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Qualitätssysteme effizient und erfolgreich gestalten

Studie zur Qualität in produzierenden Unternehmen Deutschlands. Teil 1
Qualitätssysteme effizient und erfolgreich gestalten

Qualitätsmanagementsysteme haben sich in der produzierenden Industrie fast überall etabliert. Als erfolgreich erweist sich ein QM-Systems jedoch nicht durch seine bloße Existenz. Viel wichtiger sind eine hohe Akzeptanz unter den Mitarbeitern, effiziente Strukturen, der Verzicht auf unnötigen Dokumentationsaufwand und die sinnvolle Vernetzung der Prozesse in der individuellen Prozesslandschaft des Unternehmens.

Ziel der Studie „Qualität in produzierenden Unternehmen Deutschlands 2010“ des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT war es, verlässliche aktuelle Daten und Informationen über die Organisation, Verbreitung und den Erfolg von Qualitätsmanagementsystemen zu gewinnen. Von den 499 Studienteilnehmern aus dem leitenden Management gaben 89 Prozent an, ein QM-System einzusetzen. Bei Unternehmen über 250 Mitarbeitern waren es sogar 96 Prozent. Diese Zahlen zeigen, dass gerade große Unternehmen nicht auf ein Managementsystem verzichten – und im Regelfall auch nicht verzichten können. Selbst bei den verbleibenden knapp vier Prozent der größeren Unternehmen, die nicht über ein QM-System verfügen, ist zumindest zu vermuten, dass wichtige Kernprozesse zwar definiert, aber nicht in einem System einheitlich zusammengeführt und abgebildet sind.

Im Schnitt erfolgreich
Das QM-System ist per Definition das Werkzeug eines Unternehmens, mit dem alle erforderlichen Faktoren wie Mitarbeiter, Methoden und Verfahren, Maschinen, Informationen und Erfahrungen, Zuständigkeiten und Ressourcen gesteuert und gelenkt werden. Ziele sind, Prozesse zu standardisieren, effizient ablaufen zu lassen und die Qualität einer Leistung nachhaltig und konstant sicherzustellen. Die Teilnehmer der Studie wurden gefragt, wie erfolgreich sie Ihr eigenes System einschätzen: Etwa 64,3 Prozent benoteten Ihr QM-System als gut oder sehr gut, nur 12,4 Prozent vergaben eine Note von ausreichend bis ungenügend. Insgesamt wurde auf der Schulnotenskala ein Mittelwert von 2,36 erreicht. Damit ist die Selbsteinschätzung der teilnehmenden Unternehmen insgesamt positiv. Diese durchweg positive Grundhaltung gegenüber dem eigenen Qualitätssystem lässt darauf schließen, dass die Vorteile gegenüber den Nachteilen eines QM-Systems überwiegen.
Als wichtigste Vorteile bezeichneten die Studienteilnehmer vor allem die Definition klarer Abläufe und Verantwortlichkeiten (67,0 Prozent), die Entwicklung eines Qualitätsbewusstseins (50,6 Prozent) sowie eine bessere Nachvollziehbarkeit (42,8 Prozent). Zwölf Prozent der Teilnehmer gaben an, dass Ihr System keine Vorteile mit sich bringt. Die genannten Nachteile beziehen sich vor allem auf den hohen Dokumentationsaufwand bei der Ausführung von Prozessen (58,7 Prozent), den hohen Pflegeaufwand des QM-Systems (54,7 Prozent) und einen hohen organisatorischen Aufwand (41,8 Prozent). Etwa ein Fünftel der Teilnehmer gab keine Nachteile an.
Merkmale erfolgreicher Qualitätssysteme
Aus den aufgeführten Vor- und Nachteilen zeigt sich deutlich, worauf bei der Gestaltung von Prozessabläufen und des Qualitätssystems insgesamt Wert gelegt werden sollte, um eine gute Kosten-Nutzen-Relation zu erreichen:
  • Eine direkte Einbindung der Prozessbeteiligten bei der Definition und Verbesserung von Abläufen.
  • Eine Reduktion des Dokumentationsaufwands.
  • Eine Verringerung des organisatorischen Aufwands.
  • Eine flexible Gestaltung des QM-Systems, um den Pflegeaufwand gering zu halten.
Einbindung der Prozessbeteiligten
Um die Verantwortlichen für einzelne Prozessschritte klar zu definieren, die Nachvollziehbarkeit zu erhöhen und ein Qualitätsbewusstsein bei allen Mitarbeitern zu etablieren, ist es wichtig, die prozessbeteiligten Mitarbeiter in die Gestaltung der Unternehmensabläufe einzubinden. Das Scheitern von „top-down“ vorgegebenen Prozessen ist keine Seltenheit. Gerade bei etablierten Prozessen fördert die Erfahrung aus der täglichen Anwendung eine fundierte, kritische Auseinandersetzung mit den Schwachstellen. Diese Schwachstellen können als Grundlage zur Verbesserung genutzt werden. Häufig kennen Mitarbeiter die größten Schwächen eines Ablaufes, fügen sich jedoch mangels Möglichkeit der Veränderung. So etablieren sich ineffiziente Strukturen und demotivierte Mitarbeiter.
Reduktion des Dokumentationsaufwands
Der größte Kritikpunkt an Qualitätssystemen ist der Dokumentationsaufwand. Effiziente Arbeitsabläufe können geschaffen werden, wenn
  • 1. überflüssige Dokumentationspflichten abgebaut,
  • 2. der Vorgang der Dokumentation so einfach und automatisiert wie wirtschaftlich sinnvoll gestaltet und
  • 3. Schnittstellen verringert und optimiert werden.
Jedes elektronische oder handschriftlich erzeugte Dokument in einem Prozess sollte auf seinen eigentlichen Sinn, die Möglichkeit der Standardisierung, die Intuitivität und seine Automatisierbarkeit überprüft werden. Dokumenterzeuger und -empfänger sollten klar definiert sein. Stand der Technik sind heutzutage flexible, elektronische Workflow-Systeme, mit denen ein Unternehmen seine Prozesse individuell abbilden kann und über das, beispielsweise per E-Mail, automatisch Dokumentenwege erzeugt und gesteuert werden. Die Informationseingabe sollte so weit wie möglich automatisiert werden. So lässt sich etwa ein Datum automatisch vom System eintragen oder eine Produktinformation vom Zulieferer im Wareneingang durch einen Barcode und Scanner erfassen und automatisch in Datenbanken ablegen. Iterationsschleifen zwischen Prozessinstanzen sollten reduziert und Doppelarbeiten vermieden werden.
Organisatorischen Aufwand niedrig halten
Die Organisation von Managementsystemen erzeugt neben den eigentlichen Prozessabläufen noch weiteren Aufwand: Interne und externe Audits, regelmäßige Treffen der Qualitätsbeauftragten und zusätzliche Projekte im kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP), der von 51 Prozent der Studienteilnehmer genutzt wird, führen zu einem hohen organisatorischen Aufwand. Was für die operative Ausgestaltung von Geschäfts- und Produktionsprozessen gilt, sollte daher auch für die organisatorischen Aspekte von Managementsystemen gelten: schlank, effizient und nicht mehr als vom Kunden gefordert. Das bedeutet auch, dass eine sinnvolle Anzahl an regelmäßigen Treffen festzulegen ist. Hier bietet es sich anstelle eines starren Zeitkorsetts manchmal an, Termine dynamisch festzulegen. Die Abläufe der Treffen sind jedoch soweit wie möglich zu standardisieren, gerade um die Zusammenkünfte effektiv und kurz zu gestalten.
Schlanke Strukturen und ein reduzierter Gesamtaufwand können auch durch den Einsatz Integrierter Managementsysteme (IMS) erzeugt werden. Diese verknüpfen die einzelnen Managementsysteme in einer unternehmensindividuellen Prozesslandschaft und – wenn möglich – in einem gemeinsamen elektronischen System. Fast vier Fünftel der Studienteilnehmer setzen bereits auf IMS. Und knapp 93 Prozent bezeichnen die Verknüpfung unterschiedlicher Funktionen in einem Managementsystem als effektiv oder sehr effektiv.
Flexible Gestaltung des QM-Systems
Eine offene und schnell anpassbare Architektur eines QM-Systems ermöglicht es, Änderungen an Prozessabläufen schnell einzupflegen, zu genehmigen und zu verbreiten. Auch hier ist ein elektronisches System mit Zugriffsrechtmanagement und Kommentarfunktionen hilfreich, beispielsweise in Form eines Content Management Systems. Um die Benutzung des Systems zu fördern, ist eine Kultur zu etablieren, die es den Mitarbeitern erlaubt, für bestehende Prozesse Anmerkungen und Vorschläge einzubringen. Die Mitarbeiter, als Ausführende der Prozesse, sind die wertvollste Quelle für Verbesserungen. Kleinere Änderungen an Prozessen dürfen anschließend nicht in einen langen Genehmigungsprozess münden. Denn dies gefährdet die Akzeptanz, Aktualität und Dynamik des Systems. Um zu vermeiden, dass alte Dokumentenrevisionen verwendet werden, sind zentrale Ablagepunkte zu definieren, die alle Mitarbeiter im täglichen Arbeitsablauf leicht erreichen können. Eine lokale Ablage von Formularen gilt es zu vermeiden, da sonst nicht sichergestellt werden kann, dass immer die neuesten Formulare verwendet werden.
Erfolgreiches Qualitätssystem stützt den Unternehmenserfolg
Warum ist ein erfolgreiches QM-System für produzierende Unternehmen so wichtig? Die Studie konnte für die 499 Teilnehmer einen hoch signifikanten, positiven Zusammenhang zwischen dem Erfolg des QM-Systems und dem Unternehmenserfolg aufzeigen: Wenn Unternehmen ihr QM-System als erfolgreich einschätzen, so sind sie demnach meist auch im Wettbewerb erfolgreich. Effiziente Prozesse in der Fertigung und in administrativen Bereichen begünstigen offenbar eine hohe Kundenzufriedenheit und damit den wirtschaftlichem Erfolg im Wettbewerb.
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT, Aachen www.ipt.fraunhofer.de
Control Halle 1 Stand 1502

Der Weg

Zum erfolgreichen Qualitätssystem

Wenn Sie Ihr bestehendes Qualitätssystem Schritt für Schritt verbessern wollen, hat sich folgende Vorgehensweise im industriellen Umfeld als erfolgreich erwiesen:
  • 1. Erzeugen Sie ein „Big Picture“ Ihrer Prozesslandschaft und identifizieren Sie in einer Grobanalyse die größten Problemfelder.
  • 2. Schaffen Sie Kapazitäten zur Analyse Ihrer Ist-Prozessabläufe, notfalls durch Externe. Binden Sie die beteiligten Instanzen und Personen in die Analyse der jeweiligen Prozesse ein. So schaffen Sie Akzeptanz und finden schnell die größten Probleme.
  • 3. Untersuchen Sie die Möglichkeiten, die Ihnen zur elektronischen Abbildung der Prozesse zur Verfügung stehen. Sondieren Sie auch den Markt für softwaregestützte QM-Systeme.
  • 4. Falls Sie eine Zertifizierung anstreben: Analysieren Sie die Norm (z.B. ISO 9001), um Lücken in Ihrem eigenen System aufzudecken. Prüfen Sie die Anforderungen aus der Norm genau, ob sie Vorteile für Sie bringen oder nur die Effizienz Ihrer Prozesse verringert.
  • 5. Optimieren Sie Ihre Prozesse. Stellen Sie sich immer wieder die Frage „Wie kann ich einen beschriebenen Prozess zum Leben erwecken und am Leben erhalten?“ Binden Sie auch hier die prozessbeteiligten Personen ein.
  • 6. Bilden Sie Ihre Prozesse möglichst effizient in einem elektronischen System ab – nach der Neudefinition ihrer Prozesse. Ein Papier-Handbuch im Jahr 2011 ist veraltet. Passen Sie das elektronische System ihren Prozessen an und nicht umgekehrt.
  • 7. Überprüfen Sie einen neuen Prozessablauf vor allem zu Beginn häufig. Arbeiten Sie Verbesserungen unverzüglich ein. Entwickeln Sie Standards und befragen Sie die Prozessbeteiligten über Schwachstellen. So erwecken Sie einen Prozess zum Leben.
  • 8. Wiederholen Sie die Schritte zwei bis acht systematisch: Das ist ihr kontinuierlicher Verbesserungsprozess!

Die Studie

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Methoden, Systeme und Erfolgsfaktoren

In der Studie “Qualität in produzierenden Unternehmen Deutschlands 2010“ hat das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT neben der Organisation des Qualitätsmanagements noch zahlreiche weitere Aspekte untersucht. Dazu gehören auch Themen wie Controlling und Kennzahlen, Qualitätsphilosophien, Geschäftsprozesse, Managementsysteme sowie Methoden für Produktion, Entwicklung und zur Umsetzung von Produktideen. Der gesamte Bericht ist zum Verkaufspreis von 59,95 EUR am Fraunhofer IPT bei Markus Große Böckmann erhältlich.
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