„Null-Fehler-Produktion“ – heute ein in der Fertigungsindustrie konsequent angestrebtes Ziel. Mit diversen Werkzeugen und Programmen wie FMEA, Six Sigma, KVP, Kaizen und so weiter wird versucht, dem Ziel so nahe wie möglich zu kommen. Null Fehler in der Produktion heißt: kostengünstig, ohne Ausschuss und qualitativ hochwertige Produkte zu fertigen.
Nun besteht aber ein Unternehmen nicht nur aus dem Fertigungsbereich für dessen Produkte. Es gibt die Bereiche Entwicklung, Konstruktion, kaufmännische Administration, Verwaltung etc. Und über dem Ganzen schwebt das Management – voll verantwortlich für das Wohlergehen des gesamten Unternehmens und damit auch für das Wohlergehen hunderter oder gar tausender Mitarbeiter. Wie aber sieht es hier aus mit dem Streben nach Fehlerfreiheit oder Fehlervermeidung?
Antwort: meist ziemlich traurig. Zwar hat sich das betriebliche Vorschlagswesen in Unternehmen weitgehend durchgesetzt, wird aber vielfach dann nur als Alibifunktion installiert. So ist z.B. die Erkenntnis, dass jemand auf einer hierarchisch niedrigeren Ebene etwas wissen kann , was dem am oberen Ende der Leiter bisher entgangen ist, für viele Führungskräfte inakzeptabel. Manche Manager halten sich allein aufgrund ihrer Position für unfehlbar – sie wissen alles und sie können alles. Fehler – so deren feste Überzeugung, passieren immer anderswo. Michael Frese, Professor und Fehlerforscher an der Justus-Liebig-Universität Gießen beschreibt in „brand eins“ wie man in verschiedenen Kulturen und Nationen mit Fehlern umgeht: unter 61 analysierten Staaten hat es Deutschland dabei auf den vorletzten Platz – vor Singapur – geschafft. Fehler sind somit das letzte, womit man sich hier beschäftigen will.
Der gestörte Umgang mit Fehlern liegt auch wesentlich daran, dass sich Mitarbeiter und Macher wenig mit dem Ziel ihrer Organisation identifizieren. Nur wer Fehler erkennt und sie vor allem auch benennt, verhindert weitere. Die Fehlerkultur in vielen Unternehmen ist aber leider häufig so gelagert, dass einfach der Mut und die Courage fehlt, Fehler zu benennen. Der Karriere willen wird mit dem Kopf genickt, geschwiegen oder gar geschmeichelt. Das schadet dem Unternehmen, erhöht aber die Kreatur. Langfristig führt das nicht nur zu kaputten Menschen, sondern auch zu schlechten Produkten und miserablen Leistungen. Dass es auch anders geht, zeigt z.B. das Unternehmen SEW-Eurodrive in Bruchsal. Das Credo von Geschäftsführer Johann Soder heißt: „Um Neues zu schaffen, brauchen wir die Weisheit von vielen. Wer optimieren und Fehler beseitigen will, benötigt dafür jeden Mitarbeiter.“
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