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Schafft Transparenz

Projekt-Scorecard für strategische Projekte
Schafft Transparenz

Projekte sind das Mittel der Wahl, wenn es darum geht, Veränderungen im Unternehmen umzusetzen. Ob Optimierung von Geschäftsprozessen oder Einführung von neuer Software, große Vorhaben werden zumeist in Projektform abgewickelt. Dennoch ist die Erfolgsquote – insbesondere bei IT-Projekten – nicht besonders hoch. Nach einer Untersuchung der Standish-Group liefern 53 Prozent aller IT-Projekte nicht die gewünschten Ergebnisse, überschreiten die geplanten Kosten oder werden nicht pünktlich abgeschlossen. 31 Prozent aller IT-Projekte werden vor dem Projektende abgebrochen. Daraus folgt eine Erfolgsquote von lediglich 16 Prozent.

Dipl.-Kfm. Markus Selders, Projektberater, Gima GmbH, Aachen; Dr. Ralf Schmidt, Geschäftsführender Gesellschafter, team steffenhagen GmbH, Aachen

Eine der Ursachen für die häufigen Misserfolge von Projekten liegt in einer unzureichenden Zieldefinition. Eine detaillierte Beschreibung des erwarteten Ergebnisses erfordert einen hohen Aufwand auf Seiten des Auftraggebers, insbesondere wenn mehrere Stakeholder beteiligt sind. Aufgrund von Zeitmangel bleibt diese Beschreibung häufig unvollständig, was zu unterschiedlichen Interpretationen durch die verschiedenen Stakeholder führt. Daraus resultiert ein hohes Änderungsrisiko, wenn sich die Vorstellungen der Auftraggeber im Projektverlauf konkretisieren – von Änderungen ganz zu schweigen, weil das erwartete Ergebnis zum Zeitpunkt der Fertigstellung die eigentlichen Ziele der Stakeholder nicht erreicht. Damit eng verbunden ist ein hoher Kontroll- und Koordinationsaufwand während der Projektdurchführung auf Seiten des Managements. Diese Probleme ließen sich mindern, indem der Auftraggeber mehr das „wozu“ als das „was“ konkretisiert und an den Projektleiter und das -team kommuniziert. Eine solche Definition und Kommunikation der eigentlichen Projektziele erfolgt allerdings viel zu selten.
Ausgangssituation
Zur Abbildung, Kommunikation und zum Controlling ihrer Unternehmensstrategie setzen Unternehmen zunehmend eine Balanced Scorecard ein. Nach einer im Frühjahr/ Sommer 2000 durchgeführten Studie von PricewaterhouseCoopers arbeiten bereits 46 Prozent der 200 umsatzstärksten deutschen Unternehmen mit dem 1992 von Kaplan/Norton veröffentlichten Konzept, durchschnittlich verwenden diese Unternehmen die BSC bereits seit zwei Jahren. Bei der Projektdurchführung werden jedoch auch bei strategisch wichtigen Projekten vorwiegend „klassische“ Projektmanagement-Methoden mit Schwerpunkten auf Zeit- und Kostencontrolling verwendet. Methoden zur strategischen Anbindung und Steuerung von Projekten inkl. einer konsequenten Messung der Zielerreichung sind dagegen rar und kommen höchst selten zum Einsatz – die mit dem Projekt verbundenen strategischen Ziele bleiben dadurch oft unklar. Um die Lücke zwischen der Unternehmens- oder Bereichsstrategie – welcher jedes strategische Projekt dienen sollte – und der Projektdurchführung zu schließen, haben die beiden Aachener Unternehmen Gima und team steffenhagen die Projekt-Scorecard entwickelt. Dabei wurden bewährte Konzepte aus dem Balanced Scorecard-Ansatz übernommen und auf die besonderen Erfordernisse von Projekten angepasst. Ferner fand die Integration bestehender Projektmanagementmethoden Berücksichtigung. Das Ergebnis ist ein umfassendes Instrumentarium zur Steuerung strategisch bedeutsamer Projekte, das sowohl die Werttreiber des Projekterfolges im Sinne eines Frühwarnsystems konsequent überwacht als auch den Zustand, Zielbeitrag und das Ergebnis des Projekts zweifelsfrei quantifizierbar misst. Gleichzeitig dient es dadurch der Zielvereinbarung mit der Projektleitung und sorgt bereits vor Projektstart für eine Weichenstellung in Richtung des strategischen Projekterfolges. Erreicht wird dies – wie bei der Balanced Scorecard – durch die gemeinschaftliche Definition von Projektzielen auf verschiedenen Ebenen und die konsequente Messbarmachung über Kennzahlen durch alle Stakeholder des Projekts. Die Ziele sind über Ursache-Wirkungs-Ketten miteinander verbunden und mit Zielwerten hinterlegt.
Ebenen der Projekt-Scorecard
Die Projekt-Scorecard erstreckt sich über die Ebenen „strategische Projektziele“, „Projektergebnisziele“, „Projektprozesse“ und „Projektpotenziale“ (siehe Abb. 1). Die Ebene der strategischen Projektziele dient als Schnittstelle zur übergeordneten Unternehmens- oder Bereichsstrategie und bildet ab, was mit dem Projekt (langfristig) aus strategischen Gründen erreicht werden soll. Auf der untergeordneten Ebene der Projektergebnisziele wird in den Kategorien Scope, Quality, Time und Cost konkretisiert, welches Projektergebnis zur Erfüllung der strategischen Projektziele angestrebt wird. Die Erreichung der Ergebnisziele ist zum einen nach Projektabschluss prüfbar. Zum anderen erfolgt bereits während des Projekts eine Messung von Frühindikatoren für das Erreichen der Ergebnisziele, um eine Projektsteuerung zu ermöglichen. Die Ebene der Projektprozesse enthält Ziele für die zur erfolgreichen Projektdurchführung erforderlichen Projektmanagementprozesse. Die Ebene der Projektpotenziale bildet schließlich die internen Erfolgsfaktoren eines Projekts ab, die sich zum Beispiel auf die Projektmitarbeiter oder die Infrastruktur beziehen. Da häufig wechselseitige Beziehungen zwischen Potenzialen und Prozessen bestehen und darüber hinaus oft Wirkungen von den Potenzialen auf die Projektergebnisebene ausgehen, sind diese beiden Ebenen – anders als in der Balanced Scorecard – in der Projekt-Scorecard nebeneinander angeordnet.
Wirkungsbeziehungen
Zur Abbildung der Projektstrategie werden die Ziele auf den verschiedenen Ebenen durch Wirkungsbeziehungen miteinander verbunden. Jedes Ziel sollte direkt oder indirekt mit einem Ergebnisziel und einem strategischen Projektziel verbunden sein. Umgekehrt sollten die in die Projekt-Scorecard aufgenommenen Ziele und Ursache-Wirkungs-Beziehungen alle strategisch bedeutsamen Erfolgsfaktoren eines Projekts abbilden. Dadurch und durch eine Dokumentation bzw. Begründung der Ziele und Ursache-Wirkungs-Beziehungen wird die Projektstrategie leicht nachvollziehbar und kommunizierbar. Die Zielsetzung, die Vorgehensweise und die Plausibilität des projektierten Vorhabens werden somit bereits vor Projektstart einer Prüfung unterzogen.
Kennzahlen und Zielwerte
Getreu dem Motto „If you can’t measure it, you can’t manage it“ besteht ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Projekt-Scorecard (wie auch der Balanced Scorecard) in der unmissverständlichen Messbarmachung aller Ziele über Kennzahlen. Durch die Beantwortung der Frage, wie die Zielerreichung gemessen werden soll, gewinnt ein Ziel an Schärfe und inhaltlicher Konkretisierung. Gleichzeitig wird die Voraussetzung für ein umfassendes Controlling (im Sinne von Kontrolle und Steuerung) auf allen Ebenen der Projekt-Scorecard inkl. der kritischen Erfolgs- und Frühwarnindikatoren geschaffen. Durch die Definition von Zielwerten mit Zeitbezügen zu jedem Ziel steigt zudem die Handlungsrelevanz und damit i.d.R. auch die Motivation der Projektmitarbeiter, auf diese Ziele hinzuarbeiten.
Der Managementprozess
Wie in Abb. 2 dargestellt, unterstützt die Projekt-Scorecard Projekte über die gesamte Laufzeit. Aufgestellt wird sie vor dem eigentlichen Projektstart. Dabei werden – wie bereits bei der Vorstellung der Ebenen beschrieben – zunächst die strategischen Projektziele aufgestellt und an die Unternehmensstrategie angekoppelt. Aus diesen strategischen Zielen werden die Ziele der untergeordneten Ebenen heruntergebrochen, um ein leicht fassbares Projektergebnis zu beschreiben und kritische Projektprozesse und -potenziale zu identifizieren. Nach der Implementierung sollen zu allen Zielen Kennzahlen mit Sollausprägungen und Zeitbezügen definiert und alle auf unteren Ebenen stehenden Ziele durch Wirkungsbeziehungen direkt oder indirekt mit den strategischen Projektzielen verbunden sein. Während der Projektdurchführung dient die Projekt-Scorecard im Sinne eines Navigationsinstruments dem (strategischen) Controlling des Projekts. Dazu ist es erforderlich, bereits bei der Aufstellung der Scorecard Frühindikatoren für das spätere Erreichen der strategischen Projektziele und der Projektergebnisziele abzubilden, welche bereits vor Projektende einen Hinweis auf die Erreichung des gewünschten Endergebnisses des Projekts geben. Zusätzlich sollten die Kennzahlen für die Projektprozesse und Potenziale in regelmäßigen, kurzen Abständen erhoben werden, um Zielabweichungen und erste Hinweise für die Gefährdung der Ergebnisziele rechtzeitig erkennen zu können. Wird bspw. auf der Potenzialebene eine zu geringe Motivation der Projektmitarbeiter festgestellt, kann rechtzeitig gegengesteuert werden, bevor sich die geringe Motivation negativ auf die Leistungen der Mitarbeiter und damit auch auf die Erreichung der Ergebnisziele auswirkt. Vor allem bei längeren Projekten sollte zusätzlich in regelmäßigen Abständen eine Überprüfung der strategischen Annahmen stattfinden, die hinter den Wirkungsbeziehungen der Projekt-Scorecard stehen. Werden bei den Annahmen maßgebliche Abweichungen festgestellt, wie sie zum Beispiel bei veränderten Rahmenbedingungen auftreten können, muss die Projektstrategie angepasst oder das Projekt im schlimmsten Fall abgebrochen werden. Nach Projektabschluss erleichtern die vorher definierten Kennzahlen für die Projektergebnisziele die Beurteilung des erreichten Projektergebnisses. Die Erreichung der strategischen Projektziele lässt sich i.d.R. erst eine gewisse Zeit nach Projektabschluss messen und liefert neben der Messung des strategischen Projekterfolgs Aufschluss über die Qualität der getroffenen strategischen Annahmen. Dadurch wird eine Beurteilung der Projektstrategie möglich, aus der Schlüsse für folgende Projekte gezogen werden können und sollen. Annahmen, die sich häufig als falsch erweisen, können als kritisch identifiziert und in zukünftigen Projekten von Beginn an als Risikofaktor berücksichtigt werden. Die kennzahlenbasierte Messung der Zielerreichung auf der Ebene des Projektergebnisses und somit die Prüfung der Einhaltung von Zielvorgaben oder -vereinbarungen ist ein weiterer Nutzen der Projekt-Scorecard.
Erfahrungen/Fazit
Der Einsatz der Projekt-Scorecard hat sich in mehreren internen IT-Projekten bewährt. Dabei äußerten sich die Entscheider nach der Durchführung der Workshops zur Aufstellung der Projektziele positiv, insbesondere was die Klarheit und Transparenz betrifft, die sie im Laufe der Workshops über ihre eigenen Projektziele und die Auswirkungen auf die Unternehmensstrategie erlangten. Strategie, Nutzen und Vorgehensweise der Projekte wurden für die Mitarbeiter transparent, messbar und kommunizierbar. Insgesamt erlangte die Frage „Was soll mit dem Projekt erreicht werden?“ gegenüber der bisher gestellten Frage „Wie soll das Projektergebnis aussehen?“ ein deutlich höheres Gewicht, was zu einem zielgerichteteren Arbeiten und kreativen Alternativlösungen führte und den Aufwand auf Seiten des Auftraggebers insgesamt verringerte. Allerdings muss beachtet werden, dass die Projekt-Scorecard bestehende Projektmanagement-Instrumente nicht ersetzen sondern ergänzen soll. Sie liefert Informationen, welche in die Erstellung von Lastenheften und Projektplänen einfließen, und eignet sich zum Controlling und zur Steuerung auf einem hohen Abstraktionsniveau.
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