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Überarbeitung der VDI/VDE/VDMA 2632

Überarbeitung der VDI/VDE/VDMA 2632
So wird Machine Vision fit für Machine Learning

Die Richtlinienreihe VDI/VDE/VDMA 2632 unterstützt bei der Umsetzung von Bildverarbeitungsprojekten. Blatt 1 gibt es nun in einer neuen Ausgabe, die weiteren Blätter werden folgen. So sollen die Empfehlungen vor allem an die Anforderungen durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz angepasst werden.

» Markus Strehlitz

Der Einsatz von Bildverarbeitung in der Industrie ist in den vergangenen Jahren deutlich angewachsen. Unternehmen setzen zunehmend auf diese Technologien – unter anderem in der Qualitätssicherung. Durch die Nutzung von Machine Learning hat sich deren Leistungsfähigkeit zudem erhöht, was die Verbreitung weiter vorantreibt.

Eine wichtige Basis für den Einsatz der Bildverarbeitungstechnologien ist die Richtlinienreihe VDI/VDE/VDMA 2632. Diese hat das Ziel, Anwender und Lösungsanbieter in der erfolgreichen Umsetzung der Projekte zu unterstützen. Nun ist eine neue Ausgabe von Blatt 1 veröffentlicht worden.

Das Blatt führt in Grundlagen und Begriffe für die Nutzung der industriellen Bildverarbeitung ein. Denn ein wesentlicher Faktor für den Erfolg eines Projektes ist, das sowohl Anwender als auch Anbieter von den gleichen Dingen sprechen. Missverständnisse durch unscharfe Begriffe und Unklarheiten erhöhen den Aufwand oder können ein Projekt sogar scheitern lassen.

„Blatt 1 legt die terminologische Grundlage für die anderen Blätter“, erklärt Michael Heizmann, Professor am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Vorsitzender des zuständigen Fachausschusses. An diesem seien nun umfangreiche Anpassungen durchgeführt worden. Als Beispiel nennt er die sorgfältigere Definition von statistischen Begriffen. „In der Richtlinie wird nun deutlicher getrennt zwischen den Begriffen ‚Wahrscheinlichkeit‘ und ‚Rate‘.“

Eine besonders große Rolle in der Überarbeitung des Blattes 1 und der folgenden Blätter spielt Machine Learning. Denn durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) – insbesondere maschinellem Lernen – in der industriellen Bildverarbeitung gelte es, eine ganz neue Klasse von Bildverarbeitungssystemen in den Richtlinien zu berücksichtigen, so Heizmann. In der neuen Ausgabe von Blatt 1 seien daher nun Grundlagen für die Berücksichtigung von machine-learning-basierten Bildverarbeitungssystemen gelegt worden.

Besonderer Knackpunkt:
die Datenmenge

Die großen Veränderungen, welche die Nutzung von KI in der industriellen Bildverarbeitung bringt, werden sich aber vor allem in den Blättern 2, 3 und 3.1 zeigen, die in den kommenden Jahren überarbeitet werden sollen. So unterstützt Blatt 2 Anwender und Anbieter bei Erstellung von Lasten- sowie Pflichtenheften. Und dabei wird deutlich, dass Projekte mit KI-Technologien ganz spezielle Anforderungen haben. „Wenn ein Nutzer zum Beispiel in sein Lastenheft hineinschreibt, dass er bei der Fehlklassifikationsrate eine statistische Sicherheit von eins zu fünf Millionen braucht, dann wird er bei Machine-Learning-Systemen ein Problem bekommen“, sagt Heizmann. Bei diesen Technologien seien solche konkreten Angaben nur schwer vorstellbar.

Ein besonderer Knackpunkt ist außerdem die Datenmenge. Es sei ja ein durchaus erfreulicher Aspekt, dass es in der industriellen Produktion nur wenig Ausschuss gebe, so Heizmann. Für den Einsatz von KI-Systemen stellt das aber ein Problem dar. Denn je mehr Daten diese zur Verfügung haben, umso besser werden sie. Wenn es aber nur wenige Fehlerbilder gibt, dann wird es schwierig, diese Systeme zu trainieren.

Dafür gibt es zwar Lösungen. „Zum Beispiel kann man zusätzliche Daten synthetisch erzeugen, indem man Defekte in Bilder von eigentlichen fehlerfreien Teilen einfügt“, erklärt Heizmann. Doch um zu wissen, welche Daten verfügbar sind und wie zusätzliche generiert werden können, dafür benötigt man Domänenwissen. Über dieses verfügt aber üblicherweise das Anwenderunternehmen und nicht der Anbieter der Bildverarbeitungslösung. Solche Anforderungen müssen daher in das Pflichtenheft aufgenommen werden.

Die besonderen Anforderungen durch die KI müssen auch in Blatt 3 und 3.1 der Richtlinienreihe VDI/VDE/VDMA 2632 abgebildet werden. Blatt 3 gibt wichtige Tipps für die Abnahme von Bildverarbeitungssystemen. Blatt 3.1 stellt Methoden zur Prüfung der Klassifikationsleistung bei entsprechenden Systemen vor.

Die Herausforderung bestehe hier darin, „dass Systeme, die auf Basis von Machine Learning arbeiten, in der Regel Black-Box-Systeme sind“, so Heizmann. „Im Gegensatz zu herkömmlichen Bildverarbeitungslösungen lassen sich bei KI-Technologien keine Zwischenergebnisse der Bildverarbeitung – zum Beispiel Merkmale – bewerten. Man gibt das Bild in ein neuronales Netz und erhält das Ergebnis, dass das Bauteil entweder gut oder schlecht ist“. Wie das neuronale Netz zu seinem Resultat kommt, lasse sich aber nur schwer nachvollziehen. Diesem Umstand sollen daher die Empfehlungen in den neuen Ausgaben von Blatt 3 und Blatt 3.1 gerecht werden.

Grundsätzlich sieht Heizmann ein großes Poten-
zial, das Machine Learning der industriellen Bildverarbeitung eröffne. „Darin sind wir uns im Fachausschuss einig“, so der Experte. „Wir wollen mit unserer Arbeit an der Richtlinienreihe jetzt die Voraussetzungen schaffen, dass solche Systeme auch erfolgreich eingesetzt werden.“


Basis für die Bildverarbeitung

VDI/VDE/VDMA 2632 Blatt 1 beschreibt Grundlagen und definiert Begriffe, die für den Einsatz von Bildverarbeitungssystemen benötigt werden. Die Richtlinie regelt eine einheitliche Ausdrucksweise auch im überbetrieblichen Umfeld. Dazu wurden auch bewusst bereits im Markt gebräuchliche Begrifflichkeiten aufgenommen. Damit ist diese Richtlinie die Grundlage für alle anderen Blätter der Richtlinienreihe VDI/VDE/VDMA 2632.

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