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„Cross funktionale“ Geschäftsprozesse

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„Cross funktionale“ Geschäftsprozesse

„Cross funktionale“ Geschäftsprozesse
Abb. 1
Das EQA Modell der EFQM versteht unter Geschäftsprozeß-Management (GPM), wie die Organisation ihre Prozesse identifiziert, führt, überprüft und verbessert (Kriterium 5: Prozesse). Die Praxis hat bewiesen, daß es sich lohnt, systematisch GPM zu betreiben. Ziele wie Fehlerraten um das zehnfache und Zykluszeiten auf die Hälfte zu reduzieren, sind dabei noch zu übertreffen. Das zeigen Fallbeispiele wie bei der IBM, Honeywell Centra, Motorola (Abb. 3) und vielen anderen Unternehmen. Neben der Einsparung von Beträgen in „Millionenhöhe“ erhöht sich zudem die Kundenzufriedenheit. Der Erfolg erfordert die Einbindung von Management und Mitarbeitern sowie ein methodisches Vorgehen.

Joachim H. Runge, TQM-MC, Consulting Business Transformation

Das Geschäftsprozeß – Management dient der ständigen Verbesserung und Vereinfachung von Geschäftsabläufen in Verwaltung und Produktion. Seine Ziele sind:
l Schwachstellen erkennen und eliminieren,
l Abläufe strukturieren,
l Schnittstellen definieren und Leistungs- vereinbarungen treffen,
l Kennzahlen und Kontrollpunkte für die Er- kennung von Zielabweichungen etablie- ren, um damit Geschäftsprozesse zu steu- ern und kontinuierlich zu verbessern.
Geschäftsprozeß
Als Geschäftsprozeß (GP) wird eine logische aufeinanderfolgende Reihe wiederkehrender „cross funktionaler“ Handlungen verstanden (Abb. 1). Es handelt sich um Tätigkeiten, bei denen Eingabe, Verarbeitung (Wertzuwachs) und Ausgabe meßbar sind. Durch das Zusammenwirken der Faktoren Mensch, Maschine, Material und Methoden entsteht die Prozeßleistung in Form eines materiellen oder immateriellen Produkts (Abb. 1).
Zu diesem Zweck arbeiten Funktionen und Abteilungen einer Organisation eng zusammen. Diese „cross funktionale“ Zusammenarbeit hin zu einem gemeinsamen Ziel, unabhängig von funktionalen Einzelinteressen ist das entscheidende Kriterium der Methode. Es funktioniert allerdings nur, wenn alle Beteiligten in Wertschöpfungs- und Wirkungszusammenhängen denken, sich ihrer Rolle als Lieferant und Kunde (intern und extern) bewußt sind und entsprechend handeln. Wichtig ist die ganzheitliche Betrachtung der Wertschöpfungskette, vor allem dann, wenn es darum geht, an bestimmten Stellen im Geschäftsprozeß Veränderungen vorzunehmen.
Am Beginn eines Geschäftsprozesses steht als Eingabe die definierte Anforderung des externen oder internen Kunden. Mit der Ausgabe des Prozesses (Produkt oder Dienstleistung) an den Kunden, endet der Prozeß.
Voraussetzung für ein optimales Prozeßergebnis ist eine klare Leistungsvereinbarung zwischen dem jeweiligen Kunden und Lieferanten (Abb. 1). Sie enthält die notwendigen Vorgaben für die Erstellung einer Dienstleistung oder eines Produktes. Im Verhältnis zu externen Kunden und Lieferanten handelt es sich dabei in der Regel um einen schriftlichen Vertrag. Zwischen internen Kunden und Lieferanten werden GPM Vereinbarungen getroffen.
Das sicherlich wichtigste Merkmal von GPM ist die ständige, nie endende Verbesserung der Prozesse (Kaizen). Deshalb muß jeder Prozeß als Regelkreis (Abb. 2) verstanden werden. Zudem muß sichergestellt sein, daß alle Mitarbeiter, die an der Prozeßverbesserung arbeiten, entsprechendes Feedback erhalten.
Ziel eines Geschäftsprozesses ist die Erfüllung der Kundenanforderungen. Daher müssen folgende drei Fragen immer zweifelsfrei beantwortet sein:
  • 1. Wer ist der Kunde?
  • 2. Welche Anforderungen und Erwartungen hat der Kunde?
  • 3. Entspricht das Prozeßergebnis den Anfor- derungen bzw. Erwartungen des Kunden?
Das erfolgreiche GPM erfordert die Einbindung des gesamten Managements. Allen muß klar sein, daß die ständige Verbesserung der Geschäftsprozesse zum Aufgabenbereich eines jeden gehört. Die Erfahrung zeigt, daß die Prozeßarbeit in dem Moment nachläßt, in dem das Management sich nicht mehr mit dieser Aufgabe identifiziert. Genauso wichtig ist jedoch die kreative und engagierte Mitarbeit der Prozeßbeteiligten wie z. B. die der Verbesserungs-Teams.
Diese dynamische, cross funktionale Vorgehensweise entspricht, bzw. übertrifft die Anforderungen der ISO 9000 ff. Auch ist damit zu rechnen, daß sich die künftige überarbeitete ISO 9000 ff noch stärker als bisher an den Geschäftsprozessen orientiert. Darüber hinaus ist es heute nicht mehr im Sinne der ISO 9000 ff, daß Verfahren (Verfahrensanweisungen) funktional dokumentiert werden und statisch bleiben, nur um ein Zertifikat zu erhalten!
Vorgehensweise
Prozeßarbeit aufnehmen
Mission definieren: Die Mission eines Prozesses stellt eine präzise Aussage über seinen Zweck und seine Aufgabe dar. Aus der Mission wird die Abgrenzung und damit der Umfang des Prozesses abgeleitet.
Prozeßumfang festlegen: Der Prozeß beginnt mit der Anforderung für eine bestimmte Leistung durch den Kunden und endet mit der Übergabe derselben an den Kunden. Dafür arbeiten im allgemeinen mehrere Funktionen, Abteilungen unterschiedlicher Linienbereiche zusammen.
Zur Wahrnehmung der Verantwortung und Durchführung der Aufgaben müssen die Verantwortlichkeiten eindeutig festgelegt sein:
  • 1. Der GP Executive trägt die Gesamtverantwortung für den Geschäftsprozeß „cross funktional“.
  • 2. Der GP Manager legt die Prozeßziele in Abstimmung mit dem Kunden und dem GP Executive fest, steuert den Prozeß und stellt die ständige Verbesserung des Prozesses sicher.
Prozeß analysieren
Neue oder höhere Kundenforderungen, geänderte Rahmenbedingungen, offensichtliche Schwachstellen und das Streben nach einer permanenten Verbesserung sind Ursachen für die Veränderung von Prozessen. Zur Ermittlung der hierfür erforderlichen Aktionen muß eine Analyse der bestehenden Arbeitsabläufe durchgeführt werden. Erste Anhaltspunkte über den Zustand eines Prozesses lassen sich durch gezielte Interviews mit betroffenen Mitarbeitern ermitteln, Detailanalysen werden durch fachkundige Mitarbeiter durchgeführt und führen zum Aufzeigen konkreter Schwachstellen.
Die Ergebnisse einer Analyse bestehen aus:
l einer Übersicht der Tätigkeiten sowie der dafür erforderlichen Vorleistungen, als Unterstützung können dazu die Aktivitäten (statisch) und die logischen Abläufe (dyna- misch) hierarchisch dargestellt werden;
l erkannten Abhängigkeiten (z. B. von ande- ren Prozessen bzw. Funktionen);
l einem Überblick der eingesetzten DV-An- wendungen, Verfahren und Methoden;
l erkannten Schwachstellen in den Verfah- ren und in der Dokumentation;
l erkannten Prozeßindikatoren sowie
l bewerteten Erkenntnissen (z. B. anhand von Trendanalysen oder statistischen Ver- fahren).
Prozeß verbessern
Lösungsalternativen entwickeln
Aufgrund der Ergebnisse der Prozeßanalyse ist zu entscheiden, ob der Geschäftsablauf nur graduell verändert, besser organisiert oder ob ein völlig neuer Ablauf (Reengineering) entwickelt werden muß. In jedem Fall ist jedoch sicherzustellen, daß das von dem Prozeßkunden erwartete Ergebnis im Hinblick auf die vereinbarte Prozeßleistung erreicht wird, indem man durch vereinfachte Geschäftsabläufe oder DV Anwendungen Fehler vermeidet, redundante oder nicht wertschöpfende Tätigkeiten eliminiert und die Eigenverantwortung der Mitarbeiter erweitert, die Bearbeitungs- und Durchlaufzeiten verkürzt sowie nach Ermittlung der kostenintensivsten Arbeitsschritte die Prozeßkosten reduziert.
Zu den Lösungsalternativen gehören Vorschläge für kurz- und langfristige Maßnahmen, welche unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit geprüft und entsprechend ihrem Einfluß auf die Kundenzufriedenheit bewertet werden müssen. Kurzfristige Maßnahmen können in der Repriorisierung von Aufgaben und in der Schulung von Mitarbeitern bestehen. Zu den langfristigen Maßnahmen gehören z. B. umstrukturierte oder neuentwickelte DV-Anwendungen.
Verbesserung einführen, Prozeßänderungen freigeben
Die von einem Verbesserungs-Team erarbeiteten, bewerteten und priorisierten Lösungsvorschläge werden dem GP Executive zur Entscheidung vorgestellt. Die Auswahl der zu realisierenden Lösungsalternative erfolgt unter Beachtung der TQM Zielvorgaben, wobei nur meßbare Ziele zu verwenden sind. Dazu gehören:
l die Reduzierung der Fehlerrate innerhalb einer bestimmten Frist,
l die bedeutende Verringerung der Gesamt- durchlaufzeit,
l die Reduzierung der Prozeßkosten und
l die Steigerung der Kundenzufriedenheit.
Zur Realisierung des Sollprozesses werden Zeit- und Aktionspläne erstellt und die Verantwortung dafür zugewiesen. Bei langfristigen Maßnahmen wie z. B. bei der Entwicklung neuer DV-Anwendungen ist sicherzustellen, daß der Prozeß nach Möglichkeit auch in der Übergangszeit verbessert wird.
Nach Freigabe und Einführung der Prozeßänderung ist es Aufgabe des GP Managers, den Prozeß wirkungsvoll zu steuern sowie ständig meßbare Fortschritte zu erzielen und nachzuweisen.
Prozeß steuern
Prozeßsteuerung durchführen
Zur Überwachung eines Geschäftsprozesses müssen regelmäßig Daten, Kennzahlen an festgelegten Überwachungspunkten ermittelt, aufbereitet und ausgewertet werden. Hierbei ist besonderes Augenmerk darauf zu legen, ob
l die gewählten Kennzahlen die Prozeßlei- stung zuverlässig widerspiegeln,
l die kurzfristigen Ziele erreicht wurden, bzw. die langfristigen Ziele noch erreicht werden können,
l Korrekturmaßnahmen oder Prozeßverän- derungen erforderlich sind.
Nur durch eine regelmäßige Prozeßüberwachung werden Zielabweichungen frühzeitig erkennbar. Um beurteilen zu können, ob die Prozeßleistung die gewünschte Kundenzufriedenheit erreicht und im Wettbewerb führend ist, sind folgende Informationsquellen zu nutzen:
l Befragungen von Kunden und Mitarbei- tern über die Zufriedenheit mit der Pro- zeßleistung (regelmäßig oder Problem be- zogen),
l Erkenntnisse aus regelmäßigen Self-As- sessments und Prozeßaudits,
l Ergebnisse aus Leistungsvergleichen mit Schwestergesellschaften, Mitbewerbern und vergleichbaren Unternehmen.
Prozeßaudits durchführen, Prozeß bewerten und einstufen (Rating)
Durch regelmäßige Prozeßaudits wird die Wirksamkeit der etablierten Verfahren festgestellt und bewertet. Anhand der gefundenen Fakten und der vorgelegten Ergebnisse kann der Prozess beurteilt werden. Der Status wird mit einem Zertifikat (Rating) bestätigt, je nach Zustand des Prozesses im Hinblick auf seine Wettbewerbsfähigkeit und seinen erreichten Qualitätsstandard.
Ständige Verbesserung
Sollen die Prozesse wettbewerbsfähig bleiben und die Kundenzufriedenheit nicht nur erhalten sondern ständig verbessert werden, geht dies nur über ständige Maßnahmen (GP-Manager und Verbesserungs-Teams) für vereinfachte und verbesserte Geschäftsprozesse. Die Prozeßziele (meßbar) sind mindestens einmal jährlich anzuheben.
Aufgaben des GPM
Eine wichtige Voraussetzung für die Effizienz einer Organisation sind klar strukturierte und beschriebene Abläufe — cross funktional. Mit Hilfe von GPM werden Geschäftsabläufe so dargestellt, daß ihr Status für das Management und die Mitarbeiter transparent wird.
Die wichtigsten Aufgaben dabei sind:
l Mission festlegen, Prozeßumfang be schreiben und Verantwortlichkeiten festlegen,
l Prozeßablaufs unter Berücksichti- gung der beteiligten Funktionen so- wie der DV-Verfahren darstellen,
l Prozeßdokumentation (weniger ist mehr) und Leistungsvereinbarungen zwischen den beteiligten Funktionen und Abteilungen erstellen,
l bedeutendste Erfolgsfaktoren definie- ren und die wichtigsten Kennzahlen etablieren,
l Schwachstellen erkennen, analysie- ren und daraus abgeleitete Pro- zeßverbesserungen einführen,
l Prozesse aufgrund der Meßergebnis- se steueren und ständig verbessern,
l Prozeßkosten ermitteln.
Wie starten?
Sinnvollerweise sollte mit einem Pilotprojekt (Prozeß) begonnen werden. Nach erfolgreichem Abschluß können die Erfahrungen in den weiteren Projekten genutzt werden. Was ist zu tun:
  • 1 Pilotprojekt festlegen.
  • 2. GP Executive, GP Manager und das Verbesserungs-Team auswählen und schulen.
  • 3. Das Management ausführlich informieren (Seminare): “Was ist GPM? Und warum GPM”?
  • 4. Wenn die praktische Erfahrung in GPM fehlt, kann auch auf externe Erfahrung zurück gegriffen werden.
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