Startseite » Allgemein »

Maßarbeit

Allgemein
Maßarbeit

Maßarbeit
Ralf Steck
Gerade im Formen- und Modellbau ist das Messen mit 3D-Meßmaschinen eine zentrale Tätigkeit. Bei der Misslbeck Modell- und Formenbau GmbH hat das Messen eine besondere Bedeutung: Das Ingolstädter Unternehmen fertigt unter anderem sogenannte Cubings, das sind Modellaufbauten, die exakt den CAD-Datenstand von Bauteilen darstellen und an denen beispielsweise die Maßhaltigkeit von Anbauteilen für Autos beurteilt wird. Da Lehren immer eine besonders geringe Toleranzen aufweisen müssen, ist eine hochpräzise Fertigung der aus Aluminium und Kunststoff bestehenden Cubings ebenso gefordert wie eine genaue Kontrolle der fertigen Lehre.

Dipl.-Ing. Ralf Steck, Fachjournalist, Friedrichshafen

Das Unternehmen Misslbeck kann auf eine langjährige Geschichte zurückblicken: Schon 1869 wurde es als Schreinerei gegründet. Im Jahr 1949 wurde das Unternehmen im Zuge des Wiederaufbaus um eine Abteilung für Modellbau und Maschinenbau erweitert. Als 1968 die Formenbauabteilung für Kunststofformen gegründet wurde, arbeiteten schon 40 Mitarbeiter bei Misslbeck. Erweiterungen, Umzug 1982 und der Aufbau einer eigenen Konstruktionsabteilung und des Prototypenbaus führten das Unternehmen in die Neunziger Jahre. 1993 wurde in Zwickau ein zusätzlicher Standort gegründet, vor allem für die Blechbearbeitung. Neuestes Datum ist die Eröffnung der Niederlassung in Duncan/ South Carolina, USA und eines Büros in England. Heute beschäftigt Misslbeck insgesamt 200 Mitarbeiter.
Die Kunden des Unternehmens finden sich in den verschiedensten Bereichen, im Modellbau liegt der Schwerpunkt jedoch in der Automobil- Landmaschinen und Nutzfahrzeugindustrie sowie in der Luft- und Raumfahrt. Ein wichtiger Bestandteil des Angebotes ist die eigene Konstruktionsabteilung, in der neben Betriebsmitteln und Vorrichtungen für den eigenen Bedarf und für Kunden auch komplette Produktentwicklungen durchgeführt.
Im Formenbau werden vor allem Formen für den Kunststoffbereich hergestellt, darunter solche, in denen beispielsweise Folien unterschäumt werden können, beispielsweise für Armaturentafeln. Im Modellbau lassen sich auf einer Stereolithographiemaschine neue Bauteile direkt aus CAD-Daten herstellen. In verschiedenen Verfahren entstehen Prototypen- und Vorserienteile sowie Kleinserien aus Metall oder Kunststoff. Jörg Folda, der im Modellbau für die Leitung CAD/CAM Zuständige, erklärt: „Wir wollen den gesamten Produktentstehungszyklus abdecken, von der Entwicklung über den Prototypenbau, Erstbemusterung und Vorserie bis hin zu den Formen für die Serienproduktion. Ziel dabei ist es, durch den Einsatz von CAD- und anderen Computertechniken die Prozeßkette abzukürzen.“
Im Modellbau wurde 1996 CATS als allgemeine Meßplattform eingeführt. Heute stehen neun Arbeitsplätze zur Verfügung, die auf fahrbaren Meßstationen laufen. In diesen Meßstationen sind PCs montiert, die mit der Software CADmess und einer ebenfalls von CATS entwickelten Interface-Karte bestückt sind. Die Meßstationen sind mobil, das heißt, daß sie an jedem der 17 Meßständer angeschlossen werden können. Da der Zeitaufwand für den Meßaufbau wesentlich höher ist als für das eigentliche Messen, kann der CATS-Anwender so an einer Platte arbeiten, während an anderen die nächsten Teile aufgebaut werden. CATS enthält eine ganze Reihe von Funktionen für das Einmessen des Bauteils; so kann der Nullpunkt über das Anfahren einiger Geometrieelemente festgelegt werden. Als Referenz dient das CAD-Modell des zu messenden Teils, das über das Netzwerk aufgerufen wird. Um mehrere Teile gemeinsam zu vermessen, beispielsweise Türen und Kotflügel eines Autos, lassen sich die einzelnen CAD-Modelle zu einem gemeinsamen Meßmodell zusammenfügen.
Die Herstellung von Cubings ist eine Spezialität von Misslbeck. So wurden für den VW New Beetle sowohl Innenraum- als auch Außencubings entwickelt und hergestellt. Auf Basis der CAD-Daten der Karosserie wird dazu der Innenraum beziehungsweise die unter der Außenbeplankung liegenden Blechteile zu einem kompletten Modell zusammengefügt, das dann in Originalgröße aus Stahl, Aluminium oder Kunststoff gefräst wird. In das Cubing, das beispielsweise die Blechkarosse eines Fahrzeuges nachbildet, lassen sich nun alle Anbauteile des Fahrzeugs einbauen. Von den Teppichen über Kabelbäume und Verkleidungen bis hin zur kompletten Armaturentafel werden alle Bestandteile des Innenraums eingebaut. Damit lassen sich Toleranzen zwischen den einzelnen Einbauteilen mit dem FARO-Arm überprüfen oder Abweichungen, beispielsweise zwischen Befestigungslöchern am Fahrzeug und Klemmpins an der Innenverkleidung, erkennen. Das Cubing dient somit als Referenz für alle Anbauteile.
An Außencubings können alle Blechteile, Lampen und andere Anbauteile befestigt werden, um beispielsweise Spaltmaße an Türen und Hauben zu erkennen. Cubings werden entweder als komplette oder auch teilweise Abbildung eines Fahrzeugs gebaut. Bei Teilcubings beschränkt sich die Nachbildung auf besonders komplexe Bereiche des Fahrzeuges, wie die Armaturentafel. Sogar Türen und Hauben werden aus Aluminium hergestellt, um beispielsweise Türverkleidungen im Zusammenspiel mit den Anschlußbereichen untersuchen zu können.
Bei solch komplex geformten Lehren ist höchste Genauigkeit zum einen sehr wichtig, zum anderen schwierig zu erreichen. Die Erfahrung der Firma Misslbeck in der Metallbearbeitung sind eine Voraussetzung für die Umsetzung dieser Qualitätsansprüche. Die Kontrolle des fertigen Cubings wird wiederum mit einer Meßmaschine durchgeführt. Aufgrund der beengten Verhältnisse im Fahrzeuginnenraum beziehungsweise der ungünstigen Zugangsmöglichkeiten verwenden die Ingenieure bei Misslbeck für die Kontrolle von Innencubings einen mobilen Meßarm. Dieser sechsachsige Meßarm kann an einer beliebigen Position im Innenraum befestigt werden. Die Daten werden auf einem Laptop mit CATS-Software gespeichert und weiterverarbeitet. Der Meßarm ist vollständig auf den portablen Einsatz optimiert; so mißt er beispielsweise beim Einstecken die Spannung der Stromversorgung und stellt sich automatisch auf deren Höhe ein. Ein anderes Beispiel ist die integrierte Temeraturkompensation; der Faro-Arm mißt kontinuierlich die Umgebungstemperatur und gleicht Schwankungen, die die Meßgenauigkeit beeinflussen, selbsttätig aus. Bei zu abrupten Temperaturänderungen gibt er ein Warnsignal aus. Standardmäßig ist der Arm mit einem Pistolengriff ausgerüstet, der das einhändige Führen der Meßsonde ermöglicht. Zwei Tasten am Griff sind für die Dateneingabe vorgesehen, während ein patentierter Massenausgleich die Handhabung erleichtert. Zusätzliche Sensoren und Spezialmeßsonden lassen sich schnell und einfach anbringen und kalibrieren. Ein umfangreiches Zubehörprogramm ermöglicht die Anpassung des Meßarms an die jeweiligen Gegebenheiten.
In einem speziellen Studio, in dem eine Meßplatte im Boden versenkt ist, läßt sich ein komplettes Fahrzeug vermessen. So können beispielsweise Abmessungen zwischen Konstruktion und Serie ermittelt werden. CATS bietet dazu umfangreiche Visualisierungsfunktionen, bei denen beispielsweise an jeder Meßstelle auf einer Fläche die Abweichung zwischen Soll- und Istwert im CAD-Modell eingeblendet wird. Auch Soll-/Ist-Schnitte können grafisch dargestellt werden. Derzeit wird das Studio mit einer Videobeamer-Anlage ausgestattet, mit dessen Hilfe Einbauuntersuchungen durchgeführt werden sollen. So läßt sich beispielsweise eine Computeranimation an die Wand werfen, die das Einbauen des Armaturenträgers zeigt und gleichzeitig dieser Vorgang am Cubing oder Prototypen real nachstellen.
Der CADanalyzer ist ein weiteres Softwareprodukt, das im Einsatz ist. Dieses Tool kann sowohl Meß- wie CAD-Daten einlesen. Die verschiedenen Bauteile eines Zusammenbaus lassen sich zusammen darstellen, weitere Teile werden auf Knopfdruck hinzugeladen – so kann der Anwender auch aus verschiedenen Dateien alle für ein Projekt relevanten Geometrien zusammen betrachten. Die fotorealistische Darstellung verschafft einen besseren visuellen Eindruck, während mit Hilfe einer weiteren Funktion beliebige Schnitte durch das Modell gelegt werden können. Das Programm legt die Geometrien übereinander und hebt die Bereiche, die sich unterscheiden, farblich hervor. „Bei uns wird der CADanalyzer unter anderem für die Projektplanung und Angebotserstellung genutzt“, erläutert Folda, „denn er ermöglicht die schnelle Visualisierung der CAD-Daten und der darin enthaltenen Änderungen. Auf dieser Basis läßt sich die Überarbeitung einer Form optimal planen.“ Für Anwender, die beispielsweise im Einkauf nur die Visualisierungs- und nicht die Analysefunktionen benötigen, bietet CATS den CAD-Viewer an.
Für Jörg Folda liegen die Vorteile der CATS-Meßsoftware vor allem in der einfachen Bedienung: „Die Windows-Oberfläche ermöglicht die intuitive Bedienung, gerade auch an der Meßmaschine, wo man sich auf das Messen konzentrieren will und nicht auf die Bedienung der Software. Wir benötigen kaum Schulungen, denn die Mitarbeiter, die schon länger mit CATS arbeiten, geben ihre Erfahrungen an die neuen Benutzer weiter und diese sind sehr schnell in der Lage, selbständig mit dem System zu arbeiten.“ Auch mit dem Funktionsumfang ist Folda zufrieden: „CATS unterstützt uns auch bei komplexen Aufgabenstellungen, wie der Vermessung von Innenraumcubings mit dem mobilen Faro-Meßarm. Der Abgleich mit den CAD-Daten erleichtert die Meßarbeit und ermöglicht die visuelle Kontrolle der Meßdaten.“
Weitere Informationen A QE 405
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Quality Engineering
Titelbild QUALITY ENGINEERING Control Express 1
Ausgabe
Control Express 1.2024
LESEN
ABO
Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Whitepaper zum Thema QS


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de