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Schritt in die Zukunft

Computertomografie (CT) erschließt neues Spektrum in der 3D-Messtechnik
Schritt in die Zukunft

Möbelbeschlagshersteller Hettich hat seine Messgeräteflotte um einen Computertomografen des Typs Tomoscope HV Compact von Werth Messtechnik ergänzt. Damit erweitert das Unternehmen seine dreidimensionalen Messmöglichkeiten und beschleunigt zahlreiche Messaufgaben. Das kommt der Bauteilqualität zugute.

Hatten Sie bereits mit Hettich-Produkten zu tun? Ziemlich sicher – nur wussten Sie das nicht, denn diese Produkte sind in diversen Möbelstücken verborgen. Hettich ist einer der Top-Zulieferer der Möbelindustrie weltweit. Geliefert werden Beschläge, Auszugsführungen, Scharniere, Schubkästen und vieles mehr, was in Möbeln und „Weißer Ware“ meist versteckt eingebaut ist. Ob einfache Systeme oder Highend-Elemente – das Hettich-Produktspektrum entspricht den Kundenanforderungen und ist dementsprechend vielfältig.
Der Stammsitz des weltweit ansässigen Familienunternehmens liegt in der Gemeinde Kirchlengern, Region Ostwestfalen-Lippe. Dort ist auch im Rahmen des Qualitätsmanagements das Kompetenzcenter Messtechnik angesiedelt, das Thomas Wäschebach leitet. Er erklärt: „In den letzten Jahren sind die Komfortansprüche an Möbel enorm gestiegen. Man sieht das an der zunehmenden Elektrifizierung von Möbelstücken, an geforderter Leichtbauweise bei hoher Belastbarkeit, Geräuschminimierung und optimaler Dämpfung etc.. Damit einher geht ein zunehmender Anspruch an die Qualität der Bauteile, auf den wir mit strukturellen Maßnahmen und entsprechender Ausstattung reagiert haben.“
Im Team der Messtechnik sind hochqualifizierte Mitarbeiter beschäftigt, denen modernste Messgeräte zur Verfügung stehen. Sie kümmern sich zum Beispiel um die Prototypenmessung, Erstmusterprüfung, Requalifizierung von Bauteilen und um die Unterstützung des Reklamationsmanagementprozesses. Langjähriger Partner als Messgerätelieferant ist die Firma Werth Messtechnik aus Gießen.
„Das erste Werth Messgerät haben wir bereits 1998 bekommen. Als dann die 3D-Koordinatenmesstechnik immer wichtiger wurde, haben wir Zug um Zug unsere Ausstattung erweitert und optimiert“, erinnert sich Sven Jütersonke, der damals bereits die ersten 3D-Prüfprogramme schrieb. Hettich investierte in moderne Multisensor-Koordinatenmessgeräte von Werth, darunter ScopeCheck-Geräte für fertigungsnahes Messen sowie mehrere 3D-CNC Inspector FQ Geräte, deren verschleißfreie Linearantriebe höchste Messgeschwindigkeit und dadurch höchstmöglichen Teiledurchsatz bei der Fertigungsprüfung gewährleisten. Beide Gerätetypen verfügen über je einen optischen Sensor, mit dem sogenannten Werth Zoom und einen messenden Taster vom Typ SP25. Durch den Einsatz dieser Multisensorik lassen sich die meisten Bauteile in einer Aufspannung komplett messen – was heute meist in Werkerselbstprüfung durchgeführt wird.
Das Tomoscope digitalisiert die Prüflinge komplett mit einer Auflösung im µm-Bereich
Die letzte Investition spiegelt die Innovationsbereitschaft Hettichs wider. Seit etwa zwei Jahren verfügt Hettich über ein Koordinatenmessgerät mit Röntgentomografie vom Typ Tomoscope HV Compact von Werth Messtechnik. Thomas Wäschebach erklärt die Gründe für diese Anschaffung: „Das Tomoscope digitalisiert unsere Prüflinge komplett mit einer Auflösung im µm-Bereich. Das Verfahren ist schnell, unkompliziert und liefert deutlich mehr Informationen über das gesamte Bauteil inklusive Innenleben, als wir bisher erhalten haben beziehungsweise aufwändig generieren mussten. Diese können wir zugunsten einer besseren Prozess- und Bauteilqualität nutzen.“
In den vergangenen zwei Jahren haben sich Koordinatenmessgeräte mit Computertomografie wichtige Einsatzfelder erobert. Ganz zuvorderst steht die Erstmusterprüfung von neuen Produkten. Jütersonke, der innerhalb des Teams alle vorhandenen Werth-Messgeräte betreut, erklärt die Vorteile: „Bei Neueinführungen konnten wir die Korrekturzeit vom ersten Prototypenbauteil bis zum serienreifen Produkt enorm verringern.“
Er nennt ein Beispiel: Hettich bekam vor kurzem Prototypen von Gewindehartschalen aus Kunststoff. Die firma hat sie mit dem Tomoscope gemessen und eine farbcodierte Abweichungsdarstellung erzeugt. Gemäß den Ergebnissen korrigierten die Werkzeugbauer das Spritzgießwerkzeug. Nach wenigen schnellen Korrekturschleifen war das Bauteil im grünen Bereich. Jütersonke: „Hätten wir diesen Vorgang mit einem ’normalen‘ Koordinatenmessgerät erledigen müssen, hätte allein schon die Programmierzeit für den ersten Prüfdurchlauf ein, zwei Tage gedauert. Insgesamt wäre bestimmt ein zehnfacher Zeitaufwand notwendig gewesen.“
Einfaches Bedienen und Auswerten
Der Umgang mit dem Werth Tomoscope HV Compact ist einfach, wie Alexander Obert bestätigt, der seit zwei Jahren als Messtechniker das Gerät bedient: „Um ein Bauteil zu messen, muss ich keinerlei besondere Justagearbeiten vornehmen. Ich setze das Werkstück unmittelbar in einen Halter auf dem Drehtisch, der sich zwischen Röntgenquelle und Detektor befindet.“ Dann gibt Obert in der Bedienoberfläche der Software Winwerth die richtigen Parameter bezüglich Leistung, Belichtungszeit und Genauigkeit ein und legt fest, wie viele Bilder gemacht werden sollen. Schließlich startet er den Messvorgang, der bei einem Standard-Kunststoffteil in wenigen Minuten automatisch abgeschlossen ist.
„Bei größeren Bauteilen oder solchen mit filigranen Strukturen können wir eine Rasterfunktion nutzen, bei der Teilbilder des Werkstücks aufgenommen und anschließend zu einer hoch aufgelösten Komplettaufnahme zusammengesetzt werden“, so Obert. Das Ergebnis ist eine 3D-Punktewolke (STL-Daten), die die gesamte Werkstückgeometrie innen sowie außen beschreibt und sich in verschiedener Weise auswerten lässt.
Auf einen Blick die Fehler erkennen
Eine sehr beliebte und schnelle Auswertung ist der Soll/Ist-Vergleich gegen CAD-Daten. In der daraus erfolgenden farbcodierten Abweichungsdarstellung sieht der Nutzer an der Farbgebung in Sekundenschnelle, wo Problemstellen liegen. Wer ausführlichere Informationen benötigt, kann mit der Software Winwerth zusätzliche Maße anhand eines Prüfplans oder manuell ermitteln.
Die Auswertung ist insofern sehr variabel. Sie kann natürlich auch ein paar Stunden in Anspruch nehmen, wenn zum Beispiel an einem fingerhutgroßen Kunststoffteil 50, 100 oder gar 200 Merkmale zu erfassen sind. Von Vorteil ist jedoch, dass man in diesem Fall parallel zur Auswertung quasi im Hintergrund ein Messprogramm schreibt. Dieses steht dann direkt zum automatischen Messen für weitere Teile zur Verfügung.
Für derart umfangreiche Auswertungen bietet es sich an, zusätzliche Offline-Arbeitsplätze zu installieren, auf denen die Winwerth Messsoftware zur Verfügung steht. Damit bleibt das Tomoscope für weitere Messaufgaben frei. Solche Arbeitsplätze müssen nicht im Messraum liegen. Sie sind auch in anderen Fachbereichen oder sogar in Niederlassungen denkbar, die dann nur mit Punktewolken versorgt werden müssen, um die Auswertungen selbst nach Bedarf vor Ort erledigen zu können.
Zerstörungsfreie Analyse des Innenlebens
Vor allem bei komplexen Kunststoffteilen spielt das Tomoscope HV Compact eine seiner verfahrensbedingten Stärken aus. Auf Basis der Volumendaten lassen sich mit der Winwerth-Software beliebige Schnittaufnahmen anfertigen, um das Bauteil maßlich und materialtechnisch zu beurteilen. „Früher wurden dazu Schliffe erstellt, denen wir innenliegende Maße entnommen haben“, so Jütersonke. „Das war sehr aufwändig, sodass nur eine Schliffebene zur Qualitätssicherung herangezogen wurde. Heute können wir ohne zusätzlichen Messaufwand in beliebig vielen theoretischen Ebenen messen. Der einzige Mehraufwand besteht aus der anschließenden Verarbeitung der Informationen.“ Durch die Schnitte lassen sich nicht nur alle Maße überprüfen, der Messtechniker kann zudem feststellen, ob sich das Füllmaterial richtig verteilt hat oder ob sich Lunker im Kunststoff oder Druckguss befinden. Je nach Ergebnis lassen sich Werkzeugform oder Spritzparameter optimieren.
Auch bei der Betrachtung kompletter Baugruppen ist die Röntgentomografie nicht zu schlagen. Denn dank diesem zerstörungsfreien Messverfahren, muss die Baugruppe nicht demontiert werden, um die Funktion zu prüfen und gegebenenfalls Fehlern auf die Spur zu kommen. Mit dem Tomoscope und der Winwerth Messsoftware kann man gewissermaßen in zusammengebautem Zustand durchs Teil fliegen und feststellen, wo die Komponenten nicht richtig harmonieren. Das ist deutlich effektiver als eine Demontage, bei der die Fehlerinformationen häufig verloren gehen.
Dass die Wahl auf das Werth Tomoscope fiel, hatte laut Jütersonke mehrere Gründe: „Zum einen überzeugte uns die Geräteperformance und zum anderen gaben auch die lange Zusammenarbeit und die bereits eingeführt Winwerth Software Pluspunkte in der Entscheidungsmatrix.“ ■

Hettich – Technik für Möbel
Unter der Marke Hettich entstand einer der größten Hersteller von Möbelbeschlägen mit mehr als 6000 Mitarbeitern weltweit. Hettich – zu 100 % in Familienbesitz – betreibt Produktionsstandorte in Deutschland, den USA, Spanien, Tschechien, Indien und China und ist mit 38 Tochtergesellschaften auf der ganzen Welt nahe am Kunden. Die Unternehmensgruppe entwickelt, produziert und vertreibt unter anderem Scharniere, Schubkästen und Führungssysteme, Organisationssysteme, Schiebe- und Falttürsysteme und Verbindungsbeschläge aller Art. Mit seinen Produkten setzt Hettich Maßstäbe bei Funktion, Qualität und Komfort von Küchen-, Bad-, Büro-, Wohn- und Schlafraummöbeln. Kunden sind die Möbel- und „Weiße Ware-Industrie“, der Fachhandel mit dem Handwerk und die Do-It-Yourself-Branche.

Computertomografie
Das Werth Tomoscope 200 war 2005 das erste speziell für die Belange der Koordinatenmesstechnik entwickelte Messgerät mit Röntgentomografie. Heute steht eine breite Palette von Messgeräten mit Computertomografie zur Verfügung, deren Einsatzzweck von Mikrobauteilen bis hin zu Bauteilen mit einer Größe von 1 m Länge reicht. Je nach Anwendung liegt die Röhrenspannung zwischen 130 kV und 450 kV. Die Werth Koordinatenmessgeräte mit Röntgentomografie sind nach gültigen Normen und Richtlinien vergleichbar wie konventionelle Koordinatenmessgeräte spezifiziert. Durch das für Werth patentierte Verfahren zur Bestimmung der Objektpunkte sind Genauigkeiten im Bereich weniger µm erreichbar. Optional können die Messgeräte mit verschiedenen optischen oder taktilen Sensoren ausgestattet werden.
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