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Die Zukunft des Qualitätsleiters

SAQ Jahrestagung Bern
Die Zukunft des Qualitätsleiters

Unter dem Motto „Der Qualitätsleiter ist tot – es lebe der Qualitätsleiter“ beschäftigte sich die diesjährige SAQ-Jahrestagung mit der Zukunft des Qualitätsleiters. Das Thema schien so interessant zu sein, dass sich an die 700 Qualitätsverantwortliche im Juni auf den Weg nach Bern machten. Hier einige Auszüge aus den Vorträgen.

Das Aufgabengebiet des Qualitätsleiters, so stellte SAQ Geschäftsführer Dr. Hans Rudolf Gygax in seiner Eröffnungsrede fest, hat sich in den letzten Jahrzehnten von der Qualitätskontrolle über die Qualitätssicherung zum Qualitätsmanagement entwickelt, wobei der Anteil von betriebswirtschaftlichem Know-how von Stufe zu Stufe größer wird und weiter ansteigt. Weitere Veränderungen stehen bevor; den Qualitätsleiter im „klassischen“ Sinne wird es wahrscheinlich schon bald nicht mehr geben. Dies ist – vereinfacht ausgedrückt – das Ergebnis der Umfrage, welche die SAQ im Herbst 1999 bei Qualitätsleitern in der Schweiz durchgeführt hat. Die Auswertung der über 200 eingegangenen Antworten lässt erkennen, dass die Notwendigkeit zur Veränderung von rund 90% der Teilnehmer erkannt wird. Das Aufgabengebiet dehnt sich über die „Qualität“ im engeren Sinne aus in Richtung Coach des Managements und der Linie generell, Prozesskoordinator, Verbesserungsmanager und Mitarbeiter bei der Führung von Veränderungen und beim Wissensmanagement. Dieser Prozess ist in vollem Gange, nicht zuletzt beschleunigt von den neuen Forderungen der ISO-Normen 9000:2000.

Der Qualitätsleiter als Coach des Managements
Mit diesem Thema beschäftigten sich die Referenten Werner Eisl von der SAQ-Geschäftsstelle Olten, Marc de Quervain und Kurt Hochreutener, ABB AG. Demnach zwingt die zunehmende Verschärfung des Wettbewerbs viele Unternehmen zum Überdenken von bisher erfolgreichen Strategien und Methoden. Gleichzeitig werden Kunden anspruchsvoller bezüglich Qualität, Lieferzeit, Innovation und Kundendienst. Eine nachhaltige Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit lässt sich nur mit einem umfassenden, firmenweiten Ansatz erreichen, der die Bedürfnisse der wichtigsten Interessensgruppen im Unternehmen sicherstellt. In den meisten Unternehmen spielt der Qualitätsleiter bereits jetzt die Rolle des Qualitätsförderers; durch die Neufassung der Norm ISO 9000:2000 wird er bei dieser Aufgabe besser unterstützt, da die neue Fassung der Norm ISO 9001 nun eine prozessorientierte Struktur hat und die Neufassung der Richtlinie ISO 9004 eine Menge guter Praktiken enthält, die klar in Richtung Business Excellence zeigen. Damit wird der Anschluss an das Modell für Excellence der EFQM geschaffen.
Veränderung der Firmenkultur
Die Entwicklung zur ganzheitlichen, firmenweiten und kundenorientierten Unternehmensführung bedingt in der Regel eine Veränderung der Firmenkultur. Der Veränderungsprozess ist mehrjährig und muss, wenn er innerhalb nützlicher Frist zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit führen soll, durch die oberste Führungsebene aktiv geführt und – da in der Regel weder die Geschäftsleitung noch die Mitarbeiter Fachleute in der Veränderung sind – durch eine geeignete Person unterstützt werden. Zur fachlichen Führung und Unterstützung („Coaching“) des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses setzen Weltklassefirmen einen oder mehrere ausgebildete Coaches ein. Diese kennen die Methoden und Hilfsmittel zur ganzheitlichen Unternehmensführung im Sinne des EFQM Modells für Excellence. Ihre Aufgabe ist es, Führungskräfte und Mitarbeiter in deren Anwendung beraten und zu unterstützen. In kleinen Firmen übernimmt in der Regel der Firmenleiter oder der Qualitätsbeauftragte diese Rolle. In den meisten Fällen ist die Rolle des „Veränderungsmanagers“ / Business Excellence Coaches die natürliche Weiterentwicklung für den Qualitätsleiter. Sie stellt erhöhte Anforderungen an
– Die Methodenkompetenz
– Die Fähigkeit, verschiedene Systeme, wie Umwelt, Sicherheit, Risk Management und EDV-Systeme zu integrieren
– Das unternehmerische Verhalten
– Die Teamfähigkeit sowie die Fähigkeit Teams zu bilden und zu moderieren.
Die Anforderungen an den Verbesserungs-manager sind enorm. Seine Stärke als Teamplayer unterstützt er mit einem ausgewiesenen Kommunikationsverständnis. Als Partner des Bereichsleiters ist er auf dem Tandem je nach Situation Antriebsmotor und in anderen Fällen Lenker. Sein ganzes Tun ist auf die Verbesserung der Produktivität ausgerichtet.
Durch seine Fähigkeit, Probleme kompetent angehen zu können, packt er auch heiße Eisen an. Er scheut sich nicht, Führung nach oben zu realisieren und als Coach und Trainer Einfluss auf das Management zu nehmen. Dabei spielt er seine technische, organisatorische und persönliche Erfahrung aus und wird zu einem geschätzten Partner. Seine Hartnäckigkeit und sein Wille zur Zielerreichung machen ihn zwar nicht durchwegs beliebt, sichern dem Unternehmen aber die angestrebte Produktivitätsverbesserung. Empowerment und klare persönliche Positionierung helfen bei Akzeptanzproblemen und Vermindern den Zeitaufwand für Überzeugungsleistung. Die Wirkung des Verbesserungsmanagers entfaltet sich auf dem gesamten Netzwerk des Unternehmens und beeinflusst damit die kulturelle Ebene. Damit werden die Resultate längerfristig gesichert.
Der Qualitätsleiter als Wissensmanager – von der Theorie in die Praxis
Das in einem Unternehmen vorhandene Wissen, die Ressource Wissen oder das sogenannte intellektuelle Kapital, wird immer mehr zum wichtigsten Produktionsfaktor und zum ausschlaggebenden Wettbewerbsfaktor, so Dr. Eugen Voit, Institut für Technologie-management ITEM – HSG, Universität St. Gallen. Die Gewinnung, Erzeugung, Erhaltung und Verteilung von unternehmensrelevantem Wissen rückt deshalb auch immer mehr ins Zentrum von Unternehmensstrategien. Knowledge-Management ist deshalb mehr als nur eine neue Managementwelle. Immer mehr Unternehmen beginnen damit, das Wissen als Ressource zu managen oder anders ausgedrückt, Wissensmanagement- Systeme zu entwickeln und umzusetzen. Gerade hier aber stellt sich dann die Frage, ob dies ein neues, parallel zu den anderen Systemen betriebenes System werden soll?
Knowledge-Management ist die Fähigkeit einer Organisation, als Ganzes neues Wissen zu kreieren, dieses an die richtigen Orte in der Organisation zu verteilen, es vor unbefugtem Zugriff zu schützen und schließlich in neue Produkte oder Services einzubauen. Im Mittelpunkt steht nicht mehr die externe oder interne Güterproduktion, sondern externe und interne Wissensproduktion‘. Dabei sind zwei Arten von Wissen zu unterscheiden. Einerseits ist dies das direkt zugreifbare explizite Wissen, welches formalisiert und damit einfach zu vermitteln ist. Andererseits aber handelt es sich auch um das implizite oder tazite, zumeist unsichtbar, nicht greifbar und daher oft nur in Form von Erfahrung in den Köpfen von Mitarbeitern vorhanden.
Die European Foundation for Quality Management (EFQM) hat in ihrer Umfrage von 1998 unter Europäischen Unternehmen zum Einsatz von Knowledge-Management festgestellt, dass nur ca. 29% der befragten Unternehmen keine Ziele für ein Wissensmanagement identifiziert haben. Hingegen haben über 66% der Unternehmen implizite oder explizite Ziele, die sie mit Knowledge-Management verfolgen. Dabei erklären die befragten Unternehmen, dass ihre wertvollsten Ressourcen gegenwärtig die Mitarbeiter und das Wissen sind, weit vor Maschinen, Finanzwerten oder Gebäuden. Gleichzeitig werden Menschen auch als die wichtigsten Wissensträger betrachtet, gefolgt von den verschiedenen Medien zur Verarbeitung und Darbietung von explizitem Wissen. Die Frage, die sich deshalb stellt, ist, ob mit dieser Erkenntnis auch im operativen Sinne etwas geschieht. Wissensziele ohne die Initiierung von konkreten Projekten, Initiativen, Aktivitäten etc. ist „wishfull thinking“ ohne Wirkung. Als Haupthindernisse bei der Verwirklichung der Ziele zum Wissensmanagement wird der Zeitmangel und das fehlende Bewusstsein genannt. Aber auch die Unkenntnis über den zukünftigen Wissensbedarf und schließlich die untemehmenskulturellen Aspekte wie „Wissen ist Macht“ sind Hürden. Nicht zuletzt auch deshalb ist das Konzept der Kernkompetenzen immer noch hochaktuell. Wenn man nicht bewusst die Antwort auf die Frage nach dem für die Zukunft des Unternehmens wichtigen und unwichtigen Wissen stellt, dann ist man derart mit der Wissensbearbeitung beschäftigt, dass für ein Wissensmanagement die Zeit fehlt. Die Identifikation und Weiterentwicklung von Kernkompetenzen ist nichts anderes als strategisches Wissensmanagement, denn Kernkompetenzen bestehen stärker und stärker nur noch aus explizitem und implizitem organisationalem Wissen.
Am stärksten gefährdet ist wohl ohne Zweifel das individuelle Wissen, dass nur in impliziter bzw. taziter Form vorhanden ist. Es ist hier zumindest wichtig, die Träger des zukünftig wichtigen Wissens zu identifizieren und diese Mitarbeiter an das Unternehmen anzubinden. Es ist keine gute Strategie zu sagen „alles Wissen muss explizit gemacht werden“. Die Vermittlung von Einzelwissen, das nur eine Person im Unternehmen hat, in mehrere Köpfe kann viel effizienter sein. Flexibiltäts-Matritzen sind Beispiele hierzu und auch die alte Meisterlehre ist immer noch ein sehr effektives Beispiel eines Wissensmanagement-Instrumentes.
Das Qualitätsmanagement hat eine ausgezeichnete Basis an Erfahrungen, Methoden und Werkzeuge, die ein unternehmerisches Wissensmanagement ganz wesentlich unterstützen kann. Qualitätsmanagement konzentriert sich heute noch stark darauf, das „Was“ möglichst genau zu identifizieren (z.B. Kundenerwartungen, Anforderungen anderer Interessengruppen) um daraus Anforderungen und Spezifikationen über das „Wie“ abzuleiten, um damit zu einem gewünschten Endzustand zu kommen, der beherrscht, damit wiederholbar und so in seinem Ergebnis auch vorhersagbar ist.
Durch Verifizierung und Validierung wird der Ist-Zustand mit dem Sollzustand verglichen und so die zur Zielerreichung und zur noch besseren Beherrschung notwendigen Informationen erzeugt. Der so entstehende Prozess der kontinuierlichen Verbesserung ist das zentrale Konzept des Qualitätsmanagements und gleichzeitig ein wesentlicher Prozess der Generierung von spezifischem Unternehmenswissens. Wird das Qualitäts-management durch das „Warum“ ergänzt, etwa in Form eines strategischen Kernkompetenzmanagements, dann kann damit die Grundlage für ein effizientes Wissensmanagement gelegt sein.
Ein wichtiger Bestandteil eines effektiven Wissensmanagements ist es, das Wissen dort zur Anwendung zu bringen, wo es benötigt wird. Dies bedeutet, dass der Weg von „Wissen ist Macht“ zu „Das Wissen dort wo’s macht“ zu beschreiten ist. Wissen muss ohne Zeitverzögerung und ohne Übersetzungsfehler dort verfügbar sein, wo es auch zur Erzeugung von Kundenzufriedenheit und Wertsteigerung eingesetzt werden muss. Die spezifische Prozessbetrachtung, die vor allem das moderne Qualitätsmanagement entwickelt hat, ermöglicht in idealer Weise die Erfüllung dieser Anforderung zu unterstützen und in die Realität umzusetzen.
Wie das Qualitätsmanagement so darf auch das Wissensmanagement kein singulärer Ansatz sein, sondern muss mit allen anderen wichtigen Managementprozessen in starker Wechselwirkung stehen oder gar im integrativen Sinne zusammengeführt werden.
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