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Internationalisierung schreitet voran

AQC in Toronto: Forum für Business Excellence weltweit
Internationalisierung schreitet voran

Beim 58. Jahreskongress (Annual Quality Congress, AQC) der American Society for Quality (ASQ) im kanadischen Toronto trafen sich vom 24. bis 26. Mai 2004 über 2.200 Qualitätsfachleute aus 41 Ländern. US-Bürger stellten knapp zwei Drittel der Teilnehmer, 22 % kamen aus Canada, 9 % sind außerhalb Nordamerikas zuhause. Damit ist die ASQ ihrem erklärten Ziel der Internationalisierung wieder ein Stück näher gekommen.

Birgit Otto, BSC, MA BO Consult, Business Excellence Moderation, Ostfildern

Toronto stand als Tagungsort zwar schon seit vielen Jahren fest, erwies sich aber angesichts des noch immer gespannten Verhältnisses zwischen Amerikanern und anderen Nationen als wohltuend neutraler Ort. Im Gegensatz zum 57. Kongress in Kansas City im vergangenen Jahr, der offiziell demonstrativ den US-amerikanischen Geist beschwor und im persönlichen Gespräch durch ein sorgfältiges Abtasten des Gesprächspartners (pro oder contra Bush) geprägt war, verlor sich die US-Sichtweise in Canada in der Vielfalt internationaler Alternativen.
International community
Deutliche Hinweise wohin die Reise in Zukunft geht: Beim abendlichen Bankett zeichnete ASQ Präsident Kenneth E. Case die Direktorin der chinesischen nationalen Zertifizierungsgesellschaft, Madame Wong, für ihren Einsatz für das Qualitätsmanagement in China aus.
Zugleich wurde mit der Anerkennung der Kanadier als eigenständige „ASQ Canada“ und der Gründung der „ASQ Costa Rica“ dem Bedürfnis nach nationaler Identität der ASQ-Mitglieder innerhalb der ASQ-Familie Rechnung getragen.
Die internationalen Mitglieder der ASQ kommen inzwischen aus 112 Ländern. Die größten Mitgliederzahlen verzeichnet man in Asien und Europa, gefolgt von Lateinamerika, dem Mittleren Osten und Afrika. Wie viele Verbände weltweit verliert die größte amerikanische Vereinigung für Qualitätsfachleute kontinuierlich Mitglieder. In den vergangenen fünf Jahren ging die Mitgliederzahl von 120.000 auf 89.000 zurück. Kein Wunder: Wessen Berufsleben ist heute noch durch eine lebenslange Karriere bei einem einzigen Arbeitgeber, verbunden mit einer durch den Job garantierten Mitgliedschaft in entsprechenden Berufsverbänden, geprägt?
Die ASQ hat auf diese Veränderung mit einem diversifizierten Angebot für Mitglieder reagiert, das nicht zuletzt durch den stärkeren Gebrauch des Internets bei Training und Wissenstransfer gekennzeichnet ist. So will man den Kundenwünschen besser Rechnung tragen und sich gleichzeitig weltweit als die führende Qualitätsvereinigung für alle Branchen positionieren. Die Basis hierzu ist gelegt: Die Mitgliederzahl des „International Chapter“ blieb entgegen dem Trend konstant bei etwa 5.500.
ServiceQ, AdminQ, SocietyQ
Die Qualitätswelt ist komplex geworden: Vorbei sind die Zeiten, als die großen amerikanischen Konzerne, insbesondere der Rüstungsindustrie, die Linie in der ASQ vorgaben. Zwar sind bei den Vorträgen Namen wie Boeing oder IBM auch heute noch vertreten, aber sie werden ergänzt durch Vorträge neuer Dienstleistungsunternehmen, privat oder staatlich geführter Krankenhäuser, Schulen und der öffentlichen Verwaltung.In gleicher Weise hat sich das Publikum deutlich verändert.
Neben langjährigen, regelmäßigen Besuchern aus der Industrie fanden viele Neulinge in Sachen Qualität aus den verschiedensten Branchen den Weg zum AQC. Viele Teilnehmer kamen aus eigenem Antrieb, oft nicht finanziert von ihren Arbeitgebern. Die persönlichen Gespräche kreisten um Themen wie work-life balance, health & safety, aging workforce, job security.
Zum ersten Mal bot der AQC ganz eindeutig ein Forum, bei dem sich Qualitätsinteressierte an einem bestimmten Ort und für eine kurze Dauer über die unterschiedlichsten Bedürfnisse austauschen. Plenumsveranstaltungen wie in der Vergangenheit wichen bis auf die Key Note Speakers zu Tagesanfang einer Vielzahl parallel stattfindender Angebote. Wer was besucht, sich über was wo informiert oder sich mit wem trifft, war in hohem Maße dem einzelnen Teilnehmer überlassen.
Enjoying together
Gewollter Gegenpol zu dieser Vereinzelung des Kongresserlebnisses: der zweite „Run for Health“, ein Cocktailempfang in der Hockey Hall of Fame, das Bankett des Präsidenten und das mittägliche, gemeinsame Lunchpaket sowie ein vermehrtes Angebot an „Networking Sessions“, die während der Mittagszeit zu Themen wie Webinars and E-Learning, Six Sigma, Information Integrity, Audit, Standards, Ehrenamt und neue Trends bei der ASQ angeboten und reichlich genutzt wurden. Hier bot sich im kleinen Kreis und moderiert durch Fachleute der direkte Erfahrungsaustausch mit Kolleginnen und Kollegen, Visitenkartentausch inklusive.
Obwohl diese Vielfalt für Veranstalter und Besucher gleichermaßen eine große Herausforderung ist, bildet sie den Kern dessen, was den Kongress immer wieder zu einem Erlebnis macht. Auch wenn er nicht mehr die großen Teilnehmerzahlen wie in der Vergangenheit erreicht, ist der Annual Quality Congress (AQC) im Gegensatz zu vielen Fachkongressen eine unerschöpfliche Quelle für jeden, der etwas mit Qualität zu tun hat. Das Angebot ist sehr vielfältig.
Wer sich einen Überblick über Beratungs-, Trainings-, Software- oder Zertifizierungsangebote verschaffen möchte, dem bietet die begleitende Ausstellung von 108 Anbietern reichlich Gelegenheit zum Gespräch. 191 parallele Vorträge und Seminare in 10 Themengebieten (Healthcare, International/European, Green, QM, Software, Automotive, Canada, HR and Leadership, Statistics, Quality Audit und Participation and Improvement) zeigen die Vielfalt der Qualitätswelt auf. Bücher und Internet, Networking Sessions und Qualitfizierungsoptionen vor, während und nach dem Kongress stellen nicht nur Neulinge vor die Qual der Wahl. Ohne solide Vorbereitung in der Orientation Session entgehen Einem schnell interessante Ereignisse.
Faces of quality…
Neben der Internationalisierung ist die persönliche Einbindung der Mitglieder in die ASQ erklärtes Vereinsziel.
So zierten die Veranstaltungssäle zahlreiche Portraits und persönliche Aussagen von ASQ-Mitgliedern – Gesichter, die während des Kongresses auch in Fleisch und Blut zugegen waren. Auch die Auszeichnungen wurden sichtbarer präsentiert als in den vergangenen Jahren. Sie fanden im morgendlichen Plenum statt. Darüber hinaus stellten die Ausgezeichneten ihre Arbeit in einer separaten Sitzung im Detail vor.
Auch den Fortschrittsberichten der seit einigen Jahren durch die ASQ forcierten ehrenamtlichen Arbeit, die Mitglieder ermutigen soll, Qualitätsmethoden in ihrem direkten Lebensumfeld (Kommune, Schule, Freizeit) umzusetzen, wurde im Gesamtprogramm sichtbar Platz eingeräumt.
Auffallend die vielen Angebote zu den so genannten „Soft factors of quality“, Führungsstil und Teams. Dies ist nicht zuletzt das Ergebnis der Übernahme der Association for Quality and People, AQP, durch die ASQ im Jahr 2002. So wurde die Finalrunde des bei der AQP über viele Jahre ausgeschriebenen National Team Excellence Award zum ersten Mal während des AQC durchgeführt. Zwei Tage lang konkurrierten 26 Teams um die Auszeichnung.
Deren öffentliche Präsentationen boten dem aufmerksamen Zuhörer jede Menge Anregungen für Prozessverbesserungen und Teamarbeit. Die Arbeit der APQ wird in Zukunft im ASQ-Forum „Teamwork and Participation“ weitegeführt.
Academic laggards
Qualität hat auch die Hochschulen erreicht – interessanterweise weniger als Anwendungs-, sondern als Lehrobjekt. Vielleicht ist es die Sogwirkung von ASQ-Präsident Ken Case, der als Uni-Mann natürlich eine akademische Duftmarke in der ASQ hinterließ.
Manch gestandener Qualitätsfachmann lächelte allerdings sanft, ob der „Aha“-Erlebnisse seiner akademischen Kollegen, die sich oft noch am Grundhandwerkzeug modernen QMs wie Prozessbeschreibung oder Ishikawa-Diagramm berauschten. Dabei wäre es ausgesprochen wichtig, dass Hochschule und Industrie beim Qualitätsmanagement enger zusammenarbeiteten.
Einerseits wird Qualität heute als eine ganzheitliche Methode der Unternehmensführung betrachtet und sollte ebenso ganzheitlich erforscht und unterrichtet werden. Andererseits spielt die Messbarkeit von Qualität wieder – oder immer noch? – eine zentrale Rolle. Insbesondere bei der Anwendung komplexer statistischer Methoden zur Prozessverbesserung (Stichwort: Six Sigma) wünscht sich die Industrie eine engere Verzahnung mit der Forschung.
Systems and interfaces
„Qualitätsfachleute müssen sich die systemische Denkweise zu eigen machen,” stellte Tito Conti, altgedienter Qualitätskämpfer aus Italien, in seinem Vortrag fest. Gwen Charles und Timothy Hill aus Canada forderten angesichts absehbaren Arbeitskräftemangels in den westlichen Industrieländern Unternehmen und Regierungen dazu auf, „Corporate Social Responsibility“ (CSR) in gleicher Weise als Leistungskennzahl zu behandeln wie Kundenzufriedenheit oder Krankenstand. Den wiederum hatte Jim Murray fest im Blick. „Good health = good business!“ fasste er das „Healthy Lifestyle Program“ seines Arbeitgebers, des kanadischen Stahlherstellers Defasco, zusammen. Während man sich vor 2000 in dem Traditionsunternehmen darauf beschränkt habe, Unfälle zu vermeiden, setze das heutige Programm auf Prävention. Das Programm umfasse die Bereiche Fitness, Ernährung, Stress und vorbeugende Kontrolle. „Dieser Prozess wird nicht top-down,“ so Jim, „sondern durch Freiwillige aus der Mitarbeiterschaft getrieben.“ Der Erfolg spricht für sich: Arbeitszeitverluste durch Krankheit oder Verletzung sowohl bei Arbeit als auch Freizeit konnten halbiert und weiter verringert werden.
World Partner
Bleibt zu wünschen, dass DGQ-Geschäftsführer Dr. Wolfgang M. Kaerkes und Vizepräsident Prof. Dr. Herbert Schnauber, die in Toronto eine Ehrung durch die ASQ für den jüngst verstorbenen deutschen Qualitätsguru, Dr. Walter Masing, entgegennahmen, die Deutsche Gesellschaft für Qualität schnellstens zu dem machen, was die ASQ schon ist: ein international offenes Forum für Business Excellence – real und virtuell. Die ASQ lädt für 2005 statt zum AQC zur „ASQ World Conference on Quality and Improvement“ nach Seattle (USA) ein. Schön wäre es, wenn man dann über konkrete Fortschritte der „World Partner“- Partnerschaft zwischen ASQ und DGQ berichten könnte, welche die beiden Qualitätsvereine 2003 vertraglich fixiert haben.
Interessante Links:
American Society for Quality:
National Quality Institute, Canada:
QE 502
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