Startseite » Allgemein »

Neue Norm für Störgrößen

Aktive elektrische Medizingeräte – EMV
Neue Norm für Störgrößen

Seit Juni 1998 müssen alle elektromedizinischen Geräte und/oder System der Medizingeräterichtlinie (MDD) 93/42/EWG [1] genügen. Bezüglich EMV können die Schutzziele der Richtlinie durch eine Anwendung der Norm EN 60601–1–2 [2] nachgewiesen werden. Diese Norm wurde 1993 veröffentlicht. In den vergangen Jahren haben sich die Basisnormen, also die Grundlagen, entscheidet geändert. Somit war es notwendig, diese Norm zu überarbeiten.

Dipl.-Ing. Harald Buchwald, Mitglied IEC 62A MT23, MIKES BABT Product Service GmbH, Strasskirchen

Zur Zeit können die beiden Ausgaben der EN 60601–1–2 parallel verwendet werden. Die 1993 Version ist bis zum 30.Oktober 2004 gültig. Somit ist eine Inverkehrbringung von aktiven elektrischen Medizingeräte bis zu diesem Datum mit dieser Norm möglich. Ab dem 1.November 2004 gilt nur noch die 2001 Ausgabe. Unabhängig vom Produktionsdatum, Start der Serienproduktion, usw ist bei erstmalige Inverkehrbringung die 2001 Version anzuwenden.
Übersicht der Änderungen
Die neue Ausgabe umfasst 105 Seiten (in der deutschen Version)! Sie sehen also, das dieser Artikel unmöglich den Platz hat, alle Änderungen im Detail aufzuführen und zu erklären. Jedoch zu den wesentlichsten.
Auswahl der zu überprüfenden Funktionen:
Die „wesentlichen Leistungsmerkmale“ der Geräte müssen eine hinreichende Störfestigkeit gegenüber elektromagnetische Störgrößen aufweisen. Die durch die Prüfpegel der EN 60601–1–2 beschriebenen elektromagnetischen Umgebung des Krankenhauses wird als Normalbedingung und nicht als Erster Fehlerfall betrachtet. Die „wesentlichen Leistungsmerkmale“ muss der Hersteller ermitteln, bzw. festlegen. Eine enge Zusammenarbeit des Prüflabors mit dem Hersteller für diese Zusammenstellung, sowie für die Möglichkeit der Überwachung während den Prüfungen ist meist zwingend erforderlich.
Änderungen der Anforderungen:
Im Bereich Funkschutz gilt weiterhin die EN 55011 in der jeweils aktuell veröffentlichten Version. Die Anforderungen an die Messung der Funkstörspannung auf der Netzleitung, sowie der Funkstörstrahlung haben sich gegenüber der EN 60601–1–2:1993 nicht geändert. Neu im Anwendungsbereich ist die Messung der Netzrückwirkungen nach EN 61000–3–2 (Harmonische) und EN 61000–3–3 (Flicker). Auf Seiten der Störfestigkeit hin dessen, fand eine prinzipielle Anpassung an die Normenreihe EN 61000–4-xx statt. Einige grundlegende Änderungen sind im einzelnen:
1. ESD nach EN 61000–4–2:
Die Prüfpegel wurden dem Level 3 nach EN 61000–4–2 angepasst. Dies ergibt eine Endprüfschärfe von 8kV für die Luftentladung bzw. von 6kV bei der Kontaktentladung
2. Störfestigkeit gegen gestrahlte Störgrößen nach EN 61000–4–3:
Der Frequenzbereich ist 80 bis 2500 MHz. Die Feldstärke beträgt 3 V/m. Die Modulationsfrequenz wurde festgeschrieben auf 1kHz bzw. 2Hz, je nach Gerät. Angehoben wurde die Prüfschärfe für lebenserhaltende/unterstützende Geräte auf 10V/m.
3. BURST nach EN 61000–4–4:
Die Endprüfschärfe ist prinzipiell 2kV. Datenleitungen länger als 3m müssen mit 1kV geprüft werden. Patientenleitung sind ausgenommen.
4. SURGE nach EN 61000–4–5:
Keine Änderungen in den Prüfschärfen (1kV bzw. 2kV). Die Prüfung muss mit jeweils 5 positiven und 5 negativen Impulsen auf 0°, 90°, 180° und 270° durchgeführt werden. Für Geräte ohne Schutzbeschaltung ist eine Steigerung der Prüfschärfe nicht notwendig.
5. Störfestigkeit gegen leitungsgeführte Störgröße nach EN 61000–4–6:
Die Prüfung ist im Anwendungsbereich für Medizingeräte neu, ebenso wie die nachfolgenden zwei Prüfungen. Patientengekoppelte Leitungen sind NICHT ausgenommen. Die Prüfschärfe ist 3Veff bzw. für lebenserhaltende Geräte 10Veff auf dem ISM Frequenzen. Der Frequenzbereich ist 150kHz bis 80MHz. AM-Modulation mit 80% und einer Modulationsfrequenz von 1kHz bzw. 2Hz wird angewendet.
6. Störfestigkeit gegen Magnetfelder mit energietechnischer Frequenz nach EN 61000–4–8:
Das Gerät wird einem Dauerfeld mit 3A/m ausgesetzt. Die Prüfung muss sowohl mit 50Hz als auch mit 60Hz durchgeführt werden, mit der Ausnahme, dass Geräte, die nur für eine dieser Frequenzen vorgesehen sind, nur mit dieser Frequenz geprüft werden müssen.
7. Spannungseinbrüche, Kurzzeitunterbrechungen und Spannungsschwankungen nach EN 61000–4–11 (IEC 61000–4–11):
Geprüft werden Geräte mit einer Nenneingangsleistung bis zu 1kVA. Für Geräte, die nicht lebenserhaltend sind und die mit einer Nenneingangsleistung größer als 1kVA (bei einem Nennstrom bis zu 16A/Phase) ist ein Abweichen von den Anforderungen(Übereinstimmungskriterium) erlaubt. Vorausgesetzt das Gerät bleibt sicher, zeigt keine Bauteileausfälle und kann durch den Anwender in den vorherigen Zustand zurückversetzt werden. Diese drei Kriterien sind ebenfalls bei der 5sek. Spannungsunterbrechung zu beurteilen.
Änderung des Übereinstimmungskriteriums:
Der Unterpunkt 36.202.1j beschreibt das Übereinstimmungskriterium wie folgt: Das Gerät muss in der Lage sein, die WESENTLICHEN LEISTUNGSMERKMALE zu erbringen und sicher zu bleiben. Im folgenden Text der Norm wird in diesem Unterpunkt eine Liste der Beeinträchtigungen aufgeführt, welche nicht auftreten dürfen. Dies sind z.B. Ausfälle von Bauteilen, Änderungen programmierbarer Daten, Änderung der Betriebsart, falscher Alarm, usw.
Verpflichtung des Herstellers zur Information an den Benutzer:
Der Abschnitt 6.8.201 definiert die Informationen, die der Hersteller in seinen Begleitpapieren des Gerätes aufnehmen muss. Dies sind neben evtl. Warnhinweisen insbesondere detaillierte Tabellen für Funkschutz und Störfestigkeit. Das Erstellen dieser Tabellen ist sehr detailliert mit Flussdiagrammen und Beispielen in der Norm dargestellt. Eine weitere Besonderheit ist die Darstellung bzw. Rechtfertigung für die Verwendung von kleineren Prüfpegeln. Diese sind erlaubt, solange sie sich auf physikalische, technologische und/oder physiologische Grenzen stützen. Selbstverständig ist eine Darstellung und Begründung in den Begleitpapieren erforderlich.
Zusammenfassung
Die neue, zweite Ausgabe EN 60601–1–2 wird die doch inzwischen „überalterte„ erste Ausgabe ab 1.November 2004 ablösen. Das neue sehr umfangreiche Werk fordert neue Störfestigkeitsprüfungen bzw. erweiterte/erhöhte Prüfpegel. Es werden Anforderungen an die Begleitpapiere gestellt, wie auch an die Auswahl der zu prüfenden Funktionen. Eine noch engere Zusammenarbeit des Herstellers mit dem Prüflabor wird notwendig.
Literatur
[1] Richtlinie [93/42/EWG] des Rates vom 14.Juni 1993 über Medizinprodukte veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Nr. L 169
[2] EN 60601–1–2 Medizinische elektrische Geräte – Teil 1: Allgemeine Festlegungen für die Sicherheit – 2. Ergänzungsnorm: Elektromagnetische Verträglichkeit – Anforderungen und Prüfungen: Mai 1993
[3] EN 60601–1–2 Medizinische elektrische Geräte – Teil 1–2: Allgemeine Festlegungen für die Sicherheit – Elektromagnetische Verträglichkeit – Anforderungen und Prüfungen – November 2001
QE 530
www.mikes-germany.de
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Quality Engineering
Titelbild QUALITY ENGINEERING Control Express 1
Ausgabe
Control Express 1.2024
LESEN
ABO
Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Whitepaper zum Thema QS


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de