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Intelligente Augen für die Industrie

Smart Kameras auf dem Vormarsch
Intelligente Augen für die Industrie

Intelligente Kameras, die dank integrierter Prozessoren alle Bildverarbeitungsaufgaben selbstständig durchführen, sind in industriellen Umgebungen eine vergleichsweise neue Erscheinung: Erst 1995 stellte der Entwickler Michael Engel auf der Fachmesse VISION mit der VC11 die erste industrietaugliche intelligente Kamera vor. Sein kurz darauf gegründetes Unternehmen, die Vision Components GmbH, hat sich seitdem zu einem führenden Experten für intelligente Kamerasysteme entwickelt. Was genau intelligente Kameras von anderen Machine-Vision-Systemen unterscheidet, und welchen Nutzen die Systeme Anwendern bieten, wird im folgenden Artikel näher beleuchtet.

In den letzten Jahren hat sich der Markt im Bereich der industriellen Bildverarbeitungslösungen deutlich vergrößert: Anwender können aus einem breiten Produktspektrum die passende Lösung für ihre Applikation auswählen. Die Bandbreite reicht von Vision-Sensoren bis zu Kombinationen aus Industrie-PCs und Kameras. Zwischen diesen beiden Polen sind die intelligenten Kameras angesiedelt, deren Kernstück ein digitaler Signalprozessor (DSP) bildet – sie agieren als komplette, frei programmierbare Bildverarbeitungssysteme, die zum Ausführen von Bildverarbeitungsaufgaben keinen zusätzlichen PC benötigen. Vision-Sensoren hingegen basieren zwar auf der gleichen Hardware-Technologie, können jedoch aufgrund ihrer reduzierten Softwareausstattung nur eingeschränkt parametriert werden. Sie werden ganz auf spezifische Aufgaben (z.B. die Erkennung von Objekten sowie 1D- und 2D-Codes und einfache Farbprüfungen) zugeschnitten und lassen sich ohne Programmierkenntnisse einlernen. Bei den konventionellen, PC-basierten Kamerastationen schließlich findet die Bildverarbeitung komplett im Rechner statt; die Kamera verfügt über keine Eigenintelligenz.

Systeme im Vergleich
Viele Anwender setzen weiterhin auf PC-basierte Systeme, da sie ihnen eine vertraute Umgebung bieten. Die Kombinationen aus PC und Kamera bringen aber auch zahlreiche Nachteile mit sich: Zum einen beanspruchen sie deutlich mehr Platz als intelligente Kameras, und zum anderen sind sie hardwaretechnisch deutlich aufwändiger, da sie sich nur bedingt für raue industrielle Umgebungen eignen und mit beträchtlichem Aufwand angepasst und geschützt werden müssen, z.B. mit Lüftern und Schaltschränken. Außerdem können in anspruchsvollen Anwendungen schnell Probleme mit der erforderlichen Rechenleistung auftreten. Hier zeigt sich der grundlegende Unterschied zwischen den in VC-Kameras eingesetzten digitalen Signalprozessoren und PC-Prozessoren: Erstere sind speziell für sehr rechenintensive Echtzeit-Anwendungen und das Verarbeiten digitaler Signale konzipiert, letztere sind Allzwecksysteme, die eine Vielzahl verschiedener Aufgaben bewältigen, bei der digitalen Signalverarbeitung allerdings selbst bei hohen Taktraten vergleichsweise ineffizient abschneiden. Ein passender Vergleich findet sich in der Autowelt: Ein DSP wäre für einen Bürocomputer ähnlich überdimensioniert wie ein Ferrari für den Berufsverkehr – in einer anspruchsvollen Anwendung kann er jedoch seine Schnelligkeit ausspielen. Umgekehrt sind PC-Prozessoren DSPs auf der Datenrennstrecke ebenso unterlegen wie ein normaler PKW einem Rennwagen. Diesen Faktor sollten speziell Betreiber von Hochgeschwindigkeitsapplikationen, z.B. in der Druckindustrie, in Betracht ziehen. Gegenüber den PC-basierten Lösungen gewinnen daher sowohl intelligente Kameras als auch Vision-Sensoren zunehmend Land. Vorteilhaft für DSP-basierte intelligente Kameras ist dabei der Fakt, dass sie sich zunehmend neue Anwendungen erschließen, und deshalb nicht auf Abnehmer aus bestimmten Industriebranchen angewiesen sind. VC-Kameras kommen selbst fernab der Industrie zum Einsatz. Ein außergewöhnliches Beispiel ist die Überwachung des gewünschten Wachstums von Kokospalmen in einem niederländischen Gartenbaubetrieb. Weitere Einsatzgebiete sind unter anderem die Sicherheitsbranche, der Freizeitbereich und Zukunftstechnologien wie die Solartechnik: VC-Kameras bewähren sich in der Nummernschilderkennung und Bewegungsdetektion, in der Spielkartenkontrolle in Casinos und beim Sortieren von Lotteriescheinen sowie in der Fertigungsüberwachung und Qualitätssicherung in der Photovoltaik-Produktion.
Intelligente Kameras im Detail
Die echtzeit- und netzwerkfähigen intelligenten Kameras von Vision Components integrieren einen CCD- oder CMOS-Sensor, einen Prozessor, einen Framegrabber sowie Bildspeicher und alle erforderlichen Schnittstellen. Sie sind ca. 50-mal kompakter und zehnmal preiswerter als herkömmliche PC-basierte Bildverarbeitungsstationen. Da sie weder Festplatten noch Lüfter benötigen, müssen sie nicht im Schaltschrank untergebracht werden und sind weniger störanfällig. Im Vergleich zu PC-Systemen bieten sie zudem durch einen geringeren Materialaufwand bei der Herstellung und einen wesentlich niedrigeren Verbrauch eine deutlich bessere Energiebilanz, wodurch auch der CO2-Ausstoß für den Dauerbetrieb der intelligenten Kameras minimal ausfällt.
Das VC-Produktprogramm umfasst neben den Standard Smart Kameras auch höchst kompakte Sensorkameras im IP65/IP67-Gehäuse, die komplett mit Optik und LED-Beleuchtung geliefert werden, sowie speziell für OEM-Anwendungen geeignete intelligente Platinenkameras ohne Gehäuse. Für OEM-Kunden entwickelt VC darüber hinaus auch Sonderlösungen, bei denen die Größe der Platine und die Ausstattung der Kameras individuell ausgelegt werden kann. So lassen sich die Bildverarbeitungssysteme optimal an spezifische Anforderungen anpassen.
Hardware-Ausstattung
Für die extern oder intern triggerbare Bildaufnahme ist bei VC-Kameras ein CCD- oder CMOS-Sensor zuständig, dessen Auflösung zwischen 640 x 480 und 2592 x 1944 Pixeln gewählt werden kann. Die Bildrate erreicht je nach Auflösung zwischen 10 und 484 fps. Der analoge Pixelwert des Bildsensors wird mit 10 Bit in digitale Daten umgewandelt; mittels einer Lookup-Tabelle werden die Bilddaten auf 8 Bit reduziert. Ein DMA-Controller (Framegrabberfunktion) übernimmt die Speicherung des Bildes und sorgt dafür, dass Bilder oder Speicherbereiche beim Auslesen aus dem Speicher in analoge Daten umgewandelt und auf einem externen Monitor dargestellt werden. Die Smart Kameras sind mit einer RS232– und einer Ethernetschnittstelle sowie einem externen Hochgeschwindigkeitstriggereingang ausgerüstet, der selbst bei sehr hoher Abfragefrequenz jitterfreie Bildaufnahmen ermöglicht. Sie verfügen über eine interne Speicherkapazität von maximal 256 MB DDRAM sowie 32 MB Flash. Zur Ausstattung gehören außerdem ein direkter Videoausgang sowie je vier digitale SPS-I/Os. Kernstück der Kameras ist ein leistungsfähiger digitaler Signalprozessor von Texas Instruments, der je nach Baureihe eine maximale Rechenleistung von 1 GHz (8.000 MIPS) bietet.
Software
In der industriellen Bildverarbeitung sind Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit essenziell – eine entscheidende Anforderung an intelligente Kameras ist daher Echtzeitfähigkeit. Dies wird in VC-Kameras vom Linux-ähnlichen, firmeneigenen Betriebssystem VCRT gewährleistet. Über die integrierte Shell lassen sich alle Kamerafunktionen bedienen; es können aber auch Dateioperationen durchgeführt, Programme gestartet oder TCP/IP-Statistiken abgerufen werden. Das Dateisystem ist stromausfallgesichert, zum Herunterfahren wird einfach der Strom ausgeschaltet. Mittels der Programmiersprachen C und C++ lassen sich die Smart Kameras frei programmieren und an anwendungsspezifische Anforderungen anpassen. Die Programmentwicklung erfolgt mit einer integrierten Entwicklungsumgebung (IDE) auf dem PC. Das fertige Programm wird z. B. per FTP auf die Kamera übertragen und dort ausgetestet. Die umfangreiche Bildverarbeitungsbibliothek VC Extension LIB erleichtert das Programmieren. Darüber hinaus bietet Vision Components eine Reihe von Softwarelösungen an, die neben der allgemeinen Bildverarbeitungsbibliothek VC LIB auch intelligente Sondersoftwarepakete wie z.B. den VC Smart Finder, eine Bibliothek zur konturbasierten Mustererkennung, oder den VC Smart Reader, eine Bibliothek zur 2D-Code-Erkennung, umfasst. Eine neue Entwicklung ist die Anpassung der Open-Source-Bibliothek OpenCV an das VCRT-Betriebssystem.
Fazit + Ausblick:
„Seit der Entwicklung der VC11 ist viel Zeit vergangen, aber das Ziel ist stets dasselbe geblieben: auf kleinem Raum noch mehr Leistung integrieren“, erklärt Michael Engel. „Somit können intelligente Kameras in immer anspruchsvolleren Anwendungen eingesetzt werden. Es war mir auch von Anfang an klar, dass die Anwendungsmöglichkeiten für unsere Systeme fast unbegrenzt sind. Unsere bisherige Firmengeschichte bestätigt diese Annahme – intelligente Kameras sind nach wie vor auf Erfolgskurs.“
Vision Components, Ettlingen www.vision-components.com
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