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Pro und Contra von Zertifizierungen

Tagung der Akademie für Qualitätsmanagement
Pro und Contra von Zertifizierungen

Der „Club der Besten“ der Akademie für Qualitätsmanagement (AfQ) traf sich an der Ohm-Hochschule Nürnberg zum 22. Erfahrungsaustausch. Themen waren unter anderem Normen, Kommunikation und Zertifizierungen. Über letztere wurde besonders intensiv diskutiert.

Dr. Manfred Jahn, Akademieleiter der Akademie für Qualitätsmanagement (AfQ), Altdorf, Tel. 09187/931-300, Fax: 09187/931-301, E-Mail: afq@taw.de

Beim 22. Erfahrungsaustausch der Akademie für Qualitätsmanagement (AfQ) an der Ohm-Hochschule in Nürnberg konnten wir erfreulicherweise eine große Zahl von Clubmitgliedern begrüßen. Die Beiträge drehten sich diesmal um die Themen Normen, Kommunikation und Zertifizierung. Dr. Dieter Heinisch, Professor für Qualitätsmanagement an der Ohm-Hochschule, startete mit einem Vortrag zum Thema „Die neuen Normen DIN EN ISO 9001:2008 und DIN EN ISO 9004:2008E“. Nachdem er die aktuellen Stände der Normen der ISO-9000-Familie und die zu erwartenden weiteren Revisionen vorgestellt hatte, zeigte er in einer Gegenüberstellung der alten und der neuen ISO 9001 auf, welche Veränderungen es gegeben hat und welche Auswirkungen diese Veränderungen auf die Qualitätsmanagementsysteme der Unternehmen und die Zertifizierung haben.
Bei der Revision der ISO 9001 wurden keine neuen Forderungen aufgenommen, sondern der Normenausschuss hatte die Aufgabe der „Klarstellung des Textes“. So wurden etwa die „behördlichen Anforderungen“ ergänzt um die „gesetzlichen Anforderungen“, und im Bereich der Dokumentationsanforderungen wurden die Forderungen ergänzt um die „von der Norm geforderten Aufzeichnungen“. Ausführlich diskutiert wurden die Auswirkungen auf die betriebliche Umsetzung durch die Veränderungen in den Anforderungen an die personellen Ressourcen. Hier wurde der Begriff „Fähigkeit“ ersetzt durch den Begriff „Kompetenz“, was ja bekanntlich die „Fertigkeit“ mit einschließt, und über die Anmerkung wurde betont, dass sich die Anforderungen auch an Personal richtet, „das eine beliebige Tätigkeit innerhalb des Qualitätsmanagementsystems ausführt“.
Zum Abschluss seines Referats stellte Prof. Heinisch noch den Entwurf der ISO 9004 – Leiten und Lenken für den nachhaltigen Erfolg einer Organisation – vor, wobei er besonders das im Anhang dargestellte „Werkzeug zur Selbstbewertung“ behandelte, was den Organisationen die Möglichkeit bietet, den Reifegrad der Organisation in fünf Stufen selbst zu bewerten. Die sich aus dem Vortrag ergebende, höchst interessante Diskussion über „Kosten und Nutzen der Zertifizierung“ wurde am Nachmittag beim letzten Thema weitergeführt.
Aufgabe Kommunikation
Das zweite Thema des Tages hieß „Kommunikationstraining für Beauftragte der obersten Leitung“. Vortragender war Stephan Joseph, Partner der TQM 2000 aus Leverkusen. An den Beauftragten der Leitung werden hinsichtlich der kommunikativen Fähigkeiten hohe Anforderungen gestellt. Gemäß ISO 9001 soll er das Managementsystem in der Organisation vermitteln. In der Praxis bedeutet das für die meisten QMBs:
  • Normen lesen und verstehen (Interpretation)
  • Anweisungen in einer für die Mitarbeiter verständlichen Sprache erstellen
  • Interne Schulung von Mitarbeitern
  • Durchführung von internen Audits
  • Moderation von Workshops (Q-Zirkel, KVP-Meeting)
  • Präsentation im Management Review
Stephan Joseph zeigte, wie durch spielerische Übungen der aktive Wortschatz trainiert werden kann, was für den QMB bei der Interpretation von Normen und der Erstellung von Anweisungen hilfreich sein kann. Der bewusste Einsatz von Kommunikationstechniken im Rahmen von Audits, Schulungen und Workshops bieten dem Managementbeauftragten folgende Vorteile:
  • Verbesserte Wahrnehmung der Gesprächspartner und der Gesprächssituation
  • Einsatz von Argumentationsmodellen, damit Zuhörer Inhalte besser nachvollziehen können
  • Sicherer Umgang mit unfairen oder berechtigten Einwänden.
  • Mit überzeugenden Auftritten eine motivierende Wirkung erzielen.
Auf die Frage, ob jeder Mensch seine kommunikativen Fähigkeiten verbessern könne, zog Joseph einen Vergleich zum Autofahren. Ein guter Autofahrer hatte theoretischen Unterricht, mehrere Fahrstunden und seither praktische Übung im täglichen Straßenverkehr. Zudem gibt es noch die Möglichkeiten an Fahrsicherheitstrainings oder Rennfahrerkursen teilzunehmen. Beim Erlernen von Kommunikationstechniken fühlen sich manche Seminarteilnehmer holprig und unsicher, wie in den ersten Fahrstunden. Doch durch viele Übungen und bewusstes Training wird aus stockenden Techniken der sichere und spielerische Umgang mit Sprache.
Zertifizierung im Fokus
Ein heißes Eisen wurde nach der Mittagspause angefasst – das Pro und Contra von Zertifizierungen. Sehr gespannt waren die Teilnehmer auf dieses kontroverse Thema, das auch in vielen Unternehmen durchaus Befürworter und Gegner hat.
Das Pro vertrat Michael Wagner, ein erfahrener Auditor von Bureau Veritas München. Das Contra Michael Wänke, Geschäftsführer von TQM 2000. Bei sehr reger und engagierter Beteiligung der Clubmitglieder wurden Argumente für und wider die Zertifizierung gesammelt.
  • Pro: In vielen Ländern und bei vielen Kunden ist die Zertifizierung die Grundlage für den Markteintritt beziehungsweise das Auswahlkriterium. Sie schafft ein gewisses Maß an Rechtssicherheit.
  • Contra: In der Regel sind Zertifizierungen nach mehreren (Branchen)-Standards erforderlich. Dazu kommen Kundenaudits, Import-/Exportzulassungen, Produktzulassungen und anderes, was zu einer kaum noch beherrschbaren „Auditflut“ führt.
  • Pro: Die Zertifizierung hilft den Unternehmen sich besser zu strukturieren und zu organisieren.
  • Contra: Braucht es diesen „Druck von außen“? Sind nicht genügend Unternehmen trotz Zertifikat schlecht aufgestellt? Hat nicht die Automobilindustrie trotz sicherlich ausreichender Zertifizierungen den Trend bei den Kundenanforderungen verschlafen?
  • Pro: Unabhängige Auditoren bringen neue Ideen ins Unternehmen.
  • Contra: Sind Auditoren wirklich unabhängig, wenn sie vom zu zertifizierenden Unternehmen bezahlt werden? Ist bei der Mehrzahl der Auditoren wirklich ein Verständnis für die Notwendigkeiten eines Unternehmens gegeben?
  • Pro: Zertifizierungen helfen, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und die Wirtschaftlichkeit zu verbessern.
  • Contra: Viele Kunden haben trotz Zertifizierung Probleme Aufträge zu erhalten, Kundenzufriedenheit zu erzeugen und wirtschaftlich zu arbeiten. Das liegt nicht selten daran, dass Qualitätsmanagement und die betriebswirtschaftlichen Funktionen eines Unternehmens nebeneinander herlaufen, anstatt miteinander verknüpft zu werden.
Einig waren sich alle Teilnehmer, dass ein Unternehmen nur dann funktionieren kann, wenn die oberste Leitung uneingeschränkt hinter dem Managementsystem steht, sich im besten Sinne auf ihre „Managementaufgaben“ konzentriert und dafür sorgt, dass Qualitätsmanagement und betriebswirtschaftliche Belange in Einklang gebracht werden.
Das nächste Clubtreffen ist am 19.06.2009. Themen dann: „Selbstlernendes Managementsystem“, „neue Entwicklungen in der Produkthaftung“ und „Intranet nutzen“.
AfQ Akademie für Qualitätsmanagement, Altdorf www.afq-taw.de

Weitere Informationen
Themen des nächsten Clubtreffens am 19 Juni 2009 im Weiterbildungszentrum in Altdorf werden sein ein selbstlernendes Managementsystem (Markus Kupp, allopoiesis GmbH, Bochum), neue Entwicklungen in der Produkthaftung (Philipp Reusch, Reusch Rechtsanwälte, Saarbrücken) sowie „Intranet nutzen – Aufklärung zu den aktuellen Lösungsmöglichkeiten“ (Stephan Joseph, TQM 2000, Leverkusen).
Dieser Bericht und auch die Berichte von vergangenen Clubtreffen können im Internet abgerufen werden unter:
www.afq-taw.de – „Club der Besten“
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