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Qualitätssicherung durch Prüfmittelmanagement

Outsourcing
Qualitätssicherung durch Prüfmittelmanagement

Viele Industrie-Unternehmen gliedern bereits seit geraumer Zeit das komplette Prüfmittelmanagement oder Teile davon aus. Unter dem Blickwinkel des „Outsourcing“ oder der „Konzentration auf die Kernprozesse“ gewinnt dieser Trend neuerdings noch einmal eine völlig neue Dimension. Allerdings führt die Vergabe des Prüfmittelmanagements an externe Dienstleister nicht automatisch zum erwarteten Nutzen und zur Kosteneinsparung. Deshalb sind einige wichtige Punkte zu berücksichtigen.

Dipl.-Ing. (FH) Raimund Föhrenbacher, Testo CAL GmbH

Fast jedes Industrie-Unternehmen betreibt innerhalb seines Qualitätssicherungssystems ein Prüfmittelmanagement, wie es zum Beispiel das Kapitel 4.11 der ISO 9000 ff oder das Kapitel 7 der überarbeiteten ISO 9000: 2000 fordert.
Der Nutzen eines effektiven Prüfmittelmanagements ist unbestritten. Aber genau an diesem Punkt stellen sich viele Unternehmen die Frage: Können wir das ganze System nicht noch effektiver, kostengünstiger und mit noch mehr Nutzen betreiben? Man erinnert sich an „Outsourcing“ und „Konzentration auf die Kernprozesse“ und hinterfragt das derzeitige System. Dies kann ein intern organisiertes Prüfmittelmanagement mit interner Kalibrierabteilung bis hin zum externen Dienstleister sein, der die entsprechenden Aufgaben übernimmt. Als Lösung finden die Unternehmen oftmals durch Re-Engineering die Vergabe des gesamten Prüfmittelmanagements an einen externen Dienstleister. Optimal ist diese Variante allerdings nur, wenn die Struktur des Industrie-Unternehmens dies überhaupt zulässt. Zudem sollte das angebotene Leistungsspektrum des externen Dienstleis- tungs-Unternehmens die folgenden erläuterten Kriterien erfüllen.
Kern eines Prüfmittelmanagements
Den Kern eines Prüfmittelmanagements bildet die turnusmäßige Kalibrierung der Prüfmittel. Die Kompetenz der Kalibrierstelle ist daher von größter Bedeutung. Mit der Akkreditierung nach EN 45001 beziehungsweise der neuen DIN EN ISO 17025 weisen Prüf- und Kalibrierlaboratorien ihre Kompetenz transparent und für jeden erkennbar nach. Es ist allerdings darauf zu achten, dass der Akkreditierungsumfang der Messgröße und dem Messbereich des zu kalibrierenden Prüfmittels entspricht. Dies kann den Akkreditierungsurkunden entnommen werden, die in der Regel von den Firmen problemlos angefordert werden können. Nach den Qualitätsrichtlinien der Automobilindustrie (zum Beispiel ISO TS 16949, QS 9000 oder VDA 6.1) müssen sogar externe Kalibrierlaboratorien akkreditiert sein. Die ISO 10012 Teil 1 „Forderungen an die Qualitätssicherung für Messmittel“ verlangt dies ebenfalls, räumt aber die Möglichkeit ein, mit einem Lieferantenaudit die entsprechende Kompetenz nachzuweisen. Wer die Qualität eines Laboratoriums beurteilen will, sollte sich zuerst vergewissern, dass eine Zertifizierung nach DIN EN ISO 9000 ff vorliegt.
Kalibrierumfang und Logistik
Es gibt aller Wahrscheinlichkeit nach keinen akkreditierten Dienstleister, der die große Vielfalt an Mess- und Prüfgeräten komplett selbst kalibrieren kann. Spiegelt allerdings das Kalibrierangebot des Dienstleisters den Prüfmittelbestand des Industrieunternehmens wider, so bringt dies Vorteile bei der Abwicklung, den Transportkosten und den Ausfallzeiten. Erfahrungsgemäß sollte ein Deckungsgrad von mindestens 75 Prozent gegeben sein.
Ist der Deckungsgrad niedriger, spielt die ohnehin schon wichtige Logistik noch eine bedeutendere Rolle. Sie ist nach der Kalibrierung ein weiteres wichtiges Leistungskriterium. Die verschiedenen Dienstleister bieten verschiedenste Logistiklösungen an. Dies kann ein kostenloser Abhol- und Bringdienst, ein dezentrales Netz von regional nahen Kalibrierstellen, ein Mehrwegsystem oder die Kalibrierung beim Kunden durch mobile Techniker und transportable Laboratorien sein.
Die gesamte Logistiklösung wird durch den entsprechenden Einsatz von EDV unterstützt. Speziell entwickelte Prüfmittelmanagement-Software einzelner Dienstleistungsunternehmen bieten hier komfortable Lösungen und sind ein weiterer wesentlicher Bestandteil des gesamten Dienstleistungspaketes. Die Software bietet in vielen Fällen die Standardfunktionalitäten einer kommerziell beziehbaren Software, kundenindividuelle Anpassungen und abwicklungstechnische Features wie die Verwaltung über Barcode. Oftmals arbeiten die beteiligten Firmen auf einer Datenbank, die über entsprechenden Datenaustausch jederzeit aktuelle Prüfmittelinformationen zur Verfügung stellt. Da Zertifikate online angezeigt werden, kann auf die umständliche und unübersichtliche Papierverwaltung verzichtet werden.
Weil Kalibrierpreise, Reparatur- und Anschaffungskosten sowie Rekalibrierzeiten, Ausfallzeiten und Produktivzeiten softwaretechnisch mit verwaltet werden, können Rentabilitätsprüfungen und viele weitere individuelle Auswertungen durchgeführt werden, die Prüfung der Auslastung eingeschlossen. Die turnusmäßigen Erinnerungen von Fälligkeiten und das eventuelle Versenden von Mahnlisten sind selbstverständlich.
Wesentliche Auswahlfaktoren
Die drei Kriterien: Technische Kompetenz (siehe Bild 1), Individuelle Logistik und EDV-Unterstützung sind die wesentlichsten Faktoren bei der Auswahl eines effektiven Dienstleisters. Optimal eingesetzt, erhöhen sie die Verfügbarkeit der Prüfmittel, reduzieren Kosten, erhöhen die Produktqualität, geben Sicherheit beim Audit und liefern eine außergewöhnlich große Menge an strukturierten Informationen.
So eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten der Qualitätssicherung und der Nutzen eines Prüfmittelmanagements erscheint in einem völlig neuen Licht. Aus der momentan weit verbreiteten, vom Gesetzgeber festgelegten Pflicht zum Prüfmittelmanagement wächst der Wunsch, solch ein effektives Prüfmittelmanagmentsystem einzuführen.
Weitere nicht zu vernachlässigende Punkte sind Wartung, Reparatur und Instandhaltung sowie Ersatzbeschaffung von Prüfmitteln. Kapazitäten müssen ausreichend zur Verfügung stehen. Für stationäre Anlagen ist es notwendig, dass Kalibriertechniker zum Kunden vor Ort kommen. Bei international agierenden Unternehmen sollte auch der internationale Charakter des Dienstleisters gegeben sein.
Organisation
Ein großes Problem in vielen Unternehmen besteht in der Organisation und dem System des Prüfmittelmanagements sowie des Prozesses selbst. Am Prüfmittelmanagementprozess sind von Produktion über Qualitätssicherung und Wareneingang bis hin zum Einkauf fast sämtliche Abteilungen eines Unternehmens beteiligt. Dies bedeutet, dass viele Mitarbeiter auf den verschiedensten Ebenen vom Thema Prüfmittelmanagement tangiert werden, wobei es sich freilich fast nie um deren Hauptprozess handelt. Das hat zur Folge, dass es in den einzelnen Abteilungen eigentlich immer etwas vermeintlich Wichtigeres zu tun gibt, als sich mit der nötigen Sorgfalt um Prüfmittel zu kümmern. Handelt es sich nun um eine betriebsinterne Stelle, hat sie es in der Regel viel schwerer, die Forderungen des Prüfmittelmanagements zu erfüllen und im Haus durchzusetzen. Nach dem Motto: Der Kollege kann ja warten und das Prüfmittel dann kalibrieren, wenn der Benutzer es nicht mehr benötigt. Problem: Häufig benötigt der Benutzer das Prüfmittel nicht weniger als 365 Tage im Jahr.
Externe Dienstleister bauen hier in den jeweiligen Abteilungen einen viel größeren Druck auf. Schließlich wird jede erbrachte Leistung in Rechnung gestellt. Und wenn ein mobiler Kalibrierdienst am Tag X zur Kalibrierung im Hause ist, dann aber nicht alle Prüfmittel kalibrieren kann, fallen eben nochmals Anreise- und andere Kosten an. Das führt erfahrungsgemäß zu erhöhter Aufmerksamkeit in den Abteilungen.
Preis-Leistungsverhältnis
Zu guter Letzt spielt natürlich der betriebswirtschaftliche Aspekt eine entscheidende Rolle. Wobei allerdings nicht allein auf den Preis geschaut werden sollte. Es gilt auch, das Preis-Leistungs-Verhältnis und alle erwähnten positiven Nebeneffekte eines externen Prüfmittelmanagements zu betrachten.
Bei allen genannten Aspekten und Kriterien ist zudem das gegenseitige Vertrauen in einer partnerschaftlichen Geschäftsbeziehung die grundlegende Voraussetzung für den Erfolg.
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