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An der Leine

Neue Wege bei der optischen Vermessung von Freiformflächen
An der Leine

Im Forschungs- und Ingenieurszentrum (FIZ) der BMW AG werden Entwicklungen nicht nur ausschließlich am Auto durchgeführt. Vielmehr ist auch die kontinuierliche Verbesserung bestehender Prozesse ein besonderes Anliegen um Qualität und Zuverlässigkeit weiter zu steigern. Um dieses Ziel zu erreichen werden auch neue Techniken und Verfahren gefördert und mitentwickelt. Ein Beispiel hierfür ist das berührungslose arbeitende mobile 3D Formerfassungsgerät welches entscheidend die Entwicklungszeiten beim Formfindungsprozess verringern und die Handhabung gegenüber konventionellen Messmaschinen wesentlich erleichtern soll. Zusammen mit der Steinbichler Optotechnik wurde diese Technologie auf der EUROMOLD ’99 in Frankfurt der Öffentlichkeit präsentiert.

o. Prof. Dr.-Ing. J. Heinzl, Lehrstuhl f. Feingerätebau & Mirkotechnik, TUM. Dipl.-Ing. A. Ott, Assistent, TUM. Dipl.-Inf. B. Kaupert, Projektleiter Koordinatenmeßtechnik, Steinbichler Optotechnik

Koordinatenmessmaschinen finden überall dort Anwendung, wo die Qualität der Fertigung überprüft werden soll, oder im Modellbau, wo Modellinformationen eines 1:1 Modells in die CA-Prozesskette integriert werden. Je nach Anwendungsfall werden hierfür verschiedene Systeme eingesetzt.
Das Spektrum reicht von mobilen bzw. stationär gebundenen Messtastern bis hin zu nichttastenden, optischen Messverfahren. Gerade im Modellbau werden aufgrund der weichen Materialien der Modelle bevorzugt nichttastende Verfahren eingesetzt. Bekannte Verfahren sind z.B. Streifenlichtsensoren, Moirè, Bildtriangulation usw.
Zur Gewinnung der Daten bei größeren Bauteilen ist nach dem Messen oftmals eine aufwendige Nachbearbeitung der Rohdaten notwendig. Ein System das flexibel und mobil auch große Objekte schnell, genau und leicht bedienbar vermessen kann, war bis dato nicht auf dem Markt verfügbar. Eine Abhilfe bietet hier das neuentwickelte System LASCANmobil.
Systemaufbau und Bedienung
Das nebenstehende Bild zeigt LASCANmobil im Einsatz. Der Anwender bewegt während des Messvorganges den Messkopf über das Modell -vergleichbar der Bewegung eines Pinsels beim Streichen einer Fläche. Der im Messkopf integrierte Triangulations-scanner misst den Abstand zwischen Objekt und Messkopf. Die so gewonnenen Daten werden dann in ein raumfestes Koordinatensystem transformiert. Dazu wird die Position des Messkopfes in allen 6 Freiheitsgraden ( 3 rotatorisch, 3 translatorisch) bestimmt und die Scannerdaten auf das Bezugskoordinatensystem übertragen. Durch den gewählten Aufbau können auch große Objekte (1:1 Fahrzeugmodell) in einem Arbeitsgang vermessen werden. Das Überlappen mehrerer Einzelaufnahmen (matchen) wie es beim Moirè oder der Bildtriangulation bekannt ist, wird nicht mehr notwendig. Die oftmals aufwendige Einarbeitung an einen Messplatz entfällt hier weitestgehend. Dabei werden bei einfachster Handhabung Genauigkeiten von wenigen 1/10 mm erreicht.
Die Motivation und Einsatzgebiet
In der Designabteilung bei BMW hat man bereits sehr gute Erfahrungen mit dem Vorgänger von LASCANmobil, dem maschinengebundenen Laserscanner LASCAN gesammelt. Bei diesem System wird ein Triangulationssensor mittels einer 5-Achs-Fräsmaschine über die Oberfläche der neuesten 1:1 Fahrzeugmodelle geführt. Im nächsten Schritt galt es nun die Erfahrungen von LASCAN auf das neue Konzept von LASCANmobil zu übertragen und hinsichtlich nachfolgender Punkte zu optimieren.
Systempreis
Für das Vermessen eines 1:1 Fahrzeugmodells werden Messgeräte mit ausreichend großem Messvolumen benötigt. Zum Einsatz kommen hierbei sowohl 3- bis 5-Achs CNC-Maschinen als auch entsprechende Koordinatenmessmaschinen. Die Anschaffungskosten von LASCANmobil liegen bei max. 50 % des Investitionsvolumens bisher eingesetzter CNC-geführter Maschinen mit vergleichbarem Messvolumen.
Schnelligkeit und einfache Handhabung
Bei maschinengebundenen Messsystemen beträgt die durchschnittliche Messzeit für ein 1:1 Fahrzeugmodell, je nach gewünschter Messdatendichte, Tage bis Wochen. Ein Großteil der Zeit wird benötigt um für die CNC-Maschine das Messvolumen sowie Bahnbewegungen und Verfahrgeschwindigkeiten zu definieren (teach in). Gegenüber maschinengebundenen Systemen hat LASCANmobil den Vorteil, dass aufwendige teach in Prozeduren entfallen. Diese Eingabeparameter werden durch den Anwender während des Messvorgangs zum Teil intuitiv angepasst. So wird der Anwender an Stellen, an denen eine hohe Punktedichte verlangt wird, den Messkopf automatisch langsamer bewegen, als beim Vermessen von großen und gleichmäßigen Körpern wie z.B. dem Dach eines Automobils. Des weiteren entfällt an schwer zugänglichen Stellen die oft sehr aufwendige Kollisionskontrolle. Die manuelle Handhabung des Systems erlaubt hier eine wesentlich höhere Bewegungsfreiheit als bei bisher eingesetzten 3- bis 5-achs Koordinatenmess- bzw. CNC-Fräsmaschinen.
Mobilität
In den meisten Anwendungen wird das Mess-objekt zum Messplatz transportiert. Der Transport zum Messplatz macht jedoch eine Unterbrechung des eigentlichen Arbeitsablaufs notwendig und birgt zudem die Gefahr, dass die Objekte dabei beschädigt werden. Auch die Überprüfung von Fertigungsmitteln wird durch ein mobiles Messsystem wesentlich erleichtert. Somit ist der Einsatz von LASCANmobil auch dort denkbar, wo man während betriebsbedingter Pausen Messungen an fest installierten Produktionsanlagen vornehmen will.
Um möglichst flexibel zu sein wurde darauf geachtet, dass keine besonderen Maßnahmen bezüglich des Arbeitsschutzes zu treffen sind. Der verwendete Triangulationslaser erlaubt es, das Gerät ohne spezielle Schutzmaßnahmen wie Sicherheitsbrillen oder Absperrungen einzusetzen.
Features
Von einem modernen 3D-Messplatz wird heute nicht mehr nur das flächige Erfassen von 3D-Konturen verlangt, der Anwender erwartet vielmehr Unterstützung beim Postprocessing der erfassten 3D-Daten. Auch hierfür ist LASCANmobil mit seinen Linetracking-Funktionen bestens gerüstet. Gerade im Fahrzeugbereich spielen Kontur- und Kontrastlinien bei der Flächenrückführung eine nicht zu unterschätzende Rolle. Durch einfaches Abtasten der Linien mit dem Handscanner werden diese in ihrer räumlichen Ausdehnung erfasst und stehen für die Weiterverarbeitung zur Verfügung.
Die einzelnen Komponenten und der Datenfluss
Grosse Messbreite und -tiefe, hohe Scanfrequenz und hohe Aufnahmefrequenz sind notwendig um eine schnelle Bearbeitung zu ermöglichen. Kurz nach Projektstart von LASCANmobil hat eine Marktanalyse ergeben, dass Sensoren mit den geforderten Kenndaten nicht zur Verfügung stehen und eine Neuentwicklung notwendig ist. So wurde von der Firma Steinbichler Optotechnik ein Triangulationsscanner entwickelt, der bei einer Scanfrequenz von bis zu 300 Hz eine Scanbreite von 80 mm und eine Messtiefe von 75 mm ermöglicht. Dabei werden vom Triangulationssensor Daten mit einer Frequenz von 10 KHz und einer Auflösung von 16 Bit erfasst. Die Position des Messkopfes mit dem integrierten Triangulationsscanner wird mit dem System OPTOTRAK der kanadischen Firma Northern Digital Inc. bestimmt. Neben der Entwicklung des Scanners musste ein Rechnersystem aufgebaut werden, welches die anfallenden großen Datenmengen bewältigen kann.
Ein Projekt mit unterschiedlichen Partnern
Mit Unterstützung der Bayerischen Forschungsstiftung (BFS) wurde LASCANmobil von drei Industrieunternehmen und einer Forschungseinrichtung in nur drei Jahren realisiert. Dabei wurde vom Lehrstuhl für Feingerätebau der TU München eine Marktanalyse verschiedener Sensoren durchgeführt sowie unterschiedliche Konzepte zur Bestimmung der Position des Messkopfes untersucht und die optische Anbindung des Handscanners an das Trackingsystem realisiert. Die Firma Steinbichler Optotechnik war verantwortlich für die Entwicklung des Triangulationsscanners, die Datengewinnung des optischen Trackingsystems und des Triangulationsscanners sowie die Datenverarbeitung und Visualisierung. BMW als Projektkoordinator und Erstanwender des Messgeräts führte Ergonomieuntersuchungen durch und definierte im Wesentlichen die Anforderungen an ein handgeführtes Messsystem. Neben den drei bayrischen Partnern war während der gesamten Projektlaufzeit die Firma Leica Geosystems aus der Schweiz beteiligt. Leica Geosystems arbeitet an einer Erweiterung des LASCANmobil. Dann wird bei gleicher Handhabung eine signifikant höhere Genauigkeit erzielt werden.
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