheitsblatt als auch als OPC UA Companion Specification vorgesehen.“ Das Projekt konzentriert sich insbesondere auf Koordinaten- und vergleichbare Messgeräte. „Im Projektkonsortium wird ein universelles herstellerunabhängiges OPC-UA-lnformationsmodell für die Kommunikation von Koordinatenmessgeräten mit Werkzeugmaschinen, verbundenen Systemen zur Automatisierung und anderen übergeordneten Geräten oder Systemen in den jeweiligen Herstellungs-, Forschungs-, Logistik- und Vertriebsprozessen erarbeitet“, so Heil.

In den OPC UA Companion Specifications werden Informationen für einen bestimmten Anwendungsbereich zum Austausch auf einer Schnittstelle einheitlich definiert. Hier finden sich die Beschreibung des Anwendungsbereichs in Form eines Scopes und die Definition der Informationen in Form von Objekten, Methoden, Variablen, Events und anderen Mechanismen der Technologie OPC UA. Neben dem menschenlesbaren Dokument (pdf) wird die Informationsmodellierung auch in einem maschinenlesbaren Format (xml) dokumentiert.

Datenfluss ohne großen Aufwand in Gang setzbar?

„Umati soll künftig für das Versprechen stehen, dass jeder, der eine Maschine mit Umati kauft und eine Software mit Umati-Schnittstelle im Haus hat, den Datenfluss ohne großen Aufwand in Gang setzen kann“, versprach Dr. Heinz-Jürgen Prokop, Vorsitzender des VDW, auf der EMO 2019. Ob es tatsächlich eines Tages gelingen wird, mit OPC UA Koordinatenmessgeräte und Werkzeugmaschinen beliebiger Hersteller per Plug and Play miteinander zu verbinden, muss sich noch erweisen. „Die Kommunikation über so viele Hersteller und Systeme hinweg zu vereinheitlichen, ist sicherlich keine einfache Aufgabe“, gesteht Mahr-Experte Tegeler.

„Die Umsetzung in der Praxis erweist sich bislang nicht so einfach wie gedacht“, sagt Dr. Martin Peterek, Geschäftsführender Oberingenieur am Lehrstuhl für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen. „OPC UA ermöglicht auf der Anwenderseite eine hohe Flexibilität bei gleichzeitig weitgehender Standardisierung. Um diese sinnvoll zu nutzen, ist jedoch Know-How zu Prozess und Schnittstelle notwendig.“ Auch der Datenaustausch zwischen Werkzeugmaschine und Koordinatenmessgerät ist laut Peterek nicht trivial: „Das sind immer noch zwei verschiedene Welten. Trotz technischer Gemeinsamkeiten liegt das Schnittstellendesign auch einsatzbedingt häufig weit auseinander. Daher ist es spannend, wie hier künftig miteinander Informationen ausgetauscht werden können. Zielführend wäre dies aus produktionstechnischer Sicht in jedem Fall.“

Einen Schritt in Richtung OPC UA geht das WZL mit dem neuen Projekt Applying Interoperable Metadata Standards (AIMS), das Hilfe bei der Erstellung von Metadatenstandards im Bereich Maschinenbau geben will. Solche adäquaten Metadatenstandards, wie sie auch OPC UA benötigt, stehen im Maschinenbau heute nicht zur Verfügung. Im Projekt sollen unter anderem Werkzeuge und Arbeitsabläufe entwickelt werden, die für die mühelose Erstellung standardisierter Metadaten eingesetzt werden können. ■


Die Autorin

Sabine Koll

Redaktion

Quality Engineering


Webhinweis

Insgesamt 12 Webinare hat der VDMA von Juni bis August zum Thema OPC UA veranstaltet. Dabei erklärten Experten aus den unterschiedlichsten Branchen des Maschinen- und Anlagenbaus ihre jeweiligen OPC-UA-Standards: http://hier.pro/vQXs4

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