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Qualitätsmanager sind künftig als Organisationsentwickler gefragt

Neue ISO 9001: Ein Berufsbild im Wandel
Qualitätsmanager sind künftig als Organisationsentwickler gefragt

Mit der Aktualisierung der ISO 9001 wandelt sich die Rolle des Qualitätsmanagers, denn die Funktion des „Beauftragten der obersten Leitung“ ist in der neuen Norm nicht mehr gefordert. Die Entscheidung, einen sogenannten Qualitätsmanagementbeauftragten zu benennen oder auch nicht, bleibt ganz der Organisation selbst überlassen.

Auch wenn in der neuen aktualisierten Qualitätsmanagementnorm ISO 9001, die im September 2015 in Kraft tritt, die Forderung nach einem Beauftragten entfällt: Die Notwendigkeit Kompetenz und Personalressourcen in ein wirkungsvolles Qualitätsmanagement zu investieren, bleibt weiterhin bestehen. Die Revision weist die Verantwortung für das Thema Qualität nun eindeutig und stringenter als die vorherigen Versionen der Unternehmensleitung zu. In der heutigen Zeit, mit komplexen Produkten und sich ständig verändernden Rahmenbedingungen ist es eine fachliche Herausforderung, eine Organisation qualitätsfähig zu machen.

Die Leitung und weitere Führungskräfte brauchen hier oft Experten für Qualität, für Qualitätsmanagement, mehr noch, für Organisationsentwicklung. Das heißt, dass dem Qualitätsmanager eine wichtige Rolle als Berater der Leitung zukommt. Zukünftig werden Qualitätsmanager noch mehr als zuvor als Wissensträger und Impulsgeber für Führungskräfte fungieren. Dazu müssen Sie aber auch die Rolle eines internen Beraters auf Augenhöhe mit Leitung und Führungskräften ausüben können.
Gerade in Unternehmen mit komplexen Produkten oder Strukturen zeichnet sich schon seit einiger Zeit ab, dass Qualitätsmanager keine eierlegenden Wollmilchsäue sein können. Gleichzeitig als Organisationsentwickler mit den Führungskräften die Qualitätsfähigkeit der Organisation ganzheitlich herzustellen und zudem technisch fundierter Ansprechpartner für alle alltäglichen Produkt- und Prozessqualitätsthemen zu sein, stellt eine zu große Aufgabenspreizung dar. Deswegen steht die Deutsche Gesellschaft für Qualität (DGQ) auch auf dem Standpunkt, dass nicht wie von der ISO 9000-Familie propagiert, die Qualitätssicherung eine Teilmenge des Qualitätsmanagements sein kann. Vielmehr steht neben dem Fachgebiet Qualitätsmanagement, das zunehmend als Organisationsentwicklung ausgelegt ist, gleichwertig das damit verbundene Fachgebiet Qualitätssicherung. Neben den Qualitätsmanagern werden je nach Branche Qualitätssicherungsingenieure oder andere Qualitätssicherungsexperten benötigt.
Qualitätsmanagern bietet sich die Chance, ihren umfassenden Überblick über das Unternehmen in die Organisationsentwicklung einfließen zu lassen. Bei ihrem Schritt hin zum internen Berater ist vor allem Mut zur Verantwortung gefragt sowie der Ausbau der eigenen Führungskompetenzen. Qualitätsmanager müssen proaktiv eine kommunikative Rolle als Gestalter und Organisationsarchitekten einnehmen.
Zu einer positiven Entfaltung der eigenen Position bedarf es jedoch häufig der zusätzlichen Stärkung der eigenen Führungskompetenz. Hier knüpfen Weiterbildungen an wie etwa die DGQ-Trainingsreihe „QM-Executive“. Sie zielt darauf ab, Qualitätsmanager in ihren Unternehmen optimal zu positionieren. Im Training „Change und Organisationsentwicklung“ zum Beispiel lernen die Qualitätsmanager Methoden und Werkzeuge für ihre neue Rolle kennen.
In den Fällen, in denen Unternehmen qualitätsmanagementrelevante Aufgaben an Mitglieder der Führungsebene oder andere Mitarbeiter mit wenig oder ohne Qualitätsmanagementerfahrung vergeben, ist sicherzustellen, dass diese über die notwendigen Kompetenzen verfügen. Besonders in der modernen Qualitätssicherung ist ein hohes Maß an Integration, das einhergeht mit der Übernahme der QS-Aufgaben durch die Prozesseigner oder -mitarbeiter zunehmend verbreitet. Auch deswegen schreibt ISO 9001:2015 eine Feststellung der Aufgaben und Funktionen im Qualitätsbereich vor und fordert den dokumentierten Nachweis über die Kompetenzen der eingesetzten Mitarbeiter. Unternehmen müssen gewährleisten, dass die beauftragten Personen in der Lage sind, die gestellten Aufgaben zu meistern. Die entsprechenden Kompetenzen sind durch Schulungen und Ausbildungen zu belegen. Dieser hohe Anspruch soll Qualität fördern und den nachhaltigen Geschäftserfolg der Organisation vorantreiben.
Zu den Neuerungen, die ISO 9001:2015 mit sich bringt, und die das Berufsbild des Qualitätsmanagers beeinflussen werden, kommen weitere Entwicklungen. Industrie 4.0 und sich ändernde Qualitätsansprüche auf Verbraucherseite stellen Unternehmen sowie Fach- und Führungskräfte in Qualitätsmanagement und -sicherung vor neue Herausforderungen.
So werden den Qualitätsexperten der Zukunft deutlich mehr Daten zur Verfügung stehen, die sie zur Qualitätssteuerung einsetzen können. Vorausgesetzt es gelingt, aus Big Data Smart Data zu machen, können sie auf eine bislang unbekannte Transparenz über die Qualitätslage in der Fertigung, über Einsatzbedingungen und die Feldperformance ihrer Produkte bauen. Auch eine 100-Prozent-Prüfung wird dort wieder wirtschaftlich, wo kleinere und damit besser in die Maschinen integrierbare Sensoren und Messtechniken zur Verfügung stehen. Ebenso ermöglichen autonome Fertigungssysteme in Zukunft die flexible Umsetzung individualisierter Produkte zu vergleichsweise günstigen Preisen. Unternehmen werden auf diese Weise sich ändernde Kundenansprüche an die Qualität von morgen bedienen können. Legten früher die Verbraucher besonders auf eine hochwertige Verarbeitung und die Langlebigkeit von Erzeugnissen bei einer Qualitätsbewertung Wert, erwarten Kunden in Zukunft neben individualisierten Produkten auch ein positives Umwelt- und Sozialimage ihrer Lieferanten.
Die Reaktionen von Qualitätsexperten auf die neue Norm sind gemischt. Während die einen eine Flexibilisierung der Prozesse und Stärkung des Qualitätsmanagements in Unternehmen erwarten, rechnen andere mit negativen Auswirkungen. Laut einer gemeinsamen Umfrage der DGQ, des Deutschen Instituts für Normung (DIN) und der Deutschen Gesellschaft zur Zertifizierung von Managementsystemen (DQS) zur aktuellen ISO 9001-Revision befürchten viele Qualitätsmanager konkret eine Schwächung des Qualitätsmanagementsystems sowie der eigenen Position.
Das Fehlen eines zentralen Ansprechpartners für Qualitäts- und Zertifizierungsangelegenheiten könne die Koordination sowie die interne und externe Kommunikation zwischen den einzelnen Bereichen und Abteilungen erschweren. Zudem würde die Rolle der Qualitätsmanager im Unternehmen geschwächt, da sie nicht mehr in der alten Form durch die ISO 9001-Norm autorisiert wird.
Diese Bedenken sind aus Sicht der DGQ unbegründet. Je mehr Freiheitsgrade ein Unternehmen hat, seine Funktionen und Rollen nach eigenen Bedürfnissen auszugestalten, desto besser. Starke Funktionen im Qualitätsmanagement sind solche, die ein Unternehmen ohne echten oder gefühlten externen Druck aus eigener Kosten-Nutzen-Erwägung und in freier unternehmerischer Entscheidung einrichtet. Das heißt für Qualitätsmanager, dass sie ihren Nutzen für den Unternehmenserfolg und ihren Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele aufzeigen müssen. Gelingt dies, gehen sie gestärkt aus der ISO-Revision hervor und können auf den echten Rückhalt der Unternehmensführung bauen. ■
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