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Hoher Industriestandard

Optische 3D-Messtechnik im Automobilbau
Hoher Industriestandard

Die Automobilindustrie und der Zulieferbereich stellen immer größere Anforderungen an die Fertigungsgenauigkeiten. Zu deren Prüfung und zur Beherrschung von Fertigungsprozessen kann sich die optische 3D-Messtechnik in immer stärkerem Umfang etablieren. Durch die vielfältigen Vorteile gegenüber der klassischen taktilen Messtechnik resultieren hieraus für den Nutzer völlig neue Nutzungspotenziale bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung.

Dipl.-Ing. Thomas Arndt, GFMesstechnik GmbH, Teltow/Berlin

Bei der zugrunde liegenden digitalen Streifenprojektion handelt es sich im Gegensatz zu den klassischen Lichtschnittverfahren nicht um ein, zwei- sondern um ein dreidimensionales Triangulationsverfahren. Das Messobjekt wird mit einem streifenförmigen Muster beleuchtet. Eine CCD-Kamera beobachtet den Verlauf der projizierten Streifenmuster auf der Werkstückoberfläche. Daraus lässt sich die Oberflächentopographie bestimmen.
Um möglichst hohe Genauigkeit und Schnelligkeit bei diesem Messverfahren zu garantieren, hat sich das Teltower Unternehmen auf den Einsatz sogenannter Mikrospiegelprojektionssysteme spezialisiert und in diesem Bereich eine technologische Führungsrolle eingenommen.
Aus Sicht der Anwender liegt der entscheidende Vorteil in der flächenhaften Erfassung einer extrem hohen Messpunktzahl innerhalb kürzester Messzeiten. So werden bis zu 1 Million Datenpunkte innerhalb von 15 Sekunden erfasst und als vollständiger Messwertdatensatz mit X-, Y- und Z-Koordinaten für eine weitere Messwertanalyse zur Verfügung gestellt.
Dabei werden in Abhängigkeit von der gewählten Messfeldgröße Auflösungen der Z-Koordinate im zehntel µm-Bereich erzielt. Die Messfelder selbst können in Größenbereichen von 2 x 2 mm bis zu 200 x 200 mm konfiguriert werden.
Die universelle und flexible Einsetzbarkeit des Verfahrens wird durch die realisierten zahlreichen Applikationen im Bereich der Automobilindustrie verifiziert. Aus der breiten Palette der möglichen Anwendungsgebiete sollen beispielhaft die folgenden Messaufgaben vorgestellt werden.
Messung des Brennraumvolumens
Der bisherige Stand der Technik zur Ermittlung des Brennraumvolumens von Pkw-Motoren basierte auf dem Verfahren des sogenannten Ausliterns. Es zeigte sich, dass die hiermit zu erzielende Genauigkeit und der erforderliche Zeitaufwand den gesteigerten Anforderungen nicht mehr gerecht wird.
Bei modernen Hochleistungsmotoren werden Toleranzen im Brennraumvolumen von ± 0,1 bis 0,15 cm3 gefordert. Für das Prüfmittel bedeutet dies, dass das Brennraumvolumen mit einer Genauigkeit von ± 0,01 bis 0,015 cm3 beziehungsweise 0,05 Prozent der Volumentoleranz zu messen ist. Das Messsystem VolumeChecker wurde speziell an die Anforderungen der Brennraumvermessung angepasst. Damit lassen sich die genannten Genauigkeitsanforderungen erfüllen.
Die Messungen können am teil- oder vollbearbeiteten Zylinderkopf oder auch am Gussrohling vorgenommen werden. Im Falle der Messungen ohne Ventil und Zündkerze werden diese Öffnungen durch den sogenannten „Softwaredeckel“ bei der Auswertung verschlossen (Bild 4).
Über die werkergerechte Benutzeroberfläche ist eine einfache Bedienung des Messsystems gegeben. Innerhalb von 90 Sekunden ist die Messung einer Brennraumkalotte abgeschlossen. Die Messergebnisse können über eine QS-Stat Schnittstelle einer weiteren Auswertung zugeführt werden.
Mikrostrukturmessung der Zylinderbohrung
Verbunden mit der Einführung von mikrostrukturierten Oberflächen für Zylinderlaufbahnen ergibt sich die Notwendigkeit einer zuverlässigen Beurteilungsmöglichkeit für den Fertigungsprozess. Schnell wurde deutlich, dass die klassischen taktilen Profilschnittmethoden nur im geringen Umfang geeignete Kriterien für eine robuste Qualitätskontrolle bereitstellen. Erst mit der topographischen Auswertung der Oberfläche lassen sich schnell und sicher Aussagen über die Fertigungsqualität ableiten.
Das Messsystem TubeScan kann die 3D-Mikrostruktur der Zylinderlaufbahn µm-genau erfassen. Um die erforderlichen Genauigkeiten zu erreichen, werden mehrere Einzelfelder in der Zylinderbohrung erfasst und einer gemeinsamen Auswertung zugeführt. Alle gängigen Rauheitsparameter können auch flächenhaft berechnet werden. Zudem ist als Sonderauswertung die Bestimmung von offenen und geschlossenen Leerflächen beziehungsweise Leervolumina möglich. Diese Kenngrößen erlauben eine zuverlässige Aussage über die Ölkammern und damit über das zu erwartende Verschleiß- und Abgasverhalten des Motors.
Rattermarkenmessung auf Nockenwellen
Eine besonders anspruchsvolle Messaufgabe stellt die Erfassung von Rattermarken auf Nockenwellen dar. Die Rattermarken haben entscheidenden Einfluss auf das Verschleiß- und Geräuschverhalten des Motors. Die flächig orientierte Ausprägung der Rattermarken an den gekrümmten Laufflächen erfordert zunächst die Eliminierung der Form- und Rauheitsanteile aus dem Messdatensatz. Problematisch ist hierbei die Trennung von Welligkeiten im µm-Bereich und den eigentlichen Rattermarken, die bei einer reinen Schnittlinienbetrachtung nahezu unmöglich ist. In Zusammenarbeit mit einem Automobilhersteller konnte eine geeignete flächenhafte Analysemethode entwickelt werden, die die Beurteilung mit einem speziellen reproduzierbaren Kennwert erlaubt (Bild 3).
Die Messung wird teilautomatisiert an einer kompletten Nockenwelle durchgeführt. Für ein einzelnes Messfeld liegt dabei die Mess- und Auswertezeit unter 30 Sekunden.
Welligkeiten auf Brems- und Kupplungsscheiben
Die Bestimmung von Welligkeiten an rotationssymmetrischen, scheibenförmigen Werkstücken ist eine klassische Messaufgabe für Formprüfsysteme. Diese Messsysteme haben auf Grund ihrer mechanischen Komplexität ein sehr hohes Preisniveau. Zusätzlich sind für die Messung stets zeitaufwendige Zentrier- und Nivelliervorgänge notwendig.
Demgegenüber kann die optische 3D-Messtechnik komplett auf präzisionsmechanische Komponenten wie den Rundtisch verzichten. Das Werkstück, zum Beispiel die Kupplungs- oder Bremsscheibe wird im Messfeld grob vorpositioniert. Aus dem Höhenbild kann durch rechnerische Ausrichtung und die Bildung kreisförmiger Profilschnitte innerhalb von 30 Sekunden eine präzise Aussage über die Welligkeit getroffen werden. Im Beispiel wurde eine Tellerfeder mit einer beabsichtigten sinusförmigen Welligkeit geprüft (Bild 2). Die Amplitude und die Gleichförmigkeit des Sinus ist hier ein entscheidendes Qualitätsmerkmal. Die durchgeführte Bestimmung der Messgerätefähigkeit ergab einen Cg Wert von circa 1,9.
Neben den genannten Aufgaben ist auch die Ebenheits- und Welligkeitsprüfung an Dichtflächen wie der Zylinderkopfdichtfläche ein Schwerpunkt für die Anwendungsmöglichkeiten der optischen 3D-Messtechnik.
Überzeugende Ergebnisse
In allen genannten Anwendungsbereichen konnte die optische 3D-Messtechnik ihre speziellen Stärken der flächenhaften und µm-genauen 3D-Messwerterfassung zur Geltung bringen. Erst durch ihren Einsatz wurden neue Verfahren und Optimierungspotenziale im Bereich der Automobilindustrie möglich und erschlossen. Die eingesetzten Systeme zeichnen sich durch hohe Zuverlässigkeit aus und konnten die geforderten Fähigkeitsnachweise häufig deutlich übererfüllen. Die Akzeptanz beim Bedienpersonal zeigte, dass die optische Messtechnik inzwischen einen hohen Industriestandard erreicht hat (Bild 1).
Die genannten Beispiele dienen nur als ein erster Einblick in die vielfältigen Aufgabenstellungen, die durch die digitale Streifenprojektion gelöst werden können.
Die Perspektiven
Die optische 3D-Messtechnik kann seit mehreren Jahren beweisen, dass sie hohe Ansprüche im Bereich der Automobilindustrie erfüllen kann. Der konsequente Einsatz und eine frühzeitige Einbeziehung in die Anlagenplanung leisten einen wesentlichen Beitrag zu einer optimalen Prozessbeherrschung und es werden völlig neue Anwendungsfelder erschlossen. In naher Zukunft ist von dem vermehrten Einsatz modularer Streifenprojektionsmodule auszugehen, die eine aufgabenangepasste Konfiguration von „Optischen 3D-Lehren“ ermöglicht. Durch die inzwischen abgeschlossene Entwicklung von extrem platzsparenden Messkopfmodulen ist die optische universelle 3D-Hochgeschwindigkeitsmessung für den Alltagseinsatz in greifbare Nähe gerückt.
Die bestehenden Standardmesssysteme mit der zugehörigen Auswertesoftware bilden die Basis für den Einsatz der optischen 3D-Messtechnik als universelles Werkzeug für die fertigungsnahe und werkergerechte Qualitätsprüfung.
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