Startseite » Allgemein »

Vision-Sensor zur Rebpfahlerkennung

Objekterkennung in schwieriger Umgebung
Vision-Sensor zur Rebpfahlerkennung

Nach der Weinlese werden die Rebstöcke im Spätherbst mit einem sogenannten Vorschneider zurückgeschnitten. Der Traktor mit dem daran montierten Vorschneider fährt dazu die Reihen im Weinberg entlang und beschneidet die Rebstöcke im Vorbeifahren. Da zwischen den Rebstöcken in regelmäßigen Abständen Pfähle für die Spanndrähte gesetzt sind, muss der Winzer das Schneidewerkzeug vor jedem Pfahl per Knopfdruck öffnen, was ständige Aufmerksamkeit und langsames Fahren erfordert.

Dipl.-Ing. Ronald Krzywinski Bi-Ber Bilderkennungssysteme

Aufgrund des zum Teil dichten Rebholzes und der unterschiedlichen Materialien der Pfähle (Holz, Beton, Metall oder Kunststoff) ist eine Steuerung des Vorschneiders per Lichtschranke oder Induktionsspule nicht möglich. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal der Pfähle gegenüber dem Rebholz ist aber ihre gerade Form und ihre größere Dicke. Dies macht eine Automatisierung des Anhaltens mit Hilfe eines Vision-Sensors möglich, der die Arbeit des Fahrers erleichtert und so das Schneiden beschleunigt.
Feldversuch im direkten Wortsinn
Bevor Bi-Ber diesen anwendungsspezifischen Vision-Sensor im Kundenauf- trag entwickelt hat, fand gemeinsam mit dem Maschinenbauer ein Feldversuch im Weinberg statt. Ziel war im Wesentlichen das Testen verschiedener Beleuchtungen, um das System möglichst bei allen Lichtbedingungen in der freien Natur einsetzen zu können.
Die Versuchsergebnisse führten zum Einsatz einer Retroreflektorfolie, die aus Kamerasicht hinter den Weinreben angebracht wird. Damit ist gewährleistet, dass immer ein gleich heller Hintergrund vorliegt. Fremdlichteinflüsse können so weitestgehend ausgeschlossen werden, die Szene entspricht quasi einer Durchlichtanordnung. Der Reflektor hat eine Größe von 25(B)x40(H)cm² und bestimmt damit das notwendige Sichtfeld der Kamera.
Als Beleuchtung werden Infrarot-Emitterdioden (IRED) verwendet. Um sich gegen störendendes Fremdlicht zu schützen, werden diese IREDs für 2,5ms geblitzt. Da die Wellenlänge bei l=880nm liegt, ist die Beleuchtung für das menschliche Auge nicht sichtbar.
Technische Umsetzung des Sensors
Als Basis für das Bildverarbeitungssystem kommt die Platinenversion einer smart camera mit den Abmessungen 60x60mm² zum Einsatz. Zusätzlich musste eine Versorgungsplatine entwickelt werden, die die elektrischen Schnittstellen sowie die Beleuchtungssteuerung enthält und auf der die Beleuchtung selbst untergebracht ist. Die beiden Platinen sind in Sandwichbauweise in ein Schutzgehäuse integriert, eine Schutzscheibe befindet sich unmittelbar vor dem Objektiv und der Ringlichtbeleuchtung.
Für den Einsatz im Fahrzeug besitzt das Kameramodul ein eigenes Netzteil, dass einen weiten Eingangsspannungsbereich der Fahrzeugbatterie abdeckt. Im Netzteil integriert ist ein Watchdog, der Betriebsspannung und Funktion der Kamera überwacht. Er sichert ein definiertes Anlaufen der Kamera und gibt im Fehlerfall einen Resetimpuls aus. Damit wird verhindert, dass die Kamera durch äußere oder innere Einflüsse stehen bleibt.
Zum thermischen Schutz der Kamera innerhalb des geforderten Arbeitstemperaturbereiches von 10°C bis +45°C sowie als Maßnahme gegen das Beschlagen der Schutzscheibe wurde eine Heizung integriert. Die Heizung schaltet sich selbständig beim Unterschreiten einer Temperatur von +5°C zu und oberhalb dieser Temperatur wieder ab.
Als Verbindungsleitung zum Vorschneider wird ein 12poliges Kabel verwendet, das alle Schnittstellen und Signale überträgt. Zusätzlich verfügt das Kameramodul über eine RS232-Schnittstelle zum Anschluss an einen externen PC oder Laptop für Service- und Diagnosearbeiten.Der Retroreflektor für die Beleuchtung wird als separate Baugruppe ausgeführt. Der Arbeitsabstand zwischen Kamera und Reflektor beträgt 100cm.
Bildverarbeitungsergebnisse
Das Bildverarbeitungssystem erkennt während des Vorbeifahrens automatisch, ob Rebpfähle vorhanden sind und signalisiert dies mit einem Ausgangssignal an den Vorschneider. Das System läuft im Betrieb frei ohne externen Trigger und prüft fortlaufend den Sichtbereich vor der Kamera auf das Vorhandensein von Pfählen. Wird ein Pfahl erkannt, öffnet das System selbsttätig den Vorschneider.
Das System zur Rebpfahlerkennung wurde als Prototyp im Feldeinsatz erfolgreich getestet. Die Verarbeitungszeit pro Zyklus beträgt ca. 50ms. Die Auswertung erfolgt so mit ca. 20 Zyklen/sec., was bei der Überwachungsbreite von 25cm eine maximal mögliche Geschwindigkeit des Vorschneiders von 11 km/h ergibt, damit kein Pfahl übersehen wird. Üblich sind aufgrund der schwierigen Gelände aber lediglich Fahrgeschwindigkeiten bis maximal 8km/h.
Nach dem Einschalten versetzt sich der Vision-Sensor automatisch in Betriebsbereitschaft, ein Bereitschaftssignal wird permanent ausgegeben. Die Kameraparameter werden automatisch bestimmt, es sind also keine Eingriffe während des Betriebs notwendig. Im Lieferumfang enthalten ist ein Serviceprogramm auf CD, das es dem Werkstattpersonal auf einfache Weise erlaubt, die Kamera einzurichten, zu testen und eine Fehler-Diagnose zu erstellen.
Trotz der unterschiedlichen Gelände- und Witterungsbedingungen liegt die Pseudofehlerquote (Rebholz wird als Pfahl erkannt) im niedrigen einstelligen Promille-Bereich. Vorhandene Pfähle werden sicher erkannt. Dies ist angesichts der natürlichen Vielfalt der Rebstöcke aber auch der Varianten der vorkommenden Pfahlarten eine herausragende Eigenschaft des Systems. Neben den Materialunterschieden (Holz, Kunststoff, Metall oder Beton) mit unterschiedlichen Reflexionseigenschaften, Querschnitten und Farben müssen auch geneigte Pfähle sicher erkannt werden. Durch die Entwicklung angepasster Bildverarbeitungsalgorithmen ist auch die Erkennung von Pfählen, die mit Rebholz berankt sind, gewährleistet. So konnte ein preiswertes System für den Serieneinsatz entwickelt werden, das auch einen Beitrag zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Weinbau-Technik leisten kann.
Bi-Ber Bilderkennungssysteme, Berlin
QE 553
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Quality Engineering
Titelbild QUALITY ENGINEERING Control Express 1
Ausgabe
Control Express 1.2024
LESEN
ABO
Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Whitepaper zum Thema QS


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de