Startseite » Allgemein »

Quality goes Green, Social & Global

World Conference on Quality and Improvement in Minneapolis
Quality goes Green, Social & Global

Nachhaltigkeit als Thema des QM – Kooperation und Koordination bewährter Methoden – Qualität als Lebenseinstellung und Managementcharakteristikum – Qualität im Listen & Respond Zeitalter

Birgit Otto BSc MA, BO Consult, Services for Excellence, Ostfildern

“Die USA muss in Sachen Klimaschutz aufholen”, antwortete US-Präsident Barak Obama bei der Pressekonferenz anlässlich seines Kurzbesuchs am 5. Juni 2009 in Dresden auf die Frage eines Journalisten nach der Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland zur Rettung der Umwelt.
Fast war es, als hätte der amerikanische Präsident damit die diesjährige „World Conference on Quality and Improvement“ (WCQI) der American Society for Quality (ASQ) charakterisiert. Sie fand vom 18. bis 20. Mai 2009 in Minneapolis unter dem Motto „The Culture of Quality“ statt. Knapp 2.000 Teilnehmer konnten sich drei Tage lang einen Eindruck davon machen, wie das Thema Qualität auch in den USA heute ganz eindeutig als umfassende Lebensqualität verstanden wird. Im kapitalistischsten aller Länder passt heute Klimaschutz ebenso ins Bild wie soziale Verantwortung.
Kooperation
Trotz der schwierigen Wirtschaftslage gelang der ASQ dieses Jahr der Turnaround bei den Teilnehmerzahlen, nicht zuletzt weil die ASQ ihren Weg der Kooperation konsequent fortsetzte. Wie schon in den Jahren zuvor, fand auch in Minneapolis die Endrunde des International Team Excellence Award statt. Außerdem verband die ASQ ihre jährliche Konferenz mit der des Quality Institute for Healthcare und des Institute for Software Excellence. Der Vorteil für alle lag auf der Hand: Für die Veranstalter reduzierten sich Kosten und für die Konferenzteilnehmer erhöhte sich das Angebot. Waren in der Vergangenheit die Qualitätsmanager der Industrie die größte Teilnehmergruppe, so ist es der ASQ in den vergangenen Jahren eindeutig gelungen, sich als wichtigster Berufsverband auch für andere Industriezweige zu öffnen. Die Gespräche sind dadurch spannender und die „Ach Ihr auch?“-Erlebnisse nahmen deutlich zu.
Qualität als Lebenseinstellung
Die Konferenz versuchte, den Teilnehmern eine Brücke zu schlagen zwischen traditionellen Vorstellungen wie der Qualitätssicherung von Herstellungs- und Dienstleistungsprozessen hin zu der immer stärker werdenden Diskussion über die Qualität eines Lebensstils, in dem der Erhalt der Natur, der vorsichtige Umgang mit ihren Ressourcen und die Suche nach technischem und sozialem Fortschritt für die ganze Menschheit in den Vordergrund rücken. „Sustainability“ (Nachhaltigkeit) erschien auf der Agenda, nicht als exotisches Extra, sondern den gesamten Kongress durchwebend. Selbstverständlich wurde der aktuelle Stand der ISO zum Thema Nachhaltigkeit vorgestellt. Doch auch die „Key Note Speakers“ stellten einen direkten Bezug zwischen ihrem Erfolg und ihrem Einsatz für die Nachhaltigkeit her.
In seinem Vortrag forderte Jerry Greenfield, der Mitbegründer des berühmt gewordenen „Ben & Jerry“ Eises die WCQI-Teilnehmer auf: „Redefine the bottom-line – Fragen Sie nicht nur, wie viel Gewinn Sie erzielt haben, sondern wie viel Sie davon der Gesellschaft zurückgeben können!“ Aus eigener Erfahrung wisse er, dass sich geschäftlicher Erfolg mit Verantwortung für das soziale Ganze und die Umwelt kombinieren ließe. Er berichtete von Eisverkaufsläden, die von sozialen Einrichtungen geführt wurden. „Denken Sie mal über diese Unique Selling Proposition nach: Gute Taten als Teil Ihres ganz normalen Geschäfts!“
Ins gleiche Horn stieß Mary McDonald, die am Dienstag eine Einführung für Qualitätsmanager in das Thema Nachhaltigkeit (Sustainability) gab. „Sie müssen in der Lage sein, eine dreifache Bilanz zu erstellen,“ betonte Mary McDonald „eine soziale, eine Umwelt- und eine wirtschaftliche Bilanz.“
Die Beraterin berichtete, dass sich ihren nicht-gewinn orientierten Kunden der öffentlichen Verwaltung oft leichter fiele, der Bilanz den wirtschaftlichen Aspekt hinzuzufügen, als ihren Kunden aus der Wirtschaft, den sozialen Aspekt korrekt zu erfassen. In der anschließenden Diskussion wurde die Verunsicherung der QM-Gemeinde deutlich, ob man angesichts der offensichtlichen Verbreiterung des Aufgabengebietes Qualität nicht als „Jack of all Trades and Master of none“ (ein Hans Dampf in allen Gassen statt eines Meisters) enden würde?
Für den traditionell ausgebildeten QM-Manager ist es schon schwierig genug, Qualität in Geld, die Sprache der Entscheider, zu übersetzen. Müssen Qualitätsfachleute sich in Zukunft mehr um die Qualität des Managements als das Qualitätsmanagement bemühen?
Die Diskussionsrunde war sich darüber im Klaren, dass sich QM-Manager zwar die Tugend des Messens bewahren müssten, diese aber in neue Dimensionen der Geschäftstätigkeit einbringen müsse. Mary McDonald empfahl, sich mit den verschiedensten Frameworks (Rahmen, Standards) gezielt auseinanderzusetzen und diese in das eigene Managementsystem zu integrieren. So würden sich beispielsweise Nachhaltigkeitsberichte als Teil der Unternehmenskommunikation inzwischen etablieren.
Nachhaltigkeit
Das Thema Nachhaltigkeit hatte sich in den vergangenen Jahren schon in die WCQI-Agenda hineingespielt. Dieses Jahr erhielt es einen prominenten Platz. In einer Podiumsdiskussion am zweiten Konferenztag präsentierten sich mit 3M, Target und Ecolab drei Vorreiter für Nachhaltigkeit. „Schauen Sie sich unsere Internetseite an,“ appellierte Ecolab PR-Direktorin Kristina J. Taylor an die Zuhörer, „Sie werden unseren Nachhaltigkeitsbericht genauso auf der ersten Seite finden, wie unseren Geschäftsbericht.“ Die Gesprächsrunde war sich darüber einig, dass Unternehmen der Gesellschaft etwas schuldeten, das über bezahlte Rechnungen für Lieferanten und zuverlässige Gehaltsüberweisungen für Mitarbeiter hinausgehe. Allerdings wurde auch klar, dass der Einsatz für Nachhaltigkeit kein Akt der Menschenliebe, sondern auch gut kalkuliert ist. Das 21. Jahrhundert als das Zeitalter des Narrativen erzwinge geradezu den Wandel von einer Command & Control zu einer Listen & Respond Kultur in den Unternehmen. „Hören Sie auf die Werte der Menschen, ihre Bedürfnisse, Wünsche und Ziele, bevor Sie ihnen Wert(e) verkaufen“, riet Target PR-Mann Nate Garvis.
Die Konferenz machte deutlich: Qualität ist längst mehr als Überwachen und Überprüfen in der Produktion. Armand V. Feigenbaum, einer der letzten noch lebenden US Quality-Gurus der alten Garde, schlug mit seinem Vortrag zur Eröffnung der Konferenz am Sonntag die Brücke zwischen visionärer Vergangenheit und Zukunft. Er nennt in seinem neuesten, während der Konferenz erstmals vorgestellten Buch „The Power of Management Innovation“ neben dem Managementkapital (verfügbare Ressourcen) dessen Qualität (also ihren Einsatz durch das Management) als die beiden Erfolgsfaktoren im 21. Jahrhundert, um in einem Zustand permanenter Innovation als Organisation erfolgreich zu sein.
Managementqualität
Dem Leser stehen angesichts von Forderungen und Kapitelüberschriften wie Promote innovation, learn and innovate, keep aware and agile, cultivate best practices, collaborate strategically oder lead your value chain sofort Reifegradmodelle wie Baldrige oder EFQM vor Augen. In der Kombination mit LEAN (für eine effiziente Nutzung von Ressourcen) scheinen Reifegradmodelle (für eine Überprüfung des Erfolgs hinsichtlich Profitabilität) die Qualitätswerkzeuge der Zukunft zu werden.
Die Konferenz von Minneapolis war geprägt von vielen Schulterschlüssen: Die Zeit der erbitterten Grabenkriege zwischen unterschiedlichen QM-Methoden (und Beratern) scheint Gott sei Dank vorüber zu sein. Endlich scheint sich die Q-Welt darüber einig, die Kräfte so zu bündeln, dass für den Anwender Erfolg entsteht. So wandern Methoden wie LEAN oder Six Sigma wieder dahin, wo sie hingehören, in die Werkzeugkiste durchaus hilfreicher Methoden und werden nicht länger als ultimative Lösungen für alle Q-Probleme missbraucht. Fast konnte man den Eindruck gewinnen, in der Notwendigkeit und dem Willen zur Integration, die sich wie ein roter Faden durch die Konferenztage zog, gäbe die Q-Welt bereits eine Antwort auf die Fragen, die sich uns allen angesichts der dramatischen Krise aufdrängen, in der wir uns derzeit befinden. Wo bleibt der Qualitäter im Web2.0 Zeitalter? Wird er lernen, ganzheitlich zu denken, sich über das QM hinaus auszubilden und zu handeln, um diese Felder auch innerhalb der Organisation machtvoll zu besetzen, oder werden ihm andere die Butter vom Brot holen und ihn auf den Platz der „Metrics guys“ (Messfritzen) verweisen?
Krise heißt auch Chance. Für diejenigen, die sich Q auf ihre Fahne geschrieben haben, ist es die Chance, alte Zöpfe abzuschneiden und die eigene Position in der Organisation neu zu gestalten. Bei der Produktion angesiedelte Qualität ist ein Dinosaurier des untergehenden Industriezeitalters. Im 21. Jahrhundert erfolgreiche Unternehmen müssen bereit sein, Qualität als dauerhafte Lernchance für alle zu erkennen. Gleichzeitig müssen Qualitätsfachleute bereit sein, sich nicht mehr als „metrics guys“ zu verstehen, die den anderen auf die Finger hauen, sondern sich zum Lern-Coach auszubilden, um in einer Lernenden Organisation eine führende Rolle zu spielen.
ASQ Learning Institute
Die ASQ definiert sich als globaler Vorreiter der Qualität, öffnet sich der Serviceindustrie und macht große Schritte in eine virtuelle Qualitätsvereinigung. Während der Konferenz wurde das neue, interaktive online Lernangebot der ASQ vorgestellt. Es richtet sich an Mitglieder und Nichtmitglieder. Das Besondere ist das personalisierte Trainingsangebot mit Hilfe von Kompetenzmatrix, Lernstoff-Roadmap und Lernweg. Die Inhalte werden durch die einzelnen Divisionen der ASQ und auf Basis des ANSI/IACEL 1.2007 Standards zur Entwicklung und Erbringung von Weiterbildungsleistungen erarbeitet. Während der erste Schritt in Englisch erfolgt, ist für das ASQ Learning Institute wie für die ASQ die Internationalisierung geplant.
Barack Obama führt die USA souverän aus der alten Rolle als Weltmacht des Kalten Krieges in eine neue als Lenkerin des Internetzeitalters. Wer stößt der Qualitätswelt die Türe ins 21. Jahrhundert auf?
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Quality Engineering
Titelbild QUALITY ENGINEERING Control Express 1
Ausgabe
Control Express 1.2024
LESEN
ABO
Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Whitepaper zum Thema QS


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de