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Richtigkeit und Vergleichbarkeit quantitativer metallografischer Analysen
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Immer höhere Qualitätsanforderungen und genauere Spezifikationen der Werkstoffe erzwingen immer höhere Anforderungen an Aussagekraft und Genauigkeit der quantitativen metallografischen Analysen.

Dr. rer.nat. Konrad Breitkreutz, ehem. Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, Berlin Dr.-Ing. Andreas Neidel, Leiter Werkstoffprüflabor, Siemens Power Generation, Gasturbinenwerk Berlin

Zwar sind Gefügebestimmungen mit Richtreihentafeln immer noch weit verbreitet, es besteht aber die Tendenz, mittels PCs mehr und objektive Größen anzugeben. Das setzt bei stereologischen komplexen Größen eine außerordentlich hohe Anzahl untersuchter Teilchen voraus, eine Aufgabe, die manuell ohne Automatisierung nicht mehr zu bewältigen ist.
Vergleichbarkeit und Reproduzierbarkeit
Mit diesem Zwang zur Automatisierung und höherer Genauigkeit werden die Fragen nach Reproduzierbarkeit, Vergleichbarkeit der Ergebnisse verschiedener Laboratorien und die der Richtigkeit immer dringender. Die Reproduzierbarkeit innerhalb eines Laboratoriums ist relativ einfach durch Einhaltung genauer meist betriebsinterner Arbeitsanweisungen erreichbar. Sehr viel schwieriger ist es, die Ergebnisse verschiedener Laboratorien zu vergleichen. Zahlreiche Ringversuche zeigen fast immer eine sehr breite Streuung der Ergebnisse und häufig „Ausreißer“ fernab eines Mittelwertes (1). Dem versucht man zu begegnen, indem man höchst ausführliche und detaillierte Arbeitsanweisungen vorgibt, aber meist nur mit geringem Erfolg. Kaum ein Laboratorium hat mit einem anderen identische Geräte, auch persönliche Eigenheiten der Untersuchenden könnten eine Rolle spielen. Somit kann man generell sagen, dass viele Versuchsparameter überhaupt nicht exakt verabredbar sind und demnach eine Streuung der
Ergebnisse über den der entsprechenden Teilchenverteilungen der Proben hinaus absolut zwangsläufig ist. Dazu kommt, dass Auswertungsprogramme mit teils recht versteckten, und damit umso tückischeren, Fehlern auf dem Markt sind. Selbst bei einem (preislich gesehen) Spitzenprodukt fanden sich unglaubliche Fehler bei der Randkorrektur, die der Hersteller nicht berichtigen wollte. Diese und andere Erfahrungen legen es nahe, nicht nur die Gleichheit mit anderen Laboratorien im Ringversuch anzustreben, sondern auch nach der Richtigkeit der Analyse zu fragen. Ist diese bei allen Teilnehmern positiv gegeben, erübrigt sich die Frage nach der Vergleichbarkeit praktisch von selbst.
Künstliche Referenzmaterialien
Dazu benötigt man Proben, deren Gehalte bestimmter Merkmale bekannt sind. In der Hüttenindustrie z.B. kalibriert man seit langer Zeit Spektrometer und andere Analysengeräte mit Legierungen, deren Bestandteile klassisch nasschemisch ermittelt sind. Ein derartiges Vorgehen dürfte in der Metallographie nur selten möglich sein. Hier bietet es sich an, synthetische Gefüge und Modellkörper als Vergleichsmaterial zu benutzen [2,7]. So wurden z.B. zur Überprüfung von Programmen zur Ermittlung der Teilchengrößenverteilung im Raum feine, einheitlich große Kugellagerkugeln in erstarrendes Kunstharz gerührt. Mit Schliffen dieser Proben konnten nun bequem die Qualität und die Grenzen verschiedener Algorithmen getestet werden. Auch polyedrische Gefüge wurden erzeugt, indem Bleikugeln bekannter Größe oberflächlich verkupfert und zu einem kompakten Körper verpresst wurden. In diesem Gefüge war nun die Größe eines jeden „Kornes“ exakt bekannt. Diese Proben sind wertvoll, um die Belastbarkeit von Algorithmen zu überprüfen, die streng nur für kugelförmige Teilchen gelten. Mit Hilfe der Computertomographie kann man aus beliebigen Holz- und Kunststoffmodellen „Schliffbilder“ zu Testzwecken erzeugen. Lithographisch auf Glas aufgebracht, können davon entsprechende Standards für mikroskopische Aufnahmen hergestellt werden [3].
Durch die Entwicklung schneller und preiswerter Computer ist die Herstellung physischer Modelle weniger notwendig geworden: Die für die Stereologie und quantitative Metallographie wichtigsten Gebilde, wie zufällig im Raum verteilte Kugeln, Würfel und polyedrische Körner, lassen sich rechnerisch erzeugen und bieten die Möglichkeit, in Auswertungsprogrammen versteckte Fehler und Grenzen mathematischer Idealisierungen der Algorithmen zu erkennen [4].
Alle diese Verfahren liefern Bilder, die dem idealen Binärbild zur Teilchenvermessung und -zählung bereits sehr nahe sind. Den Einfluss der nicht exakt verabredbaren Parameter bei der Bildverarbeitung mit unterschiedlichen Geräten, wie z.B. Grauwertschranken, Korngrenzrekonstruktionen und Trennung zusammenhängender Teilchen, kann man hiermit nicht erkennen.
Aus Binärbildern erzeugte Grauwertbilder, „umgekehrte“ Gefügeanalyse
Deshalb wurde hier ein Programm geschrieben, mit dem man ein ideales Binärbild mit bekannten Gehalten in ein den realen Schliffbildern ähnliches Graubild verwandelt [5]. Mit diesen Bildern kann nun überprüft werden, wie sich die einzelnen Arbeitsschritte der Bildverarbeitung der realen Bilder mit einem kommerziellen Programm auf die Ergebnisse auswirken. Viele der dazu erforderlichen Prozeduren sind auch in den üblichen Bildverarbeitungsprogrammen enthalten, wie Convolution-Filter, Dilatation, Erosion und andere.
Hier nicht bekannt sind Programme, mit denen man zusätzlich typische Eigenschaften realer Bilder, wie Rauschen der Grauwerte, Kratzer und Abschattungen (Shading) erzeugen kann (ein entsprechendes nichtkommerzielles Programm kann von den Autoren bezogen werden). Die Bildfolge im Bild 1 zeigt die Abfolge einer solchen Simulation: Es werden Bilder von Poren, die denen einer realen Probe ähneln, gezeichnet oder mit dem Programm PAINT in Windows erzeugt und vermessen.
Diese Poren werden auf einem Feld zu einem idealen Binärbild zusammengefügt. Das Bild kann gesondert neu vermessen werden (Bild 2). Ein derartiges Binärbild mit genau vermessenen Poren wird nun in ein dem realen Graubild ähnelndes Bild verändert, z.B. mit Shading, Rauschen, Kratzern und anderem (Bild 3).
Geht man bei der Analyse des realen Graubildes hin zum vermessbaren Binärbild nun den umgekehrten Weg, nämlich den der Korrektur des Shading, Kantenaufsteilung, Teilchentrennung usw., sollte man zum Abschluss die Kanten des Binärbildes auf das ursprüngliche Graubild addieren. Ein derartiges Bild zeigt sehr empfindlich Unterschiede zwischen „richtigen“ und weniger richtig eingestellten Parametern an. Es ist also eine wesentliche Kontrolle für die Vergleichbarkeit der Bildverarbeitungsschritte der Analysen verschiedener Laboratorien (Bild 4).
Reale Referenzmaterialien
Mit den physischen und rechnerisch erzeugten Modellen lassen sich Richtigkeit und Vergleichbarkeit der Bildverarbeitungsschritte und Auswertungsalgorithmen gut überprüfen.
Ein wesentlicher Bestandteil in der Kette der Arbeitsschritte von der Probenahme bis zum Endergebnis, die Schliffpräparation, wird so noch nicht erfasst. Das Problem mag nicht so dringend erscheinen, denn die Erfahrung zeigte, dass gut ausgebildete und erfahrene Mitarbeiter in der Regel recht reproduzierbar und vergleichbar arbeiten, so dass Streuungen bei Ringversuchen innerhalb des Landes wohl am wenigsten auf Präparationsunterschiede zurückzuführen waren. Allerdings gilt das nur für Länder, in denen praktisch ausschließlich Ausbildungsberufe vorherrschen.
Referenzproben aus identischem Material, die lückenlos eine Kontrolle von der Probenahme bis zur Merkmalsanalyse hin erlauben, würden die Analysen nun grundsätzlich vollständig überprüfbar machen. Allerdings ist die Gewinnung ausreichender Mengen homogenen Materials z.T. äußerst schwierig.
Bei Sinterprodukten ist die Beschaffung zwar teuer, aber grundsätzlich problemlos [6]. Beim Gussmaterial kann man hoffen, aus sehr großen Gussteilen so homogene Zonen herauszupräparieren, dass eine ausreichend große Zahl von gleichartigen Laborproben gewinnbar wird. Das wird zur Zeit versucht. Mit diesen Proben als Standards kann aber wiederum nicht ohne weiteres die absolute Richtigkeit direkt geprüft werden. Im Regelfall wird man letztlich auf eine Kombination von Standardbildern von Modellen, rechnerisch simulierten Gefügebildern und anderen physikalischen Methoden zur Überprüfung der Präparation angewiesen bleiben.
Literatur
[1] Neidel A., Breitkreutz K.: Vergleichsversuche zur quantitativen Bestimmung globularer Gefügebestandteile durch industrielle Laboratorien. Prakt. Metallogr. 39 (2002) 1, S. 19 – 27
[2] Breitkreutz K., Materialprüfung 32 (1990), S. 1 – 2
[3] Fa. Heidenhain
[4] Breitkreutz K., Neidel, A.: Quantitative metallografische Analysen. Materialprüfung 45 (2003) 5, S. 220 – 222
[5] Anregung von G. Roeders, Roeders Druckguss, Soltau
[6] Breitkreutz K., Vorwald, W.: Amts- und Mitteilungsblatt der BAM, 10 (1980) 3, S. 163 – 173
[7] Breitkreutz, K., Metall 43 (1989), S. 21 – 25
Bild 1: Abfolge zur Erzeugung von Grauwertbildern aus Binärbildern
QE 555
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