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Interview: Dr. Marc Wawerla, Zeiss IQS
„Die Integration von Bosello, Guardus und GOM schreitet voran“

„Die Integration von Bosello, Guardus und GOM schreitet voran"
Zeiss IQS sieht eine langsame Erholung des Geschäfts. Wawerla: „Dazu trägt nicht zuletzt die Automobilindustrie bei mit ihren massiven Investitionen in die Elektromobilität.“ Bild: Zeiss
Der Zeiss Geschäftsbereich Industrial Quality Solutions (IQS) hat im vergangenen Geschäftsjahr erstmals seit langem einen Umsatzeinbruch verzeichnet. Über die Gründe dafür sowie über die Trends in der Messtechnik sowie über die Akquisitionsstrategie des Unternehmens sprachen wir mit IQS-Chef Dr. Marc Wawerla.

» Sabine Koll

Herr Dr. Wawerla, bevor Sie im vergangenen Herbst bei Zeiss die Leitung des Geschäftsbereichs IQS übernommen haben, waren Sie in der Sparte Consumer Markets, einem ganz anderen Bereich von Zeiss. Was ist anders im Bereich Industrial Quality Solutions, was ist ähnlich?

In meinen vorhergehenden Funktionen bei Zeiss war ich, was die Messtechnik anbelangt, immer auf der Nutzerseite. Das heißt, wir nutzen natürlich intern – ganz gleich ob es um Ferngläser, Brillengläser oder Medizintechnik geht – die messtechnischen Lösungen aus unserem Haus, denn Qualitätssicherung ist überall ein Riesenthema. Insofern finde ich es spannend, jetzt auf der anderen Seite zu stehen. Durch meine Erfahrung kann ich mich gut in unsere Kunden reinversetzen. Ich weiß, was gut und was weniger gut funktioniert. Ein Aha-Erlebnis war für mich, dass sich unsere IQS-Kunden in der Produktion im Grunde mit sehr ähnlichen Fragestellungen befassen wie unsere anderen Zeiss-Bereiche. Es geht um hohe Produktivität, termingerechte Produktion, aber natürlich auch darum, verlässliche Qualität zu fertigen. Dann natürlich auch: Was sind die Innovationen für die Zukunft? Wie kann ich meine Qualitätsdaten auch dokumentieren?

Lassen Sie uns einen Blick werfen auf das vergangene Geschäftsjahr, das im September 2020 endete. Der Bereich IQS musste erstmals seit vielen Jahren Umsatzeinbußen hinnehmen; das Minus betrug 5 %. Woran lag es im Wesentlichen?

2020 sind für IQS zwei Themen zusammengekommen: Einerseits die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und andererseits die Transformation in der Automobilindustrie. Bedingt durch die Pandemie gab es Einschränkungen, dass Maschinen nicht installiert werden konnten und Investitionen verschoben wurden. Die Transformation in der Automobilindustrie hat nicht erst im vergangenen Jahr begonnen, wir sehen aber, dass die Pandemie den Prozess deutlich beschleunigt hat. Mittlerweile gibt es ja schon fast einen Wettbewerb der Automobilhersteller, wer als Erster eine wettbewerbsfähige Modellvielfalt an Elektrofahrzeugen auf den Markt bringt.

Macht sich also bemerkbar, dass für den elektrischen Antrieb deutlich weniger Messtechnik benötigt wird?

Für den Antriebsstrang eines Verbrennungsmotors ist sehr viel mehr hochpräzise Zerspanung notwendig, für die es wiederum Messtechnik braucht. Bei Elektrofahrzeugen fallen viele dieser Bauteile und Produktionsschritte komplett weg – und das haben wir gespürt. Dabei sind wir noch mit einem blauen Auge davongekommen, angesichts der Zahlen des Branchenverbands VDW, nach denen der Auftragseingang in der deutschen Werkzeugmaschinen-Industrie um 30 % rückläufig war. Bei uns war der Einbruch nicht ganz so ausgeprägt. Es macht sich für uns vielmehr positiv bemerkbar, dass IQS in den vergangenen Jahren bereits viel investiert in Lösungen für die Elektromobiliät. Hier sehe ich eine steigende Nachfrage, sodass wir positiv in die Zukunft schauen können.

Welche Art von Lösungen werden konkret nachgefragt für die Herausforderungen der Elektromobiliät?

Uns hilft vor allem die Breite unseres Portfolios. Wir haben neben der klassischen taktilen Messtechnik neue Lösungen wie etwa schnelle Multisensor-Maschinen, in die wir auch deutlich investiert haben über die letzten Jahre, aber auch CTs zum Beispiel für die zerstörungsfreie Prüfung. Die optische Messtechnik ist ebenso gefragt wie hochauflösende Elektronenmikroskope. Zudem sehen wir, dass die Automobilbranche offen ist für neue Technologien wie etwa Machine Learning für die automatisierte Defekt-Klassifizierung im CT-Bereich. Damit lässt sich die Produktivität in der Fertigung von Elektroautos weiter erhöhen, sodass über die Zeit letztlich auch deren Gesamtkosten sinken werden.

Es gibt eine Reihe von Signalen, dass die Nachfrage aus der Automobilindustrie wieder anzieht. Können Sie das bestätigen?

Ja, wir registrieren tatsächlich eine langsame Erholung unseres Geschäfts. Dazu trägt nicht zuletzt die Automobilindustrie bei mit ihren massiven Investitionen in die Elektromobilität. Positive Signale kommen auch aus der Elektronikindustrie und natürlich aus der Medizintechnik. Und wir gehen davon aus, dass es auch in der Luftfahrtbranche zu einer schnellen Erholung kommen wird, sobald Reisen wieder möglich sein werden. Die weltweiten Märkte entwickeln sich allerdings uneinheitlich: Auf der einen Seite erholen sich China, der Rest von Asien und Nordamerika relativ gut, hier sehen wir steigende Investitionsbereitschaft. Europa hingegen tut sich schwerer.

Lassen Sie uns auf Ihre Akquisitionsstrategie zu sprechen kommen: Zeiss hat in den vergangenen Jahren regelmäßig Unternehmen aufgekauft: 2018 den italienischen CT-Hersteller Bosello (CT) und Guardus, 2019 dann GOM. Wie ist jeweils der Stand der Integration?

Prinzipiell ist es unsere Strategie, mit Unternehmenskäufen unser Lösungs-Portfolio zu erweitern. Dabei ist es immer unser Ziel, aus 1 plus 1 mehr zu machen als 2. Das heißt, wir wollen Synergien nutzen, um letztlich Mehrwert für unsere Kunden zu generieren. Im Fall von Bosello sind wir hier sehr weit: Das Unternehmen ist mittlerweile komplett integriert in den Bereich X-Ray. Das Produktportfolio und die Entwicklung sind aufeinander abgestimmt, außerdem nutzen wir durchgängig GOM Volume Inspect für die Datenanalyse aller unserer CTs.

Wie schaut es bei Guardus aus?

Guardus ist natürlich etwas anderes gelagert als MES- und CAQ-Softwarehaus. Hier schauen wir uns eher technologische Themen an, so dass wir betreffend der unterschiedlichen Software-Bereiche Synergien schöpfen können. In Bezug auf die Abstimmung der Produkt-Roadmaps sind wir noch im Abstimmungsprozess, doch da dürfen die Kunden künftig auch Innovation erwarten.

Wie kann ich mir die Integration der drei Unternehmen vertriebsseitig vorstellen? Gibt es im Moment noch eigenständige Vertriebsmannschaften von Bosello, Guardus und GOM?

Das ist unterschiedlich je nach Marke und Land. Auch hier sind wir bei Bosello sehr weit: In Deutschland zum Beispiel vertreiben wir die Bosello-CTs komplett über unseren deutschen Vertrieb – mit nur einen Ansprechpartner für den Kunden. Guardus und GOM haben jeweils ihre eigenen Vertriebsorganisationen, aber die unterschiedlichen Vertriebsbereiche stimmen sich eng ab.

Bosello und Guardus tragen mittlerweile den Namen Zeiss im Namen. Planen Sie das auch für GOM?

Grundsätzlich gilt, dass Unternehmen, die wir in die Gruppe integrieren, unter der Marke Zeiss geführt werden.. Das ist aber auch immer eine Frage von Umsetzungsdetails – und da wird für jeden Zusammenschluss ein individueller Plan erarbeitet. GOM hat einen ausgezeichneten Namen in der Branche. Sie können also davon ausgehen, dass der Name GOM auch künftig für Produktlinien erhalten bleiben wird.

GOM steht für die optische 3D-Messtechnik. Welchen Stellenwert hat diese für Zeiss?

Die 3D-Messtechnik ist ein sehr wichtiges Element in unserem Portfolio, das wir auch weiter ausbauen und in welches wir weiter investieren werden.

Sehen Sie aktuell noch Lücken in Ihrem Portfolio, für die weitere Akquisitionen interessant wären?

Im Moment ist unser Produktportfolio eigentlich gut und sehr breit aufgestellt. Doch wenn es sinnvoll ist, unser Portfolio weiter zu ergänzen und zu stärken, um unseren Kunden bessere Lösungen anbieten zu können, dann schließe ich auch weitere Zukäufe nicht aus. Generell werden wir – unabhängig vom Thema Akquisitionen – verstärkt in die Bereiche Digitalisierung und Software investieren.

Haben Sie aktuell einen Blick auf Renishaw geworfen? Die Firmengründer wollen ja ihre Anteile verkaufen.

Wir schauen uns dies grundsätzlich an und werden das für uns bewerten.

Sie haben vorhin das Stichwort Digitalisierung genannt. Wo stehen hier wir im Moment in der Messtechnik?

Im Vergleich zu anderen Industrien ist die Messtechnik gut unterwegs. Ich denke aber, dass trotzdem noch viel Potenzial besteht, in Zukunft die Digitalisierung voranzutreiben; und zwar in der Messtechnik auf der einen Seite, aber auch im gesamten Produktionsumfeld. Ich nehme eine große Dynamik wahr, im Sinne von Industrie 4.0 weiterzudenken. Viele Kunden überlegen, welche digitalen Technologien und Lösungen sie in Zukunft nach vorne bringen können.

Zeiss ist Ende 2020 eine Kooperation mit Microsoft eingegangen. Was bedeutet das für IQS und für die Kunden? Was kann man sich da erwarten?

Mit der Kooperation mit Microsoft wollen wir die Entwicklung digitaler Produkte und Dienstleistungen im Konzern vorantreiben. Daten spielen dabei natürlich zunehmend eine große Rolle. Dank der Cloud-Technologien von Microsoft können auch die IQS-Kunden mit beschleunigten Entwicklungen von Produkten und Dienstleistungen im digitalen Bereich rechnen. Eine Reihe von Projekten ist bereits angelaufen, doch kann ich derzeit noch kein konkretes Ergebnis verkünden, dafür ist es noch zu früh.

Vor ein paar Jahren war Zeiss auch Gründungsmitglied der digitalen Maschinenbau-Plattform Adamos. Wie ist denn hier aktuell der Stand der Dinge aus Sicht von IQS?

Adamos hat einen breiten und offenen Marktplatz für die vielseitigen Angebote der unterschiedlichen Partner geschaffen. IQS wird seine Lösungen auch bei Adamos in den Store bringen. Hier können wir auch von den anderen Adamos-Partnern lernen, indem wir etwa unsere Produkte in der Entwicklung gezielter aufeinander abstimmen können.

Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH
Carl Zeiss Strasse 22
73447 Oberkochen
Tel. +497364200
www.zeiss.de/messtechnik


Zur Person

Dr. Marc Wawerla hat am 1. Oktober 2020 die Leitung von Zeiss Industrial Quality Solutions (IQS) übernommen. Er arbeitet seit 2010 für die Zeiss Gruppe. Seit 2018 trieb er die Digitalisierung der Sparte Consumer Markets als Digital Transformation Officer voran und war verantwortlich für den Entwicklungsbereich von Zeiss Vision Care als Chief Technology Officer. Er hat Maschinenbau am KIT in Karlsruhe studiert und am WBK Institut für Produktionstechnik in Ingenieurswissenschaften promoviert.

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