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Gekaufte Qualität

Externe Qualitätsmanagementbeauftragte Ein Vorteil für kleinere und mittelständische Unternehmen?
Gekaufte Qualität

Ist die Besetzung der Position des Qualitätsmanagement-Beauftragten durch externe Berater ein Vorteil für Unternehmen oder lediglich die Eingangstür für windige Berater, die sich schnell eine goldene Nase verdienen wollen?

Stephan Riechmann, Qualitätsmanagement-Planer EOQ Quality System Manager, EOQ Auditor, Betriebswirt

Seit der Novellierung der DIN EN ISO 9001 im Jahr 2000 (Auszug ISO 9001) besteht die Möglichkeit bei zertifizierten Unternehmen oder solchen die eine Zertifizierung anstreben, die obligatorische Position des Qualitätsmanagement-Beauftragten (QMB) mit Unternehmensexternen zu besetzen.
Auszug ISO 9001
5.5.2 Beauftragter der obersten Leitung
Die oberste Leitung muss ein Leitungsmitglied benennen, das, unabhängig von anderen Verantwortungen, die Verantwortung und Befugnis hat, die Folgendes einschließen:
  • Sicher zu stellen, dass die für das Qualitätsmanagementsystem erforderlichen Prozesse eingeführt, verwirklicht und aufrechterhalten werden,
  • der obersten Leitung über die Leistung des Qualitätsmanagementsystems und jegliche Notwendigkeit für Verbesserungen zu berichten, und
  • die Förderung des Bewusstseins über die Kundenanforderungen in der gesamten Organisation sicher zu stellen.
ANMERKUNG Die Verantwortung eines Beauftragten der obersten Leitung kann in Angelegenheiten des QM-Systems auch eine Verbindung mit externen Parteien einschließen.
Durch diese Öffnung der ISO 9001 besteht nun auch für kleinere und mittelständische Unternehmen (KMU) die Möglichkeit ohne Aufstockung der personellen Ressourcen und der damit verbundenen Erhöhung der Personalkosten ein Qualitätsmanagement-system aufzubauen und weiterzuentwickeln. Eine populäre Lösung stellt die Besetzung dieser Position mit internen Mitarbeitern dar. Um das ISO Zertifikat und somit möglicherweise einen zusätzlichen Marktzugang zu erlangen wird die Position des QM-Beauftragten als Teilzeitjob an einen ohnehin in seiner hauptsächlichen Tätigkeit schon ausgelasteten Mitarbeiter vergeben. Mit dem Erfolg, dass der Betroffene, aus Zeitmangel, das Qualitätsmanagementsystem nur sehr rudimentär betreut bzw. aufrecht-erhält. An dieser Stelle kann möglicherweise das Potenzial, das ein funktionierendes QM-System beinhaltet, nicht genutzt werden, um zum Beispiel die Unternehmensabläufe effizienter und effektiver zu gestalten oder die Schnittstelle zu den Lieferanten zu optimieren.
Doch ist es ratsam die Position des QM-Beauftragten, er oder sie ist immerhin direkt der Geschäftsführung unterstellt, an einem Externen zu vergeben? Macht sich das Unternehmen möglicherweise abhängig?
Branchenerfahrung ist wichtig.
Ich möchte im Folgenden bei der Beantwortung dieser Fragen einige Anregungen geben:
Gute Qualitätsmanagement Berater haben den Vorteil, viele Unternehmen und deren QM-Systeme zu kennen. Sie können beim Auf- und Ausbau des QM-Systems auf einen größeren Erfahrungsschatz zurückgreifen als ein fester Mitarbeiter. Es ist allerdings sehr wichtig, dass der Berater entsprechende Referenzen vorweisen kann. Diese sollten gezielt hinterfragt werden, da sich in der Beraterzunft bekanntermaßen viele schwarze Schafe tummeln.
Einige Berater arbeiten auch als Auditoren für Zertifizierungsgesellschaften. Dieses kann ein weiterer Vorteil sein, um sowohl Lieferantenaudits als auch interne Audits optimal durchzuführen und somit einen Mehrwert für das Unternehmen zu schaffen.
Doch wo viel Licht ist gibt es auch Schatten. Insbesondere der Aspekt der Identifikation mit dem Unternehmen ist bei Externen naturgemäß nicht so ausgeprägt wie bei den Festangestellten. Dieser Punkt bedarf daher einer genauen Analyse bei der Vergabe von Beratungsaufträgen.
Persönliche Empfehlungen helfen bei der Auswahl
Ein wesentliches Auswahlkriterium ist sicherlich die persönliche Empfehlung von anderen Unternehmen. Durch einfaches Nachfragen im Kunden- und Lieferantenkreis oder bei den großen Zertifizierungsgesellschaften erhält man oft und zeitnah sehr gute Informationen über einen Qualitätsmanagement Berater der zum Unternehmen passt.
Abschließend gebe ich noch einige Hinweise zu verschiedenen Möglichkeiten in der Zusammenarbeit mit den Beratern:
Mehrere Möglichkeiten der Zusammenarbeit
Grundsätzlich gibt es drei Modelle der Zusammenarbeit mit Beratern im Bereich Qualitätsmanagement:
  • Variante 1: Unterstützung beim Aufbau und der Implementierung des QM-Systems durch Externe, die weitere Betreuung erfolgt in Eigenregie.
  • Variante 2: Vollständiges Outsourcen der Position des QM-Beauftragten, auch über die Einführungsphase des QM-Systems hinaus.
  • Variante 3: Eine Mischung aus 1 und 2, der QM-Berater entwickelt und implementiert das Qualitätsmanagementsystem und übernimmt für die Zeit nach der Zertifizierung die Pflege der QM-Dokumentation und des Auditwesens. Ein Mitarbeiter übernimmt den produktnahen Part des Aufgabengebiets des QM-Beauftragten, z.B. Fehler und Reklamationsmanagement etc.
Die Auswahl des passenden Modells richtet sich in erster Linie, abgesehen von den Fähigkeiten des Beraters, nach der Unternehmensgröße.
Bei Unternehmen bis 50 Mitarbeitern empfiehlt sich Variante 2 (das Outsourcen), Variante 3 hingegen bei Unternehmen mit Mitarbeiterzahlen zwischen 50 und 100. Bei größeren Unternehmen sollte langfristig der Aufbau von eigenen Ressourcen im Vordergrund stehen. Diese Einteilung variiert allerdings stark. Sie ist Branche abhängig und dem Einfluss des Umfeldes des jeweiligen Unternehmens ausgesetzt.
Somit wird deutlich, dass die Ein- und Weiterführung von QM-Systemen nicht mit hohen Fixkosten verbunden sein muss. Auch hier können bei kleineren und mittel-ständischen Unternehmen effiziente und effektive Lösungen gefunden werden, die schließlich auch zu ISO 9001 Zertifikaten, Marktzugängen und zu kontinuierlicher Verbesserung führen.
Qualitence, Hamburg
QE 502
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