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Prüftechnik: Stiefkind des Maschinenbaus?

Rückrufaktionen und Gerätedefekte können für Maschinenbauer teuer werden
Prüftechnik: Stiefkind des Maschinenbaus?

Giftstoffe in Spielzeug sorgen immer wieder für Schlagzeilen. Weitgehend unbemerkt aber nicht weniger schwerwiegend gestalten sich dagegen Reklamationen im technischen Bereich.

Im August musste beispielsweise Handyanbieter Nokia rund 46 Millionen Akkus zurückrufen. Geschätzter Schaden für die Produktionsfirma: bis zu 172 Millionen US-Dollar. „Wenn defekte Geräte in solchen Mengen verkauft werden, steckt oft ein Fehler in den firmeninternen Warentests dahinter“, erklärt Norbert Battista, Geschäftsführer beim deutschen Technologieführer in Sachen Prüfmittel, der Tekon Prüftechnik GmbH. Immer wieder stellt das Unternehmen fest, dass Millionen in den Bau von Anlagen investiert werden, die mangels richtiger Prüfung am Ende schlechte Produkte ausgeben. Ein Problem, das auch Jürgen Czarske, Professor für Mess- und Prüftechnik an der Technischen Universität Dresden, bestätigt: „Es ist eine Gratwanderung für die Industrie, ob sie ihr Geld in moderne Prüfsysteme investiert oder dieses Geld lieber einspart und mögliche Fehler in der Produktion riskiert.“

Besonders die Automobilindustrie kämpft immer wieder mit Fabrikationsfehlern, wie etwa der Rückruf von 60.000 Exemplaren des neuen Peugeot 307 im September dieses Jahres zeigt, bei denen die Funktion von ABS und ESP wegen möglicher Kurzschlüsse nicht mehr garantiert werden konnte. Aber auch das neue Prestige-Objekt des Apple-Konzerns, das als „revolutionär“ angepriesene iPhone, macht bereits Schwierigkeiten. Bei einigen der Touchscreen-Handys reagieren ganze Bereiche der Bildschirmsensorik nicht mehr.
Belastbarkeit und Individualität sind Pflicht bei Prüfsystemen
„So differenziert und umfangreich das Wissen der Maschinenbauer in ihren Bereichen auch sein mag, in der Prüftechnik sind ganz andere Punkte zu beachten“, meint Battista. Deshalb werde bei den Produktionsfirmen häufig nur ein Standard-Testsystem implementiert, das aber mit den individuellen Besonderheiten der Maschinen oder der Umgebung überfordert sei. Selbst große Unternehmen wie Bauknecht lassen sich schon mal von der einfachen Lösung verführen: „Wir hatten kurze Zeit Standardstecker eingesetzt, allerdings wurden diese wegen Problemen mit der Kontaktierung schnell wieder entsorgt“, berichtet Diplom-Ingenieur Günther Breuer, der im Schorndorfer Werk für die Planung und Betreuung der Prüfanlagen zuständig ist.
Das Unternehmen produziert hier Frontlader-Waschmaschinen, die vor Ort einer vollständigen Prüfung unterzogen werden, wobei über Steckverbindungen Befehle an die Steuerung der Maschinen übermittelt werden.
Da in der Produktion von Waschmaschinen noch viel von Hand montiert und gesteckt wird, ist eine gut funktionierende Prüftechnik unumgänglich, wie Breuer meint: „Besonders die Kontaktierung ist heikel. Die Prüfstecker dürfen nur kleine Übergangswiderstände enthalten und müssen sehr hohe Steckzyklen überstehen.“ Zudem sei die gute mechanische Belastbarkeit Pflicht, da die Prüfstecker von Hand eingeführt werden, was bei zu empfindlichen Kontaktierungen zu Schäden und in der Folge zu falschen Prüfergebnissen führen könnte. Um das zu vermeiden, sind in Schorndorfer seit vier Jahren Spezialstecker von Tekon in Gebrauch. Dadurch konnte nicht nur die Fehlerquote drastisch gesenkt, sondern auch das Handling verbessern werden.
Geiz bei der Prüfungstechnik kann zu hohen Verlusten führen
Sollte eine Prüfanlage tatsächlich schlecht konstruiert sein, ist das Beste, was dem Maschinenbauer passieren kann, ist ein Ausfall des Systems, bei dem der Fehler augenfällig wird. Wesentlich problematischer sind Prüfsysteme, die unbemerkt fehlerhafte Werte liefern. „Dann landen Produkte, die eigentlich in Ordnung sind, im Ausschuss – eine enorme Verschwendung von Herstellungskosten“, so Battista. Aber auch der umgekehrte Fall birgt für die Maschinenbauer große Probleme. Gelangt fehlerhafte Ware in den Handel, steht der Hersteller in der Gewährleistungspflicht und büßt das Vertrauen seiner Kunden ein. Wie beispielsweise die Matsushita Electric Industrial Co., Lieferant der 46 Millionen defekten Nokia-Akkus, den wirtschaftlichen Schaden des Rückrufs überstehen wird, bleibt abzuwarten.
Bei der Robert Bosch GmbH will man solche Risiken nicht eingehen. Innerhalb des Unternehmens besteht eine eigene Abteilung für Prüftechnik. In den Fertigungseinrichtungen werden unter anderem Kraftstoffeinspritzungen, Sensoren sowie Brems- und Antriebssysteme hergestellt und nach verschiedensten Parametern geprüft. Hermann Bühler, Projektleiter im Bereich Montageanlagen und Sondermaschinen, vertritt hierzu eine klare Meinung: „Die Prüftechnik hat den gleichen Stellenwert wie die Montage- oder Prozesstechnik: Es geht nicht ohne!“ Standardware, so der Diplom-Ingenieur, könnte nur selten übernommen werden, zu wichtig sei die Anpassung an den jeweiligen Einzelfall.
Georg Berntsen, Geschäftsführer des Fachverbands Prüfmaschinen im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), stellt seit Jahren ein steigendes Interesse an Prüftechnik fest. Zuletzt lag das Produktionsvolumen der Branche bei jährlich zwölf Milliarden Euro. Die Umsätze wuchsen seit 1997 um über 60 Prozent und stiegen damit mehr als doppelt so schnell wie die Umsätze im gesamten Maschinenbau. „Die Prüfmaschinenhersteller sind manchmal sehr positiv überrascht, wie viel Aufwand ihre Kunden für die Qualitätskontrolle betreiben“, so Berntsen. Hervorzuheben sei vor allem auch die enge Zusammenarbeit zwischen Maschinenbauern und Prüfmaschinenherstellern in der Entwicklung geeigneter Prüfmethoden.
Das Beispiel Bosch zeigt, dass sich diese Investition wirtschaftlich sogar durchaus lohnen kann. So wurde durch eine in Kooperation mit den Kontaktierungsfachleuten von Tekon neu gestaltete Prüfanlage mit 252 Federkontaktstiften, automatischem Teilewechsel und zwei Neunfach-Vakuumgreifern die Abgleich- und Prüfzeit von circa 30 Sekunden auf bis zu zwei Sekunden pro Teil verkürzt.
Moderne Technik scheitert an konservativer Industrie
Dennoch stehen viele Maschinenbauer selbst High-Tech-Prüfsystemen immer noch skeptisch gegenüber, wie Professor Czarske in Gesprächen mit Unternehmen immer wieder feststellen muss. An seinem Institut in Dresden werden Lasermesstechniken für die Prüfung von Werkzeug- und Turbomaschinen entwickelt. Die Hochleistungssensoren könnten geringste Vibrationen und Formänderungen selbst an sehr schnell bewegten Bauteilen berührungslos aufspüren, aber die Resonanz aus der Wirtschaft ist mäßig. „Die Werkzeugmaschinenhersteller sind sehr konservativ“, erklärt der Forscher. Zudem sei die Umgebung in den Produktionsanlagen sehr schwierig. „Verschmutzende Ölfilme, Staub und Späne machen die Messungen kompliziert.“
Größeres Interesse zeigen die Hersteller von Turbomaschinen wie etwa Flugzeugturbinen. Neuartige Laserprüfsysteme kontrollieren hier etwa die Stellung der Rotorblätter oder den Abstand zwischen den Kanten des Rotors und der Innenhaut der Turbine. Aber auch in dieser Branche ist die Zurückhaltung zu spüren. Die Implementierung komplexer Prüfanlagen stellt für viele Unternehmen einen zu hohen Kosten- und vor allem auch Zeitfaktor dar. Bis das System perfekt für die jeweilige Anwendung konstruiert und eingestellt ist, erleben die Entwickler meist eine ganze Reihe von Fehlschlägen. Hinzu kommt, dass sich die im Labor erdachten Lösungen erst in der Praxis bewähren müssen.
Wirkliche Beachtung finden die Lasersysteme hauptsächlich in Branchen, die ohne berührungslose Messtechnik heutzutage kaum noch arbeiten können, etwa bei Walzwerken, in denen das noch heiße Material gleich nach dem Austritt aus der Maschine nicht mit herkömmlichen Messfühlern abgetastet werden kann. „Dagegen nehmen Unternehmen, die nicht unbedingt auf moderne Prüfsysteme angewiesen sind, zugunsten der Kosten häufig die Gefahr in Kauf, am Ende ein fehlerhaftes Produkt hergestellt zu haben“, so Czarske. Ein riskantes Vorgehen, übersteigt doch im Ernstfall der entstandene Schaden den Preis einer zuverlässigen Prüfanlage meist um ein Vielfaches.
Tekon Prüftechnik GmbH, Weinstadt
QE 543

Das Unternehmen
Das Unternehmen Tekon wurde 1984 als Handelsgesellschaft für Drehteile, Federkontaktstifte und Kunststoffspritzteile gegründet. In den folgenden Jahren entstanden eigene Produktionsanlagen für Prüfmittel, darunter auch die Tochtergesellschaft Tekpro in Apolda. Seit 1995 betreibt das Unternehmen ein spezielles Entwicklungszentrum für Prüftechnik.
Die Tekon Prüftechnik GmbH ist heute Technologieführer in der Kontaktierung von Baugruppen und anerkannter Experte für komplexe Anforderungen. Namhafte Unternehmen wie Bosch oder Siemens verlangen bei der Auftragsausschreibung für die Herstellung bestimmter Maschinen ausdrücklich Prüfmittel von Tekon.
Das Unternehmen ist seit 2000 DIN EN ISO 9001:2000 zertifiziert und verzeichnete zuletzt einen Jahresumsatz von zwei Millionen Euro.
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