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Der verlängerte Arm

Handgeführte Gelenkarm-Messgeräte in der Qualitätssicherung
Der verlängerte Arm

Handgeführte Gelenkarm-Messgeräte finden in der Entwicklung und Fertigung immer breitere Verwendung. Mit Flexibilität und Mobilität können sie dabei – bis zu einem bestimmten Genauigkeitsgrad – gegenüber stationären Koordinatenmessgeräten punkten. Was sind die Stärken und wo liegen die Grenzen solcher Systeme?

Eines vorweg: Wer sich als Messgeräteanwender ausschließlich im Mikrometerbereich und nur in der Serienfertigung bewegt, wird Gelenkarm-Messgeräte nicht unbedingt als Option sehen. Doch für sehr viele Anwendungen sind sie eine hoch interessante Alternative.

Denn ein ganz erheblicher Teil aller Messaufgaben in der Fertigung und Entwicklung entfällt auf einen Bereich mit geringeren Genauigkeitsanforderungen oberhalb der µm-Grenze. Hier erweisen sich handgeführte Gelenkarm-Messsysteme dann in vielfacher Hinsicht als erste Wahl für ein gleichermaßen präzises wie flexibles und wirtschaftliches Prüfen. Entsprechend stark wächst die Nachfrage nach solchen Geräten.
Universell einsetzbar, eignen sie sich in hohem Maß zur geometrischen Prüfung von einzelnen Werkstücken, für Entwicklungsanwendungen und für Stichproben zur statistischen Prozesssteuerung. Mit hoher Wiederholgenauigkeit erlauben sie dabei Messungen sowohl an Freiformflächen als auch an komplex geformten und ausladenden Werkstücken.
Gelenkarme können wahlweise mit schaltend tastenden Sensoren oder Laserscannern ausgestattet werden. Somit agiert der Gelenkarm also entweder ähnlich wie ein manuelles Koordinatenmessgerät oder als berührungslos messendes System.
Flexibel und mobil in der Fertigung
Die so ermittelten Messpunkte werden im Fertigungssektor vor allem zur Prüfung von Form- und Lageabweichungen herangezogen. Häufige, vornehmlich taktile Anwendungen sind die Geometrieprüfung von gegossenen Bauteilen oder geschweißten Baugruppen. Zum Beispiel im Formenbau oder bei der Konstruktion von Chassis und Karosserierahmen im Lkw- und Landmaschinenbau. Weitere typische Aufgaben sind in der Automobilproduktion das Prüfen von Karosserieteilen und Motorblöcken sowie der Lage von Einbaukomponenten, etwa Scheinwerfergehäusen. Ähnliche Einsatzprofile finden sich unter anderem auch im Luftfahrzeug- und Schiffsbau.
Besonders in den genannten Produktfeldern sind die zu messenden Werkstücke meist sehr ausladend. Etwa Pkw-Karosserien, Rahmen von Lkw-Anhängern, Teile von Flugzeugrümpfen etc. Hier spielen Messgelenkarme eine ihrer großen Stärken aus: die Reichweite.
So reicht der verlängerte Arm der Qualitätssicherung zum Beispiel mit dem Modell „SpinArm Apex“ des Messgerätekomplettanbieters Mitutoyo bis auf beachtliche 1800 Millimeter. Aus diesem Radius ergibt sich also ein Messbereich von enormen 3600 Millimetern. Ein Wert, mit dem sich der Mitutoyo-Gelenkarm ganz vorn im Leistungsvergleich platziert.
Dank dieser Reichweite ist es praktisch möglich, sich mit dem SpinArm Apex um ein ganzes auch großdimensioniertes Werkstück herum zu bewegen und zu messen.
Der Berg kommt zum Propheten
Stichwort Beweglichkeit: Sie ist auch im Sinne von Mobilität der größte Vorteil eines Gelenkarms gegenüber stationären Koordinatenmessgeräten. Vor allem beim Messen großer, schwerer oder transportsensibler Werkstücke.
Hier gilt dann: Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, kommt der Berg eben zum Propheten. Was so viel bedeutet wie: Man muss sich nach den Gegebenheiten richten und sich dem Unabänderlichen fügen; wenn andere sich nicht bewegen, muss man eben selbst aktiv werden. Genau da greift das Konzept des handgeführten Gelenkarms.
Selbst in der größten Ausführung nur knappe 15 Kilogramm schwer, lässt sich etwa der SpinArm Apex völlig problemlos an den Ort des Geschehens transportieren: direkt an das zu prüfende Werkstück. Ganz gleich, ob dieses sich nun im gleichen Unternehmen befindet, im Hause eines Kunden oder Zulieferers – oder sogar an einem Standort unter freiem Himmel.
Die Karbonfiber-Aluminium-Konstruktion des Geräts steht dabei gleichermaßen für geringes Gewicht, höchste Stabilität und Belastbarkeit gegen äußere Einflüsse – ausnahmslos wichtige Faktoren im mobilen Einsatz.
Gezielt auf den räumlich flexiblen Einsatz konzipiert, ist das Mitutoyo-System werksseitig in zwei stabilen, rollbaren Transportboxen untergebracht. Sie bieten zusätzlich Raum für ein vor Ort eventuell benötigtes Stativ zur Aufnahme des Gelenkarms. Mit auf die Reise müssen lediglich noch ein Laptop mit der entsprechenden Software und natürlich die benötigten Sensoren. Mehr Equipment ist nicht erforderlich. Denn zumindest das Mitutoyo-System arbeitet auch unabhängig vom Netzstrom.
Dafür sorgt der integrierte Lithium-Ionen-Akku, der einen kabellosen Messbetrieb von bis zu sechs Stunden erlaubt. Kabellos funktioniert übrigens dank WiFi auch die Datenübertragung zwischen Messgerät und Laptop beziehungsweise PC.
Measure to go
„Measure to go“ ist also keine so abwegige, wenn auch geraffte Definition der Eigenschaften. Diese unkomplizierte Hinwendung zum Werkstück bringt auch dann eine enorme Erleichterung im Workflow, wenn ein zu prüfendes Teil in Folge an mehreren Standorten gemessen werden muss. Etwa unmittelbar nach der Fertigung und dann beim Zusammenbau mit anderen Komponenten – am selben Ort oder zum Beispiel beim Kunden. Der Gelenkarm kann in diesem Fall mitreisen und das Werkstück unter gleichbleibenden, definierten Aspekten messen und die Ergebnisse abgleichen.
Umgekehrt wird ein Gelenkarm-Messgerät wie der SpinArm Apex von Mitutoyo aber auch dort zum Problemlöser, wo sich Werkstücke absolut unbeweglich zeigen. Oder die nur mit höchstem Aufwand an Zeit und Kosten zu bewegen wären.
Nehmen wir als Beispiel eine sehr große und äußerst schwere Gussform, die sich zur Bearbeitung in der Formfräsmaschine befindet. Sie wäre zur Prüfung nur mit extremem Aufwand unter ein stationäres Koordinatenmessgerät zu bringen, das zudem noch einen sehr großen Messbereich haben müsste.
In einem solchen Anwendungsfall ist der Gelenkarm die perfekte Lösung: Er lässt sich, montiert auf einem (magnetischen) Standfuß, ganz einfach mitten in der Form platzieren. Von dieser Position aus kann er immer wieder während des Fräsvorgangs die Genauigkeit der Arbeit überprüfen. Die Form muss zu keinem Zeitpunkt bewegt werden. Rüstzeiten und Arbeitskosten werden gespart.
Überall dort also, wo nicht die extreme Genauigkeit oder die Serienprüffähigkeit eines CNC-Koordinatenmessgeräts gefordert ist, kann ein Gelenkarm in vielerlei Hinsicht die beste Wahl sein. Durchaus auch in Kombination mit einem manuellen Koordinatenmessgerät, wenn auch Genauigkeiten um die drei Mikrometer gefordert werden.
Prototypenbau und Entwicklung
Als ideales Messmittel erweisen sich die flexiblen Gelenkarme bei der Entwicklung und beim Prototypenbau – allem voran im Automobilsektor. Hier finden sie immer breiteren Einsatz. Auch im Rennsport, wo beispielsweise Honda Systeme von Mitutoyo einsetzt.
Bestückt sind die Geräte in diesem Anwendungsbereich in erster Linie mit Laserscannern statt mit tastenden Sensoren. Sie begleiten die Designer und Techniker über die gesamte Spanne des Entwicklungsprozesses, von der Abnahme des Clay-Modells als modellierter Plastilin-Urform über die vielen Stufen der Formoptimierung bis hin zur Montage des Prototypen.
Fortsetzung finden diese Anwendungen auch bei Design- und Funktionsoptimierungen, etwa in Form von Facelifts bestehender Automobilmodelle.
Wie bereits erwähnt, greift man für diese komplexen Messaufgaben vorrangig auf die Qualitäten von Laserscannern wie dem SurfaceMeasure von Mitutoyo zurück.
Mit solchen Laserscannern lassen sich Werkstücke mit extrem hoher Messpunktdichte und Detailtreue äußerst komfortabel und vor allem schnell digitalisieren. Dazu erfasst der Scanner zeilen- oder rasterartig das zu prüfende Teil und nimmt dabei mehrere zehntausend Punkte pro Sekunde auf. Daraus bildet die Messsoftware eine sogenannte Punktewolke, aus der schließlich ein Abbild der gescannten Oberfläche des Werkstücks erzeugt wird.
Laserscanner können punkten
Der so generierte 3-D-Scan lässt sich dann mit einem vorhandenen CAD-Datensatz abgleichen und bewerten. Oder umgekehrt: Auf Basis der erzeugten Punktewolke kann ein CAD-Modell entwickelt werden. Dieses Verfahren wird als Reverse Engineering bezeichnet.
Ein Laserscanner absolviert diese Aufgabe grundsätzlich sehr viel schneller als es taktilen Messsystemen möglich ist. Gleichzeitig operieren vollständig digital arbeitende Scanner mühelos annähernd mit der Genauigkeit taktiler Systeme.
Dem Anwender bringt das eine deutliche Steigerung der Effizienz. Die Prüfzyklen für Freiformflächenteile werden erheblich verkürzt und die Punktdichte erhöht. Der SurfaceMeasure von Mitutoyo weist beispielsweise bei einer Linienbreite von 60 Millimetern eine Aufnahmerate von 75 000 Punkten pro Sekunde auf. Systeme mit diesen Werten sind bei überschaubarem Investitionsaufwand auf eine große Bandbreite von Messaufgaben eingerichtet. So lassen sich mit ihnen auch größere Werkstücke, etwa Karosserieteile, ebenso perfekt prüfen wie filigrane Spaltmaße.
Um jedoch überhaupt einen Laserscanner an einem manuellen Gelenkarm-Messgerät einsetzen zu können, muss dieses zwingend über sieben Achsen verfügen. Für das Messen mit tastenden oder schaltenden Sensoren reicht hingegen eine 6-Arm-Konfiguration. Das breiteste Auswahlspektrum weisen hier Anbieter auf, die beide Konfigurations-Varianten anbieten können.
Kunstvolle Einsatzbereiche
Übrigens: Auch jenseits der Produktionshallen und Entwicklungsabteilungen sieht man Gelenkarm-Messgeräte immer häufiger im Einsatz. So kennt Mitutoyo Anwendungsbeispiele zum Beispiel in der Kunstszene beim Katalogisieren von Gegenständen und bei aufwändigen Restaurierungsarbeiten an Plastiken und Gemälden. Weitere Anwendungsfelder sind Messaufgaben bei archäologischen Ausgrabungen sowie bei Rekonstruktionen von Kulturdenkmälern.
Gerade in solchen Einsätzen wirkt es sich positiv aus, dass die Bedienung eines manuell geführten Gelenkarms auch ohne besonderes Messtechnikwissen möglich ist. Bei Mitutoyo schätzt man den Einweisungsbedarf für den Umgang mit dem SpinArm Apex auf eine höchstens eintägige Schulung. Danach können auch bislang Ungeübte das System effektiv einsetzen.
Weitere Auswahlkriterien
Wichtige Voraussetzung dafür ist allerdings eine leistungsstarke Software mit eindeutiger und wirklich anwenderfreundlicher Nutzerführung. Zudem sollte sie unbedingt über eine automatische Tastererkennung verfügen. Diese Funktion bewirkt auch, dass das System im Verlauf der Messung eigenständig Anweisungen für einen Tasterwechsel erteilt. Ist dieser erfolgt, schaltet die Software automatisch auf die neue Sensorengröße um.
Wichtig ist ebenfalls ein Blick auf das Bremssystem des Gelenkarms. Dieses verhindert Beschädigungen an der Sensoreinheit, wenn diese aus der Hand gleitet oder unbedacht losgelassen wird. Je nach Modell kommen hier mechanische oder elektromechanische Bremsen zum Einsatz. Über einen Knopf am Griff wird die Klemmung aktiviert, wodurch sich der Gelenkarm wesentlich einfacher führen lässt.
Das Einrichten dieser Systeme ist ebenfalls denkbar einfach. Die Systemparameter sind in der Regel intern abgespeichert. Daher ist das System nach dem Einmessen der Sensoren sofort für die Messung bereit.
Mitutoyo, Neuss www.mitutoyo.de
Messe Control Halle 7 Stand 7502
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